Transitionstherapien nur in Ausnahmefällen

Hierbei geht es darum trans*Jugendlichen nur noch in Ausnahmefällen geschlechtsangleichende Maßnahmen wie Pubertätsblocker und Hormone zugänglich zu machen. Was auch immer Ausnahmefälle sein sollen. Ein solches Gesetz öffnet Tür und Tor für ein komplettes Verbot von geschlechtsangleichenden Maßnahmen für Minderjährige. Die USA wird u.a. als Positivbeispiel genannt.

Interessant dabei ist, dass Jugendliche reif genug für Wahlen sind aber nicht über ihren eigenen Körper entscheiden dürfen. Hiermit wird den Jugendlichen ihr Wunsch zur Transition gänzlich aberkannt. Aber es geht völlig in Ordnung, dass Ärzte und Eltern mitentscheiden können und sollen, sowie Beratend zur Seite stehen.

Wiedereinmal schmeißen Konservative den queeren Menschen Steine in den Weg und hier muss besonders die „CSU“ und die „Freien Wähler“ genannt werden, die als erste auf diesen Zug springen.
Hierzu passt auch folgende Meldung, dass beim Parteitag der „Freien Wähler“ über die Abschaffung des Selbstbestimmungsgesetzes, ein Verbot von Regenbogenfahnen an öffentlichen Gebäuden und die „Stärkung des klassischen Familienbilds“ diskutiert wird.

Deutschland ist über die queerfeindliche Politik Ungarns besorgt, zu Recht, aber wir dürfen unsere queerfeindlichen Tendenzen nicht aus dem Focus verlieren.

Wir alle sind Teil dieser bunten Gesellschaft!

>> Ärzteblatt

>> Bayerischer Landtag

>> Queer

Mein Leben als Frau – viel mehr als ein Alltagstest

Autorin: Svenja

Nun will ich schon seit einer Ewigkeit wieder berichten. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Einige Erlebnisse habe ich inzwischen schon stichpunktartig aufgeschrieben. Die wollen „nur“ noch ein bisschen in Form gebracht und gepostet werden. Mir fehlt jedoch einfach die Zeit. Oder besser, die Zeit fehlt mir nicht. Ich setze sie nur anders ein. Ich lebe jetzt einfach mal und nutze die Gunst der Stunde mein bisher verkorkstes Leben zu ordnen, Kontakt mit alten Freund_innen und Bekannten, Verwandten und Kund_innen zu pflegen. Neue Menschen kennenzulernen.
Das Forum vergesse ich dabei nicht. Dem Forum bzw. den Menschen dort verdanke ich sehr viel!
Darum sage ich jetzt mal „Vielen herzlichen Dank, liebe Forianer_innen!“

Heute möchte ich einmal erzählen wie es mir aktuell so geht. Seit 2015 lebe ich als Frau und vertrau(t)e mich nach und nach Familie, Verwandtschaft, Nachbarn, Kunden und weiteren an. Die Reaktionen der Menschen in meinem Umfeld sind durchweg positiv.

Das erklärt auch, warum es mir grundsätzlich unheimlich gut geht. Es gibt natürlich täglich irgendwelche Probleme und Aufgaben zu erledigen, die jedoch nichts mit meiner Transidentität zu tun haben. Oder zumindest nicht direkt.
Zum Beispiel habe ich viel aufzuarbeiten, das zum Teil jahrelang liegen geblieben ist. Meine Identitätsprobleme und die daraus entstandenen Gesundheitsdefizite hatten mich dermaßen herunter gezogen, dass ich keine Kraft mehr hatte wichtige Aufgaben in meinem Leben anzugehen.
Da kam eine stattliche Liste wichtiger Dinge zusammen. Diese ganzen Baustellen und Horrorszenarien kann ich heute bewältigen. Ich lebe wieder und habe Kraft für vieles, das mich früher hoffnungslos überforderte!

