In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 7-2012

Heul, vorbei ist der Urlaub und es war wunderschön. Meinen zweiten begleitenden Therapiebesuch und den dritten Bartentfernungstermin habe ich auch bereits wahrgenommen. Nun geht es langsam weiter voran zur geschlechtsangleichenden Operation (GaOP ). Leider wird da auch noch ein wenig Zeit vergehen bis die Anträge durch und Termine wahrgenommen sind. Aber Hauptsache es geht weiter.

Der ganze Papierkrieg, die Nachwehen nach der Personenstandsänderung (PÄ), ist nun auch soweit abgeschlossen und alle Versicherungen sind 1:1 umgeschrieben. Nur die Kreissparkasse hat leider noch immer ein Problem bei der Titulierung zweier verheirateter Frauen. So steht anstatt "Eheleute" "Frauen" in den Papieren, aber ein Mitarbeiter, dem das auch ganz und gar nicht gefällt, will mal versuchen ein wenig "Dampf" zu machen und eine Änderung herbei zu rufen. Wir sind doch bestimmt kein Einzelfall mehr, oder?
Auch bei den Kapitalfreistellungen ist noch nicht geklärt, ob wir bis 1.608,00 Euro für verheiratete oder 801,00 Euro für Alleinstehende eingestuft werden. Mein Rechtssinn sagt mir, dass wir vorher als Verheiratet galten und sich jetzt (auch laut Standesamt) nichts an dem Familienstand geändert hat, also die 1.608,00 Euro Bestand haben sollten.

Ein dummer Umstand hat mich heute am Montagabend zur Notaufnahme in ein Krankenhaus am Ort geführt. Bei der Besprechung mit dem Arzt kam natürlich die Frage ob ich Medikamente nehmen würde. Ich bejahte die Frage und sagte, dass ich u.a. 4mg Estradiol täglich nehmen würde. Er schaute mich an: "Warum nehmen Sie Hormone?". Ich schaute ihn ungläubig an und dachte so bei mir. Hat er nichts gemerkt? Na ja, ich erklärte ihm dies kurz, worauf er meinte: "Dann wollen Sie ja auch mit "Frau" angesprochen werden.". "Na klar!", antwortete ich, "So steht es doch in den Papieren!". Und lustigerer Weise, hatte er mich mit "Frau" ins Behandlungszimmer rein gerufen. Sachen gibt es…

4. Bartentfernungstermin und jetzt geht es den grauen Haaren an den Kragen, was bedeutet, dass die Intensität erhöht werden muss – Aua.

Meine Friseuse hat festgestellt, dass auf dem Kopf wo keine Haare mehr waren, scheinbar wieder neue Haare nachwachsen. Zwei unabhängige Personen hatten auch die Tage festgestellt, dass mein Haar immer dichter wird. Also ist da tatsächlich etwas Wahres dran und ich finde es gut. Gleichzeitig geht der Körperbewuchs leicht zurück, obwohl ich zum Glück nie viele Haare am Körper hatte.

Die Therapeutin wird nun 25 Stunden begleitende Therapie bei der Krankenkasse beantragen, heißt für mich, erst einmal warten wie es weiter geht.

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Erste Fotos – Gendertreff beim CSD Duisburg

Wie in unserer Pressemeldung angekündigt, war der Gendertreff auf dem CSD Duisburg 2012 mit einem eigenen Stand vertreten. Denn schließlich passte das Motto des CSD „Flagge zeigen“ hervorragend zum Ziel des Gendertreff, die Öffentlichkeit über das Thema Transgender zu informieren.

Also fanden wir uns auf dem Averdunkplatz in der Duisburger Innenstadt ein, um Öffentlichkeitsarbeit zu leisten und Transgendern und Angehörigen eine Anlaufstelle zu bieten.

Im Gegensatz zum CSD Düsseldorf und zum CSD Konstanz hatte der Wettergott diesmal kein Einsehen: Es war Regen angekündigt. Also wurde der Gendertreff-Stand wetterfest gemacht. Zum Glück blieb es während des Aufbaus trocken. Und nach einer kurzen Regenphase am Vormittag blieb es dann auch den ganzen Nachmittag trocken.

Hier ist unser Stand zu sehen. Noch war es trocken und langsam füllte sich die Fußgängerzone mit Menschen.

Gendertreff CSD Duisburg 2012 001

Schon bald entwickelten sich die ersten intensiven Gespräche.

Gendertreff CSD Duisburg 2012 001

Zum Glück war der Wetterbericht zuvor etwas zu pessimistisch ausgefallen. Meist blieb es trocken. Und so konnten wir fleißig informieren und diskutieren.

Gendertreff CSD Duisburg 2012 001

Natürlich wurden auch wieder jede Menge Flyer verteilt.

Gendertreff CSD Duisburg 2012 001

Presse und Fernsehen waren auch da. Im Beitrag der Aktuellen Stunde – Lokalzeit Duisburg, einer regionalen Nachrichtensendung des WDR, waren wir mit unserem Stand dann auch in Großaufnahme zu sehen.

Gendertreff CSD Duisburg 2012 001

Müde, aber zufrieden haben wir einen erfolgreichen Tag mit einer nicht minder erfolgreichen Öffentlichkeitsarbeit mit einem leckeren Essen ausklingen lassen.

>> Video in YouTube

>> Diashow in YouTube

>> Pressemeldung: Gendertreff beim CSD Duisburg 2012

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Gendertreff – Plattform für Transgender, Angehörige & Interessierte beim CSD Duisburg 2012

Duisburg, 28.07.2012 – Duisburg zeigt Flagge – das ist das Motto des CSD Duisburg 2012.

Auch der Gendertreff zeigt Flagge, denn noch immer leben viele Transgender ihre Veranlagung im Verborgenen aus. Auch wissen große Teile der Bevölkerung nach wie vor sehr wenig über Transgender. Dies führt mitunter zu Vorurteilen. Der Gendertreff möchte mit der Teilnahme am Christopher Street Day in Duisburg anderen Transgendern Mut machen und eine breite Öffentlichkeit über das Thema Transgender informieren.

Der Begriff „Transgender“ bezeichnet Menschen, deren körperliches Geschlecht nicht bzw. nicht vollständig mit ihrem gefühlten Geschlecht übereinstimmt. Die Transgender-Eigenschaft ist unabhängig von der sexuellen Orientierung. Die meisten Transgender sind heterosexuell.

Die Transgender-Eigenschaft ist nicht einfach nur „ein Hobby“. Viele Transgender möchten sich dem Identitätsgeschlecht so weit wie möglich annähern. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass dies vielfach Probleme mit sich bringt. Die „Transition“ genannte Angleichung an das Wunschgeschlecht ist deshalb im Transsexuellengesetz (TSG) geregelt.

