November – Nathalies Coming-out im beruflichen Umfeld

Das Coming-out im beruflichen Umfeld ist immer ein bedeutender Schritt für transidente Personen. Nathalie aus dem Gendertreff Forum berichtet über ihre Erfahrungen.

Der November 2011 ist für mich ein sehr bedeutender Monat geworden. Ich habe keine Ahnung, warum es im letzten, wie auch in diesem Jahr so kam, dass viele Nathalie kennengelernt haben.

Im Vorfeld hatte ich zu meiner Sicherheit bei meinem Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis bestellt. Es war mir sehr wichtig, eine unbeeinflusste Wertung meiner Arbeit zu bekommen. So vorbereitet habe ich einen Gesprächstermin bei meinem Betriebsleiter bekommen, um ihn von Nathalie zu erzählen.

Es war nicht einfach, anfangs haben mir die Worte gefehlt und meine Bilder mussten einiges erklären. Natürlich war das Thema neu für ihn aber er hat sehr professionell reagiert. Das wichtigste Resümee: Solange ich meine Arbeit erledige, ist es ihm egal ob ich als Mann oder Frau arbeite. Zugegeben, mehr als ich erwartet hatte.

Das Ganze hatte einen bestimmten Hintergrund. In Frankfurt war eine Konferenz einberufen und ich hatte die Kollegen die mit mir fahren sollten schon informiert, dass sie eine neue Kollegin kennenlernen werden. Kurz gesagt, niemand hatte es bei der Fahrt und während der Konferenz gestört, dass ich als Frau anwesend war. Warum auch, es war doch alles ganz normal.

Diese äußerst positiven Erfahrungen gaben mir den Mut für einen weiteren großen Schritt. Meine Jubilarfeier stand Ende November auf dem Kalender. Geschäftsführung, erster Führungskreis und circa 80 Jubilare trafen sich im Restaurant Inside im Casino Duisburg. Mit unter den Gästen: Nathalie. Natürlich in angemessener Kleidung und perfekt von meiner Kosmetikerin geschminkt genoss ich den wunderschönen Abend.

Einen Tag später, der letzte Novembertag, war für mich Lernen angesagt. Ich stellte mich für heute mit meinem männlichen Namen vor. Ein paar wunderten sich, sagten aber dazu nichts. Am Ende des Tages fragte ich die gesamte Gruppe, ob es jemanden stören würde, wenn ich am nächsten Tag als Nathalie auftauche. Alle Teilnehmer waren sofort damit einverstanden und sehr neugierig, was da wohl auf sie zukommen wird.

So stellte Nathalie sich am zweiten Tag der Gruppe vor und die Arbeit ging weiter. Keine komischen Blicke, keine bösen Bemerkungen, alles ganz normal.

Natürlich ist mir klar, dass meine Transsexualität nun in meinem Arbeitsumfeld bekannt wird. Vielleicht ist es auch besser so, als wenn Getuschel und Gerüchte über mich die Runde machen. Wir werden sehen.

Viele Grüße Nathalie

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Mein Umfeld

Zugegeben ich habe euch den Freund, den Sohn, den Ehemann , den Vater, den Onkel und so weiter genommen. Aber ich denke, wir haben alle gewonnen, denn ihr bekommt einen ausgeglichenen Menschen, der sein innerstes Ich zulässt. Der den Mut hat endlich nach über 40 Jahren dazu zu stehen was er eigentlich ist – eine Frau.

Ich bin so glücklich und froh, dass ihr alle zu mir steht, auch wenn viele von euch das alles nicht verstehen. Aber das müsst ihr doch auch gar nicht. Die Toleranz und Akzeptanz zählt und das Verständnis, dass es doch derselbe Mensch bleibt.

Seit meinem zweiten Outing, den Weg zur Frau komplett zu gehen, fühle ich mich wunderbar, bin glücklich und öffne mich. Mein Umfeld scheint das zu spüren, denn ich habe so viel neue Kontakte, Gespräche und Begebenheiten, auch bei und mit Menschen die noch nichts von meiner Transition wissen. Ich höre auch, dass ich ruhiger und zugänglicher geworden bin. Nichts davon möchte ich missen! Dieser Weg ist der Richtige, auch wenn der Übergang ungemütlich und steinig ist. Nicht nur, denn es gibt auch positives in dieser Phase, z.B. wenn sich langsam der Körper verändert. Langsam und in kleinen Schritten , denn auch die eigene Seele muss mitgenommen werden und nicht zu vergessen das Umfeld .

Es ist so wichtig, dass das vertraute Umfeld zu einem steht. Es gibt Vertrauen und Mut. Aber auch der Gendertreff hat mich in kleinen Schritten veranlasst, zu dem zu stehen was ich nun tue. Gewesen bin ich es schon immer.  Einige "Brocken" liegen noch vor mir, vor denen ich natürlicherweise Angst habe. Aber diese Hürden werden quasi Stück für Stück abgearbeitet. Da ist z.B. die Vorbereitung des Outings in der Firma. Auch dort müssen sich die Kolleginnen und Kollegen an die neue Situation gewöhnen, das geht nicht mit dem Holzhammer. Hier sollen der Betriebsrat und AGG-Beauftragte helfen und unterstützen. Dann ist auch noch viel Papierkram zu erledigen…

2004 , bei meinem Outing bei Ehefrau und Familie , dachte ich noch, dass das Ventil als "Freizeit- oder Teilzeitfrau" reichen würde. Auch das kostete Überwindung und ich habe Jahre gebraucht bis zu diesem Schritt. Aber dieses Hin- und herspringen war auf Dauer auch nicht die Erfüllung und teilweise zermürbend für alle Beteiligten.
Ich kann und will nicht mehr im männlichen Körper leben und das haben alle, besonders aber auch ich, verstanden. Jetzt geht es darum den richtigen Weg zu gehen und die Weiche ist gestellt und ich bin bereits mittendrin.

Ich freue mich auf die Veränderung und danke meinem Umfeld und den Halt den mir alle geben.

Lieben Gruß
Xenia

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