Seit ich erkannt habe tatsächlich eine Frau zu sein und, was noch viel wichtiger ist, als die Frau, die ich offenbar schon immer war, zu leben, ist fast alles in Ordnung. Natürlich bringt das neue Leben viele neue Herausforderungen mit und kostet auch Zeit und Geld. Schon alleine mein Gesicht einigermaßen fraukonform zu gestalten ist eine tägliche Herausforderung. Der Bartschatten und das Rasieren schaffen mich. Ich bin auch schon immer zu doof zum Rasieren und verletze mich ständig dabei.
Naja, rasiert, mit etwas Camouflage, Puder, Cajal und dezentem Lippenstift gehe ich als Fünfzigjährige durch und kann mich selbst im Spiegel gut ertragen. Oft freue ich mich sogar regelrecht, weil ich so hübsch aussehe. Klingt vielleicht merkwürdig. Natürlich bin ich nicht wirklich hübsch. Nur relativ zu manch anderen Frauen. Oh, das hört sich vielleicht überheblich an!

Letztens war der 96. Geburtstag meiner lieben Omi. Sie ist eine großartige Frau. Einige ihrer Aussagen sind: „Meine Svenja habe ich genauso lieb wie meinen Schwenni vorher!“ Oder: „Es ist ein Wunder, dass ich das noch erleben darf! Man hat ja schon davon gehört. Aber in der eigenen Familie … das ist so schön.“ und „Ich habe das natürlich schon gemerkt. Aber ich kann ja hier nichts sagen. Die hätten mich für verrückt erklärt.“
Es waren einige Verwandte bei der Feier. Alle waren sehr herzlich zu mir. Meine Tante und mein Onkel drückten mich zur Begrüßung (die anderen natürlich auch, ich drückte zurück) und sie sagten mir, wie gut ich aussehen würde. Das hat mich sehr gefreut und stolz gemacht. Später, im Gespräch mit meiner Tante, bemerkte ich, dass unser fürsorglicher Staat es gerne sieht, wenn unsereins einen sogenannten Alltagstest macht und so kommt es, dass ich wie eine Vogelscheuche herumlaufe. Meine Tante musste spontan lachen und sagte, dass ich absolut nicht so aussähe und herüber käme. Ich sähe toll aus und hätte Stil. Das hat mich natürlich wahnsinnig gefreut und ich habe sie dafür gedrückt. Während meines Mann-Experiments oder schon als Kind (das laut den anderen ja männlich sein sollte) hatte ich es nicht so mit dem Drücken. Ein richtiger Mann zeigt ja schließlich keine Gefühle!
Mein Cousin, 40, meinte ich hätte mich etwas verändert. Die Haare seien nun länger. Ich verstand den Scherz nicht und meinte, es gab auch noch ein paar andere Veränderungen. Er sagte, das wüsste er doch, sollte ein Joke sein. Er wollte nicht direkt auf meine Transidentität eingehen, weil er wüsste, wie ich die meiste Zeit meines Lebens gelitten haben muss. Das fand ich sehr beachtlich und feinfühlig von ihm und es hat mich sehr gefreut.

Überhaupt habe ich unheimlich Glück mit meiner Familie und den Menschen in meinem Leben. Mit Fremden gibt es auch praktisch nie Probleme. Hm, ganz von selbst kommt das natürlich nicht. Ein altes Sprichwort lautet: „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.“ Früher habe ich das nicht so richtig kapiert. Im Prinzip bedeutet es: „Dein Leben ist das, was du daraus machst!“ Und der Spruch: „Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es heraus!“ ist auch nicht ganz unwichtig im Umgang mit unseren Mitmenschen.

Ich habe inzwischen mit vielen Menschen gesprochen und werde von Bekannten und Kunden mit Respekt behandelt. Bei einigen alten Freunden ist das plumpe kumpelhafte gewichen. Sie verhalten sich mir gegenüber irgendwie erwachsener. Sie behandeln mich respekt- und würdevoll. So wie man andere Menschen eigentlich behandeln sollte. Das war nicht immer so. Für viele war ich der kleine dumme Svenni, der schon nichts sagen wird, wenn sie mich mit ihren Aufgaben bedachten. Allerdings hat mein Helferinnensyndrom mich oft nicht „nein“ sagen lassen. Nur mir selbst konnte ich nicht helfen! Das ist heute anders. Ich habe einen halbwegs gesunden Egoismus entwickelt.

Ich bin aber auch endlich selbst erwachsen geworden! Ein Gefühl, dass ich seit Jahrzehnten vermisst habe. Ich bin heute eine erwachsene, selbstbewusste, freundliche Frau, die sich ein bisschen ihre Kindlichkeit bewahrt hat.

