Perücken-Pflegeplan

Viele Mann-zu-Frau-Transgender sind auf das Tragen von Perücken angeweisen. Diejenigen Transfrauen, die in Teilzeit leben, benötigen die Perücke, um eine ggf. vorhandene männliche Frisur zu verstecken und ein gutes Passing zu erreichen. Doch auch im Rahmen von Vollzeit-Lösungen sind viele Transfrauen auf Perücken angewiesen, da mitunter das Testosteron seine Spruren hinterlassen und die vielleicht einmal üppig vorhandene Haarpracht ausgedünnt oder gar völlig vernichtet hat.

Doch mit einer Perücke ist es wie mit den echten Haaren: Von Zeit zu Zeit müssen sowohl Haare als auch Perücken gewaschen werden. Bei den eigenen Haaren ist das ja ganz einfach. Bei Perücken gibt es jedoch einige Besonderheiten zu beachten, damit die guten Stücke ihrer Trägerin auch möglichst lange Freude bereiten.

Karin Mätze, Inhaberin des Perückenstudios Cutrins Salon GmbH ist Friseurmeisterin und an der Handwerkskammer Düsseldorf geprüfte Fachkraft für Zweithaar. In unserem Artikel erklärt sie, wie Perücken optimal gepflegt werden.

Perücken-Pflegeplan

  • Echthaarperücken vor der Haarwäsche sorgfältig ausbürsten – am besten mit einer Naturhaarbürste von den Haarspitzen an vorsichtig bis zum Haaransatz durcharbeiten.
  • Kurzhaarperücken im Shampoobad reinigen – dazu in 3-5 Liter Wasser ca. 1-2 Esslöffel Shampoo verteilen. Bei Kunsthaarperücken unbedingt kaltes Wasser verwenden! Die Perücke auf links in das Bad geben und leicht im Wasser bewegen.
  • Nicht reiben! Dann 5-10 Minuten einwirken lassen.
  • Bei Langhaarperücken ist es sinnvoller, die Haare auf einem Styroporkopf mit Nadeln zu fixieren und das Shampoo-Wasser-Gemisch mittels Auftrageflasche (Aplikator) gleichmäßig auf der Haartechnik zu verteilen und dann einwirken zu lassen.
  • Im nächsten Schritt wird das Shampoo gründlich aus dem Zweithaar ausgespült.
  • Anschließend wird der Vorgang genauso mit Balsam/Pflegekur wiederholt: Bei Kunsthaar im kalten Wasserbad ca.10 Minuten. Bei Echthaar ist unbedingt zu beachten, dass die Pflege nicht an dem Haaransatz gelangen kann. Durch die reichhaltige Pflege können sich die Knüpfknoten lösen bzw. lockern. Es ist sinnvoll, das Produkt direkt und unverdünnt auf die Längen und Spitzen zu geben und einwirken zu lassen. Ein längerer Zeitraum z.B. über Nacht erhöht den Pflegefaktor.
  • Nach der Einwirkzeit muss das Echthaar gründlich ausgespült werden, bei einer Kunstfaser mit Reinigung im Wasserbad hingegen ist es nicht erforderlich. Spezielle Produkte mit Jojoba und anderen feuchtigkeitsspendenden Inhaltstoffen sind besonders zu empfehlen.
  • Nach diesem Vorgang sollte die Haartechnik für kurze Zeit im Handtuch antrocknen. Bei Echthaar ist darauf zu achten, dass es nicht allzu sehr zu Haarverwirrung kommt. Das Haar kann dann vorsichtig von der Spitze an bis zum Ansatz durchgekämmt bzw. gebürstet werden.
  • Kunsthaare hingegen sollten nicht im nassen Zustand gebürstet oder gekämmt werden. Am besten etwas schütteln und den Haarfall mit einem groben Kamm oder den Fingern in Form legen und auf dem Perückenständer antrocknen lassen.
  • Echthaar sollte auch zunächst an der Luft trocknen, bevor es dann nach dem „Anziehen“ gestylt wird. Hierzu können Hilfsmittel wie z.B. Fön, Glätteisen oder Lockenstab benutzt werden. Es ist jedoch darauf zu achten, dass die mechanische Einwirkung nicht über 160° beträgt.
  • Kunsthaare dürfen nicht mit Wärme behandelt werden. Auch im Alltag sollte darauf geachtet werden, dass man bei starker Hitzeeinwirkung (z.B. Kamin) Abstand hält.
  • Zusätzlich sollte das Haar bis zur nächsten Haarwäsche regelmäßig mit einem Conditoner, der auch einen UV-Schutz enthält, gepflegt werden. Einfach alle 1-2 Tage auf das trockene Haar sprühen und wie gewohnt frisieren.
  • Eine Perücke sollte nicht öfter als 1-2 Mal in der Woche gewaschen werden, allerdings schont man die Haartechnik nicht durch den Verzicht der Haarwäsche.

