(K)eine Angst vorm Outing

"Outing" kommt aus dem Englischen und bezeichnet eine Art "Bloßstellen", "etwas öffentlich machen“ oder "mit etwas herausrücken". Seit den 1990iger Jahren sagen wir, dass jemand geoutet wurde oder sich geoutet hat. Jemanden outen oder sich outen steht für eine Sache die bisher geheim war und meist auch gerne geheim geblieben wäre.

Weiterlesen

Johanna: „Mein Leben mit beiden Geschlechtern“

Johanna aus dem Gendertreff-Forum berichtet in einem Beitrag über ihren Werdegang und ihr Leben mit beiden Geschlechtern.

Hallo Community,

hier will ich mal ein wenig meine seelischen Aufs und Abs während meiner nun über 30 jahren dauernden Trans*-Findung rüberbringen. Dies mache ich auch, damit jede/-r, der/die hier liest erkennt, dass mir mein Leben nicht so in den Schoß gefallen ist, wie sich das heute so liest. Der Bericht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da ich mich nicht an jede Einzelheit meiner Vergangenheit so deutlich erinnern kann, um das dann hier gut rüberzubringen.

Zuerst mal, ich wohnte und wohne immer noch in einem kleinen Dorf am linken Niederrhein mit einer katholischen Erziehung, wozu auch gehörte, sonntags zur Kirche zu gehen, im Sonntagsstaat, versteht sich. Und ich bin in einer wohlbehüteten Kinheit erwachsen geworden. Eigene Gedanken wurden oft niedergeredet, wenn sich das Andere, Eltern, mein bruder oder Verwandte, nicht vorstellen konnten oder es nicht in ihr Weltbild passte. So hatte ich mal eine Phase, in der ich farbige Stoffhosen trug, mal in blau, mal in grün, mal in gelb oder auch in orange. Das konnte irgendwie niemand verstehen. Es wurde zwar zugelassen, aber ich denke, nur deshalb, weil jeder meinte, ‚das ist eine Phase, das legt sich wieder‘.

Dann reifte in mir so langsam der Gedanke, dass da etwas mit mir nicht so war, wie es bislang den Anschein hatte.

Zu Beginn meiner Transition war da zunächst der immer deutlicher werdende Gedanke, irgendwas ist da in mir, das ich zu dem Zeitpunkt nicht erklären konnte. Ich stellte die Bekleidungsstereotypen für Mann/Frau in Frage. So nach dem Motto, ‚Warum dürfen Frauen Hosen tragen, aber Männer keine Röcke?‘ Zu Beginn wußte ich noch nicht einmal, dass ich auf einem transidenten Weg war.

Trotzdem fing ich an mich auszuprobieren. In der Öffentlichkeit suchte ich mir eine „Bühne“, die unverfänglich erschien, den Karneval. Hier konnte ich mich zum ersten Mal weiblich kleiden, ohne dass ‚dumme‘ Fragen gestellt würden.

Aber ich merkte recht bald, dass mir das nicht reichte. Für mich war an Aschermittwoch eben nicht alles vorbei. Tja, und damit begann die Findungsphase erst richtig. Und natürlich auch das Versteckspiel. Ja, auch ich wollte natürlich nicht, dass man mich weiblich erwischte. Ich wußte ja noch nicht einmal selbst, was mit mir los war, wie hätte ich das Anderen erklären können.

Ich suchte mir immer wieder Nischen, um meine weibliche Seite zu leben, an Orten oder in Situationen, wo ich nicht von Anderen dabei erwischt werden könnte. Ich hatte natürlich auch lange Zeit die Angst, erwischt zu werden. Ich kann daher ja auch jede/-n verstehen, der/die in solchen Ängsten lebt.

Es war ein langer Weg zu mir von kurz nach dem Volljährig werden bis hin zum Jahr 2010, wo ich mich nach und nach immer mehr mit meiner weiblichen Seite verbunden fühlte. Ich hatte oft Zweifel, ob ich das Richtige tue oder ob ich vielleicht einfach nur verrückt bin. Anfangs dachte ich auch nur, es ist eine Phase, das gibt sich wieder. Aber ich mußte auch feststellen, es blieb und es wurde immer stärker.

Wenn ich manchmal in Gedanken zurückblicke, erkenne ich so manche Situation, die heute von so manchem als peinliche Begebenheit gesehen würde. Und im Rückblick erwische ich mich dann dabei, wie ich über solche Situationen selbst ins Schmunzeln gerate.

So beispielsweise als ich über die Bundeswehr eine zweite Ausbildung machen konnte und dabei in einer Kaserne in Münster wohnen konnte.

Dort hatte ich eine eigene Stube, aber das Klo war natürlich am anderen Ende des langen Gebäudeflurs. Und wenn ich dann in meiner Stube weiblich gekleidet war und mal „mußte“, dann habe ich meine Weiblichkeit unter anderen Klamotten versteckt, um nicht ‚aufzufliegen‘. Also aus Angst, erwischt zu werden, kommt der menschliche Geist schon auf recht kuriose Gedanken.

Als ich dann ab 2010 immer mehr zu mir stehen konnte und dann auch begonnen habe, mich mehr und mehr nach außen zu geben, wie ich bin, fielen die Ängste immer mehr wie Kartenhäuser in sich zusammen. Aber ein Weg, der etwa 30 Jahre in Anspruch genommen hat, zeigt, wie lange es dauern kann, bis man mit sich ins Reine gekommen ist, bzw. bei sich angekommen ist.