Bis zu meinem 20sten Lebensjahr war ich die größte Antialkoholikerin und Nichtraucherin. Doch dann kam ich zur NVA, der Armee der DDR. Damals gab es keine Alternative dazu. Waffen waren auch nie mein Ding.
Na, jedenfalls habe ich bei der Armee angefangen zu rauchen und zu trinken. Das Rauchen habe ich schon vor 18 Jahren besiegt. Ich habe es gehasst. Aber was machen echte Kerle nicht alles! Alkohol hat mich jedoch bis 2015 begleitet. Zeitweise bis zu 4 Flaschen Bier am Abend. Es hat mich betäubt. Auch das habe ich gehasst. Die Betäubung hatte scheinbar einen positiven Effekt: Ich konnte mich entspannen.
Seit ich die Frau bin, die ich bin, brauche ich keinen Alkohol mehr. Ich habe nicht das geringste Verlangen danach. Es ist verrückt. Es ist für mich viel schöner bewusst mein Leben zu erleben. Ich trinke jetzt gelegentlich ein Glas Rotwein zum Essen oder ein Biermischgetränk. Das mache ich ganz bewusst und genieße es. Ich brauche einfach keine Drogen mehr, um zu leben. Die einzigen „Drogen“ die ich mir gönne, sind die Glücksgefühle, die mich immer wieder daran erinnern, wie schön es ist nicht mehr in einer Rolle gefangen sein zu müssen, die ich nie ausfüllen konnte und wollte.

Letztes Jahr lernte ich Jessica kennen. Eine von 4 Transfrauen, die ich mittlerweile in meiner Stadt kenne. Sie gab mir den wertvollen Tipp zu einem Doktor in Leipzig zu gehen. Er ist unter anderem einer der Gutachter, welche vom Amtsgericht anerkannte „Trans-Versteher“ sind. Er fragte mich (sinngemäß) was ich bei ihm wolle. Ich meinte, es wäre eine schöne Idee ihn mal zu besuchen, da ich meine Vornamens- und Personenstandsänderung angeschoben und erfahren habe, dass er einer der beiden Gutachter sein wird. Er bejate es.

Wir sprachen über meine Kindheit, meine Vergangenheit, meine Veränderungen der letzten Jahre und, dass zum Beispiel alle meine Gesundheitsprobleme, die ich seit 10 Jahren mit meiner Allgemeinmedizinerin und ein paar Spezialisten nicht in den Griff bekam, nun weg sind. Sie konnten nichts finden, weil ich nach deren Aussagen körperlich völlig gesund war!
Der Trans-Spezialist hatte es jetzt natürlich leicht bei seiner Diagnose: Es war der Leidensdruck!
Er sagte, dass das alles psychosomatisch war. Die Psyche hat jahrelang versucht auf sich aufmerksam zu machen. Da ich jetzt erkannt habe was los ist und nicht mehr leide, hat sich alles in Wohlgefallen aufgelöst. Er meinte auch, dass er normalerweise eine begleitende Psychotherapie anbietet. Bei mir wäre das alles jedoch so eindeutig und ich so gefestigt, dass er das nicht für nötig hält. Lediglich die Krankenversicherungen würden wohl darauf bestehen, falls ich z.B. eine geschlechtsangleichende Operation machen lassen wollte.
Nachdem ich gefühlte 700 Fragen beantwortet hatte, bekam ich bei unserem nächsten Termin schriftlich von ihm, nicht verrückt zu sein.
Er gab mir ein Schreiben mit, welches mir Mann-zu-Frau-Transsexualismus, F64.0 bescheinigt und meinem Endokrinologen empfiehlt eine Hormontherapie zu beginnen.
Nach wochenlangem erfolglosen Herumtelefonieren hatte ich Glück einen Endokrinologen in Köthen zu finden, der sogar auch noch Trans-Erfahrung hat! Besser geht es nicht. Die Menschen dort in der Praxis sind auch unheimlich toll. Sie reden mich von Anfang an richtig an, obwohl meine Karte und Daten noch auf den alten Namen lauteten. Meine Krankenversicherung hat mir inzwischen ohne weiteres eine neue Karte mit meinem richtigen Vornamen, den richtigen Daten und dem richtigen Foto darauf ausgestellt.

