Am Fuß der Zugspitze

6 Damen in Oberbayern vom 03.06. – 16.06 2017

 

3 Pausen und rund 650Km trennten uns von unserem Urlaubsort. Gegen 18:00 Uhr dann Touch-Down in Grainau/Obb. 1:0 für Kirsten, Marina, Rita, Stefanie, Ute und Xenia.

Natürlich gleich nach dem Koffer ausschütten, in den nahegelegenen Biergarten und genießen.

Am nächsten Tag probierten wir das Schwimmbad in Grainau aus und danach spazierten wir durch das Städtchen.




Besichtigung des Schloß Linderhof stand auf dem Programm. Abends genossen wir das gute deftige bayerische Essen mit Getränkebeilage 😀



Nach dem guten Frühstücksbuffet fuhren wir mit dem Zug nach Innsbruck. Und natürlich musste dort das „Goldene Dach“ fotografiert werden.

Abends genossen wir noch den Sonnenuntergang über dem Wettersteingebirge.


Schloß Neuschwanstein am nächsten Tag.



Und wir trauten uns auf die ca. 90m hohe Marienbrücke.



Vor dem abendlichen Grillen ließen wir uns durch die schöne Gegend kutschieren.

Dann spazierten wir ca. 3,5Km um den halben Eibsee am Fuße der Zugspitze und wollten dort am Steg die Fähre zurück zum Parkplatz nehmen. Okay, die Fähre fuhr uns vor der Nase weg. Stefanie lief dann noch die restlichen 4Km und informierte uns über den Stand der Dinge. Wir zurückgebliebenen wollten schon aufgeben zu warten und wieder zurück laufen, da kam der erlösende Anruf, dass noch eine Fähre die Fahrt aufgenommen hat. Wir wurden gerettet

Später beim Grillen war natürlich auch Felix vom Hotel Alpspitz dabei.

Am nächsten Morgen oder war es schon fast Mittag fuhren wir nach Garmisch-Partenkirchen und spazierten an der Olympia-Sprungschanze vorbei

zur Partnachklamm.









Schnell zum Brezeln in die Ferienwohnung, denn für den Heimatabend wollten wir gut aussehen. Ich denke es war uns gelungen.

So standen wir an der Haltestelle und warteten auf den Bus.

Die Haltestelle war schon speziell aber immerhin fuhr hier ein Bus. In Grainau gibt es nämlich Haltestellen an denen nie ein Bus hält. Sie nennen sich Soda-Haltestellen, sie stehen halt so da…..


Wir schauten auf das Treiben auf der Bühne des Heimatabends bis wir das Gefühl hatten das sich alles irgendwie wiederholt. Es ging zurück zur Ferienwohnung und wir stellten fest, dass es für eine Beleuchtung des schönen Wanderwegs am Waldesrand wohl nicht mehr gereicht hatte. Zum Glück war es noch nicht stockdunkel.

*

Während eine Gruppe mit der Zugspitzbahn auf die Zugspitze und 2min. Seilbahn zum Gipfel fuhr, besuchten die anderen das Kloster von Benediktbeuren und fuhren durch die herrliche Natur.  Immerhin kostet die Fahrt zum Gipfel stolze 53€ und das Kloster war kostenlos. Zu Fuß wäre dann auch die Zugspitze kostenlos




*


Den Abend beendeten wir wieder gemeinsam beim Grillen.







Zwischendurch besuchten wir das Wellenbad in Garmisch-Partenkirchen, versackten in einem irischen Pub und unternahmen diverse Nachtspaziergänge. Minigolf spielten wir noch zum Abschluss, bei dem der Tagesrekord geholt wurde.

Wir machten noch einen Spaziergang durch die wunderschöne Gegend und belohnten uns mit einem leckeren großen Stück Kuchen.




In einem gemütlichen Biergarten ließen wir es uns noch einmal so richtig gut gehen um am nächsten Tag so langsam die Koffer zu packen.

Am Freitag traten wir nach dem leckeren und üppigen Frühstück die stress- und staufreie Heimfahrt an. Bei einem leckeren Essen in der Heimat endete dieser schöne Urlaub, bei dem wir auch viel Spaß hatten und viele nette und tolle Menschen kennen gelernt haben.

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Veränderung im Kindergarten

Autorin: Susanne

Ich kann mal beschreiben, wie es bei mir abgelaufen ist.
Ich wohne auf dem Dorf, wo ich die letzten 20 Jahre meinen Handwerksbetrieb hatte. Durch meine älteren zwei Kinder kennt man sich auch im Kindergarten ganz gut.
Zu Beginn meiner Transition, Coming-Out bei Familie einschließlich Kinder abgeschlossen, habe ich den Kindergärtnerinnen mitgeteilt, dass Veränderungen in nächster Zeit stattfinden werden und ich den Zeitpunkt des Wechsels ihnen bekanntgeben würde.

Gesagt, getan. Ich stand wie immer mit den anderen Müttern im Gespräch vorm Kindergarten und wartete auf den Jüngsten. Durch die Türe konnte ich sehen, wie ein Mädchen mit ihm über mich sprach: „Wer kommt dich denn heute abholen?“ – „Das ist mein Papa, der ist jetzt eine Frau“. Punkt! Für die Kinder war damit alles erledigt, ist so.

Drei Tage später kam ein Anruf vom Kindergarten, sie würden sich doch gerne mal mit mir unterhalten. Alle Kindergärtnerinnen und ich trafen uns nachmittags auf Kaffee und Plätzchen. Es waren ein paar tolle Stunden, viele Fragen wurden gestellt. Es stellte sich heraus, dass eine das Gespräch von meinem Sohn mitbekommen hatte und in totale Panik verfiel wie sie denn jetzt reagieren solle.
Am Ende des Abends waren alle Sorgen gelegt und die Kindergärtnerin konnte feststellen, dass Kinder viel pragmatischer mit solchen Situationen umgehen und Erwachsene noch viel von Kindern lernen können.

LG Susanne

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Transidentität in der Schule: Ein Rückblick

Autorin: Flora99Transidentität in der Schule: Flora berichtet über ihre Erfahrungen, Erlebnisse und Empfindungen sowie ihre Transition während der Schulzeit.

In zwei Wochen gehe ich ins schriftliche Abitur, und damit wird meine Schullaufbahn (fast) zu Ende sein. Ich habe die letzten acht Jahre auf demselben, mittelgroßen Gymnasium zwischen Menschen aller Art verbracht und wäre mit Sicherheit damals nie darauf gekommen, wie mein Leben heute aussieht. In die Zeit auf dieser Schule fiel nahezu mein gesamter bisheriger „transidenter Lebenslauf“, wie man so schön sagt, weswegen ich jetzt so kurz vor dem Schluss viel darüber nachgedacht habe, wie er denn so verlaufen ist, mein „Weg“ in diesem Umfeld.

Eins ist klar: Obwohl ich vor acht Jahren nicht die geringste Ahnung hatte, dass ich eines Tages eine Transition antreten würde (im Gegensatz zu so manch anderer trans*-Geschichte war mir das nicht „schon immer klar“), hätte ich damals keine bessere Wahl treffen können. Die Schule ist mit knapp 700 Schüler_innen nicht allzu groß und das Kollegium habe ich durchgehend als aufgeklärt und unterstützend erlebt. Ich hatte bei verschiedensten Problemen die Unterstützung der Schulleitung, eine Rückendeckung, die alles andere als selbstverständlich ist. Auch sind die Schüler_innen (größtenteils) zumindest weltoffen genug erzogen, Themen wie Transidentität nicht feindlich gegenüber zu stehen. Und seien wir mal ehrlich: Für Kinder und Jugendliche zwischen, sagen wir, 10 bis 18 Jahren ist das schon eine ganze Menge.

Ich könnte viele Momente aufzählen, in denen ich von meinen Mitschülerinnen (und selten auch mal von Mitschülern) Unterstützung bekam. Die Klassenfahrt nach Mannheim vor ziemlich genau zwei Jahren wäre wohl das beste Beispiel, denn dort outete ich mich endgültig in der Schule. Ich erinnere mich bis heute daran, wie ich eines der ehrlichsten Gespräche über meine Transidentität mit meinen Mitschülerinnen hatte, bei Sonnenuntergang am alten Wasserturm. Es war genau die richtige Mischung aus Unterstützung und Wachrütteln die ich dort nötig hatte, und ich bin den Beteiligten bis heute dankbar.

