Autoren: Daniel (PULS das Gesundheitsmagazin) und Xenia (Gendertreff e.V.)
Eine redaktionelle Aufarbeitung meiner ca. 80-seitigen Dokumentation. Verfasst, geschrieben und genehmigt vom Magazin PULS, dem Gesundheitsmagazin für das Bergische Land.
Trans*-Menschen, Angehörige, Interessierte
Autorin: Michaela
Hallo zusammen,
ich bin recht neu im Forum und nutze dann gleich mal das Tagebuch, um mich auch vorzustellen.
Ich bin 31 Jahre jung, verheiratet, zwei Kindern und stecke (noch) in einem männlichen Körper. Hinter mir liegt ein wohl doch allzu typischer Weg. Schon sehr früh hat mich das Thema „Geschlechtsangleichung“ und „Mädchen/Frau sein“ auf eine unbeschreibliche Art und Weise berührt. Aber ich hätte mich nie getraut, mich irgendjemand gegenüber zu outen; bei den wenigen, wo ich es getan habe, war es dann auch sehr halbherzig und im Zweifelsfall bin ich dann lieber mal wieder zurückgerudert.
Und so trug ich es lange mit mir herum, habe schon Ende der 90er das komplette Internet leergesurft und alle Informationen in mich hineingesaugt, um dann… NICHTS… zu tun.
Zumindest nicht mehr als lange Haare, haarlose Beine… „weil ich es so mag, aus sonst keinem Grund“, habe ich mir immer selbst gesagt
Irgendwann, nach jahrelangem Leben in der Traumwelt und Warten auf den Tag, an dem ich es endlich wagen würde, den ersten Schritt zu tun….
Irgendwann dann mein Entschluss: „Ich habe ja noch nicht wirklich versucht, als richtiger Mann zu leben… Wie kann ich da wissen, was ich will?“
Also: Haare kurz, Kinnbart wachsen lassen und dann mit Mitte 20 endlich mal auf die Suche nach einer Freundin machen. Die habe ich dann auch gefunden und alles war schön. Schließlich Familie, Kinder; gar keine Zeit mir Gedanken zu machen… Und dann hat mich das Thema doch immer wieder eingeholt. „Okay“, habe mich mir gesagt, „mich interessiert das Thema… Na und?“ „Okay“, habe ich mir gesagt, „ich wäre tatsächlich lieber eine Frau… Na und?“
Gezielt habe ich das Internet durchsucht nach Informationen und Seiten, die gegen Transition und Transsexualität wettern… Was ich von dort mitgenommen habe, möchte ich hier gar nicht wiedergeben. Sehr viele Vorurteile, dich ich von dort mitgenommen habe, die es mir auch erschwert haben.
Letztlich die Augen geöffnet hat mir meine Frau, die immer mal wieder einiges davon mitbekommen hatte. Und auch wenn sie sich Anfang des Jahres getrennt hat, weil sie Abstand brauchte und sich (leider) nicht vorstellen kann, mit einer Frau zusammen zu sein. Sie hat mir zugesichert, dass sie als Freundin immer für mich da sein wird. Tolle Frau! Wir werden sehen, wo es uns hinführt, aber wir kommen derzeit besser miteinander klar, denn je. Und auch mit den Kindern läuft alles super. Darüber bin ich sehr froh.
Sie hat mir auch beim „Outing“ im Bekannten- und Verwandtenkreis geholfen. Ich hätte damit ja noch ein wenig warten können. Aber die Reaktionen waren (fast) alle positiv. Wahnsinn!
Das hat mir sehr geholfen, mich mit mir auseinanderzusetzen. Und ich bin in mir auf große, steinerne Mauern aus Vorurteilen gegenüber mir selbst und Vorbehalten und Ängsten und Widerständen gestoßen. Die dann aber doch überraschend schnell eingerissen sind. Und dahinter kommt immer mehr die Wahrheit zum Vorschein. Eine Wahrheit, die mich auf der einen Seite ganz froh und euphorisch werden lässt. Die mich aber auch schon mal herunterholt.
