Gendertreff auf dem lesbisch-schwulen Stadtfest in Berlin

Am 21. und 22. Juli 2018 fand in Berlin-Schöneberg das 26. lesbisch-schwule Stadtfest statt. Die dgti war mit einem Stand vertreten und über eine Kooperation mit der Ortsgruppe Berlin des Gendertreff e.V. ergab sich kurzfristig die Möglichkeit, auch das Informations- und Selbsthilfeangebot des Gendertreff vorzustellen.

Berlin

Doch am Samstag, den 21. Juli 2018 fand zunächst der Gendertreff Berlin, unser Selbsthilfetreffen in der Hauptstadt statt. Hier gab es wieder viele intensive Gespräche. Wieder einmal zeigte sich, wie wichtig der persönliche Austausch ist. Denn Transidentität ist ein komplexes Thema, das mitunter viele Probleme für Trans*-Menschen und ihre Angehörigen mit sich bringt.

Einziger Wermutstropfen: Aufgrund unseres Selbsthilfetreffens am Samstag konnten wir lediglich am Sonntag auf dem Stadtfest mit dabei sein. Also brachten wir wie vereinbart unser Informationsmaterial zum dgti-Stand.

Nach einem etwas schleppenden Start am Sonntagvormittag füllte sich das Stadtfest schnell, so dass wir viele interessante Gespräche führen konnten. Auch unser Informationsmaterial wurde gerne mitgenommen: Kugelschreiber, Grüne Karten und Info-Flyer gingen weg wie die sprichwörtlichen „warmen Semmeln“. So konnten wir über Transidentität informieren und auch Trans*-Menschen und ihre Angehörigen auf das Angebot des Gendertreff e.V. und natürlich auch auf das Angebot unseres Kooperationspartners dgti aufmerksam machen.

Berlin

Der Gendertreff bedankt sich bei der dgti und insbesondere bei Jennifer Michelle für das freundliche Kooperationsangebot.

Übrigens: Am kommenden Wochenende ist der Gendertreff e.V. wieder im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit in Berlin unterwegs: Am Samstag, den 4. August findet man uns mit einem Info-Stand auf dem Selbsthilfe Festival auf dem Tempelhofer Feld.

 

INHALTSVERZEICHNIS

Lindenstraße – Kult in Serie und ein Interview zum Thema Trans*

Die ARD-Serie Lindenstraße ist zum Kult avanciert und das nun schon seit knapp 33 Jahren. Grund genug, um unter dem Motto „Lindenstraße – Kult in Serie“ zu einem Event in das Filmmuseum in Düsseldorf zu laden. Die Gäste durften sich auf ein tolles Event freuen: 13 Schauspielerinnen und Schauspieler der Lindenstraße sowie die Produzenten Hans W. Geißendörfer und Hana Geißendörfer kamen nach Düsseldorf, um 15 Kultfolgen auf der Kinoleinwand zu präsentieren und in Talkrunden Hintergrundinformationen zu liefern. „Lindenstraße – Kult in Serie und ein Interview zum Thema Trans*“ weiterlesen

Campus Informationsbasar an der Uni Düsseldorf

Der Campus Informationsbasar an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf – früher auch Campus CSD – ist für den Gendertreff nun schon Trandition. Denn wir waren bereits zum 3. Mal dabei, informierten rund um Transidentität und standen Transgendern, Angehörigen und Interessierten für Gespräche zur Verfügung.

Der Gendertreff wurde auf der Veranstaltung vor der Universitätsbibliothek in Düsseldorf am 16.05.2018 von Xenia und Ava vertreten, die über die Informations- und Selbsthilfeangebote des Gendertreff und natürlich auch die Gendertreff Messe & Fachtagung informierten.

Trotz gegenteiliger Behauptungen einschlägiger Wetterdienste hatte Petrus ein Einsehen und wir konnten den Tag bei überwiegendem Sonnenschein und wechselhafter Bewölkung für unsere Öffentlichkeitsarbeit rund um Trans* nutzen.

Nein, wir wollten die anderen Stände nicht ausgrenzen. Vielmehr bildeten wir so eine Gasse, durch die die insbesondere in den Vorlesungspausen zahlreichen Studierenden hindurch mussten. Und natürlich haben wir uns auch mit den anderen Organisationen an ihren Ständen ausgetauscht.

Auch unsere Grüne Karte für Diversity war natürlich wieder mit dabei und man muss sich wundern, wie oft Postkarten im Zeitalter digitaler Kommunikation mitgenommen werden. Aber wir erklären das Prinzip der guten alten Postkarte auch immer wieder gerne: „Das ist so eine Art analoge WhatsApp.“ 😉

Auch Kugelschreiber und zuckerhaltige Nervennahrung zum Überbrücken von Vorlesungs-Längen (auch als Bonbons bekannt) wurden von den Studierenden immer gerne mitgenommen. Und wer weiß? Vielleicht ergibt sich ja auch aus dem einen oder anderen Gespräch mit Vertretern der Forschung und Lehre an der Universität Düsseldorf noch die eine oder andere spannende Aktion rund um das Thema Transidentität.

