Eine Lehrerin packt aus

Autorin: Ann-Sophie

Mein Outing vor den Eltern meiner Klasse samt Kinder fand am Donnerstagabend über Zoom statt. Es waren zum Glück knapp über die Hälfte der Kinder und Eltern dabei, was für einen Elternabend eine gute Quote darstellt. 🙂

Es war sehr, sehr anspruchsvoll, diesen Elternabend erst mal mit schulspezifisch wichtigen Themen wie Homeschooling, Mensa usw. zu moderieren, wobei ich wusste, was am Ende passieren sollte. Aber als Poetry-Slammerin kenne ich das Lampenfieber und das Spiel auf der Bühne ganz gut und deswegen verflog die Zeit tatsächlich recht schnell, bis ich unter dem letzten Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" dann zur Sache kommen durfte.

Ich fragte erst mal nach, was die Kinder und ihre Eltern denn unter einem Transgender verstünden. Leider keine Antwort, geplante Überleitung futsch - kein Problem. Und in diesem Moment outete ich mich dann einfach. Ja... einfach! Ich sagte kurz, dass mich dies schon mein Leben lang begleitete und das ich endlich glücklich in dem Geschlecht leben möchte, das ich einfach bin und in ein zwei Sätzen, was das in Zukunft für die Kinder bedeuten würde und dass ich mich darüber sehr freuen würde, wenn man mich ab sofort mit Frau G. ansprechen würde.

Die Resonanz war überwältigend. Ein paar Eltern ergriffen das Mikrofon samt Kamera und sagten, wie mutig sie diesen Schritt fänden und das sie sich einfach wünschten, dass ich die Klassenlehrerin bleiben solle. In diesem Moment hätte ich fast die Fassung verloren und wäre in Tränen ausgebrochen. Aber hey: The show must go on! Es erreichten mich an dem Abend auch noch ein paar eMails und Nachrichten über soziale Medien, die von Wertschätzungen und lieben Nachrichten nur so strotzten.

Inzwischen habe ich meine Klasse (A- und B-Gruppe getrennt) auch gesehen und habe in Ruhe mit ihnen darüber gesprochen. Die Kids sind neugierig, finden es cool (vor allem, wenn ich mit "beiden Stimmen" spiele) und stellten natürlich auch die ein oder andere persönliche Frage zum Thema Transidentität.

Die Outings in meinen Kursen erfolgen ab morgen, trotzdem wurde ich heute in der Pausenhalle schon als Frau G. angesprochen, obwohl ich äußerlich noch eher "kaschierend" umherlaufe. Einige Schüler meinten, dass sie das sehr cool fänden. Ich bin einfach ganz baff. Andere jüngere Klassen haben mich auch schon gefragt, wie sie mich ansprechen sollen.

Ich möchte hier hervorheben, dass es sich bei meiner Schule um eine Brennpunktschule mit einem hohen Migrationsanteil handelt und das ich gerade mit offenen Armen empfangen werde. Das macht mich stolz und einfach nur glücklich. Bisher haben sich auch gerade die Befürchtungen von Kollegen und Kolleginnen sowie der Schulleitung (noch) nicht bestätigt.

Nach den Osterferien darf ich dann auch endlich von der Leine gelassen werden, denn ich habe die Erlaubnis von oben. 😀
Dennoch schleiche ich mich schon so ganz dezent ein. Morgen werde ich also zum ersten Mal statt Pferdeschwanz das Haar offen tragen.

Ich bin gerade absolut selig, beachten wir den "körperlichen" Irrtum mal nicht. 😉