Ein Aspekt darf hier nicht unerwähnt bleiben. Ich lebe bis heute mit meiner Mutter zusammen. Früher im Haus der Eltern und Großeltern, seit einigen Jahren in einer Mietwohnung. Ja, und meine Mutter, Jahrgang 1939, war natürlich auch recht katholisch erzogen. Der sonntägliche Kirchgang gehörte für sie einfach zum Leben dazu, und das bis heute. Und im Laufe meiner Findungsphase nahm natürlich der Bestand an Frauenkleidung bei mir immer mehr zu. Das blieb meiner Mutter nicht verborgen. Und wenn sie über diese Kleidung sprach, bezeichnete sie diese immer als die anderen Klamotten, da ich ja ihr Sohn bin und damit gehörten die weiblichen Klamotten nicht zu mir. Vor ihr habe ich mich nie geoutet. Gut, ein richtiges Outing habe ich ja sowieso nie gemacht. Aber sie hat meine weiblichen Klamotten nie akzeptiert. Mittlerweile glaube ich, dass sie die Klamotten zumindest toleriert, da ich ja sonst in ihren Augen ein gutes Leben führe.

In der ganzen Zeit hatte ich übrigens weder einen Psychologen noch einen Therapeuten, ich war auf mich allein gestellt. Aber ich hatte wohl das Glück, allein damit fertig zu werden. Umso mehr ist es mir ein Bedürfnis, anderen helfen zu können, die mit ihrer Situation nicht so einfach zurecht kommen.

Der Text ist jetzt doch länger geworden, als ich es gedacht hatte. Aber ich hoffe, damit Anderen auch helfen zu können. Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Und am Anfang, wenn man sich selbst natürlich nicht sicher ist, was los ist, ist es immer schwer. Aber Kopf hoch, am Ende wird es großartig, egal wo das Ende erreicht ist.

Friedlicher Gruß

Johanna L

 

>> Inhaltsverzeichnis

Marinas erstes Klassentreffen nach der Transition

Autorin: Marina

Seit dem Realschulabschluss sind 30 Jahre vergangen. Alle 10 Jahre gibt es ein Klassentreffen doch dieses ist das erste nach der Transition. Marina berichtet.

Hi,

Es ist schon eine ganze Weile her, dass ich hier in meinem eigenen Thema etwas geschrieben habe. Aber es gab auch keinen Grund hier etwas zu schreiben, denn mein Leben ist, man könnte es schon fast als stinklangweilig normal bezeichnen. Hin und wieder ergeben sich aber doch interessante Begebenheiten. Und davon möchte ich heute mal wieder berichten.

Am Freitag den 10. November fand ein Klassentreffen der Realschule in meinem Heimatort statt, die ich damals besucht habe. Es ist 30 Jahre her, dass wir den Realschulabschluss gemacht haben. Dies war jetzt das dritte Klassentreffen, immer alle 10 Jahre. Fast 8 Jahre bin ich jetzt hier im Gendertreff. Dementsprechend fand das letzte Klassentreffen noch vor meinem Weg hin zu mir selbst statt.

Aber der Reihe nach….
Ende Oktober erhielt ich eine E-Mail von meiner ehemaligen Klassenkameradin, in der sie mich zu dem Klassentreffen einlud. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht klar, ob ich überhaupt an dem Freitag Abend Zeit haben würde, stand doch für Samstag den 11.11. die Gründung des Gendertreff e.V. bevor. Deshalb habe ich erst einmal abgesagt.

Eine Woche später rief mich dann eine andere ehemalige Klassenkameradin an. Sie hatte meine Nummer von meiner Mutter bekommen. Ihre Mutter und meine Mutter sind nämlich gut befreundet. Sie fragte mich noch mal, warum ich denn abgesagt habe. Ich erklärte ihr, dass ich noch gar nicht weiß, ob ich an dem Wochenende in meinen Heimatort kommen kann. Sie boten mir aber an, dass man mich in eine, extra für das Treffen geschaffene, WhatsApp-Gruppe aufnimmt. Dem stimmte ich zu. In dieser Gruppe wurde viel geschrieben und jede Menge alter Bilder ausgetauscht. Das war schon recht interessant, zumal ich feststellen musste, dass ich doch sehr, sehr viel vergessen habe. Ich konnte auch nicht wirklich viel beitragen, denn ich habe überhaupt keine Bilder aus meiner Schulzeit.

Ein paar Leute haben mich persönlich angeschrieben, also nicht über die Gruppe, weil sie doch neugierig wurden. Eine Marina hat es nämlich nie in der Klasse gegeben. Sie wollten wissen, was es mit meinem „neuen“ Namen auf sich hat. Und ich erklärte es eben…

Ich konnte zum Glück meine geschäftlichen Termine so legen, dass ich an dem Freitag Abend in meinem Heimatort sein konnte, und so sagte ich relativ kurzfristig noch zu.

An dem Abend selbst wurde eine Fahrgemeinschaft organisiert, so dass ich nicht selbst fahren musste. Beim Eintreffen am Restaurant wurden erst einmal alle begrüßt. Manche haben sich nicht sehr verändert, andere jedoch so sehr, dass man schon 2-3x hinschauen musste um sie zu erkennen. Ein paar wenige habe ich auch gar nicht mehr erkannt. Ich muss zugeben, dass ich von den meisten auch nur noch das Gesicht erkannt habe, mich aber gar nicht mehr an den Namen erinnern konnte.