>> Grüne Karte für Diversity

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Auf dem Weg zur Arbeit

Autorin: Petra

 

So Ihr Lieben,

mal wieder was zum Schmunzeln von mir und ich weiß jetzt schon, ich kriege auch wieder Schimpfe im Forum. 🙂

Seit Anfang des Jahres gehe ich als Petra zumindest in die Firma und verlasse diese auch so wieder. Eine Abmachung mit meinem Chef, denn solange ich noch keine Personenstandsänderung habe, könnte er das nicht anders vertreten. Nach der ist alles in Ordnung.
Da ich während der Arbeit Blaumann und Sicherheitsschuhe trage, ist das kein Problem für mich.

Seit 2 Wochen geht das jetzt so, wobei ich Feigling, letzte Woche noch mit dem Auto zur Arbeit bin. Ich lehne das aus tiefstem Herzen ab und benutze normalerweise entweder Fahrrad, Bus oder Bahn. Also dann, diese Woche galt es.

Um 5:20 Uhr in der Früh sind in der Stadt noch nicht allzu viele Menschen. Auf dem Weg zum Bahnhof war nichts Auffälliges. Am Bahnhof angekommen, schon ein etwas anderes Bild. Bahnsteig 4 um 5:35Uhr – Blicke…….
Einer der Herren die dort standen, wusste nicht wohin er schauen sollte, ein anderer vergaß fast das Einsteigen in den Zug und rammte den Türrahmen. Eine Frau, die ich morgens dort regelmäßig treffe, musste einen Augenblick überlegen. „Irgendwoher kenne ich doch die Person.“ Aber als sie mich erkannte, ein herzliches Guten Morgen und Respekt, sie trauen sich was.

Im Zug selber saßen meine beiden Kollegen, die meine Transition von der Weihnachtsfeier zwar kannten, aber nicht um die Zeit im Zug. Aber auch hier, kein Problem.

Ich war reichlich mehr als nur nervös, vor dem ersten Mal und bin es auch jetzt noch (Clara, müsste  dir bekannt vor kommen). Zudem bin ich mit meinem morgendlichen Erscheinungsbild noch nicht ganz zufrieden. Aber, es lohnt sich über seinen Schatten zu springen. Es gibt neben den üblichen, halbgaren Reaktionen jede Menge positive Feedbacks. Übrigens etwas, zu dem mir der Gendertreff mit seinen Treffen viel Mut gemacht hat.

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Hallo Welt, 21.11.2017

Autorin: Drachenfrau

Hallo Welt,

seitdem wir aus München zurück sind, gehen mir sehr viele Gedanken durch den Kopf.

Irgendwann die Tage kam in mir eine Frage hoch (auch im Zusammenhang über die Bedeutung von Grenzen). Die Frage war, was haben die letzten 12 – 18 Monate mit mir gemacht? Was haben sie mir gegeben? Was war für mich gut?

Ja, ganz vorne weg, ich habe durch die Transition von Denies eigene Grenzen erkannt, sie mir angesehen. Diese haben jedoch nicht automatisch alleine etwas mit Denies zu tun. Manche konnte ich auflösen, bei anderen bin ich mittendrin und andere warten noch auf meine Aufmerksamkeit.

Insgesamt setzte ich zusammen, was das alles war:

  • Ich habe noch weiter über meinen Tellerrand gesehen
  • Ich habe andere, neue wunderbare Menschen kennengelernt
  • Ich habe neue Türen aufgemacht, z. B. Schminktraining, mich mehr/anders mit Mode auseinander gesetzt
  • Ich habe mich neu erfahren
  • Das Leben hat mir gezeigt, was ich gelernt habe und woran ich noch üben darf
  • Ich war überwältigt von meinen Gefühlen und versucht, so gut ich konnte und kann, diese zuzulassen und mich darin wieder neu kennenzulernen.
    (Mit einem Meditationslehrer sprach ich über die Zeit der Transition und er sagte, ich sei eine starke Frau/ein starker Mensch. Das Gespräch war für mich überwältigend und die Tränen kamen hoch. Ich meinte, dann darf ich auch mal schwach sein. Er antwortete, ich sei nicht schwach, sondern berührbar, dass ich kein Stein bin – das ist für mich immer noch sehr bewegend.)
  • In diesen Gefühlen verstand ich oder bin noch im Prozess des Verstehens, wie wertvoll es ist, wenn man im Leben Mauern fallen lässt, fallen lassen kann – mehr denn je zuvor.
  • Tiefe, wertvolle Gespräche mit Denies und anderen Menschen, die mit Denies haben uns näher zu einander gebracht.
  • Den Mann, den ich lieben lernte, war eine Illusion.
  • Ich, wir, fanden heraus, dass wir eine vielfältige Basis für unsere Beziehung haben und auch jetzt sind wir immer noch ein Liebespaar.
  • Den Familienkonflikt, der Jahrzehnte im Raum stand, bin ich entschlossener angegangen als je zuvor. Es hat sich für mich etwas verändert.
  • Ich habe verstanden, was ich mit meiner Familie (Herkunftsfamilie) wirklich teilen möchte und was nicht.
  • Ich habe verstanden, was das Bedürfnis nach Anerkennung für mich bedeutet und um wie viel besser, ich dies für mich erfüllen kann.
  • Ich habe mich stärker gefragt, was ich brauche und was ich will und gehe darauf entschlossener zu.

