E-Mail vom Chef – Transition am Arbeitsplatz

Manchmal ist es mit dem Thema Transition am Arbeitsplatz einfacher, als man denkt. Hanna aus dem Gendertreff Forum berichtet von ihrer Transition im beruflichen Umfeld.

Liebe Freundinnen,

ich kam vor ca. 1,5 Jahren recht schüchtern zum Gendertreff, als Mann, unter meinen weiten Sachen Strumpfhose, Rock, BH etc. verborgen, so wie mein Leben bis dahin. Mit euch habe ich gelernt, laufen zu lernen und heute stehe ich noch lange nicht am Ende meines Weges, habe aber schon so einige Hürden genommen. Von einer großen Hürde, dem Outing in meiner Firma, möchte ich euch kurz berichten.

Am besten kopiere ich euch einfach den Text, den meine Chefs über mich geschrieben haben. Die untere spätere Mail hat einen potentiellen Empfängerkreis von ca. 2000 Leuten, ich arbeite in einer Firma mit ca. 4000. Mein Chef sagte danach „Jetzt bist du berühmt“. Ich kann dem nicht viel hinzufügen. Am Abend nach diesen Mails habe ich vor Glück geheult und ich brauche diesen Worten nichts hinzuzufügen:

eure Hanna

(Ich werde in der Mail noch als Holger bezeichnet, gehe aktuell noch als Mann „verkleidet“ ins Büro, TTC ist meine Abteilung.)

********

From: M.,
Sent: Monday, June 24, 2013 10:29 AM
To: xxxxx approx 80 people Subject: Diversity @ TTC

Liebe Kollegen.

Dies hier ist sicherlich eine ungewöhnliche und nicht alltägliche Mail, aber ich freue mich, diese schreiben zu dürfen.

Ein Teil unserer Kultur des Unternehmens ist Vielfalt oder, um den Trendnamen zu nutzen, „Diversity“.
Für uns im Team ist das nichts Neues, wir arbeiten bereits überregional und auch global zusammen und das nicht einfach so, sondern wir sind ein echtes Team.
Wir sind so bunt wie die Gesellschaft und wir profitieren von unterschiedlichen Sichtweisen und persönlichen Hintergründen.
Die Kultur im Team, der Abteilung und letztendlich im Unternehmen wird geprägt durch unsere Vielfalt.
Akzeptanz und Toleranz sind Elemente, aber letztlich ist so etwas nur mit Wertschätzung erreichbar. Wertschätzung kommt nicht nur von der Führungskraft (oder sollte kommen 😉 ), sondern von untereinander gelebter Wertschätzung.

Um wertschätzend miteinander umgehen zu können, brauchen wir ein Umfeld, in dem sich niemand verstellen muss. Ein Umfeld, in dem wir so sein dürfen wie wir sind.
Niemand sollte seine Energie verschwenden, sich an ein wie auch immer geartetes Ideal anpassen zu müssen.

Daher bin ich froh, dass Holger H. mir über seine Transidentität (besser bekannt als Transsexualität) und die damit verbundenen Schritte berichtet hat und bewundere seinen Mut.
Ganz normal ist, dass jeder von uns eine sexuelle Orientierung und eine Geschlechter-Identität besitzt, so individuell wie der Mensch an sich.
Außergewöhnlich ist es aber (leider) immer noch, über Themen zu sprechen, die vermeintlich von einer / der gesellschaftlichen Norm abweichen.

Dazu möchte ich hier ganz klar Position beziehen!

Holger H. hat bereits damit begonnen, sich über einen längeren Zeitraum geschlechtsangleichenden Maßnahmen zu unterziehen.
Er wird dadurch auch nach außen in der Identität als Frau leben können, die ihn bereits sein ganzes Leben innerlich prägt.
Ich finde es sehr gut und einen Vertrauensbeweis, dass Holger den Mut hat, dies mit uns zu teilen.
Ich stehe uneingeschränkt hinter Holger und werde ihn in jeder Hinsicht unterstützen. Das Gleiche erwarte ich von jedem/jeder KollegIn im Team.
Selbstverständlich dürft ihr ihn bis auf weiteres mit Holger und in der männlichen Anrede ansprechen, die weibliche Form mit Hanna ist noch nicht notwendig, aber durchaus möglich.

