Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.12.2015

Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.12.2015

Wird ein transsexueller Bewerber aufgrund seiner Transsexualität und damit wegen seines „Geschlechts“ oder „sexuellen Identität“ abgelehnt, so kann dies einen Ent­schädigungs­anspruch nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleich­behandlungs­gesetzes (AGG) begründen. Dies setzt gemäß § 22, § 7 Abs. 1 AGG unter anderem voraus, dass der Bewerber Indizien vorträgt und im Bestreitenfall beweist, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, er sei vom Arbeitgeber als transsexueller Mensch wahrgenommen und deshalb benachteiligt worden. Dies hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden.

Weiter lesen ………………

 

>> Inhaltsverzeichnis

Offener Brief an die Bundesärztekammer

Offener Brief des Gendertreff an die Bundesärztekammer bez. diskriminierender Aussagen über Transgender bzw. transidente Personen in Zusammenhang mit Blutspenden

Sehr geehrte Damen und Herren der Bundesärztekammer,

der Gendertreff ist eine ehrenamtlich geführte Trans*-Organisation. Die Ziele des Gendertreff sind Hilfe zur Selbsthilfe für Trans*-Menschen und ihre Angehörigen sowie politische Arbeit und Öffentlichkeitsarbeit. Wir streben an, die Lebenssituation von Trans*-Menschen und ihren Angehörigen nachhaltig zu verbessern. Dazu betreiben wir unter www.gendertreff.de eine große Internet-Plattform, Selbsthilfegruppen in Düsseldorf und Leverkusen sowie mit dem Gendertreff-Forum (www.gendertreff-forum.de) eine virtuelle Selbsthilfegruppe.

Im Zuge der Foren-Diskussion zu unserem offenen Leserbrief an die Welt-Redaktion wurden wir auf Ihr Positionspapier „Blutspendeausschluss von Personen mit sexuellem Risikoverhalten“ aufmerksam. Dort vertreten Sie die Auffassung, dass Trans*-Personen eine AIDS-Risikogruppe wären. Unter anderem heißt es dort:

In Studien zur HIV-Prävention werden Transsexuelle häufig zur Kategorie der Männer gezählt, die Sex mit Männern haben (MSM) [■ Bockting 2001]. Die AIDS-Aufklärungsprogramme erreichen aber häufig diese Zielgruppe nicht, da sich die Betroffenen als Frau fühlen, auch wenn das Geschlechtsorgan, der Penis, meist noch vorhanden ist [■ Weeks 1995]. Aus medizinischer Sicht werden dagegen lediglich diejenigen Menschen als transsexuell bezeichnet, die eine Geschlechtsanpassung in allen körperlichen, sozialen und rechtlichen Bereichen vollzogen haben oder noch vollziehen wollen. Über die Prävalenz der Transsexualität nach dieser engen Definition gibt es keine gesicherten Angaben. Die Schätzungen schwanken zwischen 1:10.000 bis 1:1000 [■ Olyslager 2007].

Da sich viele Transsexuelle, die eine vollständige Geschlechtsumwandlung anstreben, beruflich ausgegrenzt und gesellschaftlich diskriminiert fühlen, arbeiten viele als Prostituierte, um auf diese Weise nicht nur den Lebensunterhalt zu verdienen, sondern auch die Operationskosten zu erwirtschaften. Zur Größenordnung dieser Gruppe liegen international keine Statistiken vor. Eine einschlägige deutsche Erotik-Webseite, auf der Transsexuelle ihre Dienste bundesweit anbieten, enthält ca. 300 Inserate (Stand April 2011). Die tatsächliche Zahl dürfte höher sein. Unter den hier inserierenden transsexuellen Sexarbeiterinnen befinden sich auffällig viele mit asiatischer oder südamerikanischer Herkunft.

Die häufig anzutreffende, häufig vielleicht auch nur temporäre Arbeit im Sexgewerbe führt dazu, dass Transsexuelle ein noch größeres HIV-Risiko haben, nicht nur im Vergleich zu Sexarbeiterinnen, sondern auch im Vergleich zu Männern, die Sex mit Männern haben

Diese Aussagen verwundern, da es sich bei der Bundesärzekammer um eine Spitzenorganisation der ärztlichen Selbstverwaltung handelt. Weshalb also werden allgemein anerkannte medizinische Forschungesrgebisse im Rahmen der getroffenen Risikoanalyse nicht berücksichtigt? Der Gendertreff kritisiert mit diesem offenen Brief die getroffenen Aussagen als sachlich falsch. Die getroffenen Aussagen stellen zudem eine massive Diskriminierung sowie eine entwürdigende Beleidigung von Trans*-Personen dar.

Zunächst einmal ignoriert der zitierte Text, dass es sowohl Transfrauen als auch Transmänner gibt. Transmänner sind Personen, deren Identitätsgeschlecht männlich ist, die jedoch weibliche äußere Geschlechtsmerkmale besitzen. Transfrauen sind Personen, deren Identitätsgeschlecht weiblich ist, die jedoch männliche äußere Geschlechtsmerkmale besitzen. Weiter wird mit dieser Aussage unterstellt, dass Transidentität irgendeinen Bezug zur sexuellen Orientierung von Menschen besitzen könnte. Auch dies ist jedoch sachlich falsch, da es empirisch erwiesen ist, dass die sexuelle Orientierung vollkommen unabhängig vom Identitätsgeschlecht ist. Um es ganz klar zu formulieren: Die Aussage, dass „Transsexuelle häufig zur Kategorie der Männer gezählt [würden], die Sex mit anderen Männern haben“, ist empirisch selbst für medizinische Laien ohne weiteres widerlegbar. Weshalb also wird ausgerechnet seitens der Bundesärztekammer eine derart realitätsferne These aufgestellt?

Die Bundesärztekammer legt demnach ihrer Analyse zum HIV-Risiko von Trans*-Personen das sachliche falsche Bild des „Mannes in Frauenkleidern, der Sex mit Männern“ anstrebt zugrunde. Die wissenschaflich unhaltbaren Thesen des oben zitierten Textes basieren demnach auf einem zu massiver Beleidigung geeigneten Vorurteil. Dabei werden Studien zitiert, die offenbar ebenfalls sehr realitätsferne Annahmen zugrunde legen.

Auch ansonsten verwundert der Text, da er durch erhebliche fachliche Defizite auffällt. Denn bereits Begriffe wie „Transsexuelle“ oder „Geschlechtsumwandlung“ lassen erkennen, dass sich die Autoren des Papiers nicht einmal ansatzweise mit dem Themenkomplex Transidentität auseinandergesetzt haben. Der Gendertreff empfiehlt der Bundesärztekammer deshalb dringend, sowohl den Kontakt mit einschlägigen Trans*-Organisationen – wie z.B. dem Gendertreff – als auch mit Fachmedizinern aus den Reihen der eigenen Mitglieder aufzunehmen. Es gilt als medizinisch anerkannt, dass eine Angleichung an das Identitätsgeschlecht angestrebt wird. Der korrekte fachliche Terminus lautet demnach nicht „Geschlechtsumwandlung“, sondern „geschlechtsangleichende Maßnahmen“. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass der Terminus „Transidentität“ treffender ist, da er auf das Identitätsgeschlecht abhebt.