Das bringt mich aber auch zu meinem großen Kritikpunkt: Solche Gespräche gab es danach nicht mehr oft. Ich „transitionierte“ so vor mich hin, Haare, Makeup, Klamotten und parallel das Selbstbewusstsein wurden komplettüberholt und aufgebessert, und es ging mir immer besser. Heute, zwei Jahre später, gibt es an meiner Rolle als Frau in der Schule absolut gar nichts mehr zu rütteln, von keiner Seite. Alle möglichen Idioten und Uninformierten wurden teils durch mich und teils hinter meinem Rücken abgewehrt, aufgeklärt oder auch beides. Mittlerweile habe ich oft das Gefühl, viele haben meine Transidentität schon wieder vergessen, und bei manchen Neuen weiß ich nicht einmal, ob ihnen überhaupt jemand davon erzählt hat. Was mein großes Problem dabei ist, wird am besten am Beispiel einer Mitschülerin von mir klar, die sich gern sehr weltoffen gibt. Sie ist immer engagiert und hilft wo sie kann, schützt mich auch mal in meiner Abwesenheit vor Lästerattacken usw. Jedoch bin ich mir auch bei ihr immer sicherer, dass sie eigentlich viel weniger Ahnung von Transidentität hat als sie vorgibt. Wenn sie mich nach zwei Jahren als Frau an dieser Schule auf einmal fragt, welche Toilette ich benutze, macht mich das schon stutzig. Ihr fiel auch erst neulich auf, dass „Transsexualität“ ja offiziell eine psychische Störung sei und dass man es als transidente Person ja doch nicht so einfach hätte bei Ämtern und Gerichten. Außerdem kommen von ihr manchmal Sätze, die sehr falsch rüberkommen können, sowas wie „Du solltest echt froh über deinen Körper sein, wenigstens kriegst du deine Tage nicht“. Dieses Statement könnte man in einem eigenen, seitenlangen Text diskutieren, aber ich glaube der Punkt ist klar: Nettes Mädchen, hat aber von vielem keine Ahnung.

Geübte Gendertreff-Leser_innen kennen das Patentrezept, das hier helfen würde: Reden, aufklären, an das Thema vielfältig heranführen. Und genau da liegt mein Problem und das, was ich an meiner Zeit auf dieser Schule manchmal bereue: Dass ich genau dazu so wenig Gelegenheiten hatte, und sie mir nicht selbst geschaffen habe.

In einem Schulsystem, dessen Lehrpläne das Thema Geschlechtsidentität (noch) komplett außen vor lassen ist es schwer, es in den Unterricht einzubauen, ohne dass es zum nervigen „hier kommt Flora zum zehnten Mal mit ihrem Gerechtigkeits-Firlefanz“-Dauerbrenner wird. Und es ist genauso schwierig, eine offene Diskussion auf das Thema umzulenken, wenn niemand sonst Ahnung oder Lust genug hat, darüber mit dir zu diskutieren. Am allerschlimmsten ist aber der Fakt, dass sich nahezu niemand traut, Fragen zu stellen.
Ich sehe das aus meiner persönlichen Erfahrung heraus als ein riesiges Problem an. Die Leute bekommen nur extrem wenig tatsächliche Information über Transidentität, werden aber überschüttet mit irreführenden trans*-Reality-Shows und Gruselgeschichten über all die „social justice warriors“ und „political correctness-Fanatiker“ die alles, absolut alles ankreiden würden, was nicht 100% unangreifbar korrekt ausgedrückt sei. Natürlich sind das größtenteils übertriebene Ammenmärchen. Dennoch ist es wahr, dass es oft genau die kleineren Diskussionen über bestimmte Ausdrücke, einen schlecht dargestellten Film, oder irgendeine problematische Promi-Aussage sind, die tatsächlich die breitere Öffentlichkeit erreichen, anstatt die großen Probleme, die viel mehr trans* Menschen betreffen, wie die medizinische Versorgung oder juristische Hürden. In den Köpfen existieren also nicht nur die altbekannten Vorurteile, sondern auch die ständige Angst davor, etwas Falsches zu sagen, und damit den Zorn des Gegenübers auf sich zu ziehen.

Ich habe es für meine Verhältnisse schon viel zu oft erlebt, dass wenn sich überhaupt einmal jemand traut, eine Frage zu stellen, davor erstmal eine fünfminütige Einleitung à la „ich will dir ja wirklich nicht zu nahe treten“ kommt, obwohl die Frage völlig harmlos ist. Und ich bin davon überzeugt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dieser Angst, etwas falsch zu machen und unserem Verhalten als trans* Menschen (ich schließe mich da nicht aus). Wenn z.B. eine bekannte Person, auch wenn sie ganz offensichtlich nicht transphob ist, wegen einer Fehlformulierung von der Community öffentlich zerlegt wird, sendet das natürlich ein anderes Signal als eine trans* Community, die freundlich und sachlich aufklärt und auch innerhalb verschiedene Meinungen zulässt.

Mir ist dieser „Fehler“, wenn man es denn so nennen will, auch schon passiert. Ich wusste schon früh genau, dass „Geschlechtsumwandlung“ kein passendes Wort ist und habe das auch offen kommuniziert. Dass es aber vielleicht nicht das Einladendste ist, wenn man gleich bei der ersten Frage, die jemand stellt, Formulierungsdetails bemängelt, hatte ich nicht bedacht. Dass danach (wenn überhaupt) nur noch vorsichtig nachgefragt wird, ist dann ja wohl kein Wunder. Für mich war es selbstverständlich, dass das Lernen der „richtigen“ Wörter dazu gehört, wenn man sich über Transidentität informiert. Aber für viele der Leute, mit denen ich darüber spreche, ist das Thema absolutes Neuland, sie wagen bei jeder Frage den Sprung ins kalte Wasser. Und für diese Leute kam es dann wahrscheinlich so an, als würde ich mit erhobenem Zeigefinger korrigieren und ihnen vorhalten, wie wenig sie wissen. Und das zerstört natürlich jede Unterhaltung, die danach hätte kommen können.

Ich weiß jetzt, dass es eines meiner Ziele sein wird, Transidentität in meinem Umfeld nicht nach hinten zu schieben, sondern es für die anderen so normal zu machen wie für mich selbst. Die Leute sollten nicht nur mit einem „ich bin so tolerant, macht ihr doch wie ihr wollt“-Ansatz denken, sondern auch tatsächlich etwas darüber wissen, wie man als trans* Mensch lebt, und was das alles für Probleme mit sich bringt. Und damit das so wird, muss man als trans* Mensch auch auf die Leute zugehen, geduldig sein, nicht Leute gleich als „problematisch“ abstempeln, und immer bereit sein zu erklären. Zumindest sehe ich das im Moment so und werde auch versuchen, das besser zu machen. Und wer weiß, vielleicht hole ich damit in den wenigen verbliebenen Wochen auf dieser Schule ja noch so einiges nach!

Trotz allem muss eins klar sein: Dass es mich enttäuscht hat, wie wenig Wissen über Transidentität letztendlich bei vielen in meiner Schule da war, ist eigentlich ein Luxusproblem. Ich hatte nur das Gefühl, dass durch mein mittlerweile souveränes Auftreten als Frau und durch die wenigen Gespräche über das Thema bei vielen der Eindruck entstanden war, dass man sich als trans* Frau outet, sich die Haare wachsen lässt und dann ist alles super. Es hat mich geärgert, dass fast niemand von den vielen Kämpfen wusste, die für jeden Erfolg auf diesem Weg nötig sind. Trotzdem ist der Umgang meiner Schule insgesamt schon fast vorbildlich, schließlich wären die meisten anderen jungen trans* Menschen froh und dankbar, hätten sie so ein verständnisvolles Umfeld in der Schule gehabt. Es gibt so viele Geschichten von kleinen Nettigkeiten die ich aus meiner Schulzeit erzählen kann, wie von meinem Oberstufenberater, der mich monatelang immer wieder gefragt hat wie es um meine Personenstandsänderung steht, weil er mir endlich ein Zeugnis „richtig“ ausstellen wollte. Die Leute auf meiner Schule mögen zwar keine Expert_innen zum Thema Transidentität sein, aber haben mich im Großen und Ganzen wie selbstverständlich aufgenommen.

Anfang Juli findet nun der Abiball statt, der endgültige Abschluss meiner Schulzeit. Dort werde ich nicht nur als eine ganz normale Schülerin mein Abiturzeugnis entgegennehmen, sondern darf auch als Moderatorin durch den Abend führen. Wie selbstverständlich in einem Kleid auf der Bühne vor dieser vollen Halle stehen zu dürfen, wird letztlich einer von vielen Beweisen sein, dass „Trans* und Schule“ in meinem Fall trotz aller Makel eine Erfolgsgeschichte war.

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Selbstverteidigung kann gelernt werden

Bereits zum dritten Mal besuchten wir, eine Gruppe von 11 Personen, den Selbstverteidigungskurs in Duisburg. Warum das Ganze?

Selbstverteidigung ist die Vermeidung und die Abwehr von Angriffen auf die seelische oder körperliche Unversehrtheit eines Menschen. Selbstverteidigung besagt im Grunde, dass eine Person sich selbst gegen einen externen Angriff aktiv verteidigt. Es spielen also zwei Faktoren eine Rolle, zum einen der Angriff und zum anderen die Verteidigung.

Du kannst für dich nur die Verteidigung direkt beeinflussen und musst auf den Angriff reagieren. Es hängt also sehr viel von dir und den Techniken ab, die du kannst.

Muss ein Opfer fürchten, dass seine „rechtlich geschützten Interessen“ oder die eines anderen verletzt werden, darf es sich wehren. Dazu gehören:

– das Leben
– die körperliche Unversehrtheit
– die sexuelle Selbstbestimmung
– Eigentum
– die Ehre

Wichtig ist, dass man sich nur dann verteidigt, wenn man auch gerade angegriffen wird.

Am besten geht man Angriffen aus dem Weg – Ha, Ha, Ha. Manchmal leichter gesagt als getan. Aber ja, es gibt Möglichkeiten:
Nachts in Gruppen nach Hause gehen, ein Taxi statt den Bus nehmen, ruhige Abkürzungen meiden, um eine zweifelhafte Gruppe herum gehen bzw. die Straßenseite wechseln, Selbstbewusstsein ausstrahlen, mit erhobenem Haupt durch den Alltag gehen, etc., etc.