Warum kommuniziere ich dies via Mail?
Ich wollte jedem von euch die Gelegenheit geben, diesen Schritt in Ruhe persönlich zu reflektieren.
Ich hoffe, dass ihr gemäß des rheinischen Brauchtums „jeder Jeck is anners“, mit Neugier und Aufgeschlossenheit auf Holger zugehen könnt.
Die Mail soll also kein Mittel versteckter und anonymer Kommunikation sein und bleiben, genauso wie das Thema an sich kein Tabu bleiben sollte.
Holger und ich würden uns freuen, wenn ihr das offene Gespräch sucht und ihr euch / wir uns mit Interesse auf die Veränderung einstellen.

Ich kenne euch alle gut und bin mir sicher, dass es nicht erforderlich ist, aber eines möchte ich dennoch ganz klar zum Ausdruck bringen:
Ich werde keinerlei Ausgrenzung, Diskriminierung, Ironie, Ignoranz, Tuschelei o. ä. dulden.
Am Mut von Holger sollte sich jeder ein Beispiel nehmen!

Vielfalt nicht nur tolerieren, sondern sich aktiv mit den Unterschieden der Menschen beschäftigen führt zu einer Erweiterung des persönlichen Horizonts und Flexibilität im Denken.

Mit diesen letzten Sätzen möchte ich nicht nur die Mail beenden, sondern auch den virtuellen Kommunikations-Pfad verlassen.
Geht auf Holger zu, sucht das Gespräch.
Aber vielleicht braucht ihr auch zuerst einen anderen Ansprechpartner. Ein Jeder kann sich gerne vertraulich an mich oder auch an Gerda K, unsere Diversity Beauftragte, wenden.

Gruß M.

********

From: xxxx, S,
Sent: Monday, June 24, 2013 16:58 AM

To: xxxxx approx 90 to 2000 people Subject: Diversity @ TTC

I buried my best friend on Saturday; he taught me the importance of living life to the fullest. I admire and applaud your bravery, Holger, to do what is right for you to get fulfilment in your life and I echo the sentiments that Meinolf has eloquently expressed below. We’re here to support you and I wish you luck and happiness as you undertake this challenging and rewarding journey.

I can only imagine the anguish you’ve gone through before you reached the point where you were ready to overcome your anxiety and what is right for you. There are many people who become entrenched in their lifestyles, ways of working, etc. You see the need to change and you are making it happen – good for you! My wish is that you get tremendous support from those around you. Should you find anybody who be unsupportive or make you feel in any way uncomfortable, please remember two things:

  • Should anyone have their own issues or prejudices that they project that on you, shame on them and you should never feel diminished by them – for each of them, there are multiple people who feel inspired by you
  • Should anyone in the workplace treat you with less than 100% respect, I genuinely want to know about it. I want you to feel absolutely comfortable within your work community, and you have my word that I will give not tolerate anything that threatens this

That said, I believe that people are understanding and caring, and I expect you to be well supported through your transition and beyond, and safe / comfortable / happy in your working life.

S.

INHALTSVERZEICHNIS

In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 01 u. 02-2013

Neujahr und endlich sind die fehlenden Unterlagen von der Therapeutin, vom Urologen und vom Endokrinologen unterwegs an den MdK. Jetzt wird es weiter gehen.

Die Spuren vom Epilationsmarathon verschwinden auch langsam. Die Taubheit, die Rötung und die Schwellungen im Gesicht verschwinden.

Der Karneval zieht durch das Rheinland und es findet ein Brief den Weg in meinen Briefkasten. Es ist Donnerstag, Altweiberfastnacht und die Rathäuser werden übergeben. Der Brief ist nicht irgendein Brief, sondern es ist die Kostenübernahme für meine GaOP bei der Uni Essen durch die Krankenkasse.

Ihr Leistungsantrag vom 11.09.2012

Sehr geehrte Frau,

Sie wünschen die Kostenübernahme für eine geschlechtsangleichende Genitaloperation.

Gerne teilen wir Ihnen mit, dass diese nach den vereinbarten Vergütungssätzen zwischen dem Krankenhaus Universitätsklinikum Essen und uns übernommen werden.

Legen Sie dieses Schreiben zusammen mit der ärztlichen Verordnung von Krankenhauspflege dem Krankenhaus vor. Die Kosten der Behandlung werden dann direkt mit uns abgerechnet.

Wir wünschen einen guten Behandlungsverlauf.

Termin zum Vorgespräch in der Uni Essen ist der 29.04.2013.

<< Zurück >> Weiter

<< Inhaltsverzeichnis

In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 12-2012

Zwischen Weihnachten und Silvester werden wir eine Epilationssession machen. In drei Stunden Dauerbeschuss werden den weißen Barthaaren der Garaus gemacht. Natürlich schieben wir ein paar Kaffeepausen dazwischen. Vorher min. drei Tage Bart wachsen lassen * Hua * Schüttel.