Ziel des Gendertreff ist die Hilfestellung für Transgender, Angehörige und Interessierte sowie die Information der breiten Öffentlichkeit. Dazu betreibt der ehrenamtlich geführte Gendertreff unter www.gendertreff.de eine große Internet-Plattform mit einem Forum, einem eigenen Magazin und vielen weitergehenden Informationen. Darüber hinaus wird mit den Selbsthilfegruppen in Düsseldorf und in Leverkusen ein Angebot zum persönlichen Austausch bereitgestellt.

>> WDR beim CSD

>> CSD Düsseldorf 2012

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Was für eine Woche

Nathalie möchte sich diesmal sehr kurz fassen, damit der Bericht im Gendertreff Blog nicht allzu lang wird.

Am Mittwoch, gleich nach dem Gespräch mit meiner Therapeutin musste ich zur Mittagsschicht. Da ich ziemlich knapp mit der Zeit war, ging ich direkt zur Arbeit. Wohl wissend das ich im Rock und mit Perücke unterwegs war. Natürlich hatte ich alle Blicke der Kollegen auf mich gerichtet und zog mir nur die Arbeitshose über und ging zur Arbeitsstelle. Am nächsten Tag war das Szenario etwa gleich. Ich hatte vormittags zwei andere Arzttermine und genausowenig Zeit.

Seitdem bin ich jeden Tag, zwar auch in Hosen, aber immer als Frau zur Arbeit gegangen.

Montag ging ich zum ersten Mal zu meinen Eltern und zu meiner Schwiegermutter. Ich musste Besorgungen für Sie erledigen. Um die Nerven nicht zu sehr zu strapazieren, war ich in Jeanshose und Bluse unterwegs. Es gab weniger Aufsehen als ich erwartet hatte. Mein Vater sagte nur nach einiger Zeit „Du hast doch versprochen nicht so zu kommen“. Im Hintergrund stand meine Mutter und schüttelte kurz den Kopf und gab mir so zu verstehen, dass es in Ordnung war.

Auf dem Rückweg war ich bei meiner Schwiegermutter. Natürlich unterhielten wir uns über mich, die Reaktionen der anderen (dank meiner Schwiegermutter) Mitwissenden. Wir sprachen noch intensiv über Silvia und mich und ich versprach Ihr, dass wir nicht an Trennung denken. Sie schaute mich an und sagte, dass sie mich so gekleidet gut akzeptieren kann. Am Abend sprachen Silvia und ich über den Tag. Dabei kamen wir auf den Sport zu sprechen und ich sollte überlegen wie ich das mache.

Da ich sowieso noch im beginnenden Sommerschlussverkauf schauen wollte, waren in den Tüten auch ein paar Sportshirts. Zudem kamen noch zwei Tennisröcke, die ich bei unserem Sportshop kaufte. Selbstverständlich probierte ich auch kurze Sporthosen an. Aber diese waren so knapp geschnitten, dass sich alles abzeichnete. Wir hatten auch über die männliche Kleidung gesprochen. Zuerst wollte ich die Sachen in leere Taschen und Koffer verpacken und zwischenlagern. Ich hatte ein paar Tüten zurechtgelegt. Erst einmal sollten die alten Sachen ausgesucht werden, um sie zu entsorgen. Während der Aktion fiel mir auf, dass ich den größten Teil in den letzten Monaten nicht brauchte. Kurz gesagt, zum Schluss hatte ich noch ein paar Jeanshosen, eine gute Hose, ein paar passende Hemden und ein paar Sportsachen für den Notfall, die ich in das oberste Fach im Kleiderschrank verstaute. Alles andere verstaute ich in Tüten. Dabei bekam ich ein komisches Gefühl. So als wenn ich Gift in den Händen halte. Ich packte immer schneller, um das Zeug loszuwerden. Kurz bevor ich die Tüten zum Altkleidercontainer brachte, wog ich sie. Es waren fast genau 55 Kg Kleidung. Und dabei habe ich die Schuhe noch nicht aussortiert. Es war wie ein Befreiungsschlag.

Eine Überraschung erwartete mich dann am Mittwoch. Nein, die Kleidung ist nicht aus Heimweh zu mir zurückgekommen. Auf der Arbeit baten mein neuer Betriebsleiter und der Tagesmeister zum Gespräch. Sie wollten wissen wie es mit mir weitergeht. Ich informierte sie, dass ich, sobald meine Ansprechpartnerin der Personalabteilung aus dem Urlaub kommt, meinen Alltagstest, mit E-Mailänderung und Anschreiben der betreffenden Bereiche, beginnen möchte. Mein Chef machte mir den Vorschlag, dass wir im Energiebetrieb nicht bis dahin warten, sondern ab sofort meine Arbeit als Frau beginnen könnte.

„Herzlich willkommen Frau Nathalie N…….. , wann geben sie Ihren Einstand?“ So gab er mir die Hand und wünschte mir alles Gute auf meinem Weg. Anschließend gab es ein Gespräch mit der gesamten Schicht über die Veränderung. Mit dieser Entscheidung verabschiedete ich mich auch aus der Waschkaue, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. Zeitnah werden alle anderen Schichten über meinen Weg informiert und, wie mein Chef unmissverständlich ausdrückte, möchte er aufkommende Probleme sofort besprechen und erwartet absolut fairen Umgang.

Ich kann es kaum fassen.

Nathalie

>> Nathalies Alltag en femme

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CSD-Düsseldorf 2012

Wie wir bereits mit einer ersten Bilderserie und einer Pressemitteilung berichtet hatten, waren wir dieses Jahr mit einem Stand beim CSD in Düsseldorf vertreten. Es war ein schöner Erfolg und wir hatten an beiden Tagen alle Hände voll zu tun, Aufklärungsarbeit zu leisten und unsere Flyer zu verteilen. Am Pfingstsonntag nahmen wir auch mit einer Fußgruppe an der Parade durch Düsseldorf teil.
Hier nun die Diashow beider Tage hinterlegt mit unserem Song „Zwei Seelen“:

 

>> Film von der Parade

>> Diashow

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Im Land der kleinen Füße

Nathalie berichtet über ihre Erfahrungen während des Mallorca-Urlaubs.

Wir hatten uns in diesem Jahr sehr schnell auf unser Urlaubsziel Mallorca geeinigt. Es ist für uns einer der schönsten Orte und wir fahren seit 1995 regelmäßig in unser Lieblingshotel.

Fliegen kannten wir ja schon von unserem Kurzurlaub nach London . Auch diesmal gab es keine Probleme. Bein Einchecken wollte die Stewardess nur ein zweites Mal meine Ausweispapiere sehen. Das war alles.