Aber dann passiert es doch – Ein Angriff droht. Weglaufen ist eine gute Option und/oder Hilfe rufen und suchen. Aber auch das funktioniert vielleicht nicht und nun?

Da hilft tatsächlich ein Selbstverteidigungskurs bei dem man Tricks und Kniffe lernt, sich zu verteidigen und damit oft einfach nur Zeit zum Weglaufen zu gewinnen.

Viele Kampfsportgruppen und Vereine bieten Selbstverteidigungskurse an und so haben wir uns ein wiederholtes Mal angemeldet um in 2×4 Stunden Tipps, Tricks und Kniffe zu erlernen bzw. aufzufrischen. Das Training hat wieder sehr viel Spaß gemacht und wir haben unsere Scheu und Ängste überwunden. Wichtig ist es, die Übungen öfter zu wiederholen!

 

>> Olaf, komma eben

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Bewerbungsgespräch als Nonbinary

Autor_in: L* (Flughunde)

Neulich hatte ich ein Bewerbungsgespräch für ein Praktikum und ich war im Vorhinein ziemlich nervös – einerseits, weil ich die Stelle doch ganz gern hätte, andererseits, weil ich bisher noch in keinem Bewerbungsgespräch thematisiert habe, dass ich Nonbinär-Transgender bin. Das heißt im Wesentlichen, dass ich mich zwischen Mann und Frau verorte. Jetzt drängt sich für manche vermutlich die Frage auf, wieso das meine_n Arbeitergeber_in überhaupt interessieren soll. Die meisten damit verknüpften Aspekte sind für sie_ihn auch irrelevant. Allerdings verwende ich im Alltag einen geschlechtsneutralen Vornamen, der nicht amtlich ist und daher weder in Zeugnissen noch in meinem Personalausweis steht. Um bei der Arbeit aber sofort mit meinem richtigen Vornamen angesprochen zu werden, habe ich mich dazu entschieden, mich mit diesem zu bewerben. Meinen künftigen Kolleg_innen hilft das, indem sie sich nicht umstellen müssen und mir tut das gut, weil ich dann direkt mit einem Vornamen bezeichnet werde, den ich mag. Um bei der schriftlichen Bewerbung Verwirrungen aufgrund unterschiedlicher Vornamen in Mailadresse, Anschreiben und Lebenslauf einerseits und Zeugnissen andererseits zu vermeiden, habe ich meiner Mail eine Signatur beigefügt: „Ich bin Nonbinär-Transgender und freue mich über geschlechtsneutrale Anreden (z.B.: Guten Tag, Hallo, Dear).“

Als ich eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erhalten habe, war meine Freude sehr groß. Nicht nur darüber, dass ich es in die engere Auswahl geschafft habe, sondern auch, weil ich mit einer geschlechtsneutralen Anrede angeschrieben wurde. Solche Erlebnisse freuen mich sehr, da ich als das wahrgenommen werde, was ich bin. Bereits bei einem anderen Bewerbungsgespräch hatte ich mir fest vorgenommen, dass ich erkläre, dass ich L* genannt werden möchte und mich über geschlechtsneutrale Bezeichnungen zur Beschreibung meiner Person freue. Da ich aber trotz meiner Signatur bereits in der Mailkommunikation und dann beim persönlichen Gespräch mehrfach als „Herr“ angesprochen wurde, hatte ich es damals bleiben lassen.
Nachdem ich aber dieses Mal mit einer geschlechtsneutralen Anrede angeschrieben wurde, standen die Voraussetzungen besser und ich ging mit einem guten Gefühl in das Gespräch. Meine positive Stimmung konnte nicht mal dadurch getrübt werden, dass ich am Bahnhof von einer fremden Person – vermutlich wegen meines Aussehens – beleidigt wurde. Als das Bewerbungsgespräch begann, stellten sich meine künftige Vorgesetzte und ich uns namentlich vor. Und dann kam eine Frage, die alle meine Bedenken beseitigte, ob ich dieses Mal meine Transidentität ansprechen werde. Mein Gegenüber fragte mich, wie ich bezeichnet werden möchte und vermutete, dass „Herr“ und mein Nachname keine Option sei. Dies bestätigte ich und sagte, dass ich einfach mit meinem Vornamen und Nachnamen bezeichnet werden mag. Innerlich hab ich zudem gestrahlt, weil diese Nachfrage Druck von mir genommen hat. Für gewöhnlich muss ich immer einfordern, einfach mit meinem Namen anstelle von „Herr“ bezeichnet zu werden. Dieses Einfordern, korrekt bezeichnet zu werden, kostet mich zudem immer Überwindung. Dementsprechend erleichtert es meinen Alltag, wenn ich gefragt werde, wie ich bezeichnet werden möchte, als wenn ich es jedes Mal selbst ansprechen muss.

Das weitere Gespräch ist ganz gut verlaufen, so gut, dass ich schlussendlich die Stelle erhalten habe. Beim Verlassen des Büros bin ich noch gefragt worden, wie meine Vorgesetzte mich im Gespräch mit anderen bezeichnen soll (vorher ging es ja um die direkte Anrede). Daraufhin hab ich gesagt, dass sie einfach meinen Namen nennen soll und auch meinen Vornamen anstelle eines Pronomens verwenden kann.

Am Nachhauseweg war ich euphorisch über das gute Gespräch und die Rücksichtnahme, die ich erfahren habe. Bezüglich meiner Transidentität wurden nur die relevanten Fragen auf sensible Weise gestellt. Alles andere hat meine künftige Vorgesetzte auch nichts anzugehen, es sei denn, wir sollten uns im Laufe der Zeit anfreunden und uns auch über Privates austauschen.

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Ava im Zugspitzland

Zwischen Weihnachten und Neujahr habe ich das Zugspitzland in Oberbayern unsicher gemacht. Natürlich nicht alleine: Gendertreff-Teamkollegin Marina sowie Maria und Julchen aus dem Gendertreff-Forum waren ebenfalls dabei.

Wir hatten uns in einem Hotel in Grainau eingemietet und haben dann die Gegend unsicher gemacht. Hier sieht man mich auf dem Parkplatz der Eibseeseilbahn.

An diesem Tag sind wir aber nicht auf den Zugspitzgipfel gefahren. Wir haben nur Maria zur Seilbahn gebracht, da sie auf dem Zugspitzplatt Skifahren wollte.

Wir anderen haben uns dann Garmisch-Partenkirchen und Grainau angeschaut. Hier sieht man mich in Grainau vor dem beeindruckenden Wettersteinmassiv. Quasi über mir seht Ihr die Waxensteine und rechts über der Kirche die Zugspitze.

Am nächsten Tag war das Wetter noch besser und wir fuhren zum Schloss Linderhof, das wir uns natürlich angeschaut haben. Leider darf man innen keine Fotos machen. Aber das Schloss und der Park sind wirklich sehenswert.

Der Schlosspark geht nahtlos in die grandiose Bergwelt über. Wir nutzten also das schöne Wetter nach der Schlossbesichtigung für einen ausgiebigen Spaziergang.

Ja, und dann waren wir natürlich doch noch auf der Zugspitze. Hier sieht man mich vor dem Gipfelkreuz, das den höchsten Punkt Deutschlands markiert.

Wir hatten eine beeindruckende Fernsicht. Das Alpenpanorama ist bei solch einem tollen Wetter ein echtes Erlebnis.

Oben auf der Zugspitze verläuft die Landesgrenze zwischen Deutschland und Österreich. Auf der einen Seite liegt der Freistaat Bayern …

… und auf der anderen Seite liegt das österreichische Bundesland Tirol.

Und noch ein Bild mit der herrlichen Alpenkulisse im Hintergrund.

Dann fuhren wir runter auf das Zugspitzplatt, wo wir Maria trafen, die dort Skifahren war. Und ja: Auch ich habe viel fotografiert. 🙂

Hier seht Ihr ein Foto von Marina und mir auf dem Zugspitzplatt, das ein anderer Tourist freundlicherweise von uns gemacht hat.

Ich steige Deutschland aufs Dach. 😉

Der Tag oben auf der Zugspitze hat richtig Spaß gemacht.

Da oben ist der Zugspitzgipfel.

Und noch ein Selfie von Marina und mir mit dem Gipfel der Zugspitze.

Am nächsten Tag sind wir morgens durch die beeindruckende Partnachklamm gewandert. Ob es kalt war? Ich denke, das Foto sagt alles. 😉

Am Ende der Partnachklamm bietet sich diese beeindruckende Kulisse.

Selbstverständlich haben wir auch eine schöne kleine Silvesterfeier gemacht. Und da wir ja in Bayern waren habe ich mir es nicht nehmen lassen, am Silvesterabend ein schönes Dirndl zu tragen. 🙂

Es war ein richtig schöner Urlaub, der mir lange in Erinnerung bleiben wird.

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Meine Tochter Julien

Autorin: Julien`s Mutter

„Mädchen sein ist doof, ich möchte lieber ein Junge sein!“ Was macht man, wenn eine ca. 7-jährige Tochter so etwas sagt? Ehrlich gesagt – gar nichts. Man nimmt es nicht ernst und vor 20 Jahren habe ich auch überhaupt nicht geglaubt, dass man daran etwas ändern könnte. Die Anzeichen waren da, mal mehr, mal weniger oder sie wurden ignoriert.