Und dann bin ich ins Handeln gekommen:
So, das ist bei mir der Stand. Ich bin gespannt, wer es bis hier geschafft hat .
Michaela
Autorin: Andrea
Hallo
Ich habe lange überlegt, ob ich auch mal etwas über mich schreiben soll. Als ich letztens die Recherche für meine Biographie gemacht habe, fiel mir auch mein altes Tagebuch in die Hände, in dem ich alles hineingeschrieben hatte, vom Einzug in meine damals neue Wohnung bis zu meiner GaOP.
Aber ich wollte ja etwas über mich schreiben.
Meine Geburt lasse ich mal aus, ist eh bei jedem gleich, nur das ich damals als Junge auf die Welt kam könnte vielleicht noch interessieren.
Meine Jugend verbrachte ich bei meiner Nenn-Oma zusammen mit meiner Stiefschwester. Damals hatte ich eigentlich schon gewusst, dass ich eigentlich ein Mädchen war, aber erzählen konnte ich das damals keinem. Die hätten mich doch glatt wer weiß wohin gesteckt. Als ich dann älter wurde habe ich auch noch herausgefunden, dass ich sowohl auf Männer als auch auf Frauen stand. Meine Transidentität habe ich eigentlich immer nur im Verborgenen gelebt.
So mit 17 oder 18 habe ich mir dann eine Freundin zugelegt – Brauchte man damals wie ich fand, um der Norm zu endsprechen. Wir zogen auch zusammen und eines Abends habe ich ihr meine Transidentität gestanden, worauf ich durch unsere Wohnzimmertür geflogen bin. Trotz allem bin ich erst mal bei ihr geblieben(ca.10Jahre), warum keine Ahnung, wahrscheinlich hatte ich schiss vor der Allgemeinheit. Eines Abends hat mich dann meine Freundin Vergewaltigt und mir auf den Kopf zugesagt, dass ich mehr Frau als Mann sei, sie aber nicht Lesbisch und sich von mir getrennt. Durch eine Bekannte von mir habe ich dann auch meine Wohnung bekommen.
Nach meinem Umzug begann ich als Frau zu leben. Es begann das Outing bei meinen Freunden, die es widererwarten sehr gut aufgenommen und sich nicht von mir abgewandt haben. Bei meiner Mutter war es schon etwas schwieriger, aber letztendlich hat sie mich doch akzeptiert. Dann begann der schwierigste Teil, das Outing auf der Arbeit. Mein Chef wollte mich zuerst rausschmeißen, aber wir haben uns dann doch einigen können.
Danach das übliche, Gutachten bei zwei Gutachtern. Und dann der Tag als ich das erste Mal Hormone genommen habe, mit Absprache bei meinem Gutachter Prof. D und unter ärztlicher Aufsicht. Mir haben die Hände gezittert als ich die Pillenschachtel geöffnet habe. Das komische war, das von Monat zu Monat alles so normal wurde. Bis zum Tage, als ich nach München gefahren bin .
Mein großer Tag die GaOP. In der Klinik habe ich dann auch meine jetzige Frau kennen und lieben gelernt und das ist nun schon fast 20Jahre her.
LG
Andrea
Autorin: Chrissi
Hallo zusammen,
danke für die ganzen Wünsche. Es hilft 🙂
Es wird von Tag zu Tag besser und es ist bei weitem nicht mehr so stark angeschwollen wir noch vor ein paar Tagen – vor allem wenn man bedenkt, dass die OP erst 13 Tage her ist.
@Xenia, ja es wird eine zweite Operation geben. Die wird aber erst in 6 Monaten stattfinden, da das in München so gehandhabt wird und somit halt die besseren Ergebnisse erzielt werden (laut Aussage der Ärzte)
Und jetzt da ich wieder ein wenig sitzen kann, dachte ich mir ich mache mich mal daran, dass ich ein wenig die Erfahrungen und Erlebnisse im Krankenhaus zusammenfasse und davon berichte, wie es abgelaufen ist.
Also angefangen hat alles am 17.02.2015, wo ich zuerst zur Anästhesiesprechstunde kommen sollte.