Auf Mallorca angekommen war unser erster Gang in das Parkhaus, wo wir den Leihwagen übernehmen sollten. Die Angestellte war schon dort, übergab mir den Vertrag und fragte nur welchen der Namen sie eintragen darf. So ging es nach etwas 15 Minuten los zum Urlaubsort. Alles lief reibungslos.

Wir wurden, wie immer, im Hotel sehr freundlich empfangen. Nichts deutete darauf hin, dass diesmal etwas anders ist. Natürlich waren sie durch meine Mail im Vorfeld aufgeklärt worden. Auf meine Nachfrage, ein paar Tage später, wurde gesagt, dass es überhaupt kein Problem sei. Es ist mein Leben und das ist für sie in Ordnung.

Nicht nur die Angestellten im Hotel, auch die Urlauber in und außerhalb des Hotels, deren Kinder oder Einheimische hatten nie einen blöden Spruch oder dumme Anmerkungen über mich. Wir unterhielten uns ganz normal mit den Leuten und niemand gab mir das Gefühl der Ablehnung.

Das überraschte mich, zumal ich im Garten, im Pool oder auch am Strand keine Perücke trug und somit natürlich sofort erkennbar war. Dazu kam, dass die Idee von Marina mit den Badekleidern und den seewasserfesten Einlagen wunderbar funktionierten und ich die anfängliche Scheu sehr schnell ablegte.

An eine Sache musste ich mich dabei schon sehr gewöhnen: Sobald ich aus dem Wasser kam, tropfte das Kleid so dermaßen, als wenn ich gerade in die Hose machte. Das bedeutete, sofort nach dem Baden umziehen und einen trockenen Badeanzug an.

Fast alles, was wir unternahmen, unterschied sich nicht mit den Urlauben in der Vergangenheit. Fast.

Eine blöde Sache ist schon passiert. Von meinen braunen Sandaletten ist ein Riemen abgerissen, so dass diese entsorgt werden mussten. Ein Paar neue mussten her, da ich sonst nur meine braunen Treckingsandalen anziehen konnte. Ansonsten hatte ich nur schwarze Schuhe dabei.

So schauten wir bei unseren Exkursionen immer mal wieder nach braunen Sandaletten in Größe 44. Und da lag das große Problem. Alles was wir gesehen haben ist Größe 40, manchmal 41. Und die Sandaletten waren auch nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Was soll´s, es ist halt das Land der kleinen Füße.

Auch der schönste Urlaub geht einmal zu Ende. Bei der Verabschiedung sagte uns die Hotelmanagerin, dass etwas fehlen wird, wenn wir fahren. Eine der Animateurinnen zog ihre Sonnenbrille auf, damit wir die Tränen nicht sehen. Kann es etwas schöneres geben?

Nathalie

INHALTSVERZEICHNIS

Abschluss einer Transition – Tagebuch meiner geschlechtsangleichenden Operation

Larissa berichtet über ihre geschlechtsangleichende Operation. Der Gendertreff bedankt sich für diesen ausführlichen und offenen Erfahrungsbericht.

Mittwoch, 12.10.2011

Heute bis 10:00 Uhr soll ich in Krefeld im Krankenhaus „Maria Hilf“ erscheinen. Der große, lang ersehnte Tag ist zum Greifen nah, denn morgen soll die Operation stattfinden.

Britta fährt mich. Wir sind rechtzeitig losgefahren, haben noch Extrazeit eingeplant, da wir ja nicht abschätzen können, wie der Verkehr unterwegs ist. Es sind ja immerhin 240 km bis Krefeld. Die Sachen hatte ich schon gestern gepackt. Hoffentlich habe ich nichts vergessen.

Anfangs läuft alles gut, wir kommen ganz gut durch. Dann meldet der Verkehrsfunk Staus auf dem Kölner Ring (so was hatte ich schon befürchtet um die Uhrzeit) und noch ein Stau von etlichen Kilometern auf der A 57 Richtung Krefeld. Na, es ist noch früh genug zum Umplanen, bleiben wir halt auf der A 61 und fahren über Mönchengladbach.

Oh, oh – stockender Verkehr mit Stillstand am Kreuz Mönchengladbach, aber es gelingt uns trotzdem auf die A 52, Richtung Düsseldorf zu kommen.

Okay, dann fahren wir am Kreuz Neersen auf die A 44 Richtung Krefeld, Aber das war wohl auch mal wieder nix. Kreuz Neersen, vor allem Richtung Krefeld total dicht. Mhhh, so langsam drängt auch die Zeit. Die Verkehrsdurchsagen für die A 52 um das Kreuz Kaarst sind auch nicht berauschend. Aber wir haben ja schließlich ein Navi im Auto. Also fahren wir in Schiefbahn ab bevor wir noch in irgendwelche Staus kommen und vertrauen mal darauf, dass uns dieser „Besserwisser“ schon irgendwie nach Krefeld zum Krankenhaus leiten wird.

Und tatsächlich, er hat’s geschafft. Um zehn Minuten vor zehn betreten wir die Anmeldung im Krankenhaus. Das laute Geräusch eben war der Stein, der mir gerade vom Herzen gefallen ist.

So, Anmeldeformalitäten erledigt, Telefon auch beantragt, jetzt weiter zur Station M 9, Urologie, erst einmal ein Bett zuweisen lassen und das Gepäck abstellen.

Mhh ja, schönes Zimmer eigentlich – 4 Betten und sogar mit Balkon. Den anderen drei Mitpatientinnen im Zimmer erst einmal Hallo gesagt und kurz zugelächelt, und schon geht es weiter. Noch ein ausführliches Gespräch mit Frau Dr. Krege, noch einmal die Frage, ob ich mir der Risiken und der Konsequenzen der Operation wirklich bewusst bin. Noch könnte ich zurück. Nein, ich will nicht zurück.

Weiter geht’s zum Urologen, Urinstrahlmessung, zum Gespräch mit dem Narkosearzt und dabei immer wieder Formulare und Fragebögen – der übliche Papierkrieg eben.

So, alles hinter mir, jetzt bin ich auf dem Zimmer. Erst einmal alles einräumen und verstauen – so, dass ich an die wichtigsten Sachen rankomme, ohne aufstehen zu müssen, denn damit wird es in den nächsten Tagen wohl etwas hapern. Telefon funktioniert, Laptop und Bücher und DVDs habe ich auch in Reichweite.