Ich erinnere mich lebhaft daran als es hieß, etwas passendes zum Anziehen für die Konfirmation zu kaufen. Die strickte Weigerung ein Kleid anzuziehen führte zu dem Entschluss Hose und Bluse zu kaufen. Mädchen in Hosen ist ja kein Problem. Bei den Schuhen wurde es dann hoch kompliziert. Bloß nichts Schickes und auf gar keinen Fall Pumps!

Die Zeit der Pubertät ist ohnehin schwierig, aber wenn dein Kind sich zurückzieht, nur noch in seinem Zimmer ist, in virtuellen Welten im Internet ist und keine wirklichen sozialen Kontakte hat. Gespräche nicht stattfinden oder mit Streit enden. Was dann? Resignation?
An dem langen Weg der Entscheidungsfindung habe ich leider nicht teilgenommen. Ich kann nicht nachvollziehen welche emotionalen Torturen man da bewältigen muss. Der Weg ist ja schon schwer genug, festzustellen da stimmt was nicht, festzulegen was da nicht stimmt und die Entscheidung zu treffen daran etwas zu ändern.

Wir hatten uns voneinander entfernt, aber wir haben uns wiedergefunden. Nicht, weil wir etwas falsch gemacht haben, sondern weil wir nicht wussten, was überhaupt los war.
Vor ca. 2 Jahren dann das endgültige Outing. „Mein Entschluss steht fest, ich werde ein Mann.“ Was bedeutet das denn jetzt? Auf jeden Fall ein langer Weg. Psychologische Betreuung, psychologische Gutachten, Beantragung der Personenstandsänderung, Einnahme von Testosteron, geschlechtsangleichende Operationen, Genehmigungen der Krankenkasse über die Kostenübernahme; auf jeden Fall viel Geduld für den ganzen Papierkram und den Zeitaufwand.

Als Mutter kann ich mein Kind nur unterstützen und begleiten. Zuhören und reden. Ich habe keinen Jungen geboren und es brauchte seine Zeit bis ich mich an den anderen Vornamen gewöhnt habe. Das klappt mittlerweile, obwohl mir manchmal noch das „sie“ heraus rutscht. „Ist Julien schon da? Was hat sie denn gesagt?“ Aber auch das wird immer weniger. Vor kurzem haben wir seinen „richtigen“ Geburtstag gefeiert und dabei wurde symbolisch der BH verbrannt. Es war die erste Geburtstagsparty überhaupt im Kreis von Freunden und Familie. Die Zeit der Einsiedelei und der Zurückgezogenheit ist endgültig vorbei. Mein Kind geht endlich raus und hat Freunde. Und das Wichtigste: Wir reden miteinander! Ich platze fast vor Stolz und laufe über vor Liebe, wenn ich sehe, wie glücklich, frei, aufgeschlossen und ja auch übermütig mein Sohn ist. Die pure Lebensfreude! Mehr kann doch eine Mutter nicht wollen.

„Mädchen sein ist doof, ich werde jetzt ein Junge.“ Ok! Ich bin da, gehen wir los, es lohnt sich!

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Kontrolle am Flughafen

Autorin: Rita

 

Hallo,

im Grunde verlief unser Urlaub ruhig, wir haben uns sehr gut erholt und es uns sehr gut gehen lassen. Leider ging die Zeit, wie es sowieso im Urlaub üblich ist, viel zu schnell vorbei.

Unser Flieger zurück ging erst um 18.45 Uhr, sodass wir in Ruhe frühstücken und die Koffer fertig packen konnten. Ein Outfit hatte ich im Urlaub noch nicht an und natürlich habe ich dieses angezogen. Meine Frau fand den Rock etwas zu kurz, ich fand es noch ok. 🙂

ESP2-16
Also fuhren wir mit dem Taxi zum Hafen, dann mit der Fähre rüber nach Ibiza. Die Überfahrt war sehr ruhig. Da wir noch genug Zeit hatten, beschlossen wir mit dem Bus zum Flughafen zu fahren. Dann haben wir eingecheckt und uns auf den Weg zum Sicherheitsbereich gemacht.

Ich legte meine Handtasche und meinen Schmuck in einen Plastikbehälter auf das Band.
Zuerst ging meine Frau durch das Kontrolltor und es passierte nichts. Dann war ich dran und natürlich piepste es. Ich wurde zu einer Sicherheitsbeamtin geschickt. Sie scannte mich mit so einem Handgerät ab. Es piepste munter weiter.
Die Beamtin wurde etwas nervös, da sie wohl merkte, dass ich (k)eine Frau bin. Sie sagte mir, dass ich hier stehen bleiben sollte und ging.

Mit 2 Polizisten im Schlepptau kam sie dann wieder. Einer der beiden Beamten fragte nach meinen Ausweis, verzog dabei aber keine Miene. Ich kramte nach meinem Ausweis und bemerkte, dass ich den DGTI-Ausweis zu Hause vergessen hatte. Der Beamte nahm den Hand-Scanner und kontrollierte mich erneut. Das Gerät schien kaputt zu sein, denn es meldete sich nun nicht mehr. Ich bekam meinen Ausweis, mit dem Hinweis auf einen guten Flug, wieder. In dem Augenblick ist mir mein Herz bereits auf den Fußboden geklatscht.

Nach der netten Verabschiedung der Beamten, erholte ich mich aber schnell und wir gingen einen Kaffee trinken. Der Rückflug war dann ohne Vorkommnisse.

Viele Grüße

Rita

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Ellie`s kleine Geschichte

Autorin: Ellie

Hi Leute,

Für alle die es Interessiert, meine Vorerst für die Öffentlichkeit bestimmte zensierte Form meiner Geschichte

„Meine kleine Geschichte“

Mein Anfang:
Ich bin 1999 in Wildeshausen geboren, um genau zu sein am 22. Januar. Bis um 10.15 Uhr oder 10.16 Uhr war es noch aktuell, ich sei ein Mädchen. Die Schwangerschaft meiner Mutter war komplett anders als bei meinem Bruder und Auf dem Ultraschall habe ich mich immer so gedreht das keiner sehen konnte was ich nun war. Ich habe meine Mutter auch sehr lange Quälen müssen, die Arme, sie sagte aber es habe sich gelohnt. Also doch was Gutes… . Ich war nun geboren und alle sahen: „Kein Mädchen sondern ein Junge!“
Dieser eine Moment war sozusagen der Anfang vom Ende…

Meine Eltern nannten mich René Heinrich. „Der Wiedergeborene“ frei übersetzt. Zumindest besser als die anderen Vorschläge wie zum Beispiel Leon. Nichts gegen den Namen, ich finde nur er passt nicht zu mir. Gut, René auch nicht aber zumindest besser als Leon…
Was die Jahre nach meiner Geburt passierte, durfte ich erst Lange später erfahren deshalb springen wir mal gleich zu meinem ersten Moment im Leben an den ich mich zurück Erinnern kann. Wenn du jetzt denkst das geht die ganze Zeit so weiter, hast du Recht, zwar bekomme ich nicht alles so zusammen wie ich es gerne möchte aber ich versuche es irgendwie anschaulich zu gestalten.

Kindergarten:
Der erste Moment in meinem Gedächtnis beginnt wie folgt: Ich liege ganz entspannt in meinem Hochbett, mein Teddy in meinem Arm, leichte Dunkelheit im Zimmer. Es war eindeutig Tag und die Vorhänge waren nicht richtig zugezogen. Ich hörte ein paar Stimmen, Vertraut aber ich wusste nicht wer das war, bis die Tür aufging. Da standen sie, meine Eltern, um mich zu wecken und mich fertig zu machen. Ich sah in diesem Augenblick zum aller ersten Mal Bewusst meine Eltern. Mein Vater kurze schwarze Haare und einen Schnauzer, selber ein bisschen schwerer aber halt ein Vater aus dem Lehrbuch. Er strich mir über den Kopf und sagte: „Aufstehen mein Großer, es wird Zeit für den Kindergarten“. Ich lächelte nur und wusste gar nicht wie mir geschieht. Neben ihm meine Mutter. Kupferne Haare mit Dauerwelle, ein weiches Gesicht und Schlank, in Eleganten Klamotten gekleidet. Sie ging mit ihrem Lächeln Richtung Schrank und da sah ich zum ersten Mal bewusst mein Zimmer, Blaue Raufaser Tapete, Bärchen, Teppich und Gardinen aus dem letzten Jahrtausend. Mein Hochbett stand an meiner Holztür gegenüber von meinem Fenster mit den hässlichen Vorhängen. Direkt daneben links an der Wand mein Schrank. Genau dasselbe zerbrechliche Teil welches bisher nur einmal um geschoben wurde. Rechts von meinem Zimmer eine Spielecke mit Playmobil und einem

Plastikpferd.
Ich, Voller Aufregung von dem Tag, zog mich an, ja, so was konnte ich schon alleine, ging nach unten und sah meinen Bruder am Küchentisch am Frühstücken. Er ist nur Zwei Jahre und einen Monat älter, also hatten wir an dem Tag dasselbe Ziel. Nach meinem Kinderwurstbrötchen ging es dann los, ab in den Kindergarten.

