Mein Weg zur (fast) vollständigen Weiblichkeit – Teil 8

Autorin: MartinaL
 

Tag X+2.
Gerade die große Visite überstanden, der berühmte Dr. L. und meine Operateurin Dr. W.. Alles tippitoppi, kein Fieber und keine Blutungen. Heute soll ich, mit Hilfe, das Aufstehen üben, das wird schon. Mein Aufenthalt wird sich wesentlich verlängern, alleine der Katheder wird 12 Tage drin bleiben. Meine OPs in der Kindheit haben ganz schön Schaden angerichtet der jetzt erst mühsam repariert werden musste. Meine Harnröhre war ein einziges Schlachtfeld. Ich habe das Versprechen der beiden Top-Operateure das sie ihr Bestes gegeben haben und nun alles gut wird.

Ich denke das sich die Dr. W. für ihre erste Intersexpatientin doch einen etwas leichteren Fall gewünscht hätte, aber sie hat es gut hinbekommen und kann jetzt ihre gewünschte Spezialisierung auf diesem Gebiet weiter vorantreiben.

Dr. L. hat gesagt das es sehr schwer ist in Narbengewebe was vernünftiges anzulegen, aber gemeinschaftlich haben sie was Tolles geschaffen und ich werde keine Komplikationen aufgrund der frühkindlichen Erfahrungen haben.

Eine kleine Warnung an alle die mit Vollgas auf diese OP zurasen, das Ganze ist kein Zuckerschlecken, dieser Eingriff bringt euch körperlich und mental an eure Grenzen. Man sollte sich extrem gut vorbereiten und immer darauf gefasst sein das was schiefgehen kann. Ich hatte sehr gute Voraussetzungen und bin jetzt trotzdem auf ein kleines Häufchen Elend zusammengeschrumpelt. Aber man wird toll dafür entschädigt, der Anblick ist selbst jetzt, so kurz nach der OP einfach nur klasse. Keinerlei Blutergüsse und man kann schon erkennen wie es aussieht wenn die Schwellungen mal weg sind. Ich habe mir schon überlegt ein Bild hier einzustellen, das wurde mir aber von meiner Geli strikt verboten.

Achja, Phantomjucken habe ich auch schon. Wollte mich kratzen und griff ins Leere. 🙂
Muss mal schauen, wenn das Pflaster weg ist, wo die ganzen Bauteile nun sind….

So, der vierte Nach-OP Tag liegt fast hinter mir und ich wurde erstmals Gassi geführt. Nach dem Frühstück gingen wir zum Lieferanten Eingang wo dann meine Zimmergenossin sowie zwei der Trans-Männer sich ihre Suchtstengel ins Gesicht steckten. Dann stieß noch die im Rollstuhl fahrende, gestern angekommene T. zu uns und wir führten Gespräche welche wirklich nur in solchen Spezialkliniken geführt werden (sollten). Leider werde ich bis Montag keinen der anderen vier mehr hier haben, die reisen nach und nach wieder ab. Dafür rücke ich dann in den Status des Wegweisers auf und darf dann Neuankömmlinge mit den hiesigen Gepflogenheiten bekannt machen.

Freitag und Samstag hat mich auch meine gute Freundin T. aus dem Gendertreff-Forum hier besucht. Gut das sie da war, mir wurden langsam die Beine weich aufgrund der ersten größeren Anstrengung nach der OP und sie hatte gleich mal eine stützende Funktion.
Im Zimmer angekommen haben wir drei uns nett unterhalten und T. hat wohl nun endgültig den Entschluss gefasst das, wenn OP möglich, dann hier bei Dr. W.. Zusammen haben wir dann noch eine weitere Raucherpause eingelegt, diesmal allerdings im Frontbereich der Klinik um einem der abreisenden Jungs zumindest seelische Unterstützung zukommen zu lassen, da es für technische Hilfe bei seinem Autoproblem nicht reichte (Mädels eben). Nach diesem zweiten Ausflug war ich dann doch deutlich erschöpft und habe, nach dem Abschied von T. , erst mal ein wenig Augenschonung betrieben.

Früh an diesem Tag wurde bei meiner Zimmergenossin von der Ärztin erst mal die Pflege der neuen Bauteile gezeigt und sie durfte sich schon mal selbst erkunden was von ihr als sehr angenehm empfunden wurde. Auch wurde der weitere Verlauf daheim angesprochen, so erfuhr sie das Bougieren ab ca. 4 – 6 Wochen nach der OP gestartet werden soll und das es zweimal 5 Minuten täglich durchgeführt werden muss. Sie ist sehr glücklich mit ihrem neuen Geschlechtsorgan, es schaut auch wirklich gut aus an diesem tollen, gepflegten Körper.
Ich selbst hänge gerade wieder am Tropf mit Antibiotika, den ich mir dreimal täglich reinziehen muss. Meine Magenprobleme sind derzeit einigermaßen aushaltbar, mir geht es gut.

 

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