Wenn ich mich noch eine Weile länger nachdenke, dann werde ich bestimmt noch eine ganze Menge mehr finden. Alles nicht immer unbedingt einfach und doch in all dem war auch Lachen, Humor, Liebe, Vertrauen, …. und vieles Wunderschöne mehr.
Das bedeutet jedoch nicht, dass sich jetzt jede_r Single eine_n möglichen transsexuellen Partner_in suchen sollte, weil das alles so toll ist.
Was ich damit meine, ist, dass ich wohl immer in meinem Leben das Rezept verfeinere, wie man aus Zitronen Limonade macht und ich versuche im Fluss des Lebens/des Seins zu sein/zu bleiben, denn oftmals ist der Widerstand, den wir dem Leben geben, das, woran wir zerbrechen.

Lasst es euch gut ergehen.
Ulla

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Hallo Welt, 14.11.2017

Autorin: Drachenfrau

Hallo Welt,

wir sind heute nun aus München zurück und zumindest mir kommt alles so vor, als sei München wie ein Traum gewesen.

Denies wurde von den Menschen bewundert wegen ihrem Mantel, den ich ihr strickte. Mich glotzten manche beim Stadtbummel in München an, meiner kunterbunten Haare wegen.
Das ist jedoch seit 6/7 Jahren für mich etwas Alltägliches. Besonders Kindern fällt das bunte Allerlei direkt ins Auge. (Kuck mal Mama, was die Frau für bunte Haare hat).

Der Termin bei Dr. Liedl war gestern. Denies war froh, dass ich meine ursprünglichen Pläne, an einem Seminar teilzunehmen, geändert habe und mit ihr fuhr. Ich bin auch sehr froh, dabei gewesen zu sein, denn die souveräne Art von Dr. Liedl hat mich sehr beruhigt und ich selbst kann nun etwas gelassener diesem Eingriff entgegen sehen. Jedoch muss ich dann für den Zeitraum der OP in München mehr Vorarbeit und Organisation leisten, als wenn Denies nach Essen gegangen wäre.

Da am Samstag und Sonntag beide Tage verregnet waren, unternahmen wir natürlich weniger als bei schönem Wetter. Wir verbrachten die Zeit mit ganz viel reden und diese Gespräche waren für uns beide wieder sehr wohltuend. Sie brachten mich wieder auf eine Buchzeile von Richard Bach, aus dem Buch „Der unsichtbare Ring“.

„Ignoranz hält die Wahrheit nicht davon ab wahr zu sein“

Das Buch habe ich vor gut 10 Jahren gelesen, diese Zeile prägte sich bei mir ein. Davon erzählte ich auch Denies und wahrscheinlich war auch die Erkenntnis aus diesem Buch eine, die mir hilft, mit Denies umzugehen. Denn die Transsexualität von ihr sehe ich als eine Wahrheit, die sich nicht mehr leugnen lässt und ich hätte – auch wenn ich nicht damit klar gekommen wäre – ihr diesen neuen Weg immer gelassen – selbst, wenn ich noch so verletzt oder unglücklich darüber geworden wäre. Ihr ist auch selbst klar geworden, dass sie mir meinen Weg genauso lassen muss, wie ich ihr diesen lassen kann. Denn meine bunten Haare spiegeln nur wieder wie bunt ich mein Leben gestalte und wie viele bunte = verschiedene Interessen ich auch habe.
Sie sagt: ich kann dich nicht im Voraus berechnen, wie du reagierst oder was du tust, du bist immer wieder in alle Richtungen für eine Überraschung gut. Für sie ist das auch noch einmal ein Schritt, etwas Neues zu lernen und für uns beide fühlt sich unsere Beziehung in diesem Geben von gegenseitiger Freiheit noch einmal tiefer und verbundener an.
Nach dem gestrigen Termin ist mir auch bewusst geworden, dass jetzt alles, was die angleichenden Maßnahmen seitens der Krankenkasse, bis auf die Kostenübernahme zur OP, bereits beantragt ist sowie auch ab Ende November die Gutachten stattfinden zur /.
Das lässt mich alles schon als sehr weit fortgeschritten empfinden, wenn man bedenkt, dass unsere ersten Gehversuche im Juli/August 2016 waren.

Achtet auf euch und lasst es euch gut ergehen.
Ulla

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Hallo Welt, 02.11.2017

Autorin: Drachenfrau

Hallo Welt,

bei all dem ganzen Tiefsinn habe ich relativ wenig über unsere Entwicklung im gemeinsamen Leben geschrieben.

Denies ist seit Februar in der HRT und sie verändert sich stark. Wir hätten nicht gedacht, dass sich die Hormone so noch auswirken würden, denn sie ist bereits 60 – also umso erfreulicher. Die Hormone bescheren uns sehr viele Abenteuer des Alltags, oft kann ich humorvoll damit umgehen und manchmal, wenn sie tiefen Schmerz und traurige Erkenntnisse erfassen, dann kann ich mich nur zu ihr kuscheln, sie spüren lassen, dass ich da bin und nach einer Weile bekrabbelt sie sich dann auch wieder langsam.
Frühere Situationen, an die sie sich plötzlich wieder erinnert, sieht sie dann in einem anderen Licht und das macht natürlich im Gefühlsleben eine ganze Menge in die unterschiedlichsten Richtungen.
Vor allem der innere Kampf, dass sie es hätte ja schon viel früher leben können und dann das Wissen darum, wie das direkte Umfeld, besonders die frühere Ehefrau reagiert hätte, dass das ziemlich schlimm gewesen wäre, geschweige denn als Kind. Manchmal ist da tiefe Traurigkeit deswegen. In dieser Traurigkeit mischt sich sehr viel, was neben dem als Junge erzogen worden zu sein, noch viel mehr schiefgelaufen ist.

