Gastbeitrag von Heike Freia, Trans* Peerberaterin und freie Referentin für Gender Diversity Education und Leiterin der SHG Bielefeld und Ostwestfalen-Lippe (OWL) – Selbsthilfegruppe transidenter Menschen. Stellvertretende Leiterin der SHGs in Minden, Bad Oeynhausen und Blomberg/Lippe, sowie Trans* Supervisorin und Antidiskriminierungs-Trainerin. „Eckpunkte zu Regenbogenfamilien – Weitergedacht“ weiterlesen
Schlagwort: Eltern
Eine sehr positive Entwicklung
Autorin: Nathalie
Hallo Ihr Lieben
Ich wollte Euch Heute von einer, nicht ganz alltäglichen, aber sehr positiven Erfahrung berichten.
Es war vor ein paar Monaten, als mich eine Kollegin (nennen wir sie einfach mal Sandra) aus meinem Zumba Kurs ansprach, den wir schon ein paar Jahre besuchen.
Sie hat eine gute Freundin, die in einem vertraulichem Gespräch um Hilfe bat. Ihr Sohn hatte ihr gestanden, dass er sein Leben ändern und zukünftig als Frau leben wird. Da sie ihrem Sohn helfen wollte, suchte sie Rat bei ihren Freundinnen, denn das Thema war für sie einfach gesagt, völlig neu.
Da Sandra meinen Weg und auch mein Buch kannte, fragte sie mich, ob sie mir die Kontaktdaten der Mutter geben darf und ob ich ihr vielleicht helfen könnte. Normalerweise mache ich so etwas nicht, aber es war in unserem Ort und ich hatte etwas Zeit. So schrieben wir erst ein paar Mal und trafen uns dann zu einem ersten Gespräch in einem Lokal. Zuerst war bei dem Treffen nur die Mutter und ich, da die Tochter noch etwas schüchtern war.
Im Prinzip war es genau wie bei unseren regelmäßigen Treffen in Düsseldorf und Leverkusen. Es war ein sehr gutes Gespräch über die verschiedenen Wege und Möglichkeiten, die ein junger Mensch heutzutage nutzen und gehen kann. Zum Ende hin fragte ich sie, ob ihr etwas aufgefallen sei, denn auch in einem öffentlichen Lokal werden zwei Frauen, die sich unterhalten und etwas trinken nicht im geringsten beachtet. Mit der Erfahrung verabschiedeten wir uns bis zum nächsten Treffen, welches dann zu Dritt stattfinden sollte.
Ein paar Wochen später saßen wir im gleichen Lokal und die zuerst schüchterne Tochter taute so langsam auf, stellte konkrete Fragen und vergaß im Gespräch, dass an diesem Sommertag etwa 100 Leute um sie herumsaßen. Sie fing einfach an sich wohl zu fühle und Vertrauen aufzubauen.
Nachdem alle Fragen so gut es ging beantwortet waren, verabschiedeten wir uns.
Eigentlich eine ganz normale Geschichte, wenn nicht Heute, wieder beim Zumba, eine Neuigkeit erzählt wurde. Mit einem Strahlenden Gesicht erzählte mir Sandra, dass sie letztens Mutter und Tochter getroffen hatte. Beide waren völlig verwandelt, da sie das Leben nun genießen, ohne Angst und ohne Scheu. Dazu kommt, dass der Weg der Tochter nun begonnen hat und sie schon bei einer Endokrinologin in der Nähe ihre HRT bekommt.
Sandra sagte: „Es ist dramatisch zu sehen was Ängste bewirken können und unheimlich schön zu sehen, dass Menschen, die ihre Last abwerfen, einfach so viel Lust am Leben gewinnen.
Natürlich hatte sie mir auch ganz liebe Grüße bestellt, da es nun eine glückliche Familie mehr gibt und ich mit dem Gespräch einen Anteil daran hatte.
Ich würde sagen – ein toller Erfolg und ich freue mich jetzt schon, wenn wir uns mal wieder treffen, quatschen und vielleicht einen leckeren, alkoholfreien Cocktail genießen.
Ich wünsche Euch weiter viel Glück und guten Weg.
Träume nicht Dein Leben, sondern lebe Deinen Traum.
Denn unmöglich ist nur das, was Du nicht tust.