Die Aussagen zur Prostitution von Trans*-Personen sind schlichtweg völlig unqualifiziert und stellen eine abstoßende Beleidigung dar. Zwar mag es tatsächlich Trans*-Personen geben, die sich prostituieren. Bei sorgfältiger Recherche sollte die Bundesärztekammer jedoch feststellen, dass die überwiegende Mehrzahl der Trans*-Personen völlig normalen bürgerlichen Berufen nachgeht. Auch sollte der Bundesärztekammer bekannt sein, dass geschlechtsangleichende Maßnahmen in Deutschland von den Krankenkassen übernommen werden. Weshalb also sollte sich jemand zwecks Durchführung einer medizinischen Maßnahme prostituieren, deren Bezahlung die jeweilige Krankenversicherung übernimmt? Diese Aussage ist demnach in ihrer Argumentation nicht schlüssig. Desweiteren überrascht sie auch insofern, als die Bundesärztekammer die Spitzenorganisation von Ärzten ist, denen die Abrechnung medizinischer Leistungen mit den Krankenversicherungen aus der eigenen beruflichen Praxis hinlänglich bekannt sein sollte.

Das Zitieren einer einschlägigen deutschen Erotik-Webseite kann nicht als wissenschaftlich fundierte Recherche bzw. Datenanalyse bezeichnet werden. Im Wege einer Vorverurteilung und pauschalen Herabsetzung wird offenbar das gewünschte Ergebnis durch gezieltes Ausblenden der statistisch relevanten Grundgesamtheit herbeigeführt, indem man eben gerade nicht die zu betrachtende Grundgesamtheit – also alle Trans*-Personen – in die Erhebung einbezieht. Dies ist umso unverständlicher, als es in Deutschland und auch anderen Ländern namhafte Mediziner und auch Trans*-Organisationen gibt, die zur Erfassung der zur Ableitung einer validen Statistik benötigten Grundgesamtheit beitragen könnten.

Aus den hier monierten Passagen und den Einwürfen des Gendertreff wird deutlich, dass die Aussage, nach der Transidente ein besonders hohes HIV-Risiko haben sollen, wissenschaftlich nicht zu halten ist. Statt einer wissenschaftlich fundierten Analyse präsentiert die Bundesärztekammer Recherchen auf Erotik-Webseiten. Die Bundesärztekammer ignoriert die gängige Abrechnungspraxis der Krankenkassen und stellt statt dessen die realitätsferne Behauptung auf, dass sich viele Transidente prostituieren würden, um ihren Lebensunterhalt und insbesondere die Kosten von medizinischen Maßnahmen zu verdienen. Weiter ignoriert die Bundesärztekammer die empirisch sehr leicht zu überprüfende Tatsache, dass es sowohl Transfrauen als auch Transmänner gibt und legt ihren Ausführung ein empirisch nicht zu haltendes Vorurteil zugrunde.

Der Gendertreff fordert die Bundesärztekammer vor diesem Hintergrund auf, das zitierte Positionspapier in naher Zukunft zu überarbeiten und sich fachliche Unterstützung aus den Reihen einschlägiger Mediziner und Trans*-Organisationen einzuholen, um derart herabwürdigende und diskriminierende sowie medizinisch unhaltbare Aussagen in Zukunft zu vermeiden. Über eine Stellungnahme Ihrerseits würden wir vom Gendertreff uns ebenso wie die vielen Trans*-Personen freuen. Darüber hinaus bietet der Gendertreff seine Unterstützung bei der Erstellung einer fachlich fundierten Analyse an.

Dieser offene Brief wird der Bundesärztekammer per Briefpost ebenfalls zugestellt und vorab per E-Mail übermittelt.

Mehr zum Thema:

>> Antwort der Bundesärztekammer auf den offenen Brief des Gendertreff

>> Inhaltsverzeichnis

Trans* und Kirche

Trans-sexualität/-identität auf www.evangelisch.de

-) Buch zur Frankfurter Tagung über Transsexualität erschienen

-) Papst befürwortet offenen Umgang mit Transsexuellen

-) Ich gehöre als lesbische Transfrau zum Gemeindeleben

-) Pilgrims‘ Haven

-) Was ist der Mensch? – Geschlechtergerechtigkeit trans*zendiert

-) Befiehl du deine Wege

-) Es geht nicht immer nur voran

Weitere Links:

-) Deutschlandfunk-Entmoralisierung der Geschlechterfrage-Transsexualitaet

-) Kirche entschärft Kündigungsregeln

-) Neuapostolische Kirche International

-) Trans* in Religion und Ethik

-) Pfarrerin Elke, Vater von sieben Kindern

-) Zum Umgang mit Transsexuellen in der Kirche

-) Von der Transsexualität zur Transidentität

„Wir sind alle Gottes Kinder, geliebt, gesegnet und in Gottes Bild geschaffen. Das ist es was zählt!“

>> Inhaltsverzeichnis

Offener Leserbrief an die Welt-Redaktion

Durch eine E-Mail aus unserem Netzwerk wurden wir auf einen Artikel auf dem Online Portal der Welt aufmerksam. In diesem Artikel geht es um ein neu in der EU zugelassenes Medikament, das die Ansteckungsgefahr mit AIDS minimieren soll. In diesem Artikel ist im weiteren Verlauf folgender Abschnitt zu lesen:

Als Anwender der Prophylaxe kommt nach Angaben der Deutschen Aids-Gesellschaft eine kleine Gruppe mit hohem Risiko infrage: Männer und Transgender, die auch ungeschützten Sex mit häufig wechselnden Männern haben, sowie Partner unbehandelter HIV-Infizierter.

Diese Aussage ist pauschal herabsetzend sowie in höchstem Maße beleidigend, ehrverletzend, diskriminierend und darüber hinaus sachlich falsch. Denn sie unterstellt fälschlicherweise, dass Transidentität irgendeinen Bezug zur sexuellen Ausrichtung von Menschen hätte. Weiter unterstellt sie fälschlicherweise, dass bei Transgendern Sex ein wesentlicher Motivationsfaktor sei.

Die Autoren des Beitrags zeichnen so ein Bild eines Mannes in Frauenkleidern, dessen Motivation häufiger Sex mit Männern sei. Dabei verkennen sie bereits, dass es sowohl Mann-zu-Frau- als auch Frau-zu-Mann-Transgender gibt. Das Bild des „Mannes in Frauenkleidern“ entspricht bereits deshalb schon nicht der Realität.

Weiter verkennen die Autoren, dass Transidentität bedeutet, dass die geschlechtliche Identität eines Menschen nicht mit den körperlichen Geschlechtsmerkmalen übereinstimmt. Salopp bezeichnet man dieses Phänomen als „sich im falschen Körper fühlen“. Es ist für den Gendertreff nicht ersichtlich, weshalb dies dazu führen sollte, dass Trans*-Personen häufiger als der Durchschnitt der restlichen Bevölkerung ungeschützten Sex mit Männern haben sollten.