Heute bin ich im 2. Monat meiner Hormonersatztherapie (HET). Und ich fühle mich sehr gut damit! Das eine Medikament hat nach kurzer Zeit Ruhe zwischen den unteren Extremitäten einkehren lassen. Ich liebe das! Das andere wird unter anderem meine Gesichtszüge verweiblichen und die Fettverteilung an meinem Körper etwas korrigieren. Bei mir gibt es keine Nebenwirkungen von den beiden Medikamenten.
Ich finde es schon etwas suboptimal, nun jeden Tag Pillen essen zu müssen. Habe ich ja fast 50 Jahre erfolgreich verhindern können. Aber was macht man nicht alles, um schön zu sein! (Scherz!) Auf jeden Fall ist die Ruhe im Schritt schon ein deutlicher Gewinn an Lebensqualität! Was hat mich das Gewebe bisher jeden Tag richtig böse gestört. Jetzt ist es mir fast egal. Eines Tages wird es ganz weg sein.

Der Rest wird sich ergeben. Ich mache mich da nicht verrückt. Mir ist es wichtiger in meinem Umfeld als Frau akzeptiert zu sein als z.B. mit großer Brust zu glänzen. Der Bartschatten ist zwar echt blöd, aber andere Frauen haben auch Bartprobleme. 2015 habe ich eine Kundin in einer Autowerkstatt gesehen, die hatte einen richtigen Oberlippenbart. Ist sie deswegen weniger Frau?
Der Endokrinologe frug mich, ob ich es denn schon mal mit IPL versucht hätte. Als ich ihm zu verstehen gab, schon 6 Sitzungen hinter mir zu haben und schon allerhand Bart zugesetzt habe, meinte er, dass der ja ganz schön hartnäckig wäre, die HET aber nicht viel daran ändern dürfte. Naja, was soll’s. Ich besuche meine IPL-Behandlerinnen gern. Dort bin ich eine ganz normale Frau mit (immer weniger) Bart.

Natürlich ist das Leben für Menschen wie uns, die wir – wie es so schön heißt – im falschen Körper geboren wurden, nicht immer ein Ponyhof!
Mit der Transition warten viele neue, aber meist lösbare Aufgaben auf uns. Für mich kann ich sagen: Es lohnt sich!
Für mich wäre es keine Lösung gewesen, weiter zu versuchen den Mann zu geben, der ich noch nie war. Es fühlt sich so unheimlich gut an, so natürlich und selbstverständlich, endlich ich sein zu können. Und ich bin stolz auf mich. Ich habe keine Angst vor der Zukunft. Ich fühle mich in Deutschland gut aufgehoben, selbst wenn es noch einiges an der gesetzlichen Situation der Trans*Menschen zu verbessern gibt.

Svenja
Februar 2017

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Floras Problem mit dem „Passing“

Autorin: Flora99

Für viele Trans* Menschen ist das Passing so ein bisschen wie ein Ritterschlag- die endgültige Bestätigung der eigenen Ausstrahlung im richtigen Geschlecht. Stimmt das Passing, fühlt sich Mensch gleich viel selbstbewusster und bestätigt und bekommt das auch von außen mitgeteilt. Eigentlich eine rundum positive Sache- könnte man meinen.

Ich habe trotzdem seit geraumer Zeit ein Problem mit dem Begriff und dem Prinzip „Passing“. Schon der Ursprung ist mir zuwider; im englischen bedeutet „to pass as […]“ so viel wie „als […] durchgehen“, heißt übertragen auf die Situation von trans* Menschen, eine Transfrau mit gutem Passing „geht als (Cis) Frau durch“ und ein Transmann „geht als (Cis) Mann durch“. Nun gibt es ja Leute, die das Attribut „Trans“ für sich nur als Übergangsbeschreibung nutzen, und dieses nach abgeschlossener Transition hinter sich lassen. Für diese Leute mag das Prinzip „Passing“ okay und überlebenswichtig sein – ich aber definiere „Trans*“ als Teil meiner ganz persönlichen Identität und damit als Teil meiner selbst. Soll heißen: Wenn ich als Trans* Mensch ein gutes „Passing“ habe und damit als Cis Frau „durchgehen“ will, ist es das erklärte Ziel meines Passings, mich nicht als Transfrau erkennbar zu machen, meine Identität zu verschweigen. Ich würde sogar noch weiter gehen: Indem wir Trans* Menschen immer weiter versuchen, unser „Passing“ zu verbessern und damit dem Cisgender-Stereotyp hinterherhecheln, unterstreichen wir nur noch mehr die Ansicht, dass Trans* Identitäten und Körper weniger wert sind als die unserer Cis-Gegenstücke. Wir wollen als „echte“ Frauen und Männer durchgehen – und bezeichnen uns als Trans* Menschen damit unbewusst als „unechte“ Männer und Frauen; wir werten uns selbst ab.

