Mit Michaelas Einverständnis konnte der Bericht ihrer Transition hier im Gendertreff Blog erscheinen. Vielen Dank dafür.
Nachdem ich nach Duisburg gezogen war, begann ich mir das Leben ganz anders aufzubauen.
Ich lebte quasi als Transvestit (entschuldigt bitte, ist nun mal meine ureigene Definition, Transvestit bedeutet für mich eigentlich immer Frau auf Zeit, Transsexuell ist eben der Wunsch ganz als Frau zu leben unter Nutzung der Möglichkeiten den Körper anzugleichen ohne Wenn und Aber), das heißt in der Freizeit Frau (optisches Erscheinungsbild, Verhalten war ja schon immer mehr fraulich), arbeitsmäßig eben als das wie ich körperlich geboren bin man könnte sagen als Mann.
Nun suchte ich mir einen Therapeuten, weil ich nach der Selbstdiagnose schon genau wusste, wie ich leben wollte und welchen Körper ich mir wünschte (das wusste ich aber schon seit der Kindheit). Die Entblößung der Seele nahm nun bei dem Therapeuten April 2011 seinen Anfang. Gleichzeitig weihte ich auch manche vertrauenswürdige Mitarbeiterinnen auf der Arbeit ein.
Im Juli letzten Jahres hieß es dann nach Absprache mit dem Therapeuten, Schritt nach vorne und Arbeitgeber einweihen, Folge für mich war die Kündigung zum Oktober 2011. Naja, was soll ich sagen, ab da war ich Transsexuell, denn mein Psychologe bescheinigte mir im Ende Juli noch die Arbeitsunfähigkeit.
Alles wurde auf einmal forciert, die männliche Kleidung verschwand in den Säcken. Hört sich komisch an, aber ab da war ich Michaela, ebenso wie ich mich schon immer gefühlt habe. Es war klar, es gibt von nun an kein wenn und kein aber für mich.
Ich bekam dann auch die Indikation für die Endokrinologin und nach ausgiebiger Untersuchung begann die Hormontherapie am 5.10. Ende Oktober erfolgte dann auch der Antrag für die Namens- und Personenstandsänderung. Im November bekam ich dann auch die Einladung zum Gericht in Düsseldorf.
Bammel, oh ja, was passiert da, fressen die mich auf. Aber was war, ich unterhielt mich super mit der netten Richterin, sie fragte mich ob ich bestimmte Psychologen im Auge hätte für die Gutachten, ich verneinte und sagte nur, machen sie mal. Lächelnd bestimmte sie dann Herrn Dr. Rolloff-Stachel und zu meiner Überraschung meinen eigenen Psychologen. Ich dachte mir nur, Hauptsache nicht die überfüllte Frau Schleussner die Mutter aller "Transen". Ist nicht böse gemeint, aber wer den einfachen Weg gehen möchte, der geht dort hin.
Zwischenzeitlich nicht untätig sein bis zu den Terminen kam mir in den Sinn. Gesagt, getan, Anruf bei meiner Sachbearbeiterin von meiner Krankenkasse. Sehr nettes Gespräch, ganz offen, Folge na so was ein Fehler im System, für 24 Stunden hatte sich einfach ein "a" an meinen Vornamen angehängt und wie es der Teufel so will ging auch noch eine Bestellung für eine neue Krankenkassenkarte raus. Sie kam an und ich nahm sie mit zu meinem nächsten Termin beim Arbeitsamt zur Arbeitslosenmeldung, fragte dann scheinheilig am Empfang wie ich denn geführt werde, denn ich war ja schon bei der Arbeit suchend Meldung als Michaela da, ups als Herr und ohne Vermerk.
Da sagte ich der netten Dame, meinen sie nicht das das zu Irritationen führen könnte, grins, da machte sie schon mal einen Vermerk. Jedenfalls wurde ich als Frau aufgerufen bei dem Sachbearbeiter. Ich zeigte ihm die Ladung vom Gericht und die Krankenkassenkarte und fragte ihn ganz lieb, ob man nicht schon vorher also vor der offiziellen Namens- und Personenstandsänderung was machen könnte, lach die Krankenkasse könnte das ja auch. Nach Rücksprache mit seinem Chef wurden die Daten geändert, ich lächelte ihn an und hauchte ihm noch ein Danke entgegen. Da kann ich nur sagen, viele Sachen sind möglich, es kommt manchmal nur darauf an, wie man fragt.
Das weitere was kam, die Gutachten wurden erstellt. Witzig war noch wo ich Herrn Dr. Rolloff Stachel fragte ob ich denn auf ein positives Gutachten hoffen könnte, er sagte nur, wenn er sich unsicher ist lädt er die Probanden auch noch ein zweites, drittes oder viertes Mal ein. Hmmmhhh, ich bekam keinen neuen Termin, auch eine Beantwortung meiner Frage ohne direkte Beantwortung.
Irgendwann hielt ich dann Ende März den rechtskräftigen Bescheid vom Gericht in den Händen, wartete noch bis das Geburtsregister bzw. Geburtsurkunde in Essen geändert war. Danach folgte viel Arbeit und Telefonate und Mails um alles ändern zu lassen. Offizieller Teil beendet könnte man sagen, jetzt heißt es warten auf den körperlichen Teil.
Apropos Körperlichen Teil, jetzt an alle Transsexuellen Mitstreiterinnen die diesen Weg gehen. Erwartet nicht zu viel von der Hormonbehandlung, denn es liegt in den Genen, am Alter und an Vererbung wie sich alles entwickelt. Ich fühle mich zwar sehr gut unter den Hormonen, aber nehmt die Sachen so wie sie kommen. Fragt mal geborene Frauen, ob sie auf die Entwicklung Einfluss hatten. Arbeitet lieber daran wie ihr von anderen wahrgenommen werdet, ja auch außerhalb der Transgenderwelt. Habe ich gemacht und ja man bekommt auch manchmal ganz brutale Wahrheiten mit. Meine beste Freundin ist eine geborene Frau und schonungslos sagt sie mir, wann ich denn mal "fraulicher" werde wie jede "normale Frau".
Ich weiß auch das mir im allerbesten Fall, auch nach Jahren der Hormoneinnahme immer ein Hauch von Exotik anhaftet, also total unerkannt leben ist eine Illusion (Ich habe bisher persönlich jedenfalls nur eine einzige Frau mit transsexuellen Hintergrund gesehen, wo ich es nicht erkannt habe). Als ich davon sprach, den Transsexuellen Weg zu gehen, hieß das auch mit allen Konsequenzen.
Im Moment habe ich die Situation das ich alles verloren habe. Trennung bzw. Scheidung, Abkehr der gesamten Familie von mir, auch meiner geliebten Kinder und Arbeitslosigkeit. Aber ich konnte einfach nicht mehr anders nach 40 Jahren mit einer "Maske" zu leben. Ich gehe aber mit einer positiven Einstellung, mit meinem wahren Ich, in die Zukunft.
So genug geschrieben, nicht das noch manche bei der Lektüre einschlafen. Falls ich manchen mit Adressen oder so etwas helfen kann, tue ich das gerne, auch wenn ich mit meiner Meinung zu den Begriffen Transvestit oder Transsexuell ein wenig polarisiere, da ist der Begriff Transgender schon eine gute Wortschöpfung, in erster Linie zählt sowieso nur der Mensch der dahinter steht.
Gruß
Michaela
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