Aus unserer seit 2004 betriebenen Selbsthilfearbeit wissen wir aus erster Hand, dass sich Heterosexualität und Homosexualität über die Grundgesamtheit der Trans*-Personen verteilt wie über die restliche Bevölkerung auch. Nach „klassischem Verständnis“ sind die meisten Transgender demnach heterosexuell. Alleine schon die Behauptung, dass Transgender grundsätzlich Sex mit Männern anstreben würden, ist demnach schlichtweg aus der Luft gegriffen.

Weshalb ausgerechnet Transgender dann auch noch häufig wechselnde Geschlechtspartner haben sollen, vermögen wohl nur die Autoren des Berichts zu sagen, denen wohl offensichtlich die Phantasie dabei durchgegangen ist. Fakt ist: Die meisten Trans*-Menschen streben eine langfristige Beziehung an bzw. leben in langfristigen Beziehungen. So ist z.B. die Gendertreff-Gründerin Xenia seit über 30 Jahren mit ihrer Ehefrau Ute verheiratet. Sex mit häufig wechselnden Männern? Fehlanzeige.

„Auch ich stehe ausschließlich auf Frauen und könnte mir Sex mit Männern niemals vorstellen“, bestätigt Ava, seit 2008 Mitglied im Gendertreff-Team. „Alle meine Partnerschaften waren zudem langfristiger Natur.“ Xenia bestätigt: „Auch innerhalb des Gendertreff-Teams gibt es viele weitere langjährige Partnerschaften und auch zu unseren Selbsthilfetreffen kommen vielfach Menschen mit ihren Partner_inne_n, die in teils langjährigen Beziehungen leben.“

Auch Angehörige von Trans*-Personen, die unsere Selbsthilfetreffen besuchen, zeigen sich angesichts der diskriminierenden Formulierungen entsetzt. Darüber hinaus beeinträchtigt eine derart wahrheitswidrige Berichterstattung die Selbsthilfearbeit des Gendertreff, da wir unser Angebot explizit auch an die Angehörigen von Transgendern wenden, die ggf. durch derartige Diffamierungen verunsichert werden.

Dem Gendertreff ist klar, dass in der Gesellschaft Informationsdefizite zum Thema Transidentität bestehen. Ein Medium wie die Welt bzw. grundsätzlich Journalisten müssen sich jedoch kritisch fragen lassen, weshalb sie derartige Vorurteile und derbe Beleidigungen medial verbreiten. Fakt ist: Die Behauptung, dass Transgender eine besonders anfällige AIDS-Risikogruppe darstellen sollen, ist falsch. Die Behauptung, dass Transgender ungeschützten Sex mit häufig wechselnden Männern hätten, ist ebenfalls falsch und völlig realitätsfern.

Der Gendertreff fordert hiermit alle Journalisten bzw. Zeitungen, Zeitschriften, Online-Portale usw. zu einer fairen, sachlichen und vor allem wahrheitsgemäßen Berichterstattung auf. Der Gendertreff fordert die Welt-Redaktion und alle anderen Redaktionen auf, publizierte Inhalte gründlich zu recherchieren, mithin das zu leisten, was man von Journalisten gemeinhin erwartet: Saubere journalistische Arbeit und nicht ein copy & paste unsubstantiierter Behauptungen und unflätiger Beleidigungen.

Der Gendertreff fordert die Welt-Redaktion darüber hinaus auf, darzulegen, auf welche Quelle der Deutschen Aids-Gesellschaft sie sich bezieht. Ebenso fordern wir die Deutsche Aids-Gesellschaft auf, offenzulegen, weshalb und auf welcher Datenbasis sie derartige Behauptungen postuliert.

>> Inhaltsverzeichnis

Transidentität – Zwei Kolleginnen im Interview

Auch im Arbeitsalltag hält das Thema Transidentität immer deutlicher Einzug. Immer mehr Firmen bekennen sich offen zu Diversity & Inclusion. Ein positives Beispiel dafür ist die Firma Sodexo, die mittlerweile sogar schon 2 transidente Mitarbeiterinnen hat und die den Internationalen Tag gegen Homophobie (17.05.) zum Anlaß genommen hat, Ihre Mitarbeiterinnen zu Ihrer Transidentität zu interviewen.

Danke an die Projektmanagerin für interne Kommunikation der Firma Sodexo für die Freigabe des Interviews, welches in der aktuellen Ausgabe der Sodexo-Mitarbeiterzeitung DACH-Blick erschienen ist!

 

Weiterlesen

Interview mit Msoke in Berlin

Interview mit Msoke am 11.6.2016

Vielen Fernsehzuschauern aus Deutschland ist Msoke durch seine Auftritte in der Gesangs-Castingshow The Voice of Germany 2013 in Erinnerung geblieben. Mit Seiner Version des Songs „I Need A Dollar“ von Aloe Black überzeugte er die Juroren Nena und Max Herre.

Direkt zu Beginn der Show outete Msoke sich als Transmann. Wie es dazu kam berichtet der sympathische Sänger in einem Interview mit dem Gendertreff. Auch über seine Transidentität hinaus kann Msoke von einem bewegten Leben berichten: Geboren wurde er in der Schweiz, zog dann nach Tansania, wo er seine ersten Lebensjahre verbrachte. Später zog er zurück in die Schweiz, wuchs in Zürich auf und pendelt heute zwischen der Schweiz und Berlin. Die Texte seiner Songs stammen aus seiner Feder und auch seine Musik schreibt er in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern selbst.

Der Gendertreff traf Msoke in Berlin zum Interview. Das Interview führten Andrea, Jasmin und Brigitte von der Gendertreff Ortsgruppe Berlin am 11.06.2016 durch.

Interview Msoke 2016-07 001

Gendertreff: Die Fragen sind aus der Community. Das heißt, sie sind im Gendertreff-Forum gesammelt worden.
Msoke: Fragen an mich direkt … oder …?
Gendertreff: Ja!
Msoke: Im Ernst!
Gendertreff: Ja.
Msoke: Sorry, ich bin immer so excited. Ich möchte mich auch nochmal bedanken. Ich bin echt … Ja … Wir haben wirklich wenig solche Communities und darum finde ich es schön, wie die verschiedenen Communities ihr Ding durchziehen. Und wenn ich einen Teil dazu beitragen kann, finde ich das gut.