 

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Wie eine Perücke ein Gesicht verändern kann

Viele Mann-zu-Frau Transgender tragen Perücken. Teils tragen sie die oft als „Mütze“ verballhornten Haarteile, weil sie ihre Transidentität in Teilzeit leben und unter der Perücke eine männliche „Tarnfrisur“ tragen, mit der sie in ihrem Alltag leben. Teils hat aber auch einfach das Testosteron Spuren bei der vielleicht in früheren Jahren einmal viel dichteren Haarpracht hinterlassen. Und welche Frau läuft schon gerne mit hohen Geheimratsecken, Halbglatze oder gar Vollglatze herum?

Die Auswahl der richtigen Perücke ist jedoch nicht immer ganz einfach. Denn die Perücke soll zum Typ und zum Gesicht passen. Schließlich beeinflusst sie das Passing der Transperson wesentlich.

Wie das dann aussehen kann, demonstrieren Ava, Helen, Rita und Chrissie aus dem Gendertreff-Team in einem Selbstversuch. Denn am Rande des Gendertreff Iserlohn hatte sich ein Kontakt zum Perückenstudio Cutrins in Iserlohn ergeben. Schnell war ein Termin ausgemacht und auch das Team von Cutrins hatte Spaß an der Idee, einfach mal zu demonstrieren, wie eine andere Haarfarbe und eine andere Frisur bei immer der gleichen Person wirkt.

Also trafen wir uns in Iserlohn, um einmal ausgiebig zu testen. Ava machte den Anfang.

Ava ungewohnt blond.

Die folgende Perücke brachte zwar allgemeine Erheiterung, konnte aber nicht wirklich überzeugen.

Diese hier passt dagegen eher zum Typ.

Oder darf es dieses Modell sein?

Mit dem folgenden Modell hatte Ava die Lacher auf ihrer Seite.

Und ja: Wir hatten alle viel Spaß an diesem Nachmittag.

Auch dieses Modell taugte bei Ava eher zur allgemeinen Belustigung. Doch das bedeutet nicht, dass es nicht bei anderen Personen hervorragend aussehen kann.

Ava noch einmal ungewohnt blond und mit kurzen Haaren.

Und noch einmal Ava und blond – aber mit langen Haaren.

Dann wurde noch einmal eine dunkle Perücke mit langen Haaren getestet.

Ja, und wer wissen will, für welche Perücke Ava sich entschieden hat, muss den Blogbeitrag bis ganz unten weiter durchlesen. 😉

Nach Ava begann Helen mit dem Perückentest.

Auch bei Kurzhaar-Frisuren gibt es etliche Varianten.

Es lohnt sich tatsächlich, immer einmal diverse Varianten zu testen – auch solche, die man sich zunächst gar nicht vorstellen kann.

Helen einmal mit kurzen (oben) und mit langen Haaren (unten).

Hier noch einmal eine dunklere Kurzhaar-Perücke.

Helen mit roten kurzen Haaren.

Auch Rita probiert hier zunächst einmal eine rote Perücke aus – aber eben mit langen Haaren.

Ganz ungewohnt: Rita mit kurzen Haaren.

Mit diesem Modell hatte dann Rita die Lacher auf ihrer Seite.

Hier sehen wir Rita noch einmal mit einer roten Langhaarfrisur.

Rita mit mittellangen Haaren und Strähnchen.

Hier noch einmal eine dunkelblonde Kurzhaar-Variante.

Eine ähnliche Haarfarbe, aber mit längeren Haaren.