Aber warum? Nun, der Aspekt der Sicherheit ist nicht von der Hand zu weisen. Auch wenn die Bundesrepublik nachweislich eines der transfreundlichsten Länder der Welt ist, vor Ausgrenzung, Diskriminierung oder sogar Gewalt aufgrund der eigenen Geschlechtsidentität ist auch hier niemand komplett sicher. So kann es für Trans* Menschen durchaus wichtig für die eigene Gesundheit sein, ein gewisses Passing zu besitzen. Dennoch scheint es mir häufig so, als wäre das Passing das einzig erklärte Ziel einer körperlichen Transition für viele Leute. Die veraltete Beschreibung „zur Frau/zum Mann werden“ für die körperliche Transition sagt da im Prinzip schon alles – möglichst nah ran kommen an das Aussehen von Cis Menschen, um sich vollständig zu fühlen. Und an diesem Punkt stelle ich ganz deutlich die Frage: Warum eigentlich? Warum sind Cis Menschen immer noch für (nicht alle, aber viele) Trans* Menschen das non plus Ultra wenn es darum geht, wie „Männer“ und „Frauen“ auszusehen haben?

Ich wachse in einer Zeit auf, in der es (zumindest im englischsprachigen Raum) schon zahlreiche Vorbilder und Berühmtheiten aus der Trans* Community gibt. Ich hatte eine Zeit, in der wollte ich unbedingt die breiten, weiblichen Hüften haben, die Laverne Cox auf ihrem bahnbrechenden Time-Cover zeigt (das sie als erste Transfrau in der Geschichte des Magazins schmücken durfte). Sie waren für mich das Symbol von Weiblichkeit, auch für eine Transfrau. Doch damals ohne jeglichen Zugang zu Hormonen oder die nötige Kreativität, mit Stoff nachzuhelfen, lernte ich irgendwann meine schmaleren Hüften „kennen und lieben“, wie man so schön sagt. Ein banales Beispiel, ich weiß, aber ich will damit zum Ausdruck bringen, dass ich es für extrem gefährlich halte, sich auf der Suche nach dem richtigen Verhältnis zum eigenen Körper als Trans* Person dazu verleiten zu lassen, unbedingt das größtmögliche „Passing“ erzielen zu wollen. Meine Hüften mögen nicht das aller femininste Modell sein, aber ich mag sie – das musste ich nur erstmal bemerken, und mich dazu von dem vorgezeichneten Bild einer „echten“ weiblichen Hüfte entfernen. Dieselbe Laverne Cox, die bei mir damals durch ihr Aussehen dafür gesorgt hat, dass ich für mich selbst eine viel zu hohe Messlatte setzte, spricht schließlich selbstbewusst in ihrer tiefen Stimme und trägt ihre breiten Schultern mit Stolz – wie eine (Trans-) Frau, die mit sich selbst und ihrem Körper im Reinen ist. Dabei sieht sie fantastisch aus – obwohl sie eindeutig als Transfrau erkennbar bleibt. Und genau das ist der Punkt. „Trans is Beautiful“ ist ihr Credo, das mich so fasziniert hat. „Trans ist schön“, Trans* Menschen, ihre Körper und ihr Aussehen sind genauso viel wert und genauso schön wie die von Cis Menschen. Das ist die Botschaft, die meiner Meinung nach einer jeden Trans* und Cis Person klar sein muss. Durch das Prinzip „Ich muss als Cis Frau/Mann durchgehen, um schön zu sein“ degradieren wir uns nur unnötig selbst.