Gendertreff: Wie gehst du persönlich mit deiner Transidentität um?
Msoke: Ok, das fängt sehr persönlich an. Ich sehe das. Das sind persönliche Fragen von Transgendern.
Gendertreff: Wenn du solche Fragen nicht beantworten willst, sag Bescheid und dann ist es okay.
Msoke: Das ist für mich auch interessant zu wissen, dass das gesammelte Fragen von euren Foren-Leuten sind. Das ist für mich echt interessant. Meine Frage, sind die meisten … sind das nur Transgender oder sind da auch nicht … (er ließ den Satz unvollendet)
Gendertreff: Der Gendertreff ist eine Transgender-Plattform, von und für Trans*-Personen, aber offen für alle, also auch Angehörige, Partner*innen und genauso auch non-binary-Personen.
Msoke: Also … wie gehe ich damit um? Also, für den Gendertreff und die Mitglieder kann ich sagen, ich bin ein Künstler, ich bin ein Entertainer. Wenn ich auf die Bühne gehe, muss ich entertainen. Das heißt nicht, dass ich nicht zeigen kann, wie schwer dieses Leben ist, für mich auch, aber mein Privatleben ist – auch für mich als Transgender – nicht einfach jeden Tag zu bewältigen. Und das hat nicht mit meiner Musik zu tun, sondern mit dem Alltag, mit dem wir alle zu kämpfen haben. Sprich – also es ist jeden Tag ein Kampf für mich, was ich so nicht oft sage.

Gendertreff: Wann war dir klar dass du transident bist?
Msoke: Für mich war das schon immer klar. Seit ich denken kann wollte ich kein Mädchen sein. Meine Pflegeeltern wussten das, haben das gespürt. Und ja, als ich in die Pubertät kam sowieso. Ich hatte nie das Bedürfnis ein Mädchen zu sein. Aber wurde natürlich so sozial erzogen, wie ein Mädchen zu sein hat.
Jasmin (Gendertreff): In umgekehrter Form kennen wir das auch.
Andrea (Gendertreff): Im Prinzip ist es also wie fast überall.
Msoke: Ja.

Gendertreff: Tja … OK … In deinem Heimatland – wir wissen ja nun nicht wie lange du dort warst – wie war die Situation dort?
Msoke: Mein Heimatland ist Tansania und ich bin nicht dort geboren und aufgewachsen, ich bin in der Schweiz geboren. Ich bin dann für drei Jahre zurück, was am Anfang für ein bisschen Verwirrung in den Medien sorgte. Ich war drei Jahre dort aber ich bin dann von der ersten Klasse meiner Schulzeit nur noch in der Schweiz gewesen. Ich war in der Kindheit drei Jahre in Tansania aber ich habe da nur noch Ausschnitte aus meinem Leben, also von dieser Zeit. Ich habe noch ein paar Bilder, wie es war aber … ich war damals drei oder vier Jahre alt. Dann war ich immer in der Schweiz, also echt europäisch aufgewachsen.

Gendertreff: Wie gehen deine Freunde, Verwandten und Bekannten mit deiner Transidentität um?
Msoke: Meine Freunde haben keine Probleme damit, meine Verwandten sind nicht alle da … also schwierig. Die Verwandten die da sind: Meine Mutter hat es sehr cool aufgenommen für eine afrikanische Frau, würde ich jetzt mal sagen. Meine Schwestern sind teils … ihr kennt den Spruch sicher: „Ooooh wir haben kein Problem damit, aber sprechen wir lieber nicht darüber“.
Andrea (Gendertreff): Darf ich mal eine Zwischenfrage stellen? Im Moment ist ja gerade so ein bisschen das Thema Outing. Wie war das bei dir? Wie hast du dein Outing bzw. dein Coming-out gestaltet?
Msoke: Jetzt als Homosexueller oder als Transsexueller? Wir müssen da ja zwei Steps beachten. Ich habe mich einmal geoutet und dann nochmal geoutet.
Jasmin (Gendertreff): Aha
Msoke: Ja
Brigitte (Gendertreff): Ich denke mal es geht hier um die Transidentität.
Msoke: Sag jetzt die Frage nochmal. Ich überlege, wie ich das zusammenfasse.
Andrea (Gendertreff): Meine Zwischenfrage war, wie du dein Coming-Out gestaltet hast. Hast du da jetzt alle in einem Kreis – sage ich mal – versammelt, oder hast du jeden einzeln mitgenommen?
Msoke: Okay, ich habe jeden einzelnen zu jeweils verschiedenen Zeitpunkten ausgesucht. Ich habe nicht ein Datum ausgesucht und alle zusammengetrommelt oder eine E-Mail gesendet. Nur in dem Geschäft, in dem ich arbeite und wo ich ja jeden Tag Kunden habe, da musste ich es kommunizieren, dass ich ab dann einfach er bin. Es heißt jetzt einfach er, ihr müsst euch jetzt … das braucht ein bisschen bis das Umfeld das drin hat oder man wandert aus oder verlässt die Stadt, was viele machen.

Msokes Beschreibung des eigenen Coming-outs führte zu einer kleinen Diskussion, in der auch Jasmin kurz über ihr eigenes Coming-out berichtete. So kehrte sich kurzfristig das Verhältnis um: Interviewer wurden zu Interviewten.

Msoke: … und Toleranz?
Jasmin (Gendertreff): Die Toleranz war immer recht groß, Akzeptanz ist schon wesentlich weniger vorhanden.
Msoke: Man merkt, wer die wirklichen Freunde sind.
Jasmin (Gendertreff): Freunde sind erheblich weniger geworden, selbst meine Eltern haben immer noch Probleme damit.
Andrea (Gendertreff): Ich hatte ja vorher einen Freundeskreis und da habe ich mich geoutet und nachher waren wir eine Clique. Und danach war es eigentlich noch besser.
Msoke: Ich sag … den inneren Seelenfrieden. Es geht ja nicht darum, was jetzt alles noch zu tun ist auf diesem langen Weg, sondern einfach mal in erster Linie das zu kommunizieren hat mir sehr viel Erleichterung gebracht. Obwohl ich noch gar nichts gemacht habe im ersten Affekt, aber du hast eine Erleichterung, das zu kommunizieren. Das ist der Weg, den ich gehe und ihr müsst das jetzt so hinnehmen oder nicht. Und dann war jeder Schritt auch selbstverständlich und für mich logisch zu tun.
Jasmin (Gendertreff): Man macht dann irgendwann einfach einen Schritt nach dem anderen.
Msoke: Wenn man bereit dafür ist.

Gendertreff: Inwieweit fließen die Erfahrungen mit deiner Transidentität in deine künstlerische Arbeit ein?
Msoke: Ob ich über das singe meinst du?
Gendertreff: Ja, und ob du das Thema Transidentität in deiner Arbeit verwirklichst oder eher nicht.
Msoke: Musikalisch, wenn ich das jetzt vergleiche mit FaulenzA, kennt ihr sie?
Gendertreff: Nein.
Msoke: Eine Transfrau aus Berlin. Sie spricht ihre Transidentität in ihren Texten offen an, so quasi … Guck mich nicht so an, weil ich nicht so bin wie ihr das wollt und so. Da habe ich mich dann auch gefragt … oder … ich habe ihr auch gesagt: Du bist sehr mutig, wie du die Texte schreibst und verarbeitest in deinen Songs. So mach ich das nicht. Ich schreibe nie darüber. (kurze Pause) Doch, es gibt vielleicht einen Track, den ich gemacht habe. Auf dem Album „Make some Noise“, da gibt es eine Zeile, in der ich schreibe „here I am, black proud transgender-man“. Das kann ich schon noch sagen, das ist nicht das Problem. Aber ich singe jetzt nicht einen ganzen Song non-stop über Transidentität.