Letztes Jahr hatten wir einen kleinen Funken Hoffnung, dass eventuell doch wenigstens zu Denies Tochter wieder Kontakt kommen könnte, doch das hat sich ziemlich schnell zerschlagen. Denies hat sich dann dazu entschlossen, ihren Kindern vor den Semesterferien diesen Sommer einen Brief zu schreiben und sich darin zu outen – denn sie wollte nicht riskieren, dass sie es über Dritte erfahren.
Hierzu kam keine Reaktion. Damit hatten wir auch gerechnet.
Als der Onkel ins Krankenhaus musste und es sah eine Weile nicht so gut aus, schrieb Denies noch einmal die Kinder an, dass vielleicht, um sich um ihn zu kümmern, nicht mehr allzu viel Zeit sein könnte – auch da kam keine Rückmeldung, was Denies nicht fassen konnte. Für ein paar Tage war sie sehr enttäuscht und beschloss dann, dass es wohl Zeit wäre, die Kinder endgültig los zu lassen, was natürlich alles andere als ein einfacher Prozess ist.

Ihre Cousine, die wir mal zum Kaffee nach langer Zeit wieder trafen (da lebte Dee noch als Mann), hätte trotz der Bilder, die wir ihr hin und wieder mal schickten, Denies nicht mehr erkannt, wenn ich nicht gesagt hätte „schau mal, kennst du sie?“ Ihre Antwort war glatt: „nein, ich hätte sie ohne dich nicht erkannt“. Denies gefällt das natürlich und auch dass sich ihr Körper langsam aber stetig mit verändert. Sie wird immer mehr ausschließlich als Frau wahrgenommen.

Inzwischen hat sie auch die / beantragt und der erste Termin für ein Gutachten wird wohl Mitte November stattfinden. Der Abschluss wird dann irgendwann Anfang nächstes Jahr sein.

Die Bartepilation ist auch beantragt und seit 3 Wochen ist sie bei der Logopädin. Wenn sie ihre Übungen macht, dann hört sich das für mich manchmal an, als wenn sie mit Venusianern kommuniziert, besonders wenn sie in die „Flasche blubbert“. Ich verkrümel mich dann meistens in meine kreative Werkstatt, damit sie sich auf sich konzentrieren kann, weil ich, wenn ich dabei bin, sie ständig humorvoll ablenke.

Anfang Oktober waren wir auf der Gendertreff Messe. Sie ging von einem Vortrag in den nächsten und das markanteste Ergebnis war, dass sie sich nun doch auch eine Klinik in München anschaut. Bisher ging sie davon aus, sich in Essen operieren zu lassen. In 10 Tagen sind wir auf dem Weg in die Klinik nach München. Im Januar dann das Vorgespräch in Essen.

Am vorigen Wochenende waren wir auf dem Geburtstag von Denies‘ Tante. Sie wünschte sich von mir eine Geburtstagstorte und wir tranken mit anderen Verwandten bei ihr Kaffee, gingen später zusammen essen. Die Verwandten wussten über Denies Bescheid und nur einer hatte eine Bemerkung über Denies ihre Pumps auf Lager. Da schwanke ich noch, ob es Unsicherheit oder ein Macho-Ding war.
Ich kam beim Abendessen mit Denies‘ Onkel etwas ins Gespräch, denn Onkel und Tante sind bisher die einzigen gewesen, die mit ihrer Transition nicht so gut umgehen konnten/können. Ihr Onkel sagte ganz klar, dass er es vom Verstand her nicht fassen kann. Das ist etwas, das ich sehr gut verstehe. Würde ich es allein vom Verstand her angehen, dann käme ich damit auch nicht klar. Genauso wundern sie sich, wie ich mit all dem klar komme. Ja, auch wieder verständlich, doch als das Thema für uns nun einmal da war, kam ich nicht auf die Idee, den Weg nicht mit ihr gehen zu wollen/können. Nein, damals wusste ich nicht, worauf ich mich wirklich einließ, doch das, was kam, hat nichts am Weg oder an der Gemeinsamkeit verändert.

Denies sagt manchmal: ich finde es erstaunlich, wie du mit mir umgehen kannst und das mit lebst.
Darauf antworte ich ihr: ich auch.

Wir gehen zwar bisher unseren gemeinsamen Weg unabhängig von ihrer Transition, jedoch wissen wir nicht, was uns die Zukunft bringt. Deswegen haben wir beschlossen, wenn wir wirklich auch nach der verheilten GaOp einander weiter so bejahen wie jetzt, dass wir uns noch einmal ein Eheversprechen geben und wollen noch einmal in einer schönen, wahrscheinlich keltischen Zeremonie, heiraten.

Viele Grüße,
Ulla

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Hallo Welt, 18.08.2017

Autorin: Drachenfrau



„Ich nehme das als Anlass und wage einmal, die provokative Frage zu stellen, warum wir unser Dasein so oft als Belastung für uns und Andere empfinden und darstellen? Die ständige Betonung negativer Aspekte zieht uns doch auch herunter. Oder irre ich mich da?