Zu essen bekomme ich heute nichts, ich durfte ja schon gestern keine feste Nahrung mehr zu mir nehmen. Dafür stellt mir aber eine freundliche Schwester einen Ein-Liter-Krug mit einer Flüssigkeit darin auf den Nachttisch und sagt mir, den und noch einen von der Sorte müsse ich heute im Laufe des Tages noch austrinken, denn der Darm müsse für die OP schließlich ganz leer sein. Ich probiere das Zeug erst einmal vorsichtig – das hab ich mir doch gedacht, das ist ja Glaubersalzlösung. Schmeckt irgendwie wie Laternenpfahl ganz unten, aber ich habe schon Schlimmeres geschmeckt. Also mal tapfer runter mit dem Zeug.

Britta hat sich auch auf den Heimweg gemacht, und ich habe jetzt viel Zeit. Alle möglichen Gedanken gehen mir im Kopf herum: „Ist es das Richtige, was ich mache, denn schließlich ist dieser Schritt unumkehrbar?“ – Ja, es ist das Richtige. Ich hatte ja schließlich in den zwei Jahren Krieg mit der Krankenkasse und dem fast einen Jahr Wartezeit auf den OP-Termin genug Zeit, darüber nachzudenken. „Für wen tue ich das eigentlich? Draußen in der Öffentlichkeit wird das sowieso niemand merken, ob ich noch einen Penis habe oder nicht.“ – Nein, ich tue das nicht für die Öffentlichkeit – ich tue das ganz allein für mich, für niemanden sonst. Ich will endlich so weit wie möglich das sein, was ich im Innersten bin, nämlich Frau. Dazu gehört auch, dass das Ding da unten endlich verschwindet, denn das ist etwas, was für mich persönlich gefühlsmäßig dort nicht hingehört. Wie ich aber in der Öffentlichkeit als Frau wahrgenommen werde liegt ganz allein an mir selbst, wie ich mich benehme und gebe und dass ich mich möglichst selbstbewusst und natürlich als Frau zeige.

So, noch etwas mit den anderen Mädel auf dem Zimmer unterhalten, die die OP alle schon hinter sich haben, versuchen, ob ich mit dem Stick ins Internet komme (Es klappt!), dann noch etwas lesen, mein „wohlschmeckendes“ Getränk austrinken und mal versuchen zu schlafen. Aufgeregt bin ich ja doch.

Donnerstag, 13.10.2011

Gerade bin ich aufgewacht im Zimmer, noch irgendwie leicht beduselt. Das letzte, an das ich mich bewusst erinnern kann, ist das Gesicht des Narkosearztes so um sieben Uhr fünfzehn, kurz nachdem er mir die „Scheißegal-Pille“ zum Schlucken gegeben hat. Auf meine Frage an die anderen, wie spät es jetzt sei, heißt es, es sei jetzt so sechzehn Uhr dreißig. Janine, eine Mitpatientin, die eine Woche vor mir operiert worden ist, fragt mich: „Na, wie fühlt es sich an?“ – Tja, wie? Ungewohnt, anders, aber auf jeden Fall gut. Irgendwie fühle ich mich „angekommen“.

Viel mehr habe ich dann auch nicht mehr mitbekommen – ich muss wohl gleich danach eingeschlafen sein.

Freitag, 14.10.2011

Mein Geburtstag. Beim Aufwachen stelle ich fest, dass mir die Schwestern eine Vase mit Blümchen auf den Nachttisch gestellt haben. Jetzt erst wird mir so richtig bewusst, dass ich an lauter Schläuchen hänge.

Visite. Frau Dr. Krege sagt mir, dass die Operation gut verlaufen sei. Der Darm sei zwar leicht verletzt worden (Das war eins der Risiken, über die ich vorher informiert worden war), aber es sei absolut nichts Schlimmes. Nur dürfte ich jetzt 5 Tage nichts essen, damit die Verletzung am Darm abheilen kann. Das erklärt jetzt auch die ganzen Schläuche: Schmerz-, Blasen- und Darmkatheter und der Schlauch für die Infusionen.

Besuch von Ava – im Businessoutfit. Sieht echt gut aus darin, direkt zum Verlieben. Muss mir ja wohl gut gehen, wenn mir solche Gedanken durch den Kopf schießen. Und Britta kommt auch noch. Schön!

Samstag, 15.10.2011

Keine Schmerzen, nur an das dauernde Auf-dem-Rücken-Liegen muss ich erst gewöhnen, das ist für mich nicht gerade bequem, da ich es gewohnt bin, auf der Seite zu schlafen. Aber das geht wegen der Infusionsnadeln und -schläuche leider nicht. Ansonsten nur Injektionen und Kontrollen.

Noch einmal Besuch von Britta. Sie hat Jutta mitgebracht, eine Freundin aus Zons, bei der sie auch übernachtet hat.

Abends bekomme ich sogar schon einen Joghurt zu essen.

Sonntag, 16.10.2011

Ich werde mit meinem Bett runtergefahren in die Ambulanz zum Verbandwechsel. Rauf auf den „Astronautenstuhl“, und langsam werde ich nach hinten gekippt in „Abschussposition“. Jetzt kann ich wirklich nachempfinden, wie sich eine Frau (zumindest am Anfang) auf diesem gynäkologischen Stuhl fühlen muss, nämlich völlig hilflos.

Ich darf schon mal mit einem Spiegel gucken, wie es da unten jetzt aussieht. Nicht schlecht, möchte ich mal sagen. Gefällt mir.

Ava kommt auf dem Weg zum Gendertreff Düsseldorf noch vorbei. Leider darf ich nicht mit.

Abends bekomme ich wieder einen Joghurt.

Montag, 17.10.2011

So, die Nachtinfusion ist entfernt worden und am Nachmittag auch der Schmerzkatheter.
Sonst gibt es nichts Besonderes. Mit Unterhaltungen, Lesen, Film gucken und Internet vertreibe ich mir die Zeit.

Zum Abendessen stellt mir die Schwester mit einem leichten Grinsen einen dieser üblichen zugedeckten Teller hin. Ich darf doch eigentlich noch gar nichts Richtiges essen. Nein, erst ab übermorgen wieder. Haben die sich etwa vertan? Ich hebe mal vorsichtig den Deckel an und finde zwei Stück Zwieback mit etwas Petersilie garniert. Ich gucke ganz entgeistert hoch und schaue direkt in das grinsende Gesicht der Schwester. Sie sagte nur, vielleicht wolle ich ja schon einmal wieder üben, wie das mit dem Essen geht.

Überhaupt sind die alle unheimlich lieb und freundlich hier, von den Stationsärzten angefangen bis zum Reinigungspersonal. Es herrscht hier wirklich eine echt angenehme Atmosphäre.

Dienstag, 18.10.2011

Heute mal wieder Verbandwechsel. Der Darmkatheter wird entfernt – ab morgen darf ich dann wieder normal essen. Die Infusionskanüle für die intravenöse Ernährung wird auch entfernt. Die Vagina (eigentlich ja Neovagina) sieht sehr gut aus, sagt Frau Dr. Krege; sie ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Jetzt ist nur noch der Blasenkatheter drin, ich darf also, und soll sogar schon aufstehen und mich etwas bewegen und herumlaufen.