Gendertreff: Du bist spätestens durch The Voice of Germany ins Licht der Öffentlichkeit gerückt und dabei wurde von Seiten der Medien auch deine Transidentität thematisiert. Wie hast du diese Berichterstattung empfunden? Gab es Aspekte, die dich besonders geärgert haben oder die du positiv hervorheben möchtest?
Msoke: Also, zu The Voice of Germany muss ich ganz klar sagen: Ein Fernseh-Format ist unberechenbar bis zu einem gewissen Punkt. Oder wie man das kontrollieren kann. Ich habe extra The Voice ausgesucht, weil ich wusste, dass zum Beispiel DSDS viel radikaler ist. Da hätten sie dieses Thema viel extremer ausgeschlachtet.

Bei The Voice bin ich auch da gewesen weil es in erster Linie um die Voice ging und die Stimmung, man hat die Kandidaten nicht gesehen. Die Juroren mussten für mich buzzern, wenn sie meine Stimme gehört haben. Das Konzept hat mich überzeugt.

Ich habe eine Einladung bekommen, ich habe mich nicht dafür beworben. Die Hälfte der Kandidaten der Show wird eingeladen, um das Niveau hoch zu halten und die andere Hälfte meldet sich an. Da ich in Deutschland in einer Gruppe dabei war, hat die Produktionsfirma von The Voice deren Manager angerufen und gefragt, ob wir ohne Casting mitmachen wollen. Das sind so Background-Informationen. Ich habe gedacht, ich hab nichts zu verlieren, bin kurz da, um mitzumachen, ohne vorher das Casting durchzumachen.

Ich bin dahin und habe vor ein paar Schlipsträgern gesungen. War wie ein Vorstellungsgespräch. Sie wollten dann so tun, als wäre das auch ein Casting, aber ich sagte sorry, habt ihr mich angerufen um mir jetzt zu sagen, dass ich wieder nach Hause kann? Ich wusste sicher dass ich die erste Show dabei sein kann und dann hängt es vom Glück ab, wie gut oder wie schlecht du bist oder ob sie buzzern oder nicht. Und ich hatte das Glück, dass Nena und Max gebuzzert haben.

Ich habe dann auch überlegt, dass es viele Interviews in diesen ganzen Vorproduktionen gibt und ich habe dann auch überlegt, wie und wann ich das Thema Transgender erwähne und ich habe es sehr lange gar nicht erwähnt. Bis ich dann … irgendwann wollten sie dann … hab ich es dann so beiläufig erwähnt … dann ging das Interview nochmal eine Stunde länger. Weil die das dann ausgeschlachtet haben. Aber es waren nur die Background-Interviews. Das, was sie mich da gefragt haben, wurde gar nicht ausgestrahlt. Das sind so Vor-Produktions-Fragen. Als die Sendung dann gelaufen ist, war ich überrascht, wie wenig sie gebracht haben. Ich war echt positiv angetan von der Menge. Sie hätten es viel extremer ausschlachten können und ich habe ja nachher gar nicht mehr so viel gesagt. Es wurde kurz gesagt und that‘s it. Von daher … Also ich weiß nicht wie das außen ankam oder wer wie was gesehen hat aber ich habe mich jetzt gar nicht in meiner Ehre verletzt gefühlt.
Gendertreff: Gut … also weder geärgert noch positiv.
Msoke: Ich habe es als gute Erfahrung mitgenommen. Aber man muss ganz klar sagen: Bei Mediensachen muss man aufpassen.

Interview Msoke 2016-07 002

Gendertreff: Nun wird’s ein bisschen politisch: Wie nimmst du als (Trans*-)Person of Colour die derzeitige politische Situation in Europa wahr?
Msoke: Im Trans*-Bereich oder im Migrationsbereich? Es sind zwei Probleme hier in Europa.
Gendertreff: Trans* ist in Klammern, von daher erstmal Person of Colour.
Msoke: Ich muss sagen, seit dieser Flüchtlingssituation kommt für mich immer wieder das andere Problem auf mich zu, das ja nicht mit Trans* zu tun hat. Ich merke auch, dass der Rassismus und all das … es ist immer so eine Welle … manchmal ist es besser oder schlechter, aber es ist immer so ein Teufelskreis. Ich merke, dass die Leute jetzt viel angespannter sind. Sie sind wieder misstrauischer, sie haben weniger … ja wie soll ich jetzt sagen … es gibt wieder so einen kleinen Rechtsruck, muss ich jetzt beinahe so sagen. Den spüre ich auch und das Problem ist: Alles, was politisch passiert, fällt aber auch auf die Leute zurück, die hier schon lange leben und die hart arbeiten für das, was sie tun. Da passiert eine Sache und dann sind wieder alle im gleichen Text und das ist so anstrengend, sich jedes Mal wieder zu rechtfertigen. Warum man hier ist, wie lang man hier ist und so weiter. Nach 30 Jahren bin ich einfach ein Flüchtling, nur weil ich so aussehe, wie ich aussehe. Nur wenn ich meinen Mund aufmache, merken sie, dass ich Schweizer bin … ja, ich muss mich immer rechtfertigen und dazu habe ich einfach keine Lust. Ich tue dann manchmal auch so, als würde ich nichts verstehen, um zu sehen, wie die Reaktionen sind und um dann zu sagen „Hey, ich hab dich verstanden – jetzt sprechen wir Klartext“

Das ist die Sache, die mich beschäftigt und die ich auch mit meinen vergangenen Beziehungen nicht besprochen habe. Ich will in diese Welt keine Kinder setzen, wenn ich selber… Die sagen immer, die Kinder seien unsere Zukunft. Man soll auch immer optimistisch und positiv denken, aber ich möchte nicht annehmen, dass mein Kind das durchmacht, was ich durchgemacht habe. Und das nur als Migrant. Dazu habe ich keinen Bock. Und wenn es [das Kind] nur annähernd so sensibel ist wie ich, dann lieber nicht.

Das ist eigentlich eine frustrierende Bilanz, so etwas. Ich finde die Aussage leicht traurig von mir. Aber die Gedanken habe ich schon lange. Ich hatte schon immer das Gefühl, eine Familie gründen zu wollen, aber ich hatte auch mal eine Mutter, also eine Bekannte, die Mutter war, die gesagt hat: „Ich würde mir ganz genau überlegen, ob ihr ein schwarzes Kind wollt.“ So musste ich sagen, dass ich Transgender bin und gar keine Kinder zeugen kann. Aber diese Aussage ist krass … und die Mutter war selber schwarz. Suche den Fehler.