So saßen wir nun zusammen und es wurde viel geredet. Es wurde teilweise so laut in dem Raum, dass man sich kaum noch über den Tisch hinüber unterhalten konnte. Viele von meinen ehemaligen Klassenkameradinnen kamen zu mir, gratulierten mir zu meinem Mut, drückten mich und waren ganz neugierig zu erfahren wie wo was wann…. Die Jungs verhielten sich eher reserviert. Sie waren alle sehr daran interessiert zu erfahren, wann ich zum ersten Mal gemerkt habe dass ich Transgender bin. So ganz genau kann ich das selbst nicht sagen, da ich nur sehr wenige Erinnerungen an meine Kindheit und Jugend habe. Das einzige was ich sagen konnte, war dass ich irgendwie immer schon wusste, dass ich irgendwie anders war. Ohne dass ich dieses anders sein hätte benennen können.

Es wurde viel erzählt, auch von dem was ich so alles so getan habe. Und da kamen bei mir viele sehr böse Erinnerungen hoch. Dinge, die ich vollkommen verdrängt hatte. Denn ich war immer ein krasser Außenseiter in der Schule gewesen. Heute würde man das, was mir damals widerfahren ist, eindeutig als Mobbing bezeichnen. Mobbing, an dem sich faktisch die ganze Klasse beteiligt hatte. Und die wenigen, die sich nicht beteiligt haben, haben einfach weggesehen. Ich habe deshalb keine einzige schöne Erinnerung an meine Schulzeit. Die Lehrer haben nicht eingegriffen und mit meinen Eltern konnte ich nie darüber reden wie es mir ging. Diese Erinnerungen sind alte Narben auf meiner Seele. Narben, die nie wirklich völlig verheilt sind.

Ich habe an diesem Abend so manche Träne vergossen. Zumindest anfangs, denn als die anderen gemerkt haben, wie sehr mir diese alten Erinnerungen weh tun, haben sich viele von ihnen ganz förmlich bei mir entschuldigt, für das was sie mir damals angetan haben. Das hat gut getan, aber nichtsdestotrotz, die Narben werden bleiben. Die meisten sagt mir auch, dass sie jetzt besser verstehen, warum ich damals so seltsam war.

Immerhin besserte sich meine Stimmung so sehr, dass ich nach relativ kurzer Zeit mit den anderen mitlachen konnte. Wir haben alte Fotoalben angeschaut und uns über die grottig schlechten, unscharfen und teilweise verwackelten Bilder amüsiert. Tja, vor 30 Jahren haben wir noch analog fotografiert und jedes Bild war eine relativ teure Angelegenheit. Nicht so wie heute, wo man misslungene Bilder einfach wieder löschen kann. Und wie wir damals aussahen…. Es waren eben die 80er Jahre…

Es wurde dann im Endeffekt doch noch ein schöner Abend für mich. Interessant dabei ist, dass ich mich fast ausschließlich nur mit den Frauen unterhalten habe. Nur mit drei von den Männern habe ich geredet, mit denen ich mich damals noch am besten verstanden habe. Das waren eben jene die mich nicht gemobbt haben, auch wenn sie mir nie wirklich geholfen haben.

Von unseren ehemaligen Lehrern sind leider nur zwei gekommen. Unsere ehemalige Mathematiklehrerin, die heute 86 Jahre alt ist und ein ehemaliger Sportlehrer. Von unseren Klassenlehrern hatte leider niemand Zeit, davon mal abgesehen lebt einer davon schon nicht mehr.

Der Abend wurde erheblich länger als gedacht. Wir haben um 2 Uhr morgens als letzte Gäste quasi das Restaurant abgeschlossen.

Was bleibt ist die Erinnerung an einen Abend der zumindest anfangs sehr durchwachsen war. Aber auch gleichzeitig die Hoffnung, dass es nicht wieder 10 Jahre dauert, bis ich sie alle mal wiedersehe jetzt, wo ich endlich zu mir selbst gefunden habe. Über die WhatsApp Gruppe ist es auch leichter, in Kontakt zu bleiben.

Liebe Grüße
Marina

>> Inhaltsverzeichnis

Transsexuelle – Auf halber Strecke gewendet

Quelle: FAZ.net

 

Transsexuelle leiden unter dem Gefühl, im falschen Körper zu sein. Manche leben damit jahrzehntelang. Bis es nicht mehr geht.

 

Die erste Krise mit 16 Jahren

Der falsche Körper ist noch sichtbar

Wie das Thema öffentlich wurde

Umdenken in der Psychologie

Wie die Behandlung aussieht

„Pervers oder krank“

Probleme in der Berufswelt

Lara hatte Glück

 

Mehr lesen ….

 

>> Inhaltsverzeichnis

Marleen outet sich zu Hause

Marleen berichtet von ihrem Outing in ihrer Familie, wobei sie von ihrer Ehefrau tatkräftig unterstützt wird:

So Ihr Lieben, da bin ich wieder… 😉

Am letzten Wochenende wollte ich die Basis schaffen um auch zu Hause endlich als Frau leben und mich draußen zeigen zu können. Unsere Kinder sollten von Marleen erfahren. Am Samstag nach ausgiebigem Shopping mit meiner Liebsten – Marleen braucht ja demnächst mehr jobgeeignete Kleidung – haben wir bei Kaffee und Kuchen am Tisch gesessen und wollten die Sache angehen.