Dort wurden dann noch das eine oder andere durchgesprochen und Aufklärung betrieben. Danach ging´s dann direkt in die Klinik. Also ab zur Aufnahme mit einem Packen Papier in der Hand und von dort auch gleich auf die Station.
Nach ein wenig Warten bekam ich dann auch gleich mein Zimmer zugewiesen, was zu meiner Überraschung ein Einzelzimmer war *grins*. Die Schwester hat mir dann noch einen Becher in die Hand gedrückt und zwei Päckchen von einem wundervollen Zeugs *urgs*. Mit dem Kommentar, dass 2 meistens nicht reichen bin ich dann sozusagen auf dem Zimmer gelassen worden und ich solle dann gegen 16 Uhr anfangen das zu trinken (sie meinte, eher kann auch ned schaden).Also gleich mal den ersten Trank gebraut und recht zügig getrunken. Zu meiner Überraschung hat das Zeugs dann gar nicht mal sooo gut geschmeckt *kicher*.
Dann erst mal eingerichtet und umgezogen und das Zeugs mal wirken lassen. Danach dann auch gleich die Zweite Packung runtergekippt.
Eine Ärztin kam dann auch nochmal vorbei und hat mit mir genau die einzelnen Schritte der OP nochmal durchgesprochen.
Kurz nachdem die Ärztin auch weg war, begann das Zeugs auch schon zu wirken und der lange Marathon der vollständigen Darmentleerung hatte begonnen. Irgendwann hab ich dann kapituliert (da ich nicht alle 3 Minuten wieder aufs Klo wollte), da hab ich mir meinen Kindle geschnappt und bin einfach drauf sitzen geblieben.
Da ich rausgefunden hatte, dass ich am Mittwoch gleich um 8 drankam, war das alles auch eine kleine Genugtuung und ich habe den Abend dann recht gemütlich vergehen lassen mit viel Lesen und nicht groß auf die Uhr schauen und drüber nachdenken. Am nächsten Morgen um halb 6 kam dann auch die Nachtschwester rein und meine, ich könne nochmal duschen und das da unten rasieren. Ne Zeit später kam dann der Pfleger und sagte, dass er mich um halb 8 dann runterfährt *freu freu*.
Dann ging der Flug auch schon los und es ging Richtung Op. Dort dann nackig und in Wärmedecken aufm Tisch liegend wurden mir sone paar Dinger angesteckt und der Venenzugang kam rein. Danach meinte ein Herr nur noch „Guten Morgen, ich bin ihr Anästhesist und ich habe ein bisschen Sauerstoff für sie“… Am Rande hab ich noch mitbekommen, wie ein anderer junger Mann so Stützen auf der Seite in den OP Tisch steckte und das war´s auch schon.
Das nächste Mal die Augen aufgemacht war in einem ganz anderen Raum und sofort das Geräusch vom Blutdruckmessgerät in den Ohren und eine Schwester über mich gebeugt die fragte wie es mir geht. Mir war ein wenig schlecht, also bekam ich Sauerstoff (diesmal echten :D)
Das einzige was ich von dem Tag noch weiß ist, dass ich dann gegen 16 Uhr wieder in meinem Zimmer war und ich kurz darauf meine Mutter angerufen hatte, dass es mir soweit gut geht und die OP vorbei ist. Und natürlich hatte ich zu der Zeit auch total verheulte Augen vor lauter Freude. Weil, man fasst da unweigerlich mal runter und spürt halt einen Verband und nichts was mehr irgendwie stört und nicht zu einem gehört. Das mit den Freudentränen hörte an dem Tag auch nicht mehr auf und meine Cousine kam dann auch am nächsten Tag vorbei (hatte ich auch noch am Tag von der OP irgendwie ausgemacht – aber so richtig dran erinnern konnte ich mich nur schemenhaft)
In der Nacht halt öfter aufgewacht, weil eine Schwester reinkam und die Antibiotika wieder drangehängt hat oder ein wenig Schmerzmittel. Alles in allem war es aber eine sehr schöne Nacht, weil es sozusagen dann die erste war, wo halt nun das äußere auch passte.