Abends bekomme ich schon einmal Schonkost zu essen.

Mittwoch, 19.10.2011

Endlich mal wieder ein richtiges Frühstück! Und die Dame, die die Essensbestellungen für die nächsten Tage aufnimmt, kommt auch. Ich glaube, bei dem Essensangebot hier beantrage ich gleich mal Aufenthaltsverlängerung.

Janine darf heute nach Hause, dafür ist wieder eine Neue gekommen.

Jetzt habe ich noch einen schönen Spaziergang gemacht und etwas das Krankenhaus erkundet.

Donnerstag, 20.10.2011

Die Neue ist um 07:30 Uhr zur OP gefahren worden und wurde um 16:30 Uhr zurückgebracht. Sie dämmert noch so leicht vor sich hin. Und noch eine Neue ist gekommen, zur Nachoperation.

Ich habe den Tag mit Spazierengehen und Lesen verbracht.

Abends sind plötzlich Blutungen im Wundbereich aufgetreten. Verbandwechsel und hoffen, dass die Blutungen aufhören.

Freitag, 21.10.2011

Nach gut einer Stunde Schlaf bin ich wach geworden, weil es sich im Bett so feucht anfühlte. Der Grund war, dass sich in den Labien Blutergüsse gebildet haben und der linke davon aufgegangen ist, sodass ich quasi im Blut lag. Verbandwechsel, das heißt, nur noch Vorlagen, die sich bei Blutungen schnell wechseln lassen. Einen Liter Blut als Infusion bekommen.

Besuch von Britta, sie ist etwas erschreckt von der ganzen Sache.

Samstag, 22.10.2011

Jetzt ist rechts der Bluterguss auch aufgegangen. Ich habe Bettruhe verordnet bekommen, darf nur aufstehen, wenn ich zur Toilette muss. Mist, das wird dann wohl nichts, dass ich, wie eigentlich geplant, am Mittwoch nach Hause darf. Das kann ich mir wohl abschminken.

Britta und Katja besuchen mich. Ich freu mich immer, wenn jemand kommt, ansonsten vertreibe ich mir die Zeit mit Lesen (Gut, dass ich so viele Bücher mitgenommen habe), Surfen im Internet und Filme gucken (Hab ich zum Glück auch noch genug).

Sonntag, 23.10.2011

Kein Blut heute morgen in der Vorlage. Frau Dr. Krege eröffnet mir bei der Visite, dass ich unter Umständen noch 14 Tage bleiben muss, bis sie das alles in den Griff bekommen haben. So ein Mist!

Verbandwechsel (an den „Astronautenstuhl“ habe ich mich inzwischen gewöhnt) – und wieder Blut aus den Hämatomen ablaufen lassen. Der Hämatokritwert ist total im Keller, deshalb bekomme ich jetzt Entwässerungstabletten.

Frau Dr. Krege kam am Nachmittag noch einmal vorbei und sagte mir, dass sie OP-Nähte noch einmal öffnen würden, um das ganze Blut ablaufen zu lassen.

Montag, 24.10.2011

Erneute Operation, wie schon angekündigt, von 8 – 12 Uhr, das geht ja noch. Sie haben die Nähte wieder geöffnet, zum Teil jedenfalls, und offen gelassen, damit Blut und Wundwasser ablaufen können. Das tut jetzt weh und sappscht ganz ordentlich. Aber die Scheide sieht gut aus, sagt Frau Dr. Krege.

Jetzt haben wir bis morgen noch eine ältere Dame aufs Zimmer bekommen – na ja, Dame ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck für diese Meckertante. Alles passt ihr nicht, immer am meckern, und wegen jeder Kleinigkeit klingelt sie nach der Schwester. Dabei kann sie eigentlich aufstehen und die Kleinigkeiten selbst erledigen. Sie ist aber wohl nicht zum ersten Mal hier, die Schwestern kennen sie schon und verdrehen beim Rausgehen nur noch die Augen. Sie hat ihr Bett schon ganz dicht an die Heizung gestellt (Das konnte sie seltsamerweise alleine.) und hat die Heizung voll aufgedreht. Angeblich friert sie sonst, zu Hause mache sie das auch immer so. Mannomann, dabei ist es draußen warm und sonnig, und wir haben sonst den ganzen Tag lang die Balkontür offen. Wir kommen uns fast vor wie in der Sauna.

Jetzt schnarcht die auch noch wie ein ganzes Sägewerk – ich hoffe, ich kann nachher einschlafen.

Dienstag, 25.10.2011

Ich muss wohl doch irgendwie eingeschlafen sein, das waren wahrscheinlich noch die Nachwirkungen der Narkose und der Operation. Jedenfalls habe ich die Nacht tief und ruhig durchgeschlafen. Dafür habe ich im Schlaf ins Bett gemacht, das ist mir ja echt peinlich. Aber der Arzt sagt, das wäre normal, weil nach der OP die Darmfunktion noch nicht kontrollierbar wäre.

So, das „Sägewerk“ ist wieder weg. Ist in ein anderes Zimmer verlegt worden. Erleichtertes Aufatmen bei uns im Zimmer.

Verbandwechsel noch einmal, immer noch alles schön voll Blut da unten. Meine Blutwerte (Hämoglobin- und Eisenwerte) sind total im Keller. Deshalb bekomme ich jetzt Blutkonserven, zweimal einen Liter.

Mittwoch, 26.10.2011

Aufgewacht und die Tränen laufen. Mir wird jetzt erst so richtig bewusst, dass ich endlich angekommen bin – angekommen da, wohin ich immer wollte.

Als die Schwester mir gerade mal wieder ne Spritze verpassen wollte, hat meine Killerente (mein Kuscheltier) sie mal etwas angemeckert. Fast hätte sie sich vor Lachen in den Papierkorb gesetzt, aber die Spritze hat sie mir trotzdem verpasst.

Der Verband ist ab, ein paar Fäden gezogen und die Tamponaden entfernt worden. Neue Tamponaden (aber nur kleine) in die letzten Löcher.

Beim Stuhlgang die ganze Toilette vollgeblutet, die Tamponade rechts gewechselt worden.

Eigentlich wäre ich ja heute wieder entlassen worden und hätte nach Hause gekonnt. Eigentlich…

Donnerstag, 27.10.2011

Tamponade rechts erneuert und wieder Blut, das sich gesammelt hat, ablaufen lassen.
Ansonsten ein ruhiger Tag.