Meine Liebste nickte mir auffordernd zu, aber ich wusste nicht wie ich anfangen sollte, war das erste Mal mit einem Coming out komplett überfordert. Sabine hat dann erklärt was in mir vorgeht und wie ich mich verändere und das ich als Frau Marleen Anna Christine heißen werde.
Unser mittlerer Sohn (10) fing entsetzlich an zu weinen und ist nach draußen gerannt um sich im Garten zu verkriechen. Seine kleine Schwester (9) fing dann auch an zu weinen. Ihr könnt euch vorstellen, dass mir das Herz in der Brust zersprang und ich ebenfalls in Tränen aufgelöst war. Die Kleine beruhigte sich aber schnell und kam dann zu mir auf den Schoss zum Kuscheln und zum Trösten. Eine der ersten Fragen war: „Bist du dann auch meine Mama?“ Ich musste schmunzeln und habe geantwortet, dass sie nur eine Mama hat und ich immer ihr Papa bleibe, auch wenn ich mich verändere und anders aussehe als die anderen Papas. Trotzdem sagte sie, sie wolle mich Mama 2 nennen. Mal sehen ob ich darauf höre.

Nach einer kurzen Weile kam unser Sohn wieder herein und Sabine konnte kurz mit ihm sprechen. Er sagte er habe Angst, dass Papa jetzt nichts mehr mit seiner Familie zu tun haben will und nicht mehr für alle da sei. Als er dann wieder zu uns kam, konnte ich ihm auch noch einmal in Ruhe erklären, dass meine Veränderung nichts mit meiner Liebe zu meiner Familie zu tun hat und ich noch immer alles mit ihm und seinen Geschwistern unternehmen kann und will, was wir bisher gemacht haben. Er hat sich dann schnell beruhigt und auch gleich begonnen mich mit typisch männlichen Vorurteilen über Frauen aufzuziehen. Beide haben gefragt, ob sie mit ihren Freunden darüber sprechen dürfen. Das habe ich Ihnen erlaubt, ich will nicht, dass sie sich mit einem „Geheimnis“ belasten, das in Kürze ohne hin Stadtgespräch sein wird.
Unser Großer (17) war mir eine sehr große Hilfe in der eben geschilderten Situation. Er saß neben mir, hat mich in den Arm genommen und gesagt, dass es für ihn OK wäre und er zu mir hält, ich solle mir keine Sorgen machen. Das tat richtig gut, vor Allem, da die Kleinen zunächst so entsetzt reagiert hatten.

Eine Stunde später war alles wieder normal und der Alltag ging weiter. Ab Freitag, wenn ich aus meinem „Wochenexil“ nach Hause komme lebt Marleen in unserer Familie und geht die Brötchen kaufen. Bin gespannt, wie schnell meine Veränderung in der Kleinstadt „rund“ ist und wie die Menschen, vor allem die, die mich als Mann kennen, auf mich reagieren. Ich hoffe nur, dass meine Kinder keinen Spott oder blöde Anmache ertragen müssen.

LG

Marleen

INHALTSVERZEICHNIS

Beste Schulfreunde

Das Thema Coming Out und Outing war schon öfter Gegenstand des Gendertreff Magazins. Hier zeigt sich: Oft kommt es ganz anders, als man denkt. So auch im folgenden Bericht, den uns Uta aus dem Gendertreff Forum zur Verfügung gestellt hat.

Meiner lieben Freundin zum „5. Geburtstag“ gewidmet

Beste Schulfreunde

Vor einigen Jahren rief mich eines Abends mein bester Schulfreund Andreas an und sagte, „…wir müssten mal wieder um den Block ziehen.“ Bei diesen Worten hatte ich auf einmal ein seltsames Bauchgefühl …

… und auf einmal waren auch all die Gedanken an eine schöne Kindheit und die vielen Abenteuer in der Schulzeit mit meinem besten Freund wieder da.

Seit ich in die 1.Klasse der neuen Schule kam, hatte sich zwischen uns eine Freundschaft gebildet, die bis heute – über 45 Jahre lang – anhält.

Ja, mal wieder um den Block ziehen, das hatten wir als Kinder und Jugendliche oft gemacht. Einfach so, ohne Ziel, durch die Straßen streifen und einfach nur über die „wichtigen Dinge unseres Lebens“ quatschen. Nicht gerade das, was Jungen in diesem Alter so tun, aber uns war das egal. Und während andere Schulkameraden Fußball spielen waren, liefen wir lieber kilometerweit durch unsere Heimatstadt.

Wir verehrten die gleichen Mädchen, ohne wirklich Konkurrenten gewesen zu sein, wir zündeten selbst gebastelte Knallkörper und störten uns nicht daran, daß diese nur mit schönem Feuerstrahl abbrannten statt einen lauten Knall zu erzeugen.

Als Einzelkind durfte Andreas gern am Wochenende auch mal einen Schulfreund auf Familienausflüge mitnehmen und so strolchten wir glücklich mit viel Blödsinn im Kopf durch die Natur.

Später trennten sich unsere Wege. Ich erlernte einen Beruf der Elektrotechnik und mein Schulfreund ging in die Landwirtschaft. Verständlich, dass unsere gemeinsamen Unternehmungen weniger wurden, zumal unsere Ausbildungsorte rund 100 km auseinander lagen.

Aber das tat der Freundschaft keinen Abbruch. Zum Ausbildungsfasching besuchte mich Andreas in unserem kleinen Dorf (so verrückt ist die Welt: er lernte Agrotechniker in der Nähe einer Großstadt und ich lernte Elektronik in einem 600-Seelendorf am Rande des Harzes). Doch Dorf-Fasching kann großartig sein!