Am Donnerstag (also 1 Tag post OP) wurde ich auch gleich vom Pfleger aus dem Bett gescheucht, ich solle mich doch mobilisieren. Das hat aber mein Kreislauf ned ganz so toll gefunden und so war der kleine Ausflug ins Bad und mal ein wenig mit nem Waschlappen befeuchten recht schnell auch wieder vorbei.
In den nächsten Tagen habe ich dann auch das Einzelzimmer sehr zu schätzen gelernt, weil ich einfach die notwendige Ruhe hatte.
Samstag (3. Tag) kamen dann auch schon die Pflaster ab und ein erster Blick wurde möglich. Es war natürlich noch alles ziemlich geschwollen, aber trotzdem ein wunderschöner Anblick. Schockiert hat mich das nicht, eher gefreut. Weil egal wies aussah es war 1000x besser als das vorher.
Rumlaufen war auch schon besser und so ging ich dann öfter einfach mal ins Bad oder so im Zimmer ein paar Schritte auf und ab. Da der Kreislauf aber irgendwie was dagegen hatte (so ganz spontan öfter) blieb ich immer mal lieber in Reichweite vom Bett.
Am Montag musste ich dann leider den Komfort eines Einzelzimmers aufgeben und in ein zweier Zimmer umziehen, was aber auch nicht so schlimm war. Meine Bettnachbarin war eigentlich ganz okay und hatte die OP einen Tag nach mir. Da sie aber Raucherin war schloss ich mich nach 5 Tagen Nikotinentzug auch an und ging mit eine Rauchen, die Bewegung war recht gut und auch das an der frischen Luft stehen tat dem Kreislauf richtig gut.
Am Dienstag ist dann der Stent rausgekommen, wo ich im ersten Moment dann doch ganz schön überrascht war, da das Ding ja doch nicht unbedingt klein ist 😀 Den habe ich als kleines (naja klein ist relativ) Andenken auch mitbekommen 😀 und das Gesicht meiner Mutter, als ich ihn ihr gezeigt habe, hat auch Bände gesprochen.
Mittwoch bin ich dann meinen Katheter losgeworden und das war auch der erste Moment, wo ich mir eine Dusche gegönnt habe, da ich nicht mit dem Katheter das machen wollte (von wegen, wo hängt man den hin und naja egal… die Bewegungsfreiheit ist halt nicht so ganz gegeben mit sonem Ding). Das erste Mal dann unter der Dusche zu stehen und an sich runterzusehen hat bei mir wieder einen ziemlichen emotionalen Schub ausgelöst und bin erst mal vor Freude wieder weinend ´ne Zeit lang unter der Dusche gestanden.
Von den Schmerzen her ging es auch und war auszuhalten. Ein paar Positionen hatten es allerdings in sich und da hat es dann schon mal ordentlich gezwickt, vor allem weil die Klammern noch drin waren.
Die Klammern sind dann am Freitag rausgekommen und eine kleine Einführung in den Umgang mit der neuen Scheide habe ich auch bekommen.
Ebenfalls dann ein paar Anweisungen wies mit dem Bougieren, Pflegen usw. weitergeht hat mir die Ärztin auch gegeben.
Und Samstag ging´s dann auch schon heim. Was auf der einen Seite ein wenig schade war, weil doch ein paar nette Leute dort waren. Wir waren nur 2 Mädels und sehr viieeeele Jungs 🙂 (Die Klinik in München Bogenhausen ist halt die Nummer 1 Anlaufstelle für die Jungs).
Wenn ich so zurückdenke sind die Tage trotz dem ganzen Tag liegen und lesen eigentlich ziemlich schnell vergangen. Das einzige was wirklich Schmerzen bereitet hat, war das die ganze Zeit auf dem Rücken liegen. Die Schmerzen vom Operationsgebiet waren bis auf ein wenig zwicken und piecksen gar nicht so schlimm. Durch die ganze Zeit breitbeinig daliegen hatte ich halt nur einen verdammt fiesen Muskelkater in den Oberschenkeln, der momentan immer noch präsent ist. Aber es wird von Tag zu Tag besser.
