Service person of the year 2020

Autorin: Marina

Hi,

Ich möchte euch über etwas berichten, das ich so nicht für möglich gehalten hätte und mit dem dementsprechend ich auch gar nicht gerechnet hatte.

Zunächst muss ich aber ein bisschen ausholen: bevor die Welt verrückt wurde hatten wir, von meinem Arbeitgeber organisiert, jedes Jahr im Januar eine große Vertriebs- und Service-Konferenz für Deutschland und Österreich. Diese Konferenz findet jedes Jahr in einer anderen Stadt statt, in 2020 z.B. in Wien. Davor waren wir auch schon in Berlin, München, Düsseldorf etc.

Im Januar 2021 fand diese Konferenz natürlich ganz pandemiekonform per Videokonferenz statt. Auf die Aussicht, drei Tage lang, von morgens bis abends, 8-10 Stunden vor dem Rechner zu sitzen, war ich nicht gerade scharf. Von daher war es mir sehr recht, dass sich ein dringender Einsatz bei einem großen Kunden ergab.

Im Laufe dieser Konferenz werden dann verschiedene Preise für besondere Leistungen vergeben. Bei mir war es so, das ich im letzten Jahr zwei kleine Leistungspreise gewonnen hatte, die aber so gesehen nichts besonderes waren. Da ich wusste, dass 2020 insgesamt ziemlich schlecht gelaufen war und ich eine Menge Ärger mit einem ganz bestimmten neuen Produkt hatte, hatte ich nicht damit gerechnet, bei der großen Konferenz in 2021 irgendeinen Preis zu gewinnen.

Also war ich beim Kunden und habe dort Probleme gelöst, anstatt zu Hause im Büro zu sitzen. So war ich nun bei dem Kunden am Gerät am arbeiten und auf einmal hörte mein Handy nicht mehr auf zu piepsen vor lauter neuen Nachrichten. Ich bekam auf einen Schlag hunderte Nachrichten: „Glückwunsch“, „toll gemacht“, „gratuliere“ etc. Ich wusste zuerst gar nicht was los ist. Ein guter Kollege hat mir dann ein Bildschirmfoto geschickt auf dem ich dann sehen konnte, warum mir die halbe Firma gratulierte.

EU Mid Service Person of the Year (zu Deutsch: Beste Technikerin in EU Mitte in 2020). Ich? Der Paradiesvogel der Serviceabteilung? Ich, die die ganzen Sondersachen macht und ständig die schwierigen Fälle zu lösen hat?

Ja, ich bin die „Service Person of the Year“ eben genau weil ich diese schwierigen Fälle habe und meine Leistung im vergangenen Jahr honoriert wurde. Dass ich transident bin spielte dabei absolut keine Rolle. Nur die Leistung zählt, auch wenn ich mit meinem Umsatz sicherlich sehr weit hinten lag. An den Problemen, die ich im Laufe des Jahres gelöst habe, wäre so manche_r andere_r Kolleg_in wahrscheinlich verzweifelt.

Ich sehe das inzwischen sogar so, dass transident zu sein durchaus auch ein Vorteil sein kann. Ich identifiziere mich selbst als überwiegend weiblich aber ich verleugne meine männlichen Anteile und auch meine männliche Vergangenheit nicht. Viele jüngere würden so etwas vermutlich auch als "nicht binär" bezeichnen. Ich kann für mich sagen, ich habe das Beste aus beiden Welten.

Im Nachhinein betrachtet war es wirklich schade, dass ich nicht an der Konferenz teil genommen habe und noch blöder ist es, dass diese online stattgefunden hat. Wäre die Welt nicht verrückt geworden, so hätten wir auf meinen Gewinn sicherlich am Abend die Sektkorken knallen lassen.

Naja, man kann leider nicht alles haben. Auf jeden Fall habe ich mich sehr über diese Ehrung gefreut, denn sie würdigt auch die vielen vielen Jahre, in denen ich mich um unsere ganzen Exoten gekümmert habe. Geräte, die nur in kleiner Stückzahl verkauft wurden und deshalb außer mir kaum einer kennt.

Ach ja, neben der formalen Anerkennung gab es auch einen Reisegutschein im Wert von 800 €. Zum Glück ist der Gutschein mehrere Jahre gültig und irgendwann wird dieser Corona-Wahnsinn hoffentlich zu Ende sein.

Viele Grüße
Marina