In dieser Zeit trafen wir uns auch schon mal im Urlaub. Ich fuhr jedes Jahr mit meinen Eltern an die Ostsee und im Sommer 78 zeltete mein Freund einfach kurzerhand im Nachbarort. So konnten wir ungestört im Sand liegen oder stundenlange Strandspaziergänge machen und über „Gott und die Welt“ reden.

In den 80igern gründeten wir Familien, der eine mit, der andere ohne Kinder. Ich bin inzwischen ins Rheinland gezogen, mein Freund wohnte weiterhin im Osten Deutschlands. Und so kam es, dass die Abstände der Treffen immer größer wurden. Wir haben uns zwar nicht aus den Augen verloren, aber jeder ging so seiner Wege und nur einmal im Jahr, beim gemeinsamen Wanderwochenende beider Familien in der Sächsischen Schweiz hatten wir Gelegenheit, unsere Freundschaft aufzufrischen.

Eigenartig – bei einer der letzten Wanderungen hatte ich das erste Mal dieses unbestimmte Bauchgefühl. Mein Schulfreund kam gerade mit freiem Oberkörper aus der Dusche …

Und plötzlich dieser abendliche Anruf. Da war es schon wieder, dieses Bauchgefühl!

Wir verabredeten uns auf einen baldigen Besuch, denn mich sollte demnächst eine Dienstreise in die alte Heimat bringen.

Wir hatten uns für den Abend im Kleingarten der Freundesfamilie verabredet, aber irgend etwas ließ mir keine Ruhe. So fuhr ich (erst einmal ohne meine Frau und unter einem fadenscheinigen Vorwand) bereits am Vormittag ins Büro meines Freundes.

Mein Gefühl hat mich nicht getrogen – irgend etwas lag in der Luft.

Unbeholfen beginnt er das Gespräch: so völlig anders, als wir es bisher gewohnt waren. Er kam von Partnerschaft, komplizierten Entwicklungsphasen, inneren Spannungen über Krankheiten, … dann schlussendlich zur „Seele im Spagat“.

Ich merkte, es ist ihm unheimlich schwer gefallen, mir, seinem Besten Schulfreund, sein Herz so umfassend auszuschütten. Aber nun ist es endlich raus: mein bester Schulfreund wird demnächst meine beste Freundin sein!

Aber ich spürte bei ihm/ihr immer noch die Angst – wie wird der Schulfreund (also ich) darauf reagieren? Wird die Freundschaft an diesem Geständnis zerbrechen? Steh ich vielleicht auf und verschwinde aus ihrem Leben?

Da konnte auch ich nicht mehr anders: ich zog meine Hose ein wenig hoch und zum Vorschein kamen kleine Absatzsommerstiefel, durch deren Lochmuster zaghaft Feinstrumpfhosen durchschimmerten. Und dann bahnten sich bei uns beiden plötzlich Tränen unaufhaltsam ihren Weg…

So hatte sich Andrea ihr Outing bei mir ganz sicher nicht vorgestellt!

Das alles ist nun schon einige Jahre her. Inzwischen hatte Andrea ihren „5.Geburtstag“ und Andreas ist schon lange Geschichte.

Soweit meine kleine Anekdote für alle, die denken, Sie sind mit Ihren Problemen allein auf der Welt. Statistisch zwar sehr unwahrscheinlich, könnte trotzdem jeder/jede neben Dir in der U-Bahn, im Kino, im Supermarkt, … Deine Lebensgeschichte teilen. Oft wissen wir nur viel zu wenig über die Anderen oder trauen uns (aus scheinbar verständlichen Gründen) lange nicht, uns unseren besten Freunden anzuvertrauen.

Ich weiß – leichter gesagt als getan!

Ich hab noch Jahre gebraucht, und ehrlich – ich hab mich bis heute immer noch nicht umfassend geoutet. Im Job und im dörflichen Umfeld spiele ich weiterhin die männliche Rolle, obwohl es langsam immer schwerer fällt.

Uta

INHALTSVERZEICHNIS

Coming Out und Outing

Coming Out und Outing – oder, wie bringe ich es meinen Kollegen bei?

Vesta aus dem Gendertreff Forum berichtet, wie ihr berufliches Umfeld von Vesta erfahren hat.

Coming Out und Outing sind beides Begrifflichkeiten aus der Homosexuellen-Schwulen-Lesbenszene und dem Sinn nach Sprachgut geworden, obwohl diese Bezeichnungen eher frei übersetzt heißen:

Coming-out (von engl. „coming out of the closet“, wörtlich: „Aus dem Kleiderschrank herauskommen“) bezeichnet zumeist den individuellen Prozess, sich seiner eigenen gleichgeschlechtlichen Empfindungen bewusst zu werden, dies gegebenenfalls dem näheren sozialen Umfeld mitzuteilen (zunehmend auch (Selbst-)Outing genannt) und im Endeffekt selbstbewusst mehr oder weniger offen als Lesbe, Schwuler oder Bisexueller zu leben. (Wikipedia )

Outing umschrieb ursprünglich das erzwungene Coming-out öffentlicher Personen durch bekennende und politisch aktive Homosexuelle. Die Praxis des „Outens“ ist vor dem Hintergrund der Act-Up-Bewegung entstanden und wurde als bewusst provokative Aktion eingesetzt, um durch das Benennen von homosexuellen Prominenten diese dazu zu zwingen, sich auch in der Öffentlichkeit zu ihrer Homosexualität zu bekennen. (Wikipedia )

Beide Begriffe sind mittlerweile verwässert worden und neben dem „Outing“ als meist erzwungene Handlung – oftmalig durch die Presse bei öffentlichen Personen – bildet das „Coming Out“ die grundsätzliche Handlung von Menschen, mit anderer geschlechtlicher Orientierung oder generell anderer Veranlagung, sich Ihrem Umfeld mitzuteilen.