Mir ist bewusst, dass dieser ganze Text als heuchlerisch wahrgenommen werden kann, wenn ich ihn als junge Transfrau schreibe, die Hormone bekommen konnte, bevor die Pubertät bei ihr große Spuren hinterlassen hat. Mein „Passing“ ist etwas, das mir schon oft Lob eingebracht hat („Boah, das hätte ich nie erkannt, dass du Trans bist!“, „Mensch, du siehst ja aus wie eine richtige Frau!“) und ich bin für jedes Lob dankbar. Aber ich bin es auch leid, dass mit so gut wie jedem dieser Komplimente mein Trans-Sein als unerwünscht oder eben „nicht echt“ dargestellt wird („richtige Frau“=Cis Frau). Es ist schließlich schon lange nicht mehr mein erklärtes Ziel, jedes Merkmal meines Körpers, das mich als Trans* kennzeichnen könnte, zu verstecken, sondern mich in meiner Haut wohlzufühlen. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass wir als Trans* Leute aufhören darauf hinzuarbeiten, wie Cis Leute auszusehen, und stattdessen versuchen, das Äußere und das Auftreten zu erreichen, mit dem wir uns selbst am besten gefallen. Ob man damit am Ende nun aussieht wie eine Cis Person oder nicht, sollte komplett egal sein. Hauptsache man gefällt sich am Ende selbst- „Passing“ hin oder her.

Anmerkung: Ich benutze in diesem Text bewusst Formulierungen, die sich auf binäre Trans* Menschen beziehen, weil das Prinzip „Passing“ auf nichtbinäre Menschen meines Wissens gar nicht richtig passt (korrigiert mich wenn ich falsch liege). Meine hier geäußerte Meinung entspringt aus meiner ganz persönlichen Wahrnehmung der „Gefühlslage“ innerhalb der Trans* Community.

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Wie erklärt man jemandem Transidentität, der keine Ahnung davon hat

Autorin: Hanna

Wie erklärt man jemandem Transidentität, der keine Ahnung davon hat? Diese Frage habe ich mir schon länger gestellt und das hier soll der Versuch einer Antwort sein:

Wie beginnt man am besten?
In unseren Köpfen ist eine scheinbare Tatsache felsenfest einzementiert:
Es gibt entweder Männer oder Frauen und nichts dazwischen!
Das ist auch gesellschaftlich zu 100% anerkannt! Obwohl es tatsächlich FALSCH ist!

Das Geschlecht ist nämlich in der Natur keine feststehende Sache. Bei verschiedenen Tierarten sind die Nachkommen nicht von Anfang an männlich oder weiblich. Es hängt vielmehr von der Umwelt ab, wie sich die Kleinen entwickeln.
Manche Meerestiere können ihr Geschlecht sogar nachträglich verändern. Wird aus einer Gruppe von Putzerlippfischen das einzige Männchen entfernt, verwandelt sich innerhalb von ein paar Stunden das größte Weibchen in ein Männchen und übernimmt das Revier. Entenmuscheln bestimmen ihr Geschlecht selbst. Sie wählen immer das Gegenteil von ihren Nachbarn.
Sie sehen also, es gibt diese absolute Teilung gar nicht wirklich! Allerdings hilft diese Teilung uns, unser Gegenüber besser einzuordnen und damit bestimmte Verhaltensmuster in uns selber auszulösen. Das war in der Morgendämmerung der Menschheit gewiss sehr hilfreich, aber ob wir diese strikte Teilung heutzutage, als aufgeklärte Gesellschaft, überhaupt noch aufrechterhalten können?

Wir bekommen öfters zu hören dass wir Transfrauen wohl als Mann keinen Erfolg gehabt haben und es nun deswegen als Frau versuchen. Bitte verzeihen Sie wenn ich darüber nur lachen kann!
Ist irgendjemand hier, der es sich ernsthaft vorstellen kann, er wäre im anderen Geschlecht erfolgreicher als im Eigenen? Irgendjemand, der überhaupt den Wunsch verspürt, das Geschlecht dauerhaft zu wechseln? Sehen Sie! Falls es doch jemanden hier im Raum gibt, der plötzlich ins Grübeln kommt, so können wir uns gerne im Anschluss mal in Ruhe unterhalten…