Hihi, die Schwester warnt jetzt, wenn sie hier im Zimmer ist alle anderen, die bei ihr sind, dass sie auf meine „Killerente“ aufpassen sollten – die wäre echt gefährlich.

Freitag, 28.10.2011

Gut geschlafen bis gegen drei Uhr, dann fing unten rechts der Druckschmerz wieder an, das heißt, in der Wunde sammelt sich immer noch Blut.

Wieder runter in die Ambulanz, den ganzen Blutschmodder entfernt und ablaufen lassen. Mit zwei Stichen genäht worden.

Vesta und Sternschnuppe waren da. Hab mich riesig gefreut. Die beiden wollen ja morgen zum Spanischen Abend vom Gendertreff. Und ich darf nicht mit!!! Bäääh!

Da sammelt sich immer noch Blut unten in dem Bereich. Jetzt gegen Abend nehmen der Druck und die Schmerzen wieder zu.

Samstag, 29.10.2011

In der Nacht wurden die Schmerzen fast unerträglich. Ich wusste überhaupt nicht mehr, wie ich noch liegen sollte, damit es weniger weh tut. Ich habe dann Schmerzmittel als Infusion bekommen. Danach habe ich tief und fest durchgeschlafen.

Ich darf duschen! Mal sehen, ob ich das nachher mache, wenn Britta da ist, denn ich bin doch etwas wackelig auf den Beinen.

Mit Duschen war es dann doch nichts. Musste runter in die Ambulanz zum Tamponade wechseln.

Britta war da. Hat sich eine Zeitlang zu mir ins Bett gelegt zum Kuscheln. Das darf man hier, und das Kuscheln war auch mal wieder verdammt nötig.

Britta hat alle Bücher mitgenommen, die ich schon ausgelesen habe (Das waren die meisten) und schickt mir neue, da sie ja frühestens, wenn überhaupt, erst wieder am Wochenende kommen kann. Dieser verlängerte Aufenthalt war ja schließlich auch nicht eingeplant. Sie fährt noch kurz im Café Süd beim Spanischen Abend vorbei und grüßt nochmal alle von mir, da ich ja leider nicht dabei sein kann.

Sonntag, 30.10.2011

Gut geschlafen, ohne Schmerzen aufgewacht. Beim Stehen zieht es noch etwas unten rechts, aber das können auch normale Heilungsschmerzen sein. Endlich kommt jetzt auch die Verweilkanüle raus.

Na Klasse, jetzt spielt mein Blutzucker total verrückt, aber das wäre nicht weiter schlimm, meint der Arzt, da der Körper ja noch mit den Verletzungen von der OP zu kämpfen hat, und da könnte so etwas ohne Weiteres passieren.

Ich soll duschen und dabei alles mit Wasser ausspülen. Stuhlgang lässt sich immer noch nicht 100%ig kontrollieren, ab und zu sind halt immer noch „Bremsspuren“ in den Vorlagen.

Ava war wieder da. Weil aus dem einen Kompressionsstrumpf mein großer Zeh so weit herausguckte, habe wir noch rumgeflachst, dass man da ja am besten einen Anhänger mit meinem Namen dran bindet, denn wenn die mich dann mal in die Kühlkammer schieben müssten, wüssten sie gleich, wer ich bin.

Und dann kam noch eine richtige Gendertreff-Invasion: Xenia, Hydra, Bernadette und Sabine – hoffentlich hab ich niemanden vergessen. Das war richtig schön, sie alle da zu haben.

Abends noch geduscht und wieder Schmodder weggespült.

Montag, 31.10.2011

Ich habe gut geschlafen, nach dem Frühstück geduscht und wieder Blutschmodder mit weggespült

Beim Stehen und Laufen zieht es unten rechts immer noch etwas, aber das lässt sich ohne weiteres aushalten.
Die Zuckerwerte spielen immer noch verrückt. Die letzte Tamponade ist jetzt auch raus.

Ein Hämatom ist noch da, das sitzt genau zwischen Scheide und Darm, aber Frau Dr. Krege sagt, das würde von alleine aufgehen.

Dienstag, 01.11. 2011

Hab wieder gut geschlafen. Frau Dr. Krege hat Recht behalten, der letzte Bluterguss hat sich geöffnet und Blut läuft ab.

Ich soll versuchen, wie es mit dem Wasserlassen klappt. Der Urinbeutel kommt erst einmal ab, ich darf also ohne diese „Handtasche“ rumlaufen. Der Drück des Hämatoms auf den Darm ist jetzt weg, dadurch spontaner Stuhlgang, also wieder mal in die Windel gemacht. So eine Sch…., im wahrsten Sinne des Wortes.

Zigaretten sind alle und kein Automat in erreichbarer Nähe.
Der Versuch mit dem Wasserlassen ist fehlgeschlagen, also ist der Urinbeutel für die Nacht wieder dran.

Mittwoch, 02.11.2011

Wieder gut und schmerzfrei geschlafen. Stuhlgang ist jetzt auch wieder unter Kontrolle. Der nächste Versuch mit dem Wasserlassen, die „Handtasche“ ist erst einmal wieder ab.
Juhu, es hat geklappt! Das ist doch mal ein Erfolg.

Ich soll jetzt immer die Urinmenge messen, also in einen Messbecher pinkeln, damit sie sehen können, ob sich die Blase wirklich ganz entleert. Gegen Abend hat es noch einmal geklappt, aber für die Nacht kommt zur Vorsicht der Urinbeutel noch einmal dran.

Donnerstag 03.11.2011

Ich habe mir gestern Abend ein Schlafmittel geben lassen. Da ich ja den ganzen Tag liege und höchstens etwas herumlaufe, wovon soll ich da überhaupt müde werden? Aber danach habe ich gut geschlafen. Das Gefühl am Afterschließmuskel normalisiert sich auch – alles wieder unter Kontrolle. Wasserlassen klappt auch.

Ava ist vorbeigekommen und hat mir auf Brittas „Notruf“ hin Zigaretten gebracht. Ich könnte sie knutschen. Bei dem herrlichen Wetter kann man ja gut raus auf den Balkon, unseren, vom Krankenhaus genehmigten Rauchsalon und sich ein wenig mit den Damen aus dem Nachbarzimmer unterhalten, mit denen wir uns den Balkon teilen.

Für die Nacht kommt noch einmal die „Handtasche“ dran.

Freitag, 04.11.2011

Mit dem Schlafmittel schlafe ich wirklich tief und fest. Die „Handtasche“ ist wieder ab.
Ich glaube, ich habe gerade einen kleinen Anfall von Heimweh oder auch Krankenhauskoller gehabt, denn auch die Entlassung am Wochenende ist fraglich geworden. Die Tränen liefen einfach so. Es ist ja schön hier im „Kurhotel Maria Hilf“, das gesamte Personal ist aufmerksam, lieb und freundlich, und das Essen schmeckt und ist hervorragend – aber so langsam möchte ich doch wieder nach Hause. Und Britta kann am Wochenende auch nicht kommen.