Dies nicht zuletzt um sich selber vor Homophbie in ihrer Wechselrolle, also vor Repressalien, Diskriminierungen etc. zu schützen, andererseits auch – als wesentliche Handlung – sich das Zusammenleben mit seinem Umfeld zu erleichtern und diesem seine Orientierung zu vermitteln. Dies damit verbunden, von den Anderen auch angemessen akzeptiert zu werden. Dass damit nicht in jedem Fall die Zustimmung oder Akzeptanz durch die Anderen verbunden sein kann, ist selbsterklärend.

Der "Coming Out Tag“ 11.10., ist gewiss einer der wichtigen Tage für sexuell anders orientierte Menschen neben dem, im deutschsprachigen Raum, am 17. Mai veranstaltetem Tag des „International Day Against Homophobia“.

Das "Selbst-Coming Out“ ist für Transgender, Transvestiten und Transsexuelle einer der wichtigsten Schritte in ihrem Leben und letztendlich die Entscheidung, die ihnen eine Befreiung ihrer inneren Zwänge und Ängste und letztlich ihre gewünschte Lebensweise erst ermöglicht. Dennoch ist ein "Coming Out" ein Paradoxum Par Exellence, denn einerseits erwirbt man sich seine Freiheit des Inneren Ichs, andererseits erfährt derjene/diejenige nun gerade erst recht eine Homophobie und die damit verbundenen Beeinträchtigungen.

Dies geht bekannterweise bis hin zum Arbeitsplatzverlust, Verlust aller sozialer Bindungen und kann u.U. den totalen Absturz bedeuten. Leider sehr häufig in unserer Gesellschaft, leider verbunden mit der mangelnden Akzeptanz einer Andersartigkeit des Anderen, da es schon im Kindesalter zu wenig Aufklärung hierzu gibt.

Dies gewiss geschürt durch Medien, Elternhaus, Umfeld und Einflüssen aus Gruppierungen, die sich all diesem verschließen (besonders patriotische Gruppen in den USA), denn der "Andersartige“ ist aufgrund seiner naturbedingten emotionalen und psychischen Schwäche sowie des Fehlens einer Lobby, stets Ziel dieser Gruppierungen und Organisationen. Menschenrechte und das Recht sein Leben so zu gestalten wie es jedem Individuum zusteht, spielen dabei eine untergeordnete Rolle.

Dies sind Erfahrungen, die ich in meinem Leben mehrfach machen musste und immer noch machen darf.

Es gab und gibt immer Höhen und Tiefen als Bezeichnung für gute und schlechte Zeiten, dennoch gilt es, sein Leben im Einklang mit der Gesellschaft führen zu können und zu führen. Denn nur wenn sich dieser Einklang einzustellen vermag, es demjenigen gelingt, sein direkt betroffenes Umfeld in Beruf, Familie und Freundeskreis so einzustimmen, dass er anerkannt und akzeptiert wird, findet sich Zufriedenheit ein. Eine erarbeitete Zufriedenheit, die aber stets gepflegt werden muss. Denn von mir, von der- oder demjenigen muss diese Aktivität zur Eigenzufriedenheit ausgehen.

Ich selber bin für mich dahingehend verantwortlich, dass mir die notwendige Akzeptanz/Anerkennung zuteil wird. Dazu zählt auch das Verständnis für die Personenkreise, die mit der von mir getroffenen Lebensweise nicht umgehen können oder mich gerade deshalb ablehnen. Aufklärungsarbeit ist tatsächlich das Zauberwort, denn Ablehnung entsteht als Phobie, als Angst, vor dem Anderen, der eben eine andere Lebensweise pflegt.

Z.B. geht nicht an, dass ich heute noch in Männer-/Frauengestalt erscheine und morgen völlig unvorbereitet denselben Menschen in Frauen-/Männergestalt gegenüberstehe. Dazu bedarf es gewissenhafter Vorbereitungen und diese sind und müssen stets Bestandteil eines geplanten Coming out sein, wie ich es in meiner Kundschaft nun durchgeführt habe.

Hier muss ich erklären, dass es bei mir, aufgrund der beruflichen Tätigkeit – Stahlwerke weltweit – einen Zwang gab, als Mann aufzutreten, also als Transvestitin, denn ich lebe als Frau und das seit vielen Jahrzehnten, dokumentarisch offiziell seit mehr als 10 Jahren mit Personenstandsänderung und somit auch gebürtiger Frau.

Dennoch bestand die Notwendigkeit, aufgrund der schon vor über 30 Jahren geknüpften Kundenkontakte in Männergestalt, diese beizubehalten. Die verschiedenen Kulturkreise in denen sich meine Kunden befinden, hatten zu dem Zeitpunkt sogar die Todesstrafe für Menschen anderer sexueller Orientierung im Tagesprogramm, denn die Personenstandsänderung kam zu einem späteren Zeitpunkt, so dass ich – wenn überhaupt – dort als "auf dem Weg befindliche Transsexuelle " erscheinen mußte und das war aufgrund deren Gesetzgebung eben nicht machbar.

DIeser Sachverhalt zwang mir letztlich die Männerrolle auf, selbst nach erfolgter Operation und Personenstandsäderung musste dieser Zustand beibehalten werden, zumal über ein Netzwerk an Informationsvermittlung der Kunden untereinander noch ganz andere Probleme aufkamen.