Gestern war ich dann noch ein wenig unterwegs (einkaufen, Arzt wegen Krankschreibung, Apotheke um das Zeugs zu holen – Cremes, Dilatoren usw.), das war aber dann auch schon wieder zu viel des guten. Zum Glück hat mich meine Mutter gefahren, weil selber ging´s noch nicht so gut – obwohl ich nachmittags mal selber kurz weg bin (in die Apotheke und das Zeugs holen, weil´s bestellt werden musste). Da war ich dann ganz froh den Rest des Tages wieder liegen zu können und hab mich auch nicht mehr hochgerafft (außer auf Toilette).
Ich wollte das alles aber erledigt haben, damit ich die restlichen Tage dann nichts tun muss (ja scheiß Perfektionismus :D) und mich erholen und ausruhen kann.
Heute kam dann auch gleich der erste Durchlauf Bougieren dran. Uiuiui, das vielleicht ein komisches Gefühl – naja eher neu, daran muss ich mich erst gewöhnen. Und oh mein Gott, sind da große Dinger dabei *schauder* 😀
Man merkt auch, dass der Körper halt noch ein wenig geschwächt ist und auch kleinen Anstrengungen (wie rumlaufen, spazieren gehen oder sowas) doch anstrengender sind als man denkt.
Da ich auch in der Klinik die eher vegetarischen Gerichte gegessen habe und sich um meine Betreuung nun auch meine Mutter kümmert ist das auch noch eine Sache, die mir verdammt gut tut (meine Mutter isst nur Rohkost und vegetarisch). Da merke ich auch, dass der Körper besser damit klarkommt.
Es sind halt auch die kleinen Dinge die den Heilungsprozess begünstigen, wie Ruhe, gesunde Ernährung und hin und wieder ein wenig Homöopathie. Also bei mir bewirken die Dinger einfach nur Wunder und mir geht´s richtig gut in letzter Zeit, was sicherlich auch stark von dem nicht mehr vorhandenen Dings da unten herrührt.
So das soll´s jetzt erst mal fürs Erste gewesen sein.
Ich versuche natürlich auch den weiteren Verlauf ein wenig aktuell zu beschreiben (je nachdem wie das mit dem Sitzen klappt – aber Sitzring sei Dank geht es ein wenig)
Ganz ganz liebe Grüße
Chrissi
Once upon a time, könnte man schon fast sagen, denn nun liegt die letzte Operation der zwei „Sitzungen“ zur Geschlechtsangleichung bereits 12 Monate zurück. Es ist und bleibt ein umfangreicher und auch schwieriger Eingriff, den man nicht unbedingt so einfach wegsteckt. Nicht ohne Grund gibt es nur wenige (Universitäts-)kliniken, die sich auf diese Operation spezialisiert haben und bei Frau-zu-Mann (FzM) sieht es da noch wesentlich düsterer aus. Grundsätzlich ist bei einer Operation immer mit Risiken zu rechnen und der Heilungsprozess dauert (im Alter) schon mal etwas länger.
Man wird aus der Uniklinik entlassen, hat noch ein paar Nachuntersuchungen bis man wieder arbeitsfähig ist und fühlt sich dann doch ziemlich allein gelassen. Manchmal habe ich in der Zeit überlegt, vielleicht noch mal ein paar Stunden bei einer Therapeutin zu nehmen, aber es schließlich alleine bzw. durch Partnerin, Freunde und die Selbsthilfegruppe gemeistert. Jetzt, nach 12 Monaten, kann ich sagen, es ist überstanden und ich fange mehr und mehr an mein neues Leben zu genießen und glücklich zu sein.