Brittas Paket mit den Büchern und ein paar Leckereien ist auch angekommen.

Blutzucker mittags auf 542!!! Kontrollmessung gemacht worden, es stimmt. Jetzt ist es amtlich, noch keine Entlassung am Wochenende. Es sei zwar soweit alles in Ordnung, aber es sei noch nicht ganz ausgestanden, deshalb müsse ich auf jeden Fall noch bis Mitte der Woche dableiben.

Samstag, 05.11.2011

Mal wieder gut geschlafen. Noch einmal runter in die Ambulanz zum Nachgucken. Frau Dr. Krege hat noch einmal eine ganze Handvoll gallertartige, geronnene Blutmasse (Schmodder eben!) aus dem letzten Hämatom herausgeholt. Damit dürfte jetzt wohl alles draußen sein. Da sie ja mittlerweile weiß, dass mich der Anblick von Blut nicht stört, auch wenn es mein eigenes ist, fragte sie mich, ob ich das mal sehen wollte. „Das ist fast eine komplette Nachgeburt“, meinte sie noch ganz trocken, als sie mir die Handvoll Schmodder zeigt. Bis Mitte der Woche sollte jetzt alles erledigt sein.

Den Grund für diese inneren Blutungen ein paar Tage nach der OP konnte sie mir aber auch nicht sagen. Sie meinte, da spielten zu viele verschiedene Faktoren mit hinein, und da der menschliche Körper nun mal keine Maschine sei, die immer gleich reagiert, müsse man auf solche unvorhersehbaren Ereignisse immer gefasst sein.

Ab jetzt soll ich mit dem Vibrator Dehnübungen machen, also bougieren, damit die angelegte Vagina auch ihre Tiefe behält und nicht schrumpft.

Katja hat angerufen, und Gitta war heute auch noch da. Ein Lichtblick, da Britta dieses Wochenende ja leider nicht kommen kann.

Sonntag, 06.11.2011

Wieder gut geschlafen. Das Schlafmittel wirkt wirklich gut. Eigentlich keine besonderen Vorkommnisse. Meine Dehnübungen habe ich gemacht. Noch ganz leichte wässrige Blutungen aus der Scheide, aber es sieht alles sehr gut aus, sagte Frau Dr. Krege. Ich kann auch schon wieder sitzen, mit einem Sitzring natürlich, allerdings noch nicht sehr lange.

Montag, 07.11.2011

Mit diesem leichten Schlafmittel schlafe ich eigentlich immer gut. Bei der Visite sagte mir Frau Dr. Krege, dass ich Mitte der Woche nach Hause dürfte, ob mir Mittwoch oder Donnerstag lieber wäre. Ich sagte, Donnerstag wäre mir lieber, da Britta mich dann abholen könnte. So, der Blasenkatheter ist jetzt auch raus – das war vielleicht ein ekliges Gefühl, als das Ding rausgezogen wurde. Brrrr!

Noch einmal Besuch, diesmal von Nathalie. Jetzt haben mich schon so viele Leute vom Gendertreff besucht, das ist ein richtig gutes Gefühl.

Noch mal Besuch vom Internisten wegen des Blutzuckers. Die Werte haben sich wieder halbwegs normalisiert und der Langzeitzuckerwert wäre mit 6,0 völlig in Ordnung. Er hat mir auch noch einmal erklärt, dass die „verrückten“ Werte daher stammten, dass der Körper heftig mit den „Verletzungen“ von der OP zu kämpfen hatte.

Dienstag, 08.11. 2011

Erfrischt aufgewacht. Stuhlgang und Wasserlassen vollkommen unter Kontrolle. Wieder runter in die Ambulanz zum Nachgucken. Es ist alles OK.

Die leichten Blutungen aus der Scheide, vermischt mit Wundwasser würden noch ein paar Tage anhalten, da sich die Reste des Hämatoms an der Naht noch ganz abbauen.
Auch das Sitzen geht immer besser.

Mittwoch, 09.11.2011

Da wollten die mich auf der Station doch fast schon heute „rausschmeißen“, da eigentlich immer mittwochs entlassen wird. Aber das kleine Missverständnis war ganz schnell wieder geklärt.

Noch einmal eine Kontrolle – alles OK.

Zucker geht auch auf Normalwert zurück.

Morgen geht’s ab nach Hause. Schon einmal alle Sachen packen, die ich hier nicht mehr brauche, dann brauche ich das morgen nicht mehr zu tun.

Donnerstag, 10.11.2011

So, endlich nach Hause. Hat ja schließlich auch lange genug gedauert. 12 – 14 Tage sollte ich hierbleiben und 30 Tage sind es letztendlich geworden.

Das Abschlussgespräch mit Frau Dr. Krege muss leider ausfallen, da sie zwischenzeitlich zu einer Notoperation gerufen wurde, die noch einige Stunden dauern kann. Den Abschlussbericht und alles andere hatte sie mir ja auch schon gestern gegeben.

So, Britta ist da. Noch die große Abschiedsrunde über die Station drehen. ich habe mich ja hier wirklich wohlgefühlt und gut aufgehoben, aber jetzt will ich doch endlich nach Hause.
Nun noch unten in der Aufnahme bezahlt, was ich noch zu bezahlen hatte, das Gepäck ins Auto und nichts wie los.

Endlich zu Hause angekommen. Mit dem Sitzring ließ sich auch die lange Autofahrt problemlos überstehen.

Ein Lebensabschnitt ist zu Ende gegangen – jetzt fängt ein neuer an. Ich habe mein Ziel erreicht.

Nachtrag vom 05.07.2012

Jetzt liegt die Operation fast genau ein Dreivierteljahr hinter mir, ich glaube, es ist jetzt an der Zeit für ein kleines Resümee.

Ich bin jetzt am Ende meines Weges angelangt, eines Weges, der lang, nicht immer einfach und mit Hindernissen gepflastert war. Ich habe mein Ziel erreicht, Ich lebe jetzt mein Leben als Frau und fühle mich äußerst wohl dabei. Ich bin glücklich darüber, diesen letzten Schritt der geschlechtsangleichenden Operation getan zu haben. Aber das war mein Weg, mein ganz persönlicher Weg, der sich nicht beliebig auf andere übertragen lässt.

Ich würde diesen letzten Schritt trotz aller aufgetretenen Komplikationen jederzeit wieder tun.