Als junger Mensch empfand ich mich als eine Belastung für meine Familie, denn das war das, was sie mir vermittelten, dass ich es ihnen schwer mache, sie belaste. Für mich war das enorm schlimm, denn ich fühlte mich schlecht und mies, wollte ich doch so gerne in Harmonie mit meiner Familie leben und dass ich geliebt und anerkannt bin. Mittelmäßig schaffte ich das nur, wenn ich mich selbst verleugnete und funktionierte so wie sie es wollten. Dies bewirkte jedoch in mir tiefe Leere, Einsamkeit und die Frage nach dem Sinn des Lebens, denn ich fühlte mich schrecklich. In der Welt gab es so viel zu entdecken und das wurde familiär abgetan als überflüssig, neumodischer Kram, unnötig – oder oder oder – als würde man einem Menschen die Luft zum Atmen nehmen und einem Adler die Schwingen abschlagen. Ich fühlte mich als eine Belastung für meine Familie, sah die Last im Spiegel, wenn ich mich anschaute und war verzweifelt, auf der Suche – lange Zeit auf der Suche nach mir selbst.

So wie mir geht es vielen Menschen und sie haben noch nicht einmal das Thema Trans*.

Irgendwann war mir klar, dass egal was ich tue, ich es meiner Familie wohl nie recht machen könne und dass ich selbst wohl am allermeisten auf der Strecke bleiben würde. Also begab ich mich auf eine Reise zu mir selbst, folgte den Spuren der Suche. Die Reise war geprägt von Versuch und Irrtum, aber auch von kleinen Schritten, die mir dann doch langsam aber sicher den Weg zu mir selbst zeigten.
Was es mir einbrachte, war und ist ein großer Konflikt mit meiner Familie. Meine zweite Ehe blieb auf der Strecke, doch um gesund zu bleiben (nach einer schweren Chronical Fatique Syndrome Krise) hatte ich keine andere Wahl als mein Verhalten und mein Denken, dauerhaft zu verändern. Es tat mir schrecklich weh, dass dieser wunderbare Mensch, den ich heiratete nicht mit meiner Entwicklung mitging, doch der Adler konnte nicht am Boden leben und der Igel konnte nicht fliegen lernen. Wir haben uns also getrennt, doch es war eine gute Trennung und ich wünsche ihm alles Glück und Segen auf der Welt.
Was macht uns also zu einer Belastung? Dass wir nicht den Erwartungen anderer entsprechen können?

Anders gefragt: wie sollen wir mit all unseren Talenten und Fähigkeiten die Welt und unsere Mitmenschen bereichern, wenn wir nicht so leben dürfen, wie wir sind? Wie soll die Welt von uns profitieren, wenn wir nicht unser Potential entfalten dürfen, das uns ausmacht und mit dessen Schwingen, wir das Leben für uns und andere Menschen aufblühen lassen?

Ist es rücksichtslos, egoistisch, dass man sein Leben lebt? Ich finde nein. Die Frage ist, wie man mit den Menschen umgeht. Mit meinem damaligen Mann habe ich geredet und ihn eingeladen, doch meinen Weg nach zu vollziehen und mitzugehen. Er konnte es nicht. Als ich dann nach etwa 2 Jahren spürte, dass es nicht anders ging, als sich zu trennen, fragte er, was er tun könne, um unsere Ehe zu retten. Ich antwortete: nichts.
Sicher hätte es etwas gegeben, doch die Zeit davor konnte er es nicht und etwas wollte ich absolut gar nicht: dass er sich für mich verbiegen würde, dass er jetzt anfangen würde, sich mir zu liebe zu verändern oder etwas zu tun, das ihm missfiel bevor das Thema Trennung aufkam. Denn, er hätte nie sein Leben gelebt, sondern nur versucht, meinen Erwartungen gerecht zu werden. Er wollte die Frau wiederhaben, die ich vor der gesundheitlichen Krise war, doch diese konnte es nicht mehr geben. Hätte ich mich wieder wie vorher verhalten, wäre ich wieder krank geworden. Wir haben unsere Beziehung im Guten geklärt, doch für ihn begann wieder eine schwere Zeit und ich musste Schuldgefühle mir ansehen und bereinigen. Er hat sich nach der Trennung in die passende Richtung für ihn weiterentwickelt und ich in meine. Wir können uns heute freundlich begegnen. Heute weiß ich auch, dass es für uns beide richtig war, dass ich ging, auch wenn es für ihn schwer war. Denn durch die Trennung ging er schließlich weiter vorwärts und bekam selbst die Chance, die Segel des Lebens neu zu setzen, sich in vielerlei Hinsicht noch einmal zu verändern (auch beruflich).

Nach der Trennung begann in meinem Leben langsam ein Aufschwung und ich würde heute nicht dort sein, wo ich jetzt bin, ohne diese Entscheidung – aber auch nicht ohne diese gemachte Erfahrung und viele Erkenntnisse daraus. War es jetzt rücksichtslos und egoistisch, dass ich gesund bleiben wollte, anstatt eine Beziehung aufrecht zu erhalten?