Ich kam in den Raum rein und sah überall spielende Kinder. Eine Frau kam in meine Richtung und stellte sich als Renate vor. Eine zweite stand daneben. Doch ich war so fasziniert und voller Angst das ich dies nicht mehr mitbekam. Den Namen bekomme ich heute auch nicht mehr raus, schade aber wahr. Ich drehte mich um und meine Eltern waren Weg „SCHOCK“.
Nach einiger Zeit und der Gewissheit dass meine Eltern irgendwann wiederkommen, beruhigte ich mich und erkundete den Raum. Rechts war eine Kochnische mit vielen Butterbrotdosen drauf. Also legte ich mein Kinderwurstbrötchen dazu und ging weiter. Gegenüber der Tür war eine große Glasfront mit Ausblick auf den Spielplatz. Nahezu Unendlich ging er in die Ferne. Bäume, Rutschen, Hügel, Gerüste, Schaukeln, alles was ein kleines Herz begehrt. Rechts an der Glasfront hinter der Küche war ein Bereich mit einem Teppich und so vielen Spielsachen das man daraus in den Himmel fahren konnte. Links an der Glasfront ein ähnlicher Bereich, nur war er mit Bücher Regalen umgeben und man sah nur mal hier und da ein Pferdchen oder mal fliegende Haare umher wedeln. Es war natürlich Interessanter da mal hinzugehen, als zu den sich Prügelnden Jungs mit den Ganzen Spielsachen, also ging ich los und ehe ich da war wurde ich schon wieder zurückgerufen zum Frühstück.
So ein Misst, da war ich schon Neugierig und dann konnte ich nicht. Wir saßen uns an zwei Tische, der eine Links im Raum vor den Regalen für die Jungs und Links neben der Tür für die Mädchen. Getrennt wurden diese von einem Regal aber da waren keine Bücher drinnen sondern auf der Mädchenseite: Schleifen, Stoffe, und handarbeitliche Dinge zum Lernen. Prompt wollte ich mich da hin setzen, doch wurde ich kurzerhand gepackt und an den lauten Jungentisch gesetzt. Auf der Seite waren Klötze und Stifte mit Mandelas. Abgesehen davon das es hier etwas zum Malen gab war es gänzlich uninteressant.
Nach dieser Pause ergab sich dann ein Stuhlkreis und alle haben sich einmal vorgestellt, es waren ja neue Kinder da. Also erzählte ich wie ich hieß und was ich gerne tat… Essen!
Ja ich aß gerne, es gab mir ein Gefühl von Freiheit, der Geschmack eines Apfels oder gar einer wabbeligen Nudel zu schmecken.

Es verging Tag für Tag in diesem Rhythmus bis ich endlich diese Ecke hinten Links sehen konnte. Und da war sie! Rosa Teppich, Puppenhaus und allem was mein Herz begehrt. Kaum war ich jedoch dort angekommen und wollte mich dieser Annehmen, wurde ich weggezogen und in die Straßenteppich ecke mit den Laut keifenden Jungs gesetzt.
Es dauerte gut ein halbes Jahr an Ehrgeiz und Arrangement um endlich mal einen Tag da zu Spielen. Es war einfach nur anders. Keiner der einem Plastik Autos an den Kopf schmeißt oder ein Holzklotz jemandem anders in die Nase steckte. Es war eher wie eine Küchenschlacht, rechts die Küchenzeilen mit Tee Ecke und hinten links Puppenhäuser und dem ganzen Zubehör. Die in der Küche, kochten wundervoll klingende Gerichte, die so Ausgedacht waren, das man es trotzdem Riechen konnte. Wenn sich das vielleicht komisch anhört habt ihr Recht aber als Kind hat man halt eine blühende Fantasie. Als mich das erste Mädchen entdeckte, nahm es mich gleich an die Hand und zerrte mich in die Tee Ecke und sagte ich sei jetzt ihr Ehrengast. Die anderen Bemerkten, das ich als einziger Junge da war und es wurde immer stiller und die Blicke durchsiebten mich. Als dann ein Mädchen aus heiterem Himmel anfing loszuschreien kam gleich die Erzieherin und fragte was denn mit mir los sei einfach da rein zu gehen. Ich saß nun an dem Jungentisch und malte, bis mich das Mädchen wieder an die Hand nahm und nach draußen begleitete.
Wir saßen nun da unter der Rutsche in einem Tunnel durch den Hügel und sie sagte mir ihren Namen: Vivien. Wie ich später feststellte wohnte sie gleich neben an ein paar Häuser entfernt. Aus diesem Moment, dort unter der Rutsche, entwickelte sich eine kurze Freundschaft, die sogar so weit ging, dass wir im Geräteschuppen eine süße kleine Hochzeit abhielten, es sich aber irgendwie falsch anfühlte. Trotzdem, als Kind findet man es einfach nur toll Erwachsen zu sein. Doch die Freundschaft endete als ich in die Schule ging und sie im Kindergarten blieb. Sie war noch zu jung aber trotzdem eine gute Freundin gewesen.

Schule und Therapie:
Gerade als die Welt perfekt war, wurde ich aus meinem Umfeld entrissen und ging in die Grundschule. Eine beschissene Zeit die ich nicht gerne Wiederholen möchte und an die ich mich auch nur noch schwer erinnere.
Erster Schultag, ich in meiner Rennautotüte, in die Schule, ab in die Klasse. Klasse 1A. 21 Jungs und 7 Mädchen. Aus Gewohnheit zu den Mädchen zugehen, setzte ich mich auch zu diesen in die Nähe. Links neben mir, Sebastian, ein Extrem irreführender Junge den ich aber schnell mochte, rechts neben mir Kashaf, ein Mädchen welches mehr Behaarung hatte als ein Alpaka. Um ehrlich zu sein habe ich erst daran gezweifelt dass sie tatsächlich ein Mädchen ist, sie war doppelt so groß wie ich und hatte einen Schnauzer.
So kontaktfreudig, wie im Kindergarten, ging ich los und suchte nach neuen Leuten. Erstmal bei den Mädchen, hatte im Kindergarten ja auch besser Funktioniert. Ich stellte mich vor und was geschah, sie lachten mich aus. BOOOM! Eine Welt ist zusammen gebrochen. Was war nur mit den Mädchen passiert das sie keine Jungs mehr mochten? Ich in meiner Hartnäckigkeit versuchte mich weiter bei denen, Vergebens. Darauf folgte eine Geschichte des Mobbens gegen mich. (…) Ich distanzierte mich von den Mädchen und wandte mich Timo und Sebastian zu, meinen derzeitigen Freunde, mit denen ich meine Freizeit verbrachte. Wir Bauten ein Club auf, der die ganze Siedlung Regierte und es nur wenige gab die es gegen uns angehen konnten. Wir waren einfach zu viele. Schulisch war ich in der Hölle doch Privat hab ich diese 20 Kinder geführt um die anderen zu besiegen. Keiner hatte ein solch taktisches denken wie ich. Trotzdem ließ mich die Schule nicht kalt und zuhause war es auch nicht besser. Ärger von Mutter und Vater, gehänselt vom Bruder. Ich hatte keine Lust mehr. Das mit 6 Jahren zu sagen ist schon heftig. Trotzdem hielten meine Eltern zu mir und Erkannten das etwas mit mir nicht in Ordnung war. Ich ging also in die Kinderklinik Oldenburg und durfte erstmals einer Psychotherapie beiwohnen. Festgestellt haben die dann ADHS. Ich nehme also mehr Dinge in meiner Umgebung war als andere und kann mich nicht so recht auf einzelne Sachen Konzentrieren.
In einer der Sitzungen fragte sie dann etwas: „Bist du mit dir zufrieden“
Ich guckte sie traurig an und sagte: „Nein, das bin ich nicht…“. „Was würdest du ändern, wenn du es könntest“. Ich fummelte in meinem Gesicht herum und sah im Fenster mein Spiegelbild. „Das hier“ und fummelte weiter in meinem Gesicht herum.
Sie schaute nur verwirrt und wusste nicht so recht was sie darauf sagen sollte, also packte sie drei Bilder aus. Das erste war ein Rechteck, das zweite ein Dreieck und das letzte ein Kreis. Das Rechteck bedeutet die Gesellschaft, du und ich, wir alle. Das Dreieck ist das Leben in Freundschaft, mit denen die dir Lieb sind und der Kreis ist deine Angst vor etwas. Sie packte ein Haufen von kleinen Plastik Tieren aus, „Nimm dir so viele kleine Tiere und Platziere sie auf den Formen“. Dies tat ich, ein Bär und ein Löwe für meine Eltern und einen Bock für meinen Bruder auf das Rechteck. Einen Specht und eine Giraffe für Timo und Sebastian auf das Dreieck und einen sitzenden Gorilla auf den Kreis für mich. Sie guckte sich das an und fragte warum dieser Gorilla da saß. Hab ich Angst vor dem alleine sein? „Alleine lebe ich schon, ich hab nur Angst davor dieser Gorilla zu werden!“ Sie schaute erst nur und sagte: „Darf ich dies deinen Eltern berichten?“ „NEIN!!!“ kam sofort aus mir raus. „Ich kann dir helfen, nicht dieser Gorilla zu werden, nur muss ich dafür deinen Eltern dies erzählen“. Ich schaute aus dem Fenster, ein Baum der im Wind weht, Blätter die über den Hof Flogen. Ich schaute zu ihr mit Tränen in den Augen „Ich brauche keine Hilfe!“
Wie unrecht ich hatte, aber ich wusste es nicht besser. Ich hätte die Hilfe annehmen sollen, aber ich tat es nicht. Was darauf folgte ist ein großes schwarzes Loch in das ich immer tiefer reinfiel, meinen Eltern aber alles verheimlichte und es größtenteils Verbarg.