Aber jeder hat seinen eigenen Weg, jeder muss seine Entscheidungen auf diesem Weg selber treffen. Es ist nichts Schlechtes, sich gegen eine Operation zu entscheiden. Der Entschluss zu einer geschlechtsangleichenden Operation sollte auch erst nach langem, reiflichem Überlegen und Abwägen gefasst werden. Dieser Entschluss sollte ganz tief aus einem selbst, aus dem Inneren kommen und unbeeinflusst von anderen gefasst werden. Denn denkt daran, dieser Schritt kann nicht mehr rückgängig gemacht werden, er verändert Euer Leben für immer. Deshalb kann ich auch niemandem raten, sich für oder gegen eine Operation zu entscheiden.

Für mich war es auf jeden Fall der richtige Entschluss.

Larissa

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Ute und Xenia in Irland (2. Woche)

Heute am Samstag mussten wir sehr früh aufstehen, denn wir wollten gegen 10:00 Uhr in Killarney (Kill = Kirche) sein. In dem Touristenbüro hatten wir bereits vorher telefonisch eine Bustour rund um "Ring of Kerry" gebucht. Gegen 10:45 Uhr setzte sich dann auch der Bus in Bewegung. An dem höchsten Berg Irlands (Carrantuo Hill, 1040m) ging es vorbei über schmale Straßen an den westlichsten Teil der Europäischen Union. Dort steht eine Wetterstation, die von 1866 bis 1966 die Telegrafenverbindung zwischen Europa und USA bediente. Vorbei ging es an den zahlreichen Schafsherden, an Klippen und Hochgebirge und natürlich am Atlantik. Der Busfahrer sorgte für viele Zwischenstopps und kurze Aufenthalte für Fotoshootings. Gegen 17:15 Uhr ging eine unvergessene Rundfahrt mit vielen Informationen zu Ende.

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Ute und Xenia in Irland (1. Woche)

Die Republik Irland mit ihrer Ostwestausdehnung von 275 km und ihrer Nordsüdausdehnung von 485 km hat eine Gesamtfläche von 70.283 qkm. Im 19. Jahrhundert schwand die Population Irlands, durch Armut, Hungersnot (Kartoffelfäule) und Auswanderung um ca. 50%. Heute leben rund 4 Millionen Iren in der Republik Irland, davon sind ca. 88% Katholisch, 3% Evangelisch und 3% Moslem. Die Haupt- und größte Stadt der Insel ist Dublin mit rund 950.000 Einwohnern. Irland gehört seit 1973 zur Europäischen Union und hat seit 2002 den Euro als Landeswährung. Die irische Version des Gälischen, der Sprache der Kelten, ist heute offizielle Landessprache von Irland, doch nur rund 3% sprechen diese Sprache, so dass der größte Teil der Bevölkerung Englisch spricht.

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Chrissies 18. Mai 2012

Autorin: Chrissie

Der gestrige Donnerstag war wiedermal geprägt von „Outings“. Vormittags machte ich mich auf den Weg zu meiner zehn Jahre jüngeren Schwester, die alleine einige Kilometer von uns entfernt wohnt. Telefonisch angemeldet mit dem Hinweis, dass ich wegen einer großen Veränderung in meinem Leben mit ihr sprechen müsste, war sie schon sehr neugierig darauf.

Obwohl die Sonne schien, war es eiskalt und so entschied ich mich dementsprechend gekleidet abzufahren. Also dunkle Damenhose, rosafarbener Pulli, schwarze halbhohe Pumps, Perücke und dezent geschminkt. Sie muss mich schon in die Einfahrt einfahren haben sehen, denn kaum stand der Wagen, war sie schon bei mir. Ungläubig, aber auch unsicher fragte sie: „Christian? Bist du das wirklich?“ Nach meinem Kopfnicken bat ich sie, ob wir nicht ins Haus gehen könnten. Hier betrachtete sie mich ausgiebig. Von oben bis unten und stellte dann „lakonisch, eher rein rhetorisch“ fest: „Das ist also deine Veränderung. Mein Gott, die ist aber wirklich nicht klein“.

Klar war ich zu Beginn wiederum äußerst unsicher. Wackelige Stimme und Beine. Und immer die gleich bohrende Frage, wird alles gut gehen? Gott sei dank legte sich die Aufregung und ich erzählte zum wiederholen Mal meine Geschichte, immer wieder unterbrochen von Fragen, die neue Antworten erforderten.

Wir unterhielten uns aber so gut, dass wir ganz die Zeit vergaßen und als sie auf die Uhr blickte, wars schon knapp 12:30 Uhr. So nahmen wir beide die Gelegenheit beim Schopf und gingen zum naheliegenden Italiener, um eine Kleinigkeit zu essen. Auch hier löcherte sie mich mit Fragen über Fragen, die ich zum Teil mir selbst noch nicht beantworten kann. Aber im gesamten Gespräch war kein einziger Vorwurf, kein böses Wort und schon gar keine Belehrungen ihrerseits. Und als ich mich verabschiedete wünschte auch sie mir alles Liebe, Gute und viel Glück im neuen Leben. Dass ich mich irre freute, als sie fragte, ob sie nächste Woche mal zum Nachschauen bei uns vorbei kommen könnte, ist leicht Untertrieben.

Am Spätnachmittag waren dann meine Schwiegereltern dran. Hier spürte nicht nur ich eine deutliche Reserviertheit, als sie sahen und hörten, was mit mir los ist. Aber was soll`s? Leben, arbeiten und zurechtkommen muss ja schließlich ich. Ebenso habe ich mir meine Transsexualität sicher nicht ausgesucht und so gingen die beiden denn mit noch vielen offenen, nicht ausgesprochenen Fragen. Also abwarten, was die Zeit hoffentlich bessern wird. Und mit der Zeit werde ich ja auch immer sicherer im Umgang mit mir und anderen. Und so gesehen war ich eigentlich recht froh, dass die Schwester meiner Frau für heute abgesagt hat.

Entschädigt für dieses nicht so optimal gelaufene Gespräch wurde ich wieder mal heute früh. Es ist ein nicht zu beschreibendes aber „Himmel hoch jauchzendes“ Vergnügen, wenn man nach dem Aufwachen überlegen kann, was man heute anzieht. Rock oder doch Kostüm, Hosenanzug oder nur leger, Bluse oder Pulli? Welches Tuch, welcher Schal würde dann passen? Und dazu welche Schuhe? Das sind dann Momente, die einem gefühlsmäßig so aufbauen.

Und, sorry, aber ich kann es nicht anders ausdrücken, aber ich bin stolz eine transsexuelle Frau zu sein. Mit all den Vorteilen aber auch Nachteilen.

So, genug für heute geschwafelt. Euch allen ein schönes, hoffentlich angenehm warmes Wochenende.

LG
Chrissie

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