2 Jahre später traf ich Dee. Als sich letztes Jahr Denies immer mehr verdeutlichte, brauchte ich noch die Brücke, dass ich ihr den Kosenamen Dee gab, eine Mischung aus Detlef und Denies für mich.
Ihre Verwandten waren um diese Brücke sehr froh und Denies mag den Kosenamen Dee auch behalten. Schon sehr früh sagte ich, dass es den Mann für mich nicht mehr gibt und nur noch die Frau für mich erkennbar ist. Inzwischen kann ich das auch etwas besser benennen. Denn….
……. ich habe nie einen Mann kennengelernt und war nie mit einem Mann zusammen und war nie in einen Mann verliebt – sondern in eine Frau, die die Rolle eines Mannes spielte und äußerlich die Illusion eines Männerkörpers zeigte.

Ganz klar sehe ich rückblickend, dass ich zwar emotional (auf die Beziehung gesehen) den schwereren Part zu bewältigen habe, dadurch dass ich Denies ganz und gar von Anfang an bejahte und auch nie Grenzen setzte und setze – doch wie viel schwerer ist es in einem falschen Körper gefangen zu sein und nicht leben zu können, was darüber hinaus möglich ist? Egal, wie ich es hätte drehen und wenden wollen, dass sie sich als Frau anfangs gut fühlte und es „brauchte“, daran hätte ich nichts ändern können oder wollen, weil ich ja um meinen eigenen Weg wusste. Als sie mir dann im September letztes Jahr sagte, dass sie eine Frau ist gefangen im Körper eines Mannes, wie hätte ich da Grenzen setzen können? Da gibt es keine Möglichkeit mehr dazu, denn jede Grenze hätte für sie eine Form von Unterdrückung und Selbstverleugnung bedeutet. Das unvermeidliche wäre nur hinaus gezögert gewesen. Mein Ausdruck hierfür ist Leidverschiebung. Jeder Kompromiss, den sie für mich eingegangen wäre, wäre faul gewesen.

Was war also seitdem mit mir?

Ja, ich habe getrauert und mir war klar, dass ich die Illusion des Mannes loslassen musste. Geholfen hat es, dass ich mir psychologische Begleitung suchte, denn eine außenstehende Person sieht die blinden Flecken, denen wir selbst zu nahe sind, als dass wir sie erkennen könnten. Vorbei ist es noch nicht, es gibt immer noch Herausforderungen, doch ich stelle mich ihnen. Geholfen hat es, dass Denies und ich miteinander sprechen können. Immer wieder stellen wir fest, wir reden viel miteinander – und es könnte immer mehr und besser sein.

Geholfen hat, zu sehen, welchen eigenen Themen von mir möchte ich ausweichen und projiziere sie so auf sie – doch sie hat damit nichts zu tun. Denies war nicht immer und jederzeit bewusst, welche eigene Verwandlung ich durchschritt und noch durchschreite, doch wenn es ihr dann klar wurde, erkannte/erkennt sie auch die Tragweite für mich und konnte mir dann auch wieder leichter Raum geben für mich, damit ich Balance finden konnte/kann.

So sehr das eigene Leben aufzuräumen, kann einen schon an Grenzen bringen, doch so sehr ich nach Alternativen suche – ich finde keine.

Der Drache beendet hier mal den Beitrag, denn er ist so lang geworden.

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Hallo Welt, 25.01.2017

Autorin: Drachenfrau



Es ist mal wieder an der Zeit, etwas über unseren Weg zu schreiben.

Bei uns geht es wieder mit großen Schritten weiter, die sich soweit auch passend anfühlen, was jetzt allein Denies Entwicklung betrifft. Sie hatte gestern ihren ersten Termin bei einem Endokrinologen und wird zum nächsten Termin Mitte Februar dann auch das erste Rezept erhalten. Seit einer Woche weiß ich nun auch, dass Denies die GaOp anstrebt. Lange hat sie sich schon damit auseinander gesetzt, sich unzählige Beiträge durchgelesen und Dokumentationen dazu recherchiert, was ich selbst wenig mitverfolgt habe, denn im Grunde ist es ihr Weg, der ihre Verantwortung ist. Wir haben uns allerdings ausgetauscht und wenn mir Fragen offen bleiben würden, kann ich für mich selbst recherchieren. Manchmal ist mir das ganze Transthema zu viel und ich brauche das einfache Leben, wie es ist in seiner puren Realität.

Mein Profilname hier ist kein Zufall, sondern ich habe wirklich das Gefühl, dass unsere Veränderung in mir den Drachen weckte und immer mehr zum Vorschein bringt, mich selbst noch einmal in einen eigenen Prozess hinein brachte, für den die Zeit auch absolut reif war. Es gilt in meinem Leben noch einmal ordentlich aufzuräumen. Ganz alte Themen, die unbewusst unterdrückt waren, drängen nun mächtig an die Oberfläche. Vor allem, dass ich in meinem bisherigen Leben davon geprägt war, von klein auf, Wut nicht ausleben zu dürfen. Das wurde mir in meiner Erziehung bei jeder Gelegenheit genommen und nun erobere ich mir dies zum ersten Mal.