Aber wie kommt es überhaupt zu diesem „Gefühl“, das man ein anderes Geschlecht hat, als dass das der Körper eigentlich sagt?
Die Erklärung, die für mich am einleuchtensten war und die ich persönlich durch meine Erfahrungen bestätigen kann ist die, dass das Gehirn eben das andere Geschlecht hat. Das klingt jetzt vielleicht für den ein oder anderen unglaublich, aber wenn wir uns mal anschauen, was die Natur in großer Regelmäßigkeit als „sogenannte Anomalien“ hervorbringt, dann ist das gar nicht so abwegig.
Ich will jetzt auf keinen Fall wissenschaftlich werden, aber die Forschung ist heute schon soweit das es als Tatsache anzunehmen ist!
In der 7. Schwangerschaftswoche wird das sogenannte Gehirngeschlecht festgelegt. Zu dieser Zeit ist aber überhaupt noch nicht klar in welche Richtung der Fötus sich wohl entwickelt, denn das körperliche Geschlecht wird erst in der 12. Schwangerschaftswoche festgelegt. Je nach dem zu welchen hormonellen Unter-, oder Überversorgungen es in dieser Zeit kommt, weichen die beiden Geschlechter eben voneinander ab und schon ist ein transsexueller Mensch geboren.
Das kommt übrigens mit großer Regelmäßigkeit vor.
Damit dürfen wir wohl die Transidentität als eine sogenannte Normvariante ansehen, das heißt als etwas das von der Natur durchaus genauso vorgesehen ist.

Das heißt aber noch lange nicht, dass dieser Mensch auch sofort versteht was da bei seiner Geburt passiert ist! Bei mir war es z.B. so, dass ich schon als Kind wusste dass ich „irgendwie anders“ bin. Aber ich habe nie den Finger darauf legen können, was denn dieses „andere“ ist. Ich habe viele Jahrzehnte nicht verstanden, warum sich so viele Dinge für mich einfach anders anfühlen. Warum sich manches sogar schlichtweg falsch und völlig daneben anfühlt. Ich habe mein ganzes Leben nach dieser Erklärung gesucht und immer versucht, die in mich gesetzten Erwartungen zu erfüllen. Übrigens hatte ich diese Erwartungen auch an mich selber.
Um mal etwas bildlich zu werden: eine Kugel ist eben eine Kugel und kein Würfel. Und wenn die Kugel noch so sehr versucht, ein Würfel zu sein, so bleibt sie trotzdem immer eine Kugel. Auch wenn sie irgendwann wohl eine sehr verbeulte Kugel sein wird, weil sie immer versuchen wird, wie der erwartete Würfel auszusehen.

Aber selbst wenn der Mensch dann irgendwann einmal verstanden hat, WAS da mit ihm los ist, heißt das ja noch lange nicht das nun alles klar ist. Glauben Sie mir, ich habe selber jahrelang daran gezweifelt, ob das wohl alles so richtig sein kann. Immer wieder habe ich an mir herunter geschaut und mir gesagt: du spinnst ja. Selbst die Tatsache, dass die Erkenntnis, eine Frau zu sein, mein Leben lückenlos rückwärts erklärt hat, heißt noch lange nicht, dass ich das auch einfach so hinnehmen konnte. Trotz, dass sich plötzlich jede seltsame Begebenheit in meinem Leben, jeder unpassende Gedanke und das Gefühl des „anders-seins“ damit endlich völlig schlüssig erklärt hat und sich nun endlich –nach über 40 Jahren- alles richtig anfühlt, hat mein Verstand mir immer wieder das Gleiche gesagt: Du spinnst total. Ich habe immer und immer wieder an mir selber gezweifelt und versucht, „das alles“ irgendwie zu unterdrücken und bloß niemandem zu zeigen.

Irgendwann jedoch hatte ich dann aber nur noch die Wahl zwischen:
-) zu mir stehen und mich selber akzeptieren
-) oder von der Brücke zu springen.

An der Tatsache, dass ich hier stehe, sehen Sie, dass ich mich für die schwerere Variante entschieden habe!

