Wenn eine eine Reise tut…

Marina aus dem Gendertreff Forum berichtet über Geschäftsreisen und Seminare, Tücken des Alltags und den selbstverständlichen Umgang mit ihrer Transidentität.

In der vorletzten Woche habe ich mein erstes Training in der Firma abgehalten. Noch dazu vor ausländischen Kollegen bzw. Händlern. In der Agenda angekündigt war natürlich Herr H., denn offiziell werde ich in der Firma noch immer als „Herr“ geführt. Anwesend waren eine Kollegin aus Russland und ein Kollege aus Dubai. Dann noch ein Händler aus Saudi-Arabien und 3 Techniker eines Händlers aus Russland.

Das Training habe ich mit dem Auslegen unseres Flyers in Englisch begonnen. Als alle diesen gelesen hatten wurde mir versichert, das niemand damit ein Problem hat. Und so war es dann auch. Das Training lief ganz normal ab.

Letzte Woche dann war ich 4 Tage in Genf, um dort selbst an einem Produkttraining teilzunehmen. Der Flieger ging am Montag morgen. Bei der Fluglinie mit dem Kranich ist es ja so, das es die Bordkarten nur noch am Automaten gibt. So einer Maschine ist es egal, wer da vor ihr steht, Hauptsache die Daten stimmen. Also Bordkarte ausgedruckt, Koffer aufgegeben und ab zur Sicherheitskontrolle. Auch da gab es nichts zu berichten. Schließlich fliege ich oft genug um zu wissen, was ich alles ablegen muss, damit der Metalldetektor nicht los geht. Da die Schweiz ja dem Schengner Abkommen beigetreten ist, finden auch an den Flughäfen seit dem 29.03.2009 keine Personenkontrollen mehr statt. Von daher konnte ich einfach durchgehen zur Gepäckausgabe. Koffer abholen und weiter zur Autovermietung. Dort war schon für mich ein Wagen reserviert. Dank Ergänzungsausweis der dgti kein Problem bei der Kontrolle der Ausweispapiere und des Führerscheins.

Die Kollegen in Genf waren ja schon länger vorgewarnt, und so wurde ich dort auch immer mit Marina angesprochen. Am Mittwoch Morgen dann kam noch ein weiter Kollege aus Deutschland, der am zweiten Teil des Trainings teilnehmen sollte. Ich hatte versprochen ihn am Flughafen abzuholen. Das Hotel und auch die Firma befinden sich am südöstlichen Ufer des Genfer Sees, der Flughafen ist jedoch im Nordwesten. Um vom Hotel zum Flughafen zu gelangen muss man also einmal um die Westspitze des Genfer Sees fahren. Der Verkehr morgens in Genf ist mörderisch, deshalb hatte ich beschlossen außen herum, durch Frankreich zu fahren. Die ersten ~20 km ging es über Landstraße, dann kam die Autobahnauffahrt. Direkt hinter der Autobahnauffahrt kam dann die erste Mautstelle. Ich fuhr ganz rechts, jedoch war dies eine „Telepeage“ – Fahrspur, also zur vollautomatischen, berührungslosen Mautzahlung. Da ich in der falschen Fahrspur war, bin ich rechts ran gefahren um zu schauen, wie ich nun auf eine der anderen Fahrspuren gelangen kann. Als ich da so am rechten Rand stand, überholte mich ein LKW mit Auflieger. Der Auflieger erwischte meinen Mietwagen hinten links. Ein ca. 15cm langes Loch im Blech. Bevor ich begriffen hatte, was passiert war, war der LKW schon weit weg. Das Kennzeichen konnte ich nicht mehr lesen. Der LKW-Fahrer hat vermutlich nicht einmal bemerkt, was da passiert ist.

Ich habe dann sofort jemanden an der Mautstelle, meinen Arbeitgeber und den Autovermieter benachrichtigt. Die Mitarbeiter der Mautstelle sagten mir, ich solle zur nächsten Polizeidienststelle fahren und den Vorfall dort melden. Auf der Polizeidienststelle musste ich mich ausweisen, auch hier wieder kein Problem. Nach einer Stunde Wartezeit kam ich dran. Mit meinem schlechten Französisch erklärte ich dem Beamten was passiert war. Er sagte mir jedoch, dass der Fall nicht registriert wird, da es sich nach französischem Recht um einen Bagatell-Schaden handelt. Es gäbe ja keine Personenschäden.

Meinen Kollegen konnte ich jetzt natürlich nicht mehr abholen. Während ich auf der Polizei gewartet habe, habe ich ihm angerufen und gesagt, er solle sich bitte ein Taxi nehmen.

Bei der Rückgabe des Wagens musste ich dann noch ein Unfall-Protokoll ausfüllen. Das war dann alles.

Alles in allem kann ich mal wieder sagen: Es passiert gar nichts, auch wenn andere erkennen, dass ich nicht als Frau geboren wurde. Ich stehe zu dem was ich bin, und das wiederum, wird honoriert. Egal ob am Flughafen, beim Autovermieter oder bei der französischen Polizei, ich wurde immer und überall höflich und zuvorkommend behandelt.

-Marina

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