Zwar schreibt sich das so leicht, doch das ist es nicht immer. Die Herausforderung ist groß.
Ausgerechnet meine Mutter brachte Anfang Dezember das Fass zum Überlaufen und zwischendrin nehme ich auch kein Blatt vor den Mund mehr, was ich vielleicht vor einem halben Jahr noch getan hätte. Bisher war ich schon ein direkter Mensch, doch ist das bei mir zurzeit auch noch in der Steigerungsphase.
Wut und Schmerz, was bisher unterdrückt war, zeigte sich letzte Woche auch durch einen Schreikrampf bei mir. Auslösender Knopf war, dass ich wieder etwas Denies betreffend fand, was mich einlud, wieder mehr los zu lassen. Erinnerungen kamen hoch, die mich in Tränen versetzten. Ich warf es weg und machte dann den „Fehler“ weiter ausmisten zu wollen. Dabei fand ich eine alte Schreibmappe meines verstorbenen Vaters. Nichts Besonderes, doch ich hatte es bisher noch nicht über mich gebracht, sie wegzuwerfen. (Ich habe so einen Schreibkram-Papier-Stifte-Knall).
Noch immer kann ich nicht verstehen, dass diese einfach Mappe es auslösen konnte, dass sich ein riesen Fass bei mir auftat und doch da war es, ganz viel Schmerz und Wut. Das kam zusammen hoch durch einen lang anhaltenden Schreikrampf bis ich nicht mehr konnte. Denies war zu hause, kam herbei geeilt und konnte mir nur beruhigend über den Rücken streichen. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich dies erfuhr.
Das Schreien und Schluchzen hörte irgendwann auf, doch die Tränen versiegten nicht. Sie kullerten hoch bis ich schlafen ging, blieben den ganzen nächsten Tag bei mir. Ich fand irgendwie die Inspiration meinen Morgengang mit den Walking Stöcken zu machen, doch der war begleitet mit einem Tränenschleier und war relativ kurz.
Obwohl ich mich fertig fühlte und darüber nachdachte, ob ich zum Arzt gehe, war da auch ein Gefühl von Erleichterung in mir, als hätte mich dieses Schreien von etwas befreit.
Am nächsten Tag stand ich auch wieder mit Tränen auf, ging auch wieder auf meine Morgenrunde und diesmal fühlte ich mich ein wenig besser dabei. Gegen Nachmittag wurden die Tränen auch weniger und fand dann doch wieder Balance. Diese Erfahrung hat mir sehr zu denken gegeben.

Sicher, Denies braucht auch meine Unterstützung – doch ich brauche in erster Linie mich selbst. Sich alten Themen annehmen zu können, auch das braucht Kraft.

So gut es auch ist, das Leben aufzuräumen und an alten Themen zu arbeiten, das Leben braucht auch frischen Wind. An diesem frischen Wind arbeite ich jetzt und bringe nun auch neues in mein Leben.

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Hallo Welt, 02.12.2016

Autorin: Drachenfrau

Hallo Welt,

inzwischen ist sehr viel Zeit vergangen und wie ich schon mal in einem Beitrag erwähnte, ist das gestern heute schon obsolet und alles wieder ganz anders. Nach meinem letzten Beitrag, auch wenn gerade mal etwas über 2 Monate her, ist eine ganze Menge passiert.

Wir hatten Ende September einen Termin für Denies beim Piercer für Ohrringe und am nächsten Tag ein Schminktraining zusammen und Denies sah sich 3 Stunden dort im Spiegel. Das hat bei ihr eine ganze Menge ausgelöst. Sie fing danach an, sich bei Familie und Freunden als transsexuell zu „outen“ und dass sie nun für sie ab sofort Denies ist. Ihre Schwester und ihre Schwägerin fanden es gut, dass ich die Mischung der Namen fand und sie möchten sie auch Dee nennen – es macht es ihnen leichter.
Generell war die Reaktion positiv. Die Tante und ihr Mann haben wir hinten an gestellt, aber auch da musste es raus. Sie sind die einzigen, die damit hadern und sagten, sie brauchen Zeit. Diese geben wir ihnen gerne.

Denies geht nur noch als Frau aus dem Haus und fühlt sich so auch ausgeglichener. Ich sehe, dass ihre innere Suche, die sie ganz stark auch hatte als wir uns kennenlernten, zurück ging – ob sie ganz verschwunden ist, wird sich mit der Zeit noch herausstellen. Damals sagte ich ihr, diese Suche ist wahrscheinlich, die Suche nach sich selbst. Heute sehe ich auch den Mann, den ich damals kennenlernte in einem anderen Licht. Wäre da nicht der tantrische Hintergrund gewesen, dann hätte ich die Zeichen früher anders gedeutet und Dee selbst wahrscheinlich auch. Seine Tantra Lehrerin sagte ihm vor über 15 Jahren schon, wie äußerst feminin er als Mann sei. Ich selbst habe ihn als für mich wunderbar feinsinnig kennen- und lieben gelernt, was auch heute noch mit die Basis unserer Verbundenheit und Liebe ausmacht.

Vor 5 Wochen hatte Denies eine Sitzung für permanentes Make-up und ließ sich die Augenbrauen machen. Das kam ganz spontan von heute auf morgen, dass dort, wo sie Informationen einholte, für eine Schulung Probanden gesucht wurden. So fuhren wir am nächsten Tag hin und verbrachten eine lange Zeit dort in dem Studio. Allein bis die Augenbrauen vorgemalt waren, dauerte eine gefühlte Ewigkeit – doch es wurde sorgfältig und detailliert gearbeitet. Nachdem dann so die erste Weile vorbei war und sich so langsam die Scheu legte, kamen dann die Fragen, ob die Mädels fragen dürften und klar haben wir offen, frei und ehrlich geantwortet, was das ganze besonders gestaltete.
Lustig war es auch, wie sie zwischen „er“ und „sie“ hin und her stolperten, aber keine wirkte irgendwie gekünstelt.