Das heißt, ich habe mich dafür entschieden zu dem zu stehen was ich bin und was ich – vor allen Dingen- seit meiner Geburt immer schon war, nämlich eine Frau.
Eine Frau, die zwar das Pech hatte, in einem männlichen Körper geboren worden zu sein und mit dieser Tatsache nun den Rest Ihres Lebens klarkommen muss, aber vor allen Dingen eine Frau die endlich verstanden hat was in Ihrem Leben bisher schiefgelaufen ist. Und die seitdem das erste Mal in Ihrem Leben so etwas wie Glück und Zufriedenheit empfinden kann. Die endlich, -nach vielen Jahrzenten-, in den Spiegel schauen kann und endlich das sieht, was ihr die Natur schon bei der Geburt hätte geben müssen, nämlich das Äußere einer Frau. Das einzige Äußere, dass zu mir, als Mensch, passt und damit das einzige Äußere in dem ich überhaupt noch existieren kann, denn ich habe mich schon viel zu lange –auch vor mir selber- versteckt.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein ganz klein wenig vermitteln, was Transidentität bedeutet und mit welchen Schwierigkeiten und Hürden ein solcher Weg –auch heute noch- gepflastert ist und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

LG, Hanna

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Pronomenwahl

Quelle: Kooperation Akademie Mode & Design Sonderausgabe fiftyfifty August 2015

Mit freundlicher Genehmigung des Autors: Robin Micha

Dieses Interview und Bericht entstand bei einem Selbsthilfetreffen in Leverkusen.

 

Stellen wir uns vor, wir wären geteilt. Die Seele fühlt sich im eigenen Körper nicht wohl. Wir müssen raus, wollen endlich wir selbst sein. Das klassische Geschlechtsbild teilt sich entzwei, und die eigene Identität schließlich auch. Am Ende steht dann vielleicht die Transformation, das neue Selbst entwickelt sich. Warum das Phänomen Transgender unsere Gesellschaft verändert.

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Transgender – Gefangen im falschen Körper

Quelle: NDR

 

Der Begriff „Transgender“ (lateinisch trans „darüber hinaus“ und englisch gender „soziales Geschlecht“) bezeichnet Abweichungen von der zugewiesenen Geschlechterrolle. Die meisten spüren es schon als kleines Kind – ein Gefühl, im falschen Körper zu leben – doch meist vergehen viele Jahre oder gar Jahrzehnte, bis transsexuelle Menschen ihre wahre Identität finden. Und viele schaffen diesen Schritt nie, leiden ihr Leben lang darunter, ihre Gefühle zu verleugnen.

Weiter lesen ….

 

 

Quelle: NDR

 

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Wenn man im falschen Körper geboren ist

Aus Markus wird Christin

 

Quelle: 3SAT

 

Die Grenzen zwischen den Geschlechtern scheinen heute immer unschärfer zu werden, neue Spielräume und Freiheiten entstehen. Dennoch haben Transsexuelle, d.h. Männer, die sich als Frau empfinden oder Frauen, die sich als Mann verstehen, in der Gesellschaft nach wie vor einen schweren Stand. Welche Hürden muss ein Mensch überwinden, der empfindet, dass er im falschen Körper zur Welt gekommen ist?

In unserer westlichen Welt ….. Weiter lesen

 

Quelle: 3SAT

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Zur Wirkung von Hormonen während der Hormontherapie

In den Diskussionen im Gendertreff-Forum sowie während unserer Selbsthilfetreffen wird immer wieder auch die Hormontherapie thematisiert. Dabei stellen wir fest, dass offenbar seitens vieler Endokrinologen – im Falle von Mann-zu-Frau-Transidenten – mit verhältnismäßig hohen Dosierungen Östrogen und Testosteronblockern gearbeitet wird.

Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf eine Hormontherapie für den Fall einer Mann-zu-Frau-Transition, da wir in Bezug auf Mann-zu-Frau-Transidentität aufgrund der bei uns dokumentierten häufigeren Fälle eine breitere Datenbasis haben. Grundsätzlich gelten die Aussagen jedoch auch für eine Frau-zu-Mann-Transition.

Offenbar ist es so, dass viele Endokrinologen die Hormontherapie einseitig auf den Hormonspiegel ausrichten und dabei nicht beachten, dass die Hormone ohne entsprechende Rezeptoren im Körper nicht die erwünschte Reaktion auslösen. Die Erfahrungen aus unserer Selbsthilfearbeit lassen sich dabei wie folgt zusammenfassen:

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