Und weißt du, das ist dann schon echt tragisch, wenn eine Migrantenmutter sagen muss, nee ich würde – die ist eine andere Generation als ich – ich würde mir heute zweimal überlegen oder meiner Tochter empfehlen, eher Richtung weiß zu gehen. Weißt du… es sollte doch keine Rolle spielen. Und das ist für mich auch eine Sache, die mich sehr beschäftigt.

Oder wir waren in einem Restaurant. Mir wurde ein Restaurant empfohlen, in dem sie super gespeist hat. Wir sind ins gleiche Restaurant und wir wurden so schlimm bedient. Wir wurden offensichtlich anders bedient. Und wir haben auch gesehen, wie die anderen bedient wurden, was bei den anderen gemacht wurde. Und dann ist meine Partnerin irgendwann durchgedreht und ist aufgestanden und hat gefragt: „Warum werden bei denen diese Sachen gemacht?“ Das waren Gesten: Sie haben Reis geschöpft für jeden. Sie haben Ausreden gefunden und meine Partnerin hat auch noch gesagt, man merkt es mit der Zeit, in der sie mir mit zusammen ist. Sie hätte nie gedacht, dass die Welt, oder dass die Menschen so sind. Sie hat einfach in ihrer rosaroten … oder ja, klingt jetzt krass … ihrer weißen Welt gelebt. Ich will die Welt nicht böse machen, aber ich habe keine Kraft mich jedes Mal aufzuregen über das und jedes Mal auf „frontal“ gehen… Ich habe keine Kraft. Weißt du, ich muss mir aussuchen bei welchen Aktionen ich wirklich „kontra“ gebe und sage „so geht es jetzt nicht“.

Gendertreff: Man muss sich aussuchen, wo man die Kraft reinsteckt.
Msoke: Richtig.

Gendertreff: Eigentlich wollten wir noch fragen, wie du die Situation als Trans*-Person mit Migrationshintergrund speziell in der Schweiz wahrnimmst? (…) Das hast du im Grunde aber alles schon gesagt. Welche Staatsangehörigkeit besitzt du eigentlich?
Msoke: Ich bin Schweizer. Ich habe keine doppelte Staatsbürgerschaft, nur einen Schweizer Pass.
Gendertreff: Es hätte ja sein können, dass du noch einen Tansanianischen Pass hast.
Msoke: Das Problem ist, wegen der Musik und wegen dem Visum. Ich habe auch immer ein Visum gebraucht für Deutschland (…) Ich muss flexibler reisen können, wenn ich Musik mache und darum, ja. Aber ich wollte eigentlich lange gar keinen Schweizer Pass, weil ich mich nicht zu Hause fühle da. Ich war lange sehr jung und naiv, sagen wir es mal so. Ich hab immer getrotzt „Ich will den Pass nicht, weil ich … weil die mich hier nicht mögen“. Aber businesstechnisch musste ich irgendwann sagen, es ist doch besser und cleverer. Weil jetzt, zu diesem Zeitpunkt, bei der neuen Abstimmung in der Schweiz hätte ich echt verloren, wenn ich jetzt keinen Schweizer Pass hätte, weil durch diese Flüchtlingssituation, die jetzt passiert ist, haben sie jetzt ein neues Gesetz – auch für die, die schon lange da leben und können sie die jetzt auch schneller abschieben. Sprich hätte ich jetzt noch… ich müsste nur einmal einen Joint rauchen oder so und … könnten sie da auch härtere Bandagen anziehen oder so. Ja, sie haben das jetzt ein bisschen verschärft. Ist leider angenommen worden.

Gendertreff: Wie ist der formale Ablauf einer Transition in der Schweiz geregelt und welche Erfahrungen hast du damit gemacht? Was war besonders positiv und was hast du als besonders negativ und belastend empfunden?
Msoke: Nun ja, ich habe gerade erst diese Woche wieder mit der Fachstelle in Zürich gesprochen – mit Hannes, der ist auch in Berlin, und ich muss sagen, es hat sich einiges getan. Es sind bei mir jetzt schon wieder sechs Jahre vorbei und damals…man hat mir diese Woche gesagt, jetzt übernimmt die Krankenkasse die OPs. Bei mir… ich hab die OPs selber bezahlt, ich hab sie in Berlin gemacht. So Sachen (waren) enttäuschend für mich, weil ich wollte nicht warten, konnte nicht warten. Jetzt ist es so, haben sie durchgebracht auch nach langen Kämpfen, dass es jetzt schneller übernommen wird haben sie gesagt. Konnte ich leider keinen Nutzen draus ziehen, aber es ist gut für die Nachfolgenden. Die Personenstandsänderung ist jetzt endlich auch ohne Probleme durchzuführen, ohne dass wir die Gebärmutter rausreißen müssen – das war der Streit, das Problem in der Schweiz, dass sie das nur ändern wollten, wenn wir die Gebärmutter rausoperieren und da haben wir auch dagegen gekämpft. Ist jetzt auch möglich, kann ich jetzt auch machen – weil das habe ich immer noch, das „F“ auf der ID, das stresst mich einfach psychologisch noch. Oder man kommt in gewissen Situationen, je nachdem wie der Zöllner, der Polizist guckt… „F“…“M“ …der schnallt das dann nicht und dann hast du wieder diese Fragen und so. Und das ist für mich der letzte Schritt, um da noch was zu ändern. Weil wenn ich in andere Länder gehe, habe ich leider von anderen Transgendern auch schon gehört, dass das „F“/“M“ sehr viel Probleme gebracht hat … und Striptease da und so. Also es hat da geheißen „Entweder ausziehen, oder du reist nicht ein, dann reist du zurück“. Und ich hab ihn gefragt, was hast du gemacht, denn er war auch auf einer Mission um Transgendern zu helfen, in Ägypten oder so … und er hat … das war für mich … weil ich auch in gewisse Länder reisen möchte, gerne … Diese Sachen zu machen ist für mich auch, um wenig Probleme beim Einreisen und beim Zoll zu haben. Ich habe keine Lust, da schon so einen Stress zu haben. Ich will da einfach so gut wie möglich reinkommen. Ja.

Also ich würde mal sagen: Zu meiner Zeit enttäuschend, aber gut, was sich entwickelt hat. Es hat sich verbessert für die Nachkommenden.