Das war ein weiterer Meilenstein – wenn auch im außen gesetzt, jedoch mit insgesamt großer Wirkung, denn abgeschminkt, blieben natürlich die Augenbrauen. Dee hatte nur vereinzelt noch ganz wenig graue Augenbrauenhaare, die man sowieso kaum sah und jetzt machte das permanente Make-up schon einen äußerst deutlichen Unterschied. Sah aber auch so richtig cool aus. Mir kam es so vor als hätte ich eine Mischung zwischen Cojak und Waigel. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt.
Für Denies war es beim Schminken ein riesiger Faktor der Vereinfachung und das Thema Lidstrich als permanentes Make-up ist auch noch nicht vom Tisch, dabei klappt das inzwischen richtig gut. Kein Wunder bei täglichem Training. Unser Ankleide und Nähzimmer musste umgeändert werden, wir spielten Möbel Mikado, denn Denies wollte einen Schminktisch haben.

Immer mehr flogen die Männerkleider aus dem Schrank und wir waren powershoppen vom feinsten. Inzwischen ist da nur noch der Overall für den Roller und ein paar Sportsachen und Jeans, die als Unisex durchgehen.
Der Mann, der vorher keine Ringe mochte, die man an der Hand spürt, stibitzt sich jetzt meinen Verlobungsring, einen Amethyst in Silberfassung, der alles andere als dezent ist und trägt ein breites Armband und Halsketten, die ebenfalls nicht mickrig sein dürfen. Vieles an Geschmäckern verändert sich und obwohl noch keine HRT angefangen hat, habe ich das Gefühl stellenweise eine pubertierende Zicke zu haben. Unsere Bettdecke durfte früher nur ganz leicht sein – heute haben wir die warme Wildseide drauf und eine zusätzliche Decke für meine Frostbeule. Selbst die Libido hat sich verändert, ist weit weniger geworden und einmal sagte sie, es ist für sie als habe der Mann gegen die Frau in sich gekämpft und umgekehrt.
Sogar die Behandlungen BSR-Body Stress Release haben sich bei Denies krass verändert. Vor 5 Wochen war da noch viel Stress und Anspannung im Körper. Doch nun, da sie so richtig den Weg geht, hatte sie bei der Behandlung vor 2 Tagen nur noch leicht verspannte Schultern. Thema Wirbelsäule, etc. alles war fort. Das war von außen noch einmal die Bestätigung, dass sie richtig liegt, indem, was sie macht. Bei mir sah das alles etwas seltsam aus. Verschiebungen, die unlogisch sind, aber auch kein Wunder, denn unsere Veränderungen wirken sich auf mich auch anders aus. Unser Leben verändert sich mehr als von uns beiden erwartet.
Dass dieser Prozess sich so gestaltet, Dee erkennt, eine Frau zu sein, kam für mich nicht unerwartet – jedoch die Intensität und die Geschwindigkeit sind für uns beide sehr überraschend. Manchmal, wie jetzt, hinke ich sehr hinterher.
Ich glaube, in dem Prozess, den Mann loszulassen, muss man wohl seinen eigenen Weg finden, wie man damit umgeht und dieser hängt auch davon ab, wie die Partnerin damit umgeht, wie die Verbindung, die Beziehung zu einander aussieht. Zumindest ist das jetzt so meine Sichtweise, die sich natürlich noch verändern kann. Wir haben eine passende Psychologin gefunden und beim ersten Termin waren wir zusammen. Denies war es wichtig, dass ich dabei bin. Denies strebt nun eine HRT an.

Wir reden immer noch sehr viel miteinander und würden wir uns jetzt trennen, dann wäre das so als wolle man jeder von uns das Herz aus der Brust reißen. Unsere Verbindung ist so tief, dass sie für mich über das Verständnis der Geschlechterrollen hinaus geht und ich mehr den Menschen sehe.
Bei all dem Loslassen geht es für mich darum, mich auch noch einmal anders und neu kennen zu lernen und vielleicht selbst noch einmal ungeahnte Wege zu gehen. Denies wird mich darin unterstützen, so wie es zwischen uns beiden immer war. Noch einmal mehr haben wir über uns gesprochen und haben unsere Gemeinsamkeit noch einmal neu definiert.

Der Mann in ihr schwindet immer mehr und wenn ich sie mir ansehe, dann sehe ich da keinen Mann mehr – selbst morgens noch kurz ungestylt, ist der Mann nicht mehr wirklich spürbar, auch wenn die Optik etwas anderes sagt und ich weiß, dass es gut so ist, wie es ist – auch wenn ich einen anderen Prozess durchlebe als Denies und meine Transition auch mal mehr mit Tränen verbunden ist als die eigene für sie. Manches an Veränderung und neuen Gefühlen lässt sich gar nicht in Worte fassen.
Gewiss für mich ist, dass ich mich absolut weiter auf unsere Beziehung einlasse und sehe es gar nicht so weit her geholt, mich auch in die Frau zu verlieben.
Da ist so ein kleiner Juwel, der so heraus funkelt und ich bin gespannt, wie es weiter geht.

Herzliche Grüße,
Ulla

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