Endlich brauche ich mir keine Gedanken mehr zu machen, wie ich sitzen muss und kann – Nein, ich sitze einfach! Keine Angst mehr bei den Wasserspielen, es könnte mal etwas unkontrollierter austreten. Die Angst ist weg, es könnte nach dem Duschen beim Abtrocknen noch etwas „kaputt“ gehen. Das ist nun vorbei, weil es jetzt endlich das Normalste der Welt ist, auch wenn es nur eine Kopie ist. Aber wie ist das heutzutage mit Kopien? Mit einem guten Gerät (Chirurg) und Handwerkszeug (Operationsbesteck) ist sogar manchmal die Kopie besser als das Original. 😀
Das Thema Silikoneinlagen sollte nicht unerwähnt bleiben. Auch vier Jahre nach der ersten Hormontablette, ist das natürliche Brustwachstum zu sehen und zu spüren. Also auch hier ist zu überlegen, ob Nachhilfe nötig ist oder ob man sich nicht einfach die Zeit nimmt und die Natur machen lässt.
Weiter oben habe ich gesagt, dass ich glücklich bin. Ja, bin ich auch, genieße jeden Tag und möchte nie wieder zurück. Mein Kindheitstraum ist endlich wahr geworden und ich kann/darf endlich so leben, wie ich es immer schon wollte und mein inneres Ich es raus geschrien hat. Ja, ich bereue keine Sekunde.
Aber nicht alle Menschen in meinem Umfeld können sich umgewöhnen und man kann seinen Ursprung nicht wirklich ganz verbergen. So kommt es leider immer wieder mal vor, dass von „Ihm“, „Er“ oder „Sein“ gesprochen wird, statt die weiblichen Attribute zu benutzen. Ich mache niemand einen Vorwurf und fühle mich auch nicht deswegen diskriminiert (es sei denn, es wird permanent mit Absicht betrieben). Aber manchmal zieht es mich schon runter und man braucht eine Menge Selbstbewusstsein und ein „dickes Fell“ um darüber hinweg zu sehen oder auch hier und da mal darauf hinzuweisen. Auch dabei hilft eine Selbsthilfegruppe.
Eine Selbsthilfegruppe hilft nicht nur Transgendern, die noch am Anfang stehen, sondern auch vor der Personenstandsänderung, vor einer möglichen Operation oder allgemein mit der Transidentität umzugehen. Nein, sie hilft auch den Menschen die alles hinter sich haben und diese Menschen, die alles hinter sich haben, können den Newcomern auf ihrem Weg helfen und wertvolle Tipps geben – sie an die Hand nehmen. Transmänner und Transfrauen werden in ihrem weiteren Leben immer mal wieder über ihre Transsexualität/Transidentität stolpern. Sei es beim Vorzeigen von Zeugnissen, beim Arzt, bei der Krankenkasse oder durch ihr Erscheinungsbild. Also, es ist keine Schande, wenn genau diese Personen, die alles hinter sich haben, Hilfe in einer Selbsthilfegruppe suchen oder ihre Hilfe anbieten.
Selbsthilfegruppen helfen aber natürlich auch den Angehörigen, Partnern und Partnerinnen, denn sie stehen dem Trans*-Menschen zur Seite und brauchen auch Ansprechpersonen für die vielen Fragen.
Ich erwähnte bereits, dass sich einige Unikliniken auf Geschlechtsangleichende Operationen mit verschiedenen Methoden spezialisiert haben. Auch da gibt es gute und weniger gute Ergebnisse, aber was ist mit den Fachärzten an der (Patienten-) Front? Bei ihrer Ausbildung stand das Thema nicht auf ihrem Lehrplan. Was tun, wenn eine nicht biologische Vagina, ein Penis aus Silikon, behandelt werden muss? Oder wenn eine tiefe Brummelstimme auf etwas Mädchenhaftes getrimmt werden muss?
Gerne werden dann die wenigen Ärzte gesucht, die sich damit auskennen. Das führt dann zu Überlastungen und Wartezeiten. Allerdings lernen andere Ärzte auch gerne dazu. Das ist wie bei einem Autofahrer, der 30 Jahre den Führerschein hat und dann plötzlich zusätzliche Paragrafen einer überarbeiteten Straßenverkehrsordnung lernen muss. Das erlernte Grundgerüst ist da, aber es kommt halt noch etwas dabei. Man lernt ja nie aus. Auch in diesem Punkt ist es wichtig, dass Ärzte und Selbsthilfegruppen voneinander lernen und sich austauschen, sich ergänzen. Ärzte müssen sich weiterbilden und auch hier zählt – Learning by doing.