Nach der Operation und Personenstandsänderung war es für mich im Neukundengeschäft keine Frage mehr, wer da ins Stahlwerk geht. Aber, wieder einmal die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Frauen sind in dem Teil des Stahlwerkes (Hochofen und Konverter) nicht zugelassen.

Erst im Rahmen von Liberalisierungen und Anerkennung der Frau in diesen Berufen ergaben sich Erleichterungen, aber der Zugang zum Herzen des Stahlwerkes war mir als Frau bis vor kurzem weiterhin verschlossen.

Nun, bisher ging das alles mit Zusatzdokumenten und Zusatzausweisen, um die Rolle als Mann leben zu können und meinem Beruf nachgehen zu können, alles sehr schmerzhaft, aber von mir geduldet. Geduldet, aber nicht akzeptiert. Ein Leben an der Grenze zum Machbaren. Viele Jahre.

Mit den neuen Passgesetzten seit 2005 war dies alles dann nicht mehr möglich, das „F“ im Paß verlangt halt Auftritt als Frau und kaum ein Grenzer würde mich in Männergestalt mit weiblichem Pass passieren lassen. Also war ein „Coming Out“ angesagt, vor dem ich jahrelang große Angst hatte. Insbesondere waren die erlebten Diskriminierungen in all der Zeit sehr wohl der Hemmschuh gegen ein „Coming Out“. der realen Person „Vesta“.

Man kann sagen, wie abgefahren ist das denn, ich muss mich, meine wahre weibliche Identität, verbergen, und als Transvestit durchs Leben gehen. Die Ursache hat doppelten Boden. Einerseits Diskriminierung der Frau wegen der stets erkennbaren Herkunft aus dem männlichen Lager, die darauf abzielte den Menschen, also mich, zu verhöhnen und psychisch „weich zu kochen“ und andererseits die Angst, eben als diese Frau nicht im Geschäft anerkannt zu werden und auch dort ggf. dem Gespött ausgeliefert zu sein.

Dennoch, die Notwendigkeit bestand, den transvestitischen Schutzmantel jetzt abzuwerfen und letztlich half meine Partnerin Sternschnuppe mir auf den Weg, in dem sie diesen Weg letztlich vorschlug. Hierbei habe ich mich der modernen Technik der E-Mails bedient und z.B. meinen Vertretern – weltweit – individuelle Mails gesendet, die auf meinen Werdegang, meine Lebensweise und letztlich mein Innerstes abgestimmt waren.

Hierbei wurden den Mitarbeitern/Niederlassungen und Vertretern die weibliche Person, also ich, in Bildern dargestellt und erläutert, verbunden mit der ketzerischen Frage, ob sie damit zukünftig ein Problem hätten. Ich erwartete ehrliche Antworten und Erklärungen, die dann auch kamen und letztlich zu Diskussionen und Abwägungen führten und unerwartet mir meine immer noch vorhandenen Zweifel nahmen, indem ich wider Erwarten die volle Zustimmung zur eigenen Person bei den Kunden fand.

Dies gewiss auch dadurch, dass in den letzten Jahren duch Äufklärung im Bereich der geschlechtlichen Entwicklung sehr viel mehr Wissen den Leuten vermittelt werden konnte.

All dies geschah nun nach fast 20 Jahren Frau sein in beruflicher Verborgenheit.

Die Zweifel an der eigenen Person und Ängste waren tatsächlich mit ein Grund für meine Zurückhaltung, denn nun konnte ich zum ersten Mal zu meinem ukrainischen Vertreter sagen, dass wenn er glaubt, dass das Stahlwerkspersonal mit mir Probleme hätte oder mit Fingern zeigen würde, dieses Problem wohl eher bei ihm liegen würde und er die Situation nicht akzeptieren könnte.

Nach all den Jahren Mannrolle sicher verständlich, aber er hätte dann auch verstehen müssen, dass ich trotzdem meinen Job mache, auch wenn Leute auf mich zeigen, gemäß dem Motto: Was hat eine Frau im Stahlwerk zu suchen. Wobei das Zeigen sehr wohl nur vermutet war, denn – nichts geschah. Und dagegen bin ich mittlerweile geschult, dagegen habe ich mich ausbilden lassen, damit gehe ich ganz adäquat um.

Nun, wie dem auch sei, mittlerweile hat auch dieser Kulturbereich Ukraine, Polen Tschechien und Russland meine wahre Identität erfahren und akzeptiert. Alle gehen damit ganz selbstverständlich um und allen habe ich in den letzten Monaten auf Treffen und unseren Schulungen wieder die Hand gegeben – wie in den vergangenen Jahren – und es hat sich eine große Zufriedenheit und Akzeptanz bei den Leuten eingestellt. Andere Vertreter sind hocherfreut ob meines Wandels (Türkei), wiederum höre ich aus Südafrika, dass in jedem Menschen das 3er-Leben lebt – sein Privates, sein Geschäftliches und sein Geheimes. Und jedes muß man akzeptieren. Selbst bei ad hoc Treffen mit meinen Mitarbeitern und Vertretern hat sich niemand verplappert und ein „Er“ hervorgebracht.

Die Frau ist wieder da, sie hat den Transvestiten „Mann“ abgeworfen, ein Prozess voller Ängste vor dem Ungewissen, wie Menschen reagieren werden.