Outing vor Eltern und Schülern
Eine Lehrerin packt aus
Weg gefunden
Mein Sohn Helen
Auf frühe Signale achten
Quelle: n24.de
Schon mit zwei Jahren können Kinder ahnen, dass sie im falschen Körper geboren wurden. Eltern sollten daher frühe Signale nicht abtun, sondern sie ernst nehmen.
Kinder signalisieren früh, ob sie das Gefühl haben, im falschen Körper geboren zu sein. Schon Zweijährige können andeuten, dass ihr eigenes Geschlechterverständnis nicht mit dem übereinstimmt, was die Erwachsenen für sie vorsehen. Das erklärt der Psychologe Peter Keins in der Zeitschrift „Geo“. Ein Anzeichen sei etwa, wenn ein Junge vehement darauf besteht, nur mit Kleidchen rauszugehen…Hier geht es weiter.
>> www.n24.de
Was für eine Woche
Nathalie möchte sich diesmal sehr kurz fassen, damit der Bericht im Gendertreff Blog nicht allzu lang wird.
Am Mittwoch, gleich nach dem Gespräch mit meiner Therapeutin musste ich zur Mittagsschicht. Da ich ziemlich knapp mit der Zeit war, ging ich direkt zur Arbeit. Wohl wissend das ich im Rock und mit Perücke unterwegs war. Natürlich hatte ich alle Blicke der Kollegen auf mich gerichtet und zog mir nur die Arbeitshose über und ging zur Arbeitsstelle. Am nächsten Tag war das Szenario etwa gleich. Ich hatte vormittags zwei andere Arzttermine und genausowenig Zeit.
Seitdem bin ich jeden Tag, zwar auch in Hosen, aber immer als Frau zur Arbeit gegangen.
Montag ging ich zum ersten Mal zu meinen Eltern und zu meiner Schwiegermutter. Ich musste Besorgungen für Sie erledigen. Um die Nerven nicht zu sehr zu strapazieren, war ich in Jeanshose und Bluse unterwegs. Es gab weniger Aufsehen als ich erwartet hatte. Mein Vater sagte nur nach einiger Zeit „Du hast doch versprochen nicht so zu kommen“. Im Hintergrund stand meine Mutter und schüttelte kurz den Kopf und gab mir so zu verstehen, dass es in Ordnung war.
Auf dem Rückweg war ich bei meiner Schwiegermutter. Natürlich unterhielten wir uns über mich, die Reaktionen der anderen (dank meiner Schwiegermutter) Mitwissenden. Wir sprachen noch intensiv über Silvia und mich und ich versprach Ihr, dass wir nicht an Trennung denken. Sie schaute mich an und sagte, dass sie mich so gekleidet gut akzeptieren kann. Am Abend sprachen Silvia und ich über den Tag. Dabei kamen wir auf den Sport zu sprechen und ich sollte überlegen wie ich das mache.
Da ich sowieso noch im beginnenden Sommerschlussverkauf schauen wollte, waren in den Tüten auch ein paar Sportshirts. Zudem kamen noch zwei Tennisröcke, die ich bei unserem Sportshop kaufte. Selbstverständlich probierte ich auch kurze Sporthosen an. Aber diese waren so knapp geschnitten, dass sich alles abzeichnete. Wir hatten auch über die männliche Kleidung gesprochen. Zuerst wollte ich die Sachen in leere Taschen und Koffer verpacken und zwischenlagern. Ich hatte ein paar Tüten zurechtgelegt. Erst einmal sollten die alten Sachen ausgesucht werden, um sie zu entsorgen. Während der Aktion fiel mir auf, dass ich den größten Teil in den letzten Monaten nicht brauchte. Kurz gesagt, zum Schluss hatte ich noch ein paar Jeanshosen, eine gute Hose, ein paar passende Hemden und ein paar Sportsachen für den Notfall, die ich in das oberste Fach im Kleiderschrank verstaute. Alles andere verstaute ich in Tüten. Dabei bekam ich ein komisches Gefühl. So als wenn ich Gift in den Händen halte. Ich packte immer schneller, um das Zeug loszuwerden. Kurz bevor ich die Tüten zum Altkleidercontainer brachte, wog ich sie. Es waren fast genau 55 Kg Kleidung. Und dabei habe ich die Schuhe noch nicht aussortiert. Es war wie ein Befreiungsschlag.