Dann hat Chrissie noch einen kleinen Test gemacht. Nun werden sich einige Leser fragen, warum sie denn einen Test gemacht hat. Denn Chrissie hat ja ihre eigenen Haare und trägt gar keine Perücke.

Aber auch das eigene, echte Haar kann durch ein Haarteil noch fülliger wirken: Oben sieht man Chrissie nur mit ihrem echten Eigenhaar, unten mit einem etwas mehr Fülle gebenden Haarteil.

Ja, und dann haben wir noch ein Gruppenfoto gemacht, auf dem wir alle unsere frisch erworbenen Perücken tragen. Wichtig ist, die Perücke tatsächlich in Ruhe auszusuchen und einfach einmal ein klein wenig auszuprobieren. Eine Perücke muss zudem meist ein wenig angepasst, also beigeschnitten, werden.

 

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Fönfrisur

Seit einiger Zeit nun gehe ich ohne Kunsthaare vor die Tür, d.h. ich lasse die Perücke zu Hause. Natürlich müssen die eigenen Haare noch ein wenig wachsen aber der Anfang ist gemacht und sie lassen sich schon recht gut stylen. Dunkelblond gefärbt mit hellen Strähnchen sind sie auch schon.

Was ändert sich dadurch?

Nun eins ist klar, dass die Wiedererkennung größer ist aber es ist schon ein gutes Gefühl sich nicht mehr unter einer Perücke zu verstecken. Besonders im Sommer laufen einem nicht mehr die Schweißtropfen durch`s Gesicht. Es bedeutet aber auch, dass die Garderobe ein wenig angepasst werden muss, denn die Perücke hat einen schon etwas jünger erscheinen lassen. Die Schminktechnik muss angepasst werden. Das Gesicht nicht mehr so stark schminken und die Augen nicht mehr so prominent aufwerten. Mit Farbe und Kajal etwas sparsamer umgehen. Schminken geht jetzt schneller aber jetzt wollen die Haare vernünftig aufgefönt werden und ein wenig Haarspray ist auch von Nöten, damit die „Biester“ auch da bleiben wo sie sollen.

Warum das alles?

Eine Perücke mindert die Wiedererkennung aber auch damit verbiegen wir uns wieder und stehen nicht zu uns selbst. Auch ist es noch mal für viele ein Schutz. Für mich ist es wieder eine neue Erfahrung und auch ein Schritt zur Selbstfindung. Solange meine Haare es mitmachen und sich kein „Hubschrauberlandeplatz“ zeigt, werde ich ohne Perücke losziehen.

Die Geschlechterrolle verschwimmt dadurch noch mehr, denn die Haare bleiben die gleichen, sie werden nur anders gefönt. Die „männliche“ Herkunft bleibt stärker erhalten und die einzigen Hilfsmittel sind der Fön, Haarspray und die Schminke – von der Kleidung mal abgesehen.

Aber ganz ehrlich, bleibt nicht die „männliche“ Herkunft auch nach Hormoneinnahme, OP und sonstigen Aktionen bei den meisten von uns erhalten? Sie lässt sich nicht verleugnen. Was soll das auch, wenn man zu seinem früheren, männlichen Leben steht, ist doch okay. Eine Frau mit männlichem Migrationshintergrund. 😆
Ich möchte hier an dieser Stelle aber nicht zu weit abschweifen, denn das ist ein sehr umfangreiches und sensibles Thema, das an anderer Stelle diskutiert werden sollte. In diesem Thema wollte ich über meine „Fönfrisur“ berichten.

Mal sehen wie sich dies weiter entwickelt, denn es wird noch ca. ½ Jahr dauern, bis die Haare die richtige Länge vorweisen. Entweder war das nix und ich greife wieder auf die „Kunst“ zurück oder ich ergänze diesen Bericht um meine neuen Erfahrungen. Auf jeden Fall fand ich es bis jetzt höchst angenehm, lehrreich, spannend und es ist ein gutes Gefühl.

Bis dahin
LG
Xenia

 

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Nachtrag März 2013: Meine Haare haben nun eine gute Länge, sind weiblich gestylt und werden durch die Hormone wieder dichter. 🙂