Karneval, ein schönes fest, wenn man den Sinn dahinter betrachtet. Menschen verkleiden sich und sind für einen Tag wer anders. Ein König, eine Prinzessin, Polizist oder in meinem Fall Indianer. Eigentlich beneidete ich die Mädchen meiner Klasse. Sie durften als Prinzessin oder ähnliches gehen. Wäre ich auch gerne, aber wie erklärt man das seinen Eltern? „Hallo Eltern ich will kein Indianer sondern eine Prinzessin sein!“. Klingt irgendwie Scheiße und so beschloss ich in den nächsten Jahren mich nicht großartig zu Verkleiden sondern ging als „Geheim Agent auf Mission“.

Wir bekamen, ich weiß nicht mehr genau wann, einen Hund namens Sammy. Ein Kleiner Jack Russell Welpe der mir im späteren Verlauf einige Male das Leben rettete. Der kleine Hund war weiß mit großen orangen Flecken, einer nahe links am Hals, zwei Richtung Gesäß, einer auf der rechten Seite und der letzte am Hintern leicht linkslastig. Der Kopf der war aber Orange mit einem weißem Fleck im Nacken und einem weißen Unterkiefer. Sein Schwanz hatte nur einen orangen Ansatz, die Spitze war aber Weiß.
Irgendwann in der Schule mitten im Unterricht hatte ich irgendwie zu viel, stürzte raus und fand mich unter der Treppe kauernd neben dem Musikraum wieder. Es passierte etwas zum ersten Mal. Ich hatte das Gefühl der Raum hatte eine Schwingung. Es bewegte sich alles im Takt, bewegte sich nur und sagte aber nichts. Die Gegenstände am Fenster zu den Bäumen draußen im Wind. Es kam mir ein kalter Schauer über den Rücken. RAUS! Nicht weit meiner Klasse fern lag ich nun, aber trotzdem brauchte es etwas bis die mich fanden. Ich lag nun da, zitternd und weinend und wusste nicht warum. Im Hintergrund übte die Bläserklasse einige Stücke und das Weinen hörte auf. Ich zitterte nur noch unkontrolliert und wusste nicht weiter. Bis mich meine Lehrer fanden vergangen 2 Schulstunden und dazwischen die große Pause. Die Vertrauenslehrer wollten mich ab da an regelmäßig sprechen. Die spielten mit mir Spiele und suchten irgendeinen Grund um meine Mutter für mein Verhalten zu belangen. Schließlich schafften sie es dann, dass meine Mutter die ganze Schule zusammenschrie und ich vor der Tür saß. Als sie hinaus stürmte und mich sah fing sie an zu weinen drehte sich um und maulte die Lehrer an, warum ich denn da säße.
(…)
Weiter geht es mit dem Beginn meines größten Hobbys, dem Gitarre spielen. Im Musikunterricht hatten wir einmal Besuch von einem Mann der später noch an meinem Abschluss wichtig wird. Er spielt eine einfache Tonfolge und sang mit uns. Ab da an wusste ich: Ich werde mal Gitarrist!
(…)
Im November 2007 starb dann mein Opa, am Abend zuvor waren wir bei ihm, die ganze Familie versammelt, alle glücklich, alle gesund. Ich weiß nicht was wir gefeiert haben, ich war auf jeden Fall müde und hab meinen Opa an gemeckert er solle aufhören mich zu ärgern. Natürlich hörte er nicht auf, warum auch es war mein einziger Opa und Opas dürfen so was nun mal.
Der Anruf kam um 6:19 Uhr am nächsten Morgen. Warum weiß ich das so genau? Ab dem Zeitpunkt ist meine Familie auseinandergebrochen. Alle bewunderten mich für meinen Mut, mich von meinem Opa zu verabschieden, in meinem Alter von 8 Jahren. Unser Pastor hat mir das mit dem Tot so schön erklärt, dass ich seit dem keine Angst mehr vor dem Tot hatte. Kann man positiv und negativ sehen.
Positiv ich konnte und kann immer noch mit Toten umgehen und andere trösten. Negativ Ich hatte keine Angst zu sterben und begrüßte es sogar. Meine Mutter stürzte in ein tieferes Loch, als ich es mir vorstellen konnte. Sie hängt da heute, fast 10 Jahre später, immer noch drin.
Mein Leid in der Schule mit dem Tot meines Opas brachte mich zu Selbstmordgedanken.
„Wenn ich sterbe komme ich bestimmt als besserer Mensch wieder“ zu diesem Moment wünschte ich mir schon sehnlichst ein Mädchen zu sein. Und nahm mir ein Messer und legte es auf meine Pulsader am Arm. Ich drückte ein wenig und es fühlte sich befreiend an. Ich wollte es durchziehen, ein glatter Schnitt und die Welt wird gut. Dann kam mein Hund Sammy, setzte sich an mein Bein und presste sich dran…
Tränen kamen mir und ich legte das leicht blutige Messer weg. Wusch es ab und klebte ein Pflaster auf die Wunde, die zum Glück nur die Haut versetzte und keine Arterie. Ich setzte mich hin, auf den Boden und weinte, fragte mich „Warum?“ doch fand ich keine Antwort. Sammy presste sich immer mehr an mich und tröstete mich durch seine Nähe. Als meine Eltern kamen war das Pflaster ab, die Wunde blutete nicht mehr und ich hatte alles soweit gereinigt. Mein Leben ging weiter.
(…)
Weihnachten 2007 bekam ich dann meine Gitarre. Überglücklich klimperte ich ohne zu wissen was ich tue, Tag und Nacht. 2008 begann dann mein Unterricht bei Martin, ein Gitarrist der Blues liebt und es mir beibrachte. Ich lernte Blues. Hörte in all dem Leid Hoffnung und spielte und übte mehr denn je. Ich holte schnell meine Mitschüler ein und machte jeden Song zu meinem Eigenen. Martin sagte mir in meiner letzten Gitarrenstunde, dass er noch nie einen solchen Musiker wie mich erlebt hat, der mit einer solchen Kraft spielt, die jeden bewegt. Es gab aber auch mal eine Zeit in der ich nicht spielen wollte, ich vegetierte vor mich hin und hörte nur Musik. Danach jedoch war ich inspirierter als je zu vor, spielte nach einer Feier 4 Stimmig auf 13er Saiten, schaffe in manchen Momenten nüchtern aber nur 3 Stimmig und an schlechten Tagen gerade so die 1. Falls es sich jetzt so anhört, dass ich viel trinke, dem ist nicht so. Es beschränkt sich auf einem Mal im Monat, wenn überhaupt so viel.

Die Gedanken an Selbstmord blieben aber dennoch nicht fern. Sie waren direkt neben mir und nur Musik konnte sie fern halten. Ich lernte von 2006 bis 2010 Karate um mich im Notfall zu verteidigen, was nie funktionierte, da ich keinem Menschen Leid zufügen konnte, dachte ich zumindest. Stattdessen nutzte ich den Gürtel um ihn an der Decke in meinem Zimmer zu befestigen. Wenn das Ausbluten nicht funktioniert dann bestimmt das Ersticken. Ich hatte alles bereit. Brauchte nur noch den Kopf durchzustecken und loslassen… Es kratzte an meiner Tür, ich hatte sie nicht richtig verschlossen und Sammy kam herein. Ich stieg vom Stuhl auf den Boden auf mein Bett nahm nach einer Zeit den Gürtel von der Decke und legte mich hin, Sammy zu meinen Füßen. Er zitterte leicht und schaute mich nur an. Ich schaute zurück. Dies ging gefühlt Stunden. Die Tür ging auf und meine Mutter kam rein. Sah mich mit Sammy inzwischen schmusen, was sein erstes und letztes Mal schmusen war, und fragte erstmal warum ich noch nichts an Hausarbeiten getan hatte. Sammy lief glücklich zu ihr und ich drehte mich um, sah sie an und machte erstmal die Hausaufgaben.
(…)
Am Ende der 4 Klasse ging es wieder in ein Tief. Ich kam mit Bissspuren und blauen Flecken nach Hause. Alles nur von diesen 7 Mädchen aus meiner Klasse. Keine Unterstützung von meinen Kameraden oder Lehrern. Eher machten die mich zusätzlich runter. Beleidigten mich, machten mich für mein Wissen runter. Keiner Verstand mich, ich wollte nur so sein wie die. Ich griff wieder zum Messer, wieder an der Linken, setzte auf, diesmal kein Hund zum Trösten. Dieser war mit meinen Eltern spazieren. Ich dachte zurück an all das was passiert ist und… mir rutschte das Messer aus und knallte auf den Boden als es an der Tür klingelte. Auf dem Boden der Tatsachen zurück nahm ich es und steckte es weg. „Wieso bin ich so wie ich bin?“ „Wieso bin ich krank?“ „Wieso bin ich auf dieser Welt alleine?“

