Ein Freund ein guter Freund

Vor ca. 1 ½ Jahren ist ein guter langjähriger Freund von mir und meiner Familie mit 67 Jahren von uns gegangen. Ich habe lange überlegt, ob ich das in einem Gendertreff-Blog schreiben soll. Aber ja, denn er war auch entscheidend an der Gründung des Gendertreff beteiligt und hat maßgebend mein Leben geprägt.

Er war Trauzeuge, Patenonkel, Kegelbruder und ganz wichtig Ansprechpartner und Begleitperson. Zugegeben haben wir uns in den letzten Jahren etwas aus den Augen verloren aber er war nie wirklich weg.

Ich war damals 14 Jahre alt als wir uns kennenlernten und es wurde eine dicke lebenslange Freundschaft. Wir konnten über alles reden! Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht so ganz genau welchen Beruf ich ergreifen würde und hatte auch noch keine wirkliche Idee. Er arbeitete in der Telekommunikationstechnik und bastelte in seiner Freizeit elektronische Schaltungen zusammen. Mein Interesse war schnell geweckt und so kam ich zu meinem Beruf mit Meistergratifikation.

Wie bereits erwähnt konnten wir über alles reden und so kam eines Tages auch das (mein) Thema auf. Er war somit der einzige, der über die ganzen Jahre über mein Trans*- Leben Bescheid wusste. So konnte ich ein paar Kleidungsstücke bei ihm deponieren und mein inneres Ich im stillen Kämmerlein, auf dem Balkon und später auch einmal auf der Straße ausleben. Wer weiß was passiert wäre, wenn ich dieses Ventil nicht gehabt hätte.

Er war es dann auch, der mich mit zum Café Rosamond, einem Szenecafé in Düsseldorf, mitnahm. Dort konnte ich entsprechend nette Menschen kennenlernen und Kontakte knüpfen. Und er war dann auch der Motor für mein Outing in der Familie und das erste Trans*- Treffen im Oktober 2004 in Düsseldorf.

Es machte auch nichts, wenn wir uns mal Monatelang nicht gesehen hatten. Wenn ich verschiedene Lebensphasen durchmachte und in verschiedenen Cliquen unterwegs war. Wir kamen immer wieder zu guten Gesprächen zusammen. Einer war für den anderen da! Ein Geben und Nehmen! Und ich weiß, dass unsere zahlreichen Gespräche ihm auch gutgetan haben. Meist waren die Gespräche mit Gin und Bitter Lemon begleitet….. 

So war es auch nicht ungewöhnlich, dass wir die letzten Jahre kaum noch Kontakt hatten. Aber umso mehr traf es mich, dass er so früh verstorben ist und, wie meist, kein Abschied mehr möglich war.

Nun ist er Anonym auf einem Hildener Friedhof begraben und mir tut es gut hier darüber zu schreiben – Denn er hat es verdient.

Mit einem stillen Gruß an dich Martin und auf unsere langjährige Freundschaft
Xenia

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