Gendertreff: Ziele – Deine Ziele, berufliche Ziele, persönliche Ziele und natürlich auch in Bezug auf Trans*.
Msoke: Das sind vier Fragen in einer!
Gendertreff: So ungefähr, ja! Sagen wir mal so. Die Frage lautet: Was sind deine Ziele? Beruflich, persönlich und in Bezug auf die Transidentität. Also sind’s drei.
Msoke: Meine Ziele beruflich: Mich über Wasser halten zu können. Ich bin selbstständig, das ist nicht so einfach. Wenn ich das nicht kann, gehe ich wieder arbeiten. Was war dann?
Gendertreff: Persönliche…
Msoke: „Persönliche“ würde ich mal sagen heißt „privat“. Ich würde mal sagen das ist der Sektor, wo ich am wenigsten erfahren oder professionell bin, würde ich sagen, weil da wirklich am meisten auf der Strecke bleibt, weil ich sehr viel unterwegs bin und es früher oder später immer an der Zeit mangelt, bei der Familienplanung. Irgendwo liegt immer der Haken, früher oder später, je älter man wird spürt man das einfach so. Und darum ist es ein Thema, dass ich ja früher oder länger … nicht so viel Energie reinstecken will, weil es mich sehr mitnimmt. Weil es Energie kostet, wenn es dann nicht funktioniert. Also, ich gehe meistens sehr sachlich damit um. Das ist auch sehr beängstigend. Weil es auch nicht gut ist, keine Hoffnung zu haben. Aber wenn die Leute mir sagen „Du bist ein Pessimist“ sage ich immer „Nein, ich bin Realist“. Es klingt nur meistens wie ein Pessimist.
Gendertreff: Ja, weil die Realität ja sehr schnell in das Pessimistische umschlägt.
Msoke: Ja… Und nach dem persönlichen war?
Gendertreff: Nach dem Persönlichen war noch die Transidentität.
Msoke: Das ist für mich schwer. Ich sage immer: „Was kann ich für mich alleine machen?“ Das ist eben falsch. Ich denke schon, jeder kleine Stein kann was bewegen und zusammen können wir einen Berg bewegen. Together we can move mountains, you know? Und ich denke … mein persönliches Ziel ist die Jugend … auch wenn ich selber keine Kinder habe, sind die Kinder unsere Zukunft. Wenn wir dort ansetzen können zu sensibilisieren, einfach den Menschen zu respektieren. Ich versuche, viele Workshops zu machen, an den Schulen und so. Ich versuche nachhaltige, ich will nachhaltige Arbeit leisten – musikalisch so wie auch kommunikativ. Obwohl ich nicht Pädagoge bin, habe ich doch auch Möglichkeiten bekommen, in der Schule etwas zu unterrichten. Das möchte ich gerne noch ein bisschen ausbauen, vor allem beim Thema Trans* oder, ja, in diesem Bereich. Ich möchte Gleichgesinnte finden, Migration, transident, dieses Thema. Das sind meine Ziele, weil ich nicht möchte, dass, auch wenn das nicht meine Kinder sind, dass zukünftige Kinder gleich leiden wie wir, weil sie keine Ansprechpersonen haben so wie wir.
Jasmin (Gendertreff): Das, ja, zum anderen diese unverständnisvollen Blicke von den Kindern. Das passiert mir sehr oft. Wenn ich Kinder oder Jugendliche im Bus oder sonst irgendwo sehe, die gucken mich an und verstehen nicht. Da ist einfach Aufklärungsarbeit zu leisten.
Msoke: Das ist sehr wichtig. Und dann hören die irgendwas von den Eltern, irgendwo um die Ecke, was nur halb so ist … und ich denke, nur eine Stunde, nur eine Lektion … man kann so viel, weißt du, man kann so viel bewirken, denke ich. Ich denke immer, es kann nicht so falsch sein und da setze ich momentan an in der Schweiz, weil ich da connections habe. Weil in ein Schulsystem reinzukommen ist nicht so einfach. Aber wenn du dann mal drin bist, weißt du…

Andrea (Gendertreff): Was mir aufgefallen ist, ich sag es mal so …. dein Passing ist 1++++++++, weil da ist überhaupt nichts.
Msoke: Danke schön.

Gendertreff: Du pendelst zwischen Zürich und Berlin. Welche Unterschiede hast du in Bezug auf deine Transidentität und deinen Migrationshintergrund feststellen können? Wirst du hier mehr akzeptiert oder in Zürich?
Msoke: (schweigt länger). Die Schweiz ist sehr konservativ. Wenn ich es so jetzt im Globalen angucke … das einzige ist die Sprache. Wenn sie hören, was ich spreche, dann ist es ein bisschen leichter, aber trotzdem… es ist schwer, da hineinzukommen. Sie lassen dich schwer integrieren, sagen wir. (…) Als ich das erste Mal nach Berlin gekommen bin, also weißt du, ich hab gedacht, wenn ich hierher komme und versuche, mich als Künstler zu promoten und meinen Namen hier ein bisschen zu spreaden, ist es viel schwerer. Ich hab gedacht, nichts wird mir geschenkt, es wird eine harte Nummer von Zero nur ein kleines Gehör zu finden und als ich hierhergekommen bin, hatte ich so viele motivierte Menschen kennengelernt, und alle wollten … Viele machen gemeinnützige Sachen und gratis, oder aus einer Motivation heraus an die sie glauben … Sowas gibt es bei uns überhaupt nicht. Ohne Geld bewegt sich kein Schwein bei uns irgendwie. Und Leute, die mehr arbeiten… Ich bin einfach nonstop inspiriert und fasziniert von Berlin. Wieviel Inspiration, wieviel Hilfe ich hier bekomme ohne groß zu … weißt du, ja, ich kann es gar nicht in Worte fassen … ausdrücken, wie unterschiedlich diese zwei Länder für mich persönlich jetzt sind, obwohl ich die Sprache ja verstehe und ich in beiden Ländern ja eigentlich gut kommunizieren kann, sehe ich hier viel mehr Möglichkeiten, Optionen für mich als Künstler.

Als ich 20 war oder 15 haben wir immer gedacht „ihr musst nach Amerika – nur dann habt ihr es geschafft, nur dann sind wir berühmt, nur dann!“ Aber mittlerweile habe ich für mich gesagt, ist auch Europa mein Amerika, weil … man kann auch hier gut leben, ohne in Amerika ein Star zu sein. Ich habe mich einfach nur auf Europa konzentriert und man kann hier so viel ausschöpfen, es gibt so viel zum Ausschöpfen was ich nicht mal annähernd habe bis jetzt. Und ja, das inspiriert mich einfach sehr, ja. Konkurrenz brauche ich, Inspiration – das gibt es bei uns nicht so viel. Alles ist für sich, wir machen unsere Sachen für uns, keiner (darf) reinschauen, nee und so…

Gendertreff: Ich denk mal auch, dass Berlin ein bisschen mehr multikulti angehaucht ist.
Msoke: Ja… Obwohl Zürich auch viele Kulturen hat. Ich sehe immer die Unterschiede… Aber global sind sie auch wirklich konservativer. Vielleicht habt ihr ja auch konservative Deutsche. (…)

Gendertreff: Was jetzt vielleicht nicht ganz passt, aber was mir gerade so durch den Sinn gegangen ist: Wenn du einen Live Act machst, wieviel Aufwand steckt dahinter? Also wieviel Personen, wieviel Equipment brauchst du wirklich um sowas auf die Beine zu stellen?
Msoke: Um ein Konzert zu geben?
Gendertreff: Ja, sagen wir mal so. Ich denke jetzt an eine kleine Kneipe, eine Bar…
Msoke: Ist das eine Anfrage? (lacht)

Ich sage, wie es ist. Es gibt zwei Formationen: entweder mit einer Band, das sind mehrere Personen, oder alleine mit Soundsystem, da komme ich entweder mit dem Laptop oder hab einen CD Player da … was kann man noch alles anschließen? Na so elektronische Sachen … da lasse ich meinen Sound laufen und brauche nur ein Mikro und los geht’s. Dafür brauche ich noch nicht mal eine Bühne – ich kann überall rocken, weiß du. Wenn man natürlich eine Band hat, dann ist es viel aufwändiger, denn dann braucht man ein Schlagzeug, man braucht das richtige PA (Gendertreff: Ein Bühnen-Sound-System). Wenn man einen Club hat, der keine richtige Soundanlage hat, dann wird es für dich natürlich ein bisschen aufwändiger, weil das bringe ich nicht mit. Aber sonst kann man den Rest natürlich anstecken, je nachdem, in jedem Club.