Ab jetzt beginnt meine Spur erwachsen zu werden:
Ich hörte mit der Gewalt auf, legte meine Gürtel im Karate weg und ging eine andere Richtung. Ich ging zu den Maltesern. Meine Gruppe war Herzlos, trotzdem mehr Familie als alles zuvor…
Ich ging auf die neue Schule und traf auf meine alte Klasse, ging zu meiner Lehrerin Frau B. und fragte ob ich vielleicht wechseln könnte. Sie wusste es nicht, war überfordert also ging ich in der Pause zum Schulleiter Herr B. Sie hatten den gleichen Nachnamen aber waren nicht verwandt, was ich tatsächlich noch nicht verstehen konnte, wie es Menschen mit demselben Namen gab diese aber in keiner Beziehung zueinander Standen. Herr B. guckte mich auf die Frage des Klassenwechsels nur verdutzt an: „Ich kann nicht Versprechen das ich dieses Jahr überlebe, wenn ich in der Klasse bleibe“. Ich schaute ihn Ernst an. Er überlegte nur kurz, nahm mich mit und fragte wer aus der anderen Klasse wechseln möchte. Ein Zwilling meldete sich und ging zur Nebenklasse. Ich setzte mich zu ihrer Schwester und einem pummeligen Jungen. Tobias. Ich entfernte mich recht schnell von meinen alten Bekanntschaften und knüpfte neue.
(…)
Tobias war der Erste der mich zu sich nach Hause einlud. Wir haben zusammen Blödsinn gemacht und Spiele gespielt. Wir lernten einen neuen in der 6ten Klasse kennen, Florian, einen Taubenzüchter aus einer Bauernschaft von meinem Dorf. Wir waren ein Traumteam, keiner konnte uns was, wir waren unbesiegbar zusammen. Eines Tages übernachtete ich mal wieder bei Tobias und am Abend hatte ich ein Kribbeln im Bauch, ungewöhnlich, aber es war schön. Ich hatte mich verliebt. Ich mochte ihm nichts sagen und genoss nur dieses Gefühl, wenn ich bei ihm war. Seine Eltern kriegten das Raus, dass ich ihn mehr als nur mochte und als er sich dessen Entwickelte, verbaten sie den Kontakt. Florian blieb bei ihm und ich war wieder alleine.
Todtraurig weinte ich Tag und Nacht verstand es aber kaum. Ich ging nach Vechta zu den Maltesern und lernte die mal besser kennen. Ich hatte zuvor auf einem Zeltlager was von ihnen gehört. Und bei meinem zweiten Zeltlager war ich mit denen dabei. Eine Familie die mich verstand. Beim Zeltlager am Ansveruskreuz hatte ich dann meinen zweiten Zusammenbruch. Mitten im Gottesdienst ist etwas in mir zusammen gebrochen ich konnte nur noch an dieses unrhythmische Verhalten aller zu der Natur denken. Erst wurde ich Nervös und dann brach ich zusammen. Mein Kreislauf ging immer weiter abwärts. Nach mehreren Stunden im Sanitätszelt unter Dauerbeobachtung wurde ich schließlich zum Abendessen abgeholt. Mir wurde anschließend gesagt, dass es in dem Jahr mehr Kreislaufversagen gab als jemals zuvor in einem Zeltlager, obwohl es mit knapp 450 Menschen eines der kleinsten war. Ich erfuhr Fürsorge für meine Gesundheit und verliebte mich Hals über Kopf in meinen Gruppenleiter. Er hatte eine Freundin doch wollte ich die sein, die er begehrt. Mein Wunsch weiblich zu sein wuchs mit jedem Moment mehr. Nach weiteren Jahren wurde es immer seltener, dass ich zum Malteser ging, um ihm nicht zu begegnen. Es erschien mir wieder Unwirklich warum es so war.
(…)
2012 bekam ich meine Westerngitarre und fing an zu komponieren, kurze Zeit später bekam ich auch eine E-Gitarre und Zubehör. Ich fand neue Freunde. Marius, Alexander und Michael. Wir verstanden uns nie alle. Erst war ich im Kleinkrieg mit Alexander, als es mit ihm wieder normal wurde war Marius dran, welches sich weiter als ein Kleinkrieg entwickelte. Alexander hielt jedoch die Gruppe zusammen, dafür müsste ich ihm eigentlich danken. Auch wenn es nur Kumpels waren und keine Freunde. Michael distanzierte sich immer weiter von uns und als wir aus der Schule heraus kamen, verließ er uns fast komplett. Ich hatte in der 8ten eine Freundin, die Beziehung ging aber rasch in die Brüche.
(…)
Die Realschule hab ich glaube ich nur überlebt, weil ich jeden Moment genossen habe. Ich war verrückt, habe gelacht und getanzt, die Freiheit genossen. Ich bekam auch weibliche Freunde, die leider nicht lange nach der Schule hielten. Die haben mir aber das Gefühl gegeben eine von ihnen zu sein, auch wenn ich augenscheinlich ein Junge bin, hatten sie es akzeptiert ohne es zu wissen. Ich schaute mir viel von ihnen ab und ging immer weiter in die Schiene: „So sein wollen wie ein Mädchen“
(…)
Dieses „Anders sein“ fiel aber Einigen auf die versuchten mich zu schikanieren. Als die Kinder dann merkten, dass es mit Worten nicht funktionierte gingen diese weiter. Es ging Anfangs mit lautem ins Ohr kreischen, auslachen und ähnlichem los und ging irgendwann soweit das die zuschlugen. Irgendwann in der 10 Klasse war es mir leid, ich vergaß meine Ehre, meinen Anstand und zahlte es ihnen heim. Hier kam mein jahrelanges Training zum ersten Mal richtig zum Einsatz. Einen, der mir auf den Kopf schlug, besiegte ich im Kampf. Heutzutage eine wahre Seltenheit, einen Kampf zu haben in dem nur zwei gegeneinander kämpfen, ohne dass wer anders Mithilft. Er schlug mir in dem Kampf die Brille vom Kopf und ich donnerte ihm einen blutigen Mund und eine blutige Nase. Wir wurden von einem Dutzend Leuten aus meinem Jahrgang auseinandergetrieben. Das Echo seiner Leute ließ nur nicht lange auf sich warten und einer seiner kleinen Schläger zog mich am Ohr, woraufhin ich ihn im Schwitzkasten fast erwürgte. Einem derer die dem Kerlchen zu Hilfe kommen wollten verpasste ich einen Schlag in den Solarplexus, einen Punkt im Brustkorb der schwere Folgen haben kann. Der Junge sackte zusammen und war kurzzeitig Bewusstlos. Als dann meine Klassenkameraden dazwischen gingen standen 30 Leute zwischen den Fronten. Einige halfen den Verletzten und andere meckerten die Kinder aus warum die mich nicht einfach in Ruhe ließen. Meine Freunde hingegen schauten mich nur verstört an und konnten nicht glauben was ich getan habe und ich muss zugeben dass ich es auch nicht glaubte, bis mich die Lehrer darauf aufmerksam machten und mir vorlegten das Selbstverteidigung in Ordnung sei, dass was ich jedoch getan habe eine Straftat wäre. Am Ende haben dann alle ihre Anschuldigungen fallen gelassen, aus Angst vor mir oder einfach weil es Selbstverteidigung war und keine Straftat, ich kann es nicht sagen.
(…)
Bei meinem Abschluss hatten wir das Thema Zuhälter und Bitches. Ich ging als „Bitch“ in die Vorbereitung und das Tragen der Klamotten hat mich erfüllt, ich war nicht mehr gefangen. Es war Unbeschreiblich. An dem Mottotag ging ich dann in einem schwarzen Kleid. Ich war nicht nur hübsch und augenscheinlich eine Frau, ich war ICH. Meine Mutter sagte mir in den Vorbereitungen immer ich solle mich wieder in meine gewohnten Klamotten werfen, ich sei ein Junge und das muss so. Mein Vater sah mich nur an und verstand das ich mich wohlfühlte, sagte aber nichts dazu.
(…)
Meine Familie brach weiter zusammen. (…)
Meine Familie Vaterseits traf sich bei meiner Tante. Wir berieten die Situation, dass sich meine Eltern trennen, Untreue, Vertrauensmissbrauch und vieles mehr war im Spiel und als Theorie. Es wurde auch gesagt das Linda, meine Tante, und Nancy, meine Cousine, von meiner Mutter gelernt haben wie man ein Kind schlägt ohne Spuren zu hinterlassen. Geübt soll es meine Mutter an mir haben. Nancy die meine Mutter auf den Tot nicht stehen sehen kann, hat sie bei Anschuldigungen in Schutz genommen und verteidigt, Positiv argumentiert und erwähnt das sie nichts dafür kann. Meine Mutter ist meine Mutter, und jeder ist so wie man geboren wurde. Wie ich später erfahren durfte stimmten alle Anschuldigungen meine Eltern sich gegeben haben, welche haargenau dieselben waren, nicht zu, noch nicht. Beide haben Versucht es zu retten, aber wie es nun mal ist, wenn man alleine handelt und versucht alles zu retten, es geht schief.
(…)
Dann kommen wir bald zu heute. Ich fing meinen BFD im Krankenhaus in Wildeshausen an. Auf der Chirurgie werde ich sehr geschätzt und für meine Arbeit gelobt. Bei einem BFD gibt es jedoch nicht nur Arbeit sondern auch Seminare. Ich erfuhr Familie wie noch nie. Meine eigene riss weiter auseinander und ich vergrub mich immer mehr in meinem Zimmer. Vielleicht weil ich mich nicht mehr wohl fühlte. In den Seminaren waren alle so verrückt wie ich und ich verstand mich sofort mit allen, als wäre ich im Himmel. Nach zwei Seminaren kam das politische Seminar, in diesem habe ich einiges gelernt. Ich lernte einen Transgender Namens Mika kennen. Selber war er einmal ein Mädchen und hat sich nach einigem Erlebten entschlossen, ein Mann zu werden. Ich bestaunte seinen Mut.