Eine Überraschung erwartete mich dann am Mittwoch. Nein, die Kleidung ist nicht aus Heimweh zu mir zurückgekommen. Auf der Arbeit baten mein neuer Betriebsleiter und der Tagesmeister zum Gespräch. Sie wollten wissen wie es mit mir weitergeht. Ich informierte sie, dass ich, sobald meine Ansprechpartnerin der Personalabteilung aus dem Urlaub kommt, meinen Alltagstest, mit E-Mailänderung und Anschreiben der betreffenden Bereiche, beginnen möchte. Mein Chef machte mir den Vorschlag, dass wir im Energiebetrieb nicht bis dahin warten, sondern ab sofort meine Arbeit als Frau beginnen könnte.
„Herzlich willkommen Frau Nathalie N…….. , wann geben sie Ihren Einstand?“ So gab er mir die Hand und wünschte mir alles Gute auf meinem Weg. Anschließend gab es ein Gespräch mit der gesamten Schicht über die Veränderung. Mit dieser Entscheidung verabschiedete ich mich auch aus der Waschkaue, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. Zeitnah werden alle anderen Schichten über meinen Weg informiert und, wie mein Chef unmissverständlich ausdrückte, möchte er aufkommende Probleme sofort besprechen und erwartet absolut fairen Umgang.
Ich kann es kaum fassen.
Nathalie
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Besuch bei den Eltern als Frau
Es ist immer wieder schön zu hören, wenn ein Outing so positiv verläuft wie jetzt hier bei Babs. Mit ihrer freundlichen Genehmigung haben wir ihren schönen Bericht hier im Magazin veröffentlicht.
Es ist Sonntagnachmittag, ich bin in Köln unterwegs, schönstes Herbstwetter. Die Luft riecht nach dem Laub und ein freier Nachmittag liegt vor mir. Eigentlich will ich ja nur einen Spaziergang machen und dann zurück nach Haus fahren – aber plötzlich ist da der Gedanke in meinem Kopf: Warum besuchst Du nicht endlich, endlich die Eltern, das wäre doch heute eine gute Gelegenheit? Und ich greife einfach zum Handy, ohne lange zu überlegen.
Wie sich herausstellt, ist sowieso ein spontanes Kaffeekränzchen mit Verwandten geplant. Naja, ein bisschen drängeln tu ich dann schon, aber als ich erfahre, daß alle Gäste schon von meinem So-Sein wissen (die Buschtrommeln haben scheinbar gut funktioniert in den letzten Wochen), ist es klar, daß dies mein Tag wird. Der Tag, auf den ich schon so lange gewartet habe… Uiih, Herzklopfen habe ich dann schon als ich die Treppe hinaufsteige. Was werden sie wohl sagen? Vorwürfe? Tränen? Fragen? Kreuzverhör?
Aber nichts von allem geschieht. Staunende Blicke mustern mich. Ein gemurmeltes Meine Güte, ja, sieht wirklich stimmig aus . Mir stehen die Tränen in den Augen, auch den anderen, wir umarmen uns, ich werde fast zerdrückt und muss immer wieder vor meinem Makeup warnen. Ob sie ahnen können, welche tonnenschwere Last gerade von mir runtergeplumpst ist?
Nach einer Viertelstunde geht das Leben weiter und wir Frauen tratschen und kümmern uns um Kaffee und Kuchen als wäre es schon immer so gewesen! Wie schnell das geht , denke ich ein paar Mal. Tipps zu Kleidung und Kosmetik, ein Mantel wechselt die Besitzerin (- danke Mama, er ist einfach ein Traum), Kuchenrezepte, Geschichten aus der Kindheit.
Und ich hatte mir monatelang die fürchterlichsten Sorgen gemacht hat. Wie nehmen es meine konservativen Eltern auf? Wird mein schon uralter Vater das verkraften? Und so weiter – das Übliche eben.
Es ist nicht nur alles gut gegangen – es war einer der schönsten Tage in meinem Leben und – wer weiß – vielleicht ein ganz neuer Anfang. Ich werde diesen Moment nie vergessen. Was zählt es da schon wenn ich ab und zu mit dem falschen Vornamen gerufen werde…
Liebe Grüße von einer glücklichen
Babs