Sollte man sich allerdings doch mal wie ein Proband oder Testperson fühlen und das Vertrauen zum Arzt bröckeln, dann doch bitte den Arzt wechseln.
Es ist gut, dass die meisten transidenten Personen durch Selbsthilfegruppen, Vertrauensarzt, Internet usw. über ihren Körper Bescheid wissen und auch über Risiken und Gefahren informiert sind. So kann z.B. eingeschritten werden, wenn ein Endokrinologe gleich mit 50mg Androcur (Testosteronhemmer) und 15mg Estradiol (Östrogene) aufwartet oder ein Frauenarzt sich staunend das Operationsgebiet anschaut, es aber nicht anfassen mag um seine Untersuchung zu machen.
10 Schulstunden Stimmtraining bei einer Logopädin habe ich nun hinter mir und mache tatsächlich Fortschritte. Einige u.a. auch meine HNO-Ärztin (Heilmittelverordnung) hat mir bestätigt, dass meine Stimme etwas höher und wesentlich weicher geworden ist. Das baut mich natürlich auf, wenn es auch z.B. im Betrieb noch schwieriger ist, wenn man sich durchsetzen muss oder im Stress ist. Aber es geht voran und ich darf nun noch weitere 10 Stunden üben bis es in Fleisch und Blut übergeht.
Zum Gesundheitscheck bei meinem Hausarzt, stellte er heute fest, dass mein Blutbild einer 25-jährigen abstinent lebenden Veganerin entspricht, so perfekt sind meine Werte. Umso erstaunlicher, weil ich mittlerweile mit kleinen Schritten auf die 60 zu gehe (Schauder – Ich fühl mich gar nicht so) und ich nicht so ganz auf Alkohol verzichte. Auch auf das Essen habe ich nie so geachtet und esse einfach „Queer durch den Garten“. Liegt es an den Hormonen (2 mg/Tag) oder am Glücklich Sein? Vermutlich ist es die Kombination. Wörtlich sagte er: „Ungewöhnlich für eine Person mit 56, aber jetzt als Frau, in der Blüte des Lebens“.
Ich freue mich über mein Leben und genieße es, was nun doppelt so viel Spaß macht. Und es ist schön, wenn wir im Gendertreff Menschen helfen können.
Liebe Grüße
Xenia
Autorin: Chrissi
Hallo zusammen,
nachdem nun doch auch schon wieder einige Zeit ins Land gegangen ist, wo ich das letzte mal was geschrieben habe, möchte ich das Tagebuch hier wieder ein wenig aktualisieren.
So was ist passiert… eigentlich nicht viel bewegendes, aber ein paar kleine Eckpunkte gibt`s schon. Die Gruppe von Jared hat sich leider aufgelöst, weil wir einfach jedes Mal nur zu zweit drin saßen und von dem her meinte Jared er will das so nicht weiterführen, weil da können wir uns auch so mal auf einen Kaffee treffen. Tja schade darum, aber sowas passiert.
Dann stand aber noch das ganze rum Getue mit der Krankenkasse an von wegen Operation und dergleichen. So kam es dann dazu, dass ich einen Termin für das Vorstellungsgespräch bei Dr. Liedl (bzw. Dr. Markovsky) Anfang September hatte und da eigentlich alles geklärt wurde (naja hoffentlich – aber als Perfektionistin ist man sich da nie sicher).
Von meiner zweiten Psychologin (die auch das Gutachten für die VÄ/PÄ) gemacht habe, bekam ich dann gegen ein kleines Entgelt von 50 € auch noch ein drittes Gutachten für die Indikationsstellung zur GaOP. *freu*
Somit hatte ich dann Ende Oktober alles zusammen und habe während meinem Urlaub (der zuhause und nicht auf Thailand stattfand – aber das ist eine andere Geschichte) das Zeugs persönliche zur Krankenkasse gebracht und die gute Frau dort hatte auch eine Checkliste von Sachen die man für den Antrag braucht. Also durchgegangen und ihr das ganze Zeug gegeben.