Ich kann nur all denen Mut machen, es ähnlich anzugehen, denn damit und dadurch werden viele Umfeldbetroffene sich nach und nach per Bild und Text an eine solche neue Situation gewöhnen. Wenn dann eben der Tag der Gegenüberstellung kommt, ist jeder vorbereitet und dazu noch überrascht, wie entspannt alles sein kann. Dazu muss, natürlich, durch korrektes Auftreten entsprechendes beigetragen werden, um auch meinem Gegenüber, seine gewiss noch vorhandenen, Berührungsängste zu nehmen. Auch das will geübt und gelernt sein.

Und dazu ist tatsächlich der Gendertreff eine gute Ausgangsbasis, sich dererlei Situationen zu stellen und auch zu üben. Die zahlreichen Treffen und Ausflüge helfen gerade Anfängern auf ihrem Weg in "Ihre Normalität," sich ihrer eigenen Weiblichkeit bewusster zu werden und dieses innere Anima und Animus Verhältnis ins seelische Gleichgewicht zu bringen.

Lernen muß ein jeder und eine jede, dass es auch Kritik gibt, die ehrlich gemeint ist und die auch von denjenigen aufgenommen werden muss, ist selbstredend. Denn nur durch Kritik und Verbesserungsvorschläge kann das Äußere dazu beitragen, in der Gesellschaft leichter akzeptiert zu werden und seine eigene Persönlichkeit und Lebensweise zu entwickeln.

Der Gendertreff, als nunmehr Selbsthilfegruppe, verfolgt mittlerweile andere Ziele, als dies vor Jahren mal angedacht war. Aus dem "Verein Gendertreff" ist mittlerweile eine Gemeinschaft entstanden, die allen offensteht, sowohl Frauen und Männern als Interessierten und der Erfolg zeigt, dass dies der richtige Weg ist.

Zahlreiche Frauen sind dem Treff beigetreten, Interessierte, die sich informieren wollen, denn es wird hinterfragt wie es denn so sein wird oder auch ist, mit einem Partner zusammenzuleben der eben transsexuell oder transgenderist oder auch nur eine Form des fetischistischen Transvestismus ausleben will.

Hier kann ich dem nur beipflichten und sagen – weiter so – denn zu meiner damaligen Anfängerzeit, und das ist über 45 Jahre her, war man wirklich auf sich alleine gestellt und betrat die Öffentlichkeit ebenso verschämt und heimlich, wie es heute viele Männer und auch Frauen tun, die eine andere geschlechtliche Orientierung haben.

Vesta

INHALTSVERZEICHNIS

Meine beste Freundin

Denise aus dem Gendertreff Forum erzählt von ihrem Coming out bei ihrer besten Freundin:

Ich war mit meiner besten Freundin verabredet, die mich nur als Mann kannte und die mir Ihre neue Wohnung zeigen wollte. Schon seit längerem hatte ich den Gedanken mit mir herum getragen ihr Denise vorzustellen und habe spontan beschlossen dies an diesem Tag zu tun.

Leicht war das nicht.

Ich bin zu Ihrer Adresse gefahren im kurzen grauen Rock und weinroter Bluse, passenden Nylons und schwarzen Pumps, dezent geschminkt und mit neuer Frisur aus dem www. Ganz die Frau von nebenan, abgesehen davon, daß ich mit Pumps über 1,90m groß und eher kantig gebaut bin.

Erste Zweifel hatte ich nach dem Einparken ca. 100m entfernt ums Eck und es wurde mir bewußt, daß ich so auch das erste mal bei Tageslicht als Denise in der Öffentlichkeit unterwegs sein müsste.
Nach dem Motto jetzt oder nie hab ich meinen Puls wieder zu beruhigen versucht und bin raus aus dem Auto, rein in den Kurzmantel, Handtasche geschnappt und …. ruhig nicht rennen…. losgestöckelt in Richtung Haustür.
Auf dem Weg kamen mir ein paar Jungs entgegen so um die 12 Jahre alt, die haben zwar etwas irritiert geguckt aber weiter nix gemacht. Ein älteres Ehepaar das aus dem Nachbarhaus meiner Freundin kam hat gar keine Notiz von mir genommen. Bei beiden Begegnungen musste ich den Impuls unterdrücken mich ruckartig abzuwenden und das Weite zu suchen.

Dann kam die nächste schwere Hürde die da hieß: Türklingel. Drücken oder doch lieber umdrehen und per Mobiltelefon absagen? Zweifel…. DingDong. – No way out. Der Türöffner summte und ich stand im Hausflur jetzt trennten mich nur noch 2 Stockwerke von meinem ersten echten Coming out. Mit jeder Stufe wurde der Kloß in meinem Hals dicker mein Puls schneller und meine Knie weicher. Jetz bloß nicht auf der Zielgeraden zusammenbrechen – weiter.

Die Wohnungstür war angelehnt und von drinnen die Stimme die rief: „Komm rein“. Und mit dem Schritt durch die Tür kam ich „raus“. Die erste Reaktion war ein Lachen aber nicht verletzend oder wertend sondern überrascht. Wir haben den ganzen Nachmittag in Ihrem Wohnzimmer gesessen und über Denise gesprochen. Das hat mir sehr sehr gut getan.

Anekdote am Rande: Der Vermieter kam zwischendurch vorbei um noch etwas zu klären, auf dem Sofa sitzend hat er mich als Frau wahrgenommen und auch so angesprochen. Fand ich süß.

Seit damals machen wir unregelmäßig einen Mädelsabend, zu selten aber immerhin….
Ich bin froh so eine beste Freundin zu haben – das wollte ich mit euch teilen.

LG
Denise

INHALTSVERZEICHNIS