Ich möchte Gleichgesinnte auch motivieren, zu kollaborieren. Weil ich finde es nicht gut, wenn wir jetzt anfangen schwarze und weiße Transgender zu trennen, das ist nicht mein Ziel, die zu trennen, sondern lets be together! Darum finde ich den Aspekt nicht schlecht, in verschiedenen Vereinen vielleicht auch mal Präsenz zu zeigen und, wenn ich das dann machen würde, zu einem XY Datum, dass man dann auch, was ich diese Woche auch besprochen habe, dass man dann auch die migrantischen Transgender aufruft, weil… die anderen sind ja schon da. Ihr habt ’ne Basis schon aufgebaut, jetzt mal blöde gesagt, aber… ich kann es einfach nicht glauben, dass kein Schwein… dass … weiß du… Es gibt Black Cracker den Künstler, das ist der einzige Künstler, den ich kenne, der ist ein Transmann. Aber er … es gibt natürlich auch Transgenderleute, nach dem Passen, die wollen nicht mehr darüber sprechen, weißt du. „Lasst mich einfach in Ruhe, lasst mich einfach mein Leben leben“ und das ist auch okay, weißt du, und lass mein Ding, meine Arbeit das ist zu tun, dann mache ich das einfach, aber trotzdem möchte ich sagen „ich bin da“ und wer einen Ansprechpartner sucht… oder… ich will einfach eine Plattform bieten für alle… für migrantische Transgender.

Dann würde ich Vorfeld auch eine Diskussionsrunde machen… weil ich überlege mir auch immer bei den Konzerten, da gibt es auch immer die Möglichkeit, im Vorfeld einen Workshop zu machen und das versuche ich noch auszuarbeiten und vielleicht zu kombinieren, weil das ein paar Künstler auch machen von meinem Label Springstoff. Springstoff fördert solche Ideen sehr. Ich habe noch näheren Bezug zu den Leuten, wenn es Vorfeld einen kleinen Workshop gäbe. Das möchte ich auch im musikalischen so einbauen auf jeden Fall. Es ist nicht ausgeschlossen!

Gendertreff: Im Grunde ist die Frage schon beantwortet – empfindest du Diskriminierung in Bezug auf deine Transidentität und/oder deinen Migrationshintergrund? Gibt es hier Unterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz? Empfindest du es überhaupt als diskriminierend?
Msoke: Wie du schon gesagt hast, mein Passing ist ziemlich gut gelaufen. Also wenn ich durch die Straße gehe, ist das eigentlich Problem jetzt nicht als transident … sondern als Migrant erkannt zu werden. Das ist schon eher das erste, auf das ich angesprochen werde. Wenn es dann zu Situationen kommt, wo es dann auch mein Geschlecht oder so betrifft, oder wenn ich sehe, wie Männer über Frauen sprechen oder so, wenn ich in einer Gruppe bin und dann muss ich schnell was sagen, dann sind Situationen zum Teil schon überraschend – wenn ich eine Partei ergreife, oder danach sage, „Hey, sorry, mir kannst du das nicht erzählen so und so“ – „Ach! Nee?!“ und dann merkst du gerade, wie Leute dann schon anders sprechen oder so. Oder Frauen, die versuchen mich zu bezirzen, nur weil sie was billiger bekommen wollen… Und ich sage „hey, da hast du aber falsch geguckt…solche Spiele… nee“

Gendertreff: Was möchtest du den Menschen da draußen sagen? Hast du eine Message an die Leute da draußen?
Msoke: Hoffnung ist eine gute Sache, auch wenn es die einzige ist, die wir noch haben. Ohne Hoffnung würde ich das alles nicht machen. Hätte ich die Hoffnung verloren … ich kann nur das sagen. Das ist keine Garantie für nichts, was wir erreichen wollen oder können – aber ohne Hoffnung gäbe es keinen Drive in mir. Ich hoffe, dass ich auch viel Hoffnung säen kann und geben kann.

>> Webseite von Msoke

>> Inhaltsverzeichnis

Jobsuche Trans

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung

………………

Nach ihrem Outing habe ihr Arbeitgeber plötzlich alles, was sie gemacht hatte und vorher ganz normal war, hinterfragt. Nach einer Bewerbung hat sie hinter vorgehaltener Hand erfahren, dass man sie nicht vermitteln könne, aus Angst, Kunden könnten ihre Aufträge zurückziehen.

An anderer Stelle riet man ihr, doch gleich in ein anderes Bundesland zu ziehen, weil hier in Dessau für sie nichts zu finden ist……………………………………Weiter ……………………..

 

 

Aber dann! Drei Firmen geben Jenny eine Chance.

Dessau – Drei Arbeitgeber haben sich spontan bei der Mitteldeutschen Zeitung gemeldet, nachdem sie dort über das Schicksal von Jenny gelesen haben. Die Dessauerin ist transident. Sie wurde als Mann geboren und verlor vor drei Jahren nach ihrem Outing ihren Arbeitsplatz………………………………….

Es gibt eine Chance!

…………………………………………….

 

>> Mitteldeutsche Zeitung

>> Trans am Arbeitsplatz

>> Trans und Recht

>> Inhaltsverzeichnis

Fernsehbericht zum CSD Mönchengladbach mit einem umfangreichen Beitrag über Transgender

Am Rande des CSD Mönchengladbach wurde Ava vom Gendertreff-Team interviewt. Das Ergebnis: Der Regionalsender CityVision sendet einen Fernsehbericht zum CSD Mönchengladbach mit einem umfangreichen Beitrag über Transgender.

Das folgende Video zeigt den Beitrag auf dem YouTube-Kanal von CityVision.
Das Beitragsvideo auf YouTube ansehen

>> Bericht zum Gendertreff auf dem CSD Mönchengladbach

>> Inhaltsverzeichnis

Italienisches Gericht erkennt Transgender Identität vor der GaOP an

Quelle: April 15, 2016 • von Italian Coalition for Civil Rights and Freedoms

 

Das Gericht von Savona hat entschieden, dass die Änderung persönlicher Dokumente in Bezug auf das Geschlecht eine Priorität für das Wohlbefinden der betreffenden Person und unabhängig von einer operationellen Geschlechtsumwandlung ist. Weiter lesen …..

 

>> Aus den Medien

>> Inhaltsverzeichnis