Dann nach 2 Wochen hatte ich auch schon Post im Briefkasten, von der Krankenkasse… „Sie würden noch ein paar Unterlagen benötigen“. Lustiger weise ist aber genau das was sie gebraucht haben genau 4 Tage nach dem ich den Antrag abgegeben hatte angekommen. Das habe ich auch dann gleich an die Krankenkasse weitergeleitet. 3 Wochen darauf kam dann erneut ein Brief von der Krankenkasse mit der Kostenübernahmeerklärung durch die Krankenkasse. *yeaaaaaay*.
Die 3 Gutachten zusammengepackt, die Kostenübernahme dazu gepackt und dann wollte ich das dem Patientenmanagement von der Klinik in München faxen. Dann dachte ich mir aber… mist, das sind doch 32 Seiten. Die schickste lieber per Post. Naja dauert halt ein wenig länger, aber egal – ist jetzt auch schon Wurst.
Gesagt getan, dann vor 2 Wochen hingeschickt und denen 1 Woche zeitgegeben um dann anzurufen wegen einem Termin. Also letzten Dienstag (09.12) angerufen und nachgefragt. Da meinte die aber, sie habe die Unterlagen erst heute erhalten und die müssen nun zur Überprüfung weiter an den Herrn Dr. Liedl. *hmpf* na gut, dann halt nochmal warten … Eigentlich wollte ich Freitag noch mal anrufen, aber da kam ich irgendwie den ganzen Tag nicht dazu. Gut wieder ein Wochenende vergangen. Dann aber heute vor Mittag gleich angerufen und taddaaaaaa alles wieder zurück und wir können dann einen Termin ausmachen.
Ein wenig in der Warteschleife gesessen und ich mir schon überlegt… hm wann könnte das sein, März, April, Mai oder so … weil es zu mir in dem Vorgespräch eben hieß es könne 3-5 Monate dauern bis da ein Termin frei ist oder gemacht werden kann. Also schon mit dieser Erwartung dann mit der Frau gesprochen, die hat dann noch ein wenig rumgetippt und mir dann den Termin genannt:
„18.Februar 2015“ – Okay, den nehm` ich!
Jetzt so im Nachhinein ist mir bewusst geworden – oder habe es erst realisiert, dass das eigentlich in 2 Monaten schon ist *schocked*…
Es ist aber so, dass ich jetzt wirklich schon lange auf diesen Moment gewartet habe und ich merke auch, wie mich das ganze drauf warten in letzter Zeit ein wenig depressiv gemacht hat – weil sich das ständig wieder in die Länge gezogen hat.
Da jetzt aber das doofe Weihnachten vor der Tür steht und das damit verbundene „nix-tun“ muss ich dann wohl oder übel mit den ganzen Vorbereitungen bis Januar warten (die Frau meinte eben die ganzen Voruntersuchungen und dass man die denen dann zufaxen soll). D.h. das wird im Januar `ne schöne Rennerei werden. Aber da freue ich mich jetzt wirklich drauf und der Termin ist schon so nahe, dass ich eigentlich gar nicht weiß wie ich das richtig beschreiben soll.
Nach all den Ängsten in der Vergangenheit und den Bedenken, die ich hatte, bin ich mir jetzt aber noch sicherer, dass es ohne diese OP für mich schwierig werden würde ein wirklich normales Leben zu führen. Eben als totale Perfektionistin überdenkt man alles doppelt und dreifach, kalkuliert die Risiken mit dem Nutzen ab. Aber ich denke das habe ich ganz gut geschafft 🙂
Mal schauen was mein Therapeut dann morgen sagt, wenn ich ihm diese freudige Nachricht überbringe 🙂
So das soll`s jetzt vorerst mal gewesen sein, wenn es was Neues gibt melde ich mich wieder 🙂
In diesem Sinne
Ganz liebe Grüße
Chrissi