Mein Outen:
Mein dritter Zusammenbruch. Wir redeten über psychische Erkrankungen und alle wurden nervöser. (…)Die Bewegung der Beine und Hände, die der Köpfe und der Körper. Alles eine Symphonie, alle im Takt außer eine, die es selber nicht merkte und auch nichts dafür kann. Ich wurde hibbelig stürzte nach ca. 20min hinaus und fand mich unter der Treppe mit Stöpseln in den Ohren, laut Ed Sheeran hörend wieder. Mir wurde klar, dass ich kaputt bin.
In dieser Woche hatte ich die Karten in der Hand. Der einzige Gitarrist unter 120 Menschen. Ich wurde intim mit einigen Frauen und keine konnte mein Gefühl befriedigen an ihrer Stelle zu sein und begehrt zu werden. Während die es genossen, war ich wie eine Leiche, spürte nichts als Schmerz. Meine Fibrose ist aufgeplatzt und brauchte ein paar Tage zum heilen. Aber das war nicht der einzige Schmerz, der Schmerz ging durch meine Seele und Ich entschloss, „Ich brauche Hilfe“.
Am Tag nach dem Seminar sind meine Mutter und mein Bruder weggezogen und als Abschied umarmte mich mein Bruder als wäre ich seine Schwester. Ich war zutiefst berührt, auch wenn er das nicht absichtlich getan haben sollte, ich habe es genossen und habe Freudentränen in den Augen, wenn ich nur daran denke…, er sah mich darauf hin in alten, von meiner Mutter nicht genutzten Klamotten, die sie nicht mehr brauchte. Es war mir unangenehm von ihm so gesehen zu werden. Doch wurde es mal Zeit. Ich fühlte mich den ganzen Tag in diesen Klamotten so wohl wie lange noch nicht und zog nachdem ich geduscht und ihn kommen gehört habe schnell das Top aus um es zu verstecken. Wie dämlich von mir meine Identität zu verstecken…
Zwei Tage nach dem Seminar habe ich diesen Text geschrieben. Habe meinem Bruder gedankt und überlege ob ich ihm diesen Text auf sein PC ziehe damit zumindest einer mein Geheimnis weiß. Ich weiß nur nicht ob er das versteht oder wie er damit umgeht. Ehrlich gesagt hab ich Angst das alles was noch da ist zerplatzt oder der Kommentar aufkommt „alles sei nur eine Phase“. Es ist keine Phase sondern mein Leben. Ich bin gefangen in diesem Körper und weiß nicht weiter…!
Meinem Bruder hab ich es dann doch nicht gegeben, sondern meinem Vater. Ich zog es auf seinem PC und überlegte lange davor, ob ich es lösche und mich weiter verleugne oder ob ich mich stelle und glücklich werde. Ich entschied mich es drauf zu lassen und klappte seinen Laptop zu. Angst breitete sich aus. Was, wenn er das nicht versteht? Was, wenn er mich abstößt wie altes Obst?
Es war zu spät, der PC war im Ruhemodus und ich sagte ihm, dass der Text nicht leicht sei, dass er dies komplett lesen soll. Er tat es erst nicht. Es war sein Geburtstag und er vertraute mir, dass ich Recht hatte. Am nächsten Morgen hatte ich Frühschicht im Krankenhaus, er konnte nicht schlafen und las den Text. Er kam in mein Zimmer und umarmte mich, sprach mit mir und verstand mich.
Zwei Tage später ging ich zum Arzt, der verstand mich auch, wusste aber nicht wie das abläuft, nahm mir aber meine Angst. Nach meinem Arztbesuch mit dem Versprechen, wollte ich mich meinem Vater als Mädchen vorstellen, es rief Jonathan, eine guter Zockerfreund an und fragte mich wo ich die ganzen Tage war. Er war der dritte der von meinem Geheimnis wusste…

Man weiß gar nicht, wie schön es sein kann Selfies zu machen. Hatte ich zuvor noch nie. Es ist aber ein wundervolles Gefühl sich in seinem eigenen Abbild wohl zu fühlen. Nach Jonathan erfuhr es dann mein Bruder und dann meine Mutter. Beide nahmen es mit Humor und meine Mutter freute sich, dass sie mit ihrer Tochter einen BH kaufen kann. Mein Urologe nahm das alles nicht so locker und packte seine Sachen und ging aus dem Raum ohne mir in die Augen zu schauen. Was ein Arschloch!
Nach noch ein paar Tagen schrieb ich das dann Mika. Erkannte das wir gar nicht so verschieden waren und wir unterhielten und über Gott und die Welt. Das erste Mal dass ich von jemandem ein Lächeln auf den Lippen hatte der mich versteht. Es handelte sich tatsächlich um Gott und die Welt, also ist das nicht weit ausgeholt. Ab da an erfuhren es immer mehr Leute, nur bei der Arbeit waren noch alle im Dunkeln. Das sollte auch erstmal so bleiben.

Binnen zwei Wochen hab ich so viel erreicht wie noch nie zuvor. Mein Geheimnis wussten immer mehr und es fühlte sich gut an Verstanden zu werden! Meine Freunde sagten ich sei nicht mehr der kleine, aufgedrehte und total verrückte Junge wie in der Schule. Ich habe mich Verändert, zum Guten, ich sei nun „Normal“. Zwei Wochen und ich war glücklicher als zuvor… hätte ich niemals mit gerechnet, auch wenn es noch lange nicht perfekt ist, ist es doch angenehmer als ein Junge zu leben und dem Tot unglaublich nahe zu sein. Der Besuch in der Klinik rückte immer näher und ich lebte mehr und mehr wie ich sein wollte, eine Umstellung das zu tun was man für richtig hält, ohne zu berücksichtigen was die Gesellschaft denkt. Danke Mika, für deine Hilfe, denn ohne ihn wäre ich in den zwei Wochen mit Sicherheit nicht so weit gewesen wie ich es geschafft habe, auch wenn ich noch nicht in allen Situationen meines Lebens ein Mädchen sein konnte, war es trotzdem erfüllend so zu leben. In der Klinik war ich nicht als Junge sondern als Mädchen. Unauffällig, fast unsichtbar. Das Gespräch ging über Stunden und mir wurde am Ende empfohlen in stationäre Behandlung zu gehen. Offiziell nur wegen Depressionen. Inoffiziell wollen die herausfinden ob mein Verhalten zu BPS passt. Deshalb 12 Wochen Stationär. Akute Suizidgefahr schließen die aus und meinen sogar, dass ich mich selbst davon befreit habe. Ich bin mir da noch nicht allzu sicher ob das so ist.
(…)
Ostern war nun vorbei, immer noch keine Antwort von der Psychiatrie. Ich entschloss kurzer Hand zu meiner Mutter zu fahren. Einfach so nur gucken wie es denen geht. Wenn die nicht zu mir kommen gehe ich halt zu denen! Was passiert ist war eigentlich schon klar. Gegenseitige Vorwürfe, aufgebrachte Stimmung, alle Sauer, keiner Glücklich. Das Gegenteil von dem was ich Erreichen wollte…

Seit dem Termin mit der Psychologin verlief nichts wie es eigentlich sollte. Es sollte aufwärts gehen aber irgendwie geht es nur Abwärts, steil Richtung Boden. Ostern war kacke, die Psychiatrie meldet sich nicht, Stress bei der Arbeit, keine Zeit um zuhause irgendetwas zu machen. Es ging ja die ganze Zeit Berg ab aber nun wurde die Steigung mal wieder zu groß.
(…)
Die Einschulung für meinen Traumjob ist hinter mir! Eine Wohnmöglichkeit habe ich auch… Es scheint, als wäre bald die Zeit für einen Neuanfang. Blöd nur das ich immer noch gefangen bin und somit nicht neu anfangen kann…

Es geht trotzdem Voran. Das Schreiben der Psychiatrie kann ich als Gutachten nutzen und ich kriege mehr Zuspruch für mein Vorhaben als ich erwartet hatte. Meine Seminargruppe sagte zu mir nur, dass ich sehr Mutig sei, das so offen und locker zu sagen aber so Offen und locker wie ich das herüberbringe ist es weitaus nicht. Klar waren die vorerst Geschockt aber am Ende haben die nur gesagt: das kostet einen! Jetzt müssen wir erstmal shoppen gehen!
Ich stelle mir gerade 30 Leute in einem Geschäft vor, die die komplette Frauenabteilung belagern und versuchen was Passendes für mich zu finden und dabei nur Blödsinn machen. Diese Mauis sind irgendwie eine große, glückliche und leicht versoffene Familie für mich und überhaupt stehen so viele hinter mir, dass es für mich Rätselhaft ist warum es mir ständig noch so schlecht geht…

Ellie

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