Rundum fühle ich mich gut versorgt. Die Gynäkologin hat meine Brust nach verdächtigen Knoten abgetastet, der Urologe hat gleich eine Rundum Untersuchung durchgeführt. Unter anderem hat er mit Ultraschall die Nieren, Blase und Prostata auf ihr Wohlbefinden gecheckt und der Endokrinologe, der die 4mg Estradiol bestätigt, hat die Brust mit Ultraschall untersucht, Blut abgenommen und auch noch einmal den Blutdruck gemessen.

Mit diesen guten und wichtigen Untersuchungen und den positiven Bescheiden, gehe ich doch viel lieber und mit einem guten Gefühl in die Uni Essen zur GaOP.
Überall werde ich sehr fürsorglich untersucht und es werden mögliche Probleme ausgeschlossen.
Es kann doch nicht wirklich sein, dass dies abgeschafft werden soll – Oder?

Achtet immer darauf, dass ihr die richtigen Tabletten bekommt, denn mir ist folgendes passiert: Ich habe wie immer mein Rezept bei der Apotheke abgegeben und wieder zwei Packungen Estradiol bekommen. Aber erst zu Hause ist mir aufgefallen, dass die Packung Rosa statt Türkis und die Tabletten Weiß statt Blau waren. Auf der neuen Packung stand 2mg drauf aber der Beipackzettel signalisierte 1,56mg Estradiol, was faktisch eine Minderung bedeutet hätte. Zurück in der Apotheke konnte der Fehler schnell geklärt werden. Auf dem Rezept war das Medikament nicht genau genug bezeichnet und die Apothekerin hatte daraufhin das erste Medikament genommen, das auf ihrem Bildschirm angezeigt wurde.

Der Bericht vom Endokrinologen steht noch aus, obwohl die Praxis mir bestätigte, dass er schon lange raus geschickt wurde. Vermutlich ist er in der Weihnachtspost verschütt´ gegangen. Also im neuen Jahr nach haken.

Komme gerade von meinem 4-stündigen EPI-Marathon – Autsch. Sehr schmerzhaft aber diverse bartfreie Stellen sind schon sichtbar und da wächst nun nichts mehr.

<< Zurück >> Weiter

<< Inhaltsverzeichnis

In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 11-2012

Die Nachfrage Anfang November bei der Krankenkasse bringt nur die freundliche Antwort, dass die Unterlagen noch vom MDK geprüft werden. Zeitgleich erfahre ich von meiner Therapeutin, dass der MDK Berichte bei Ihr, beim Endokrinologen und bei der Gynäkologin angefordert hat. Jetzt kann es nicht mehr so lange dauern, muntert Sie mich auf und bei mir wäre doch alles klar.
Leider muss ich den Termin bei der Uni Essen absagen, denn bis dahin habe ich den Bescheid auf keinen Fall.

Den MDK muss man sich in diesem Fall wie ein drittes, unabhängiges und kostenloses Gutachten vorstellen. Er kann weitere Berichte einholen und spricht der Krankenkasse eine Empfehlung aus. Ist die Diagnose „Transsexualität“ nicht so eindeutig, also will z.B. jemand mit der Geschlechtsangleichung versuchen andere seelische und/oder körperliche „Baustellen“ zu kitten, kann es vorkommen, dass man auch dort persönlich zu erscheinen hat. Aber ganz ehrlich, wollt ihr nicht auch nach der OP endlich Sorgenfrei so leben wie ihr es schon immer wolltet? Und nicht wohlmöglich feststellen, dass das der falsche Weg war?
Darum auch die 18 Monate zwischen erster Hormoneinnahme und der OP! Nicht aus Schikane! Nein, weil es viele Fälle gibt, die nach der OP festgestellt haben, dass dies der falsche Weg war und nun Seelisch ganz zerbrechen. Einfach noch einmal in sich rein hören, noch einmal überlegen ob dies der richtige und einzige Weg ist, sich darüber im Klaren sein, dass es kein Zurück mehr gibt, Dinge organisieren und erledigen.
Ihr denkt, das ist Blödsinn?
Habt ihr nicht auch schon von Suizid nach der OP gehört? Habt ihr nicht auch schon Transsexuelle, die ihre OP hinter sich haben, in SHGs oder sonst wo kennen gelernt, die totunglücklich waren? Ich habe schon öfter davon gehört und auch einige kennen gelernt. Und warum ist das so? Es ging einigen einfach nicht schnell genug – Sie waren in Ihrem und mit Ihrem Ich noch nicht wirklich angekommen. Aber manchen kann es ja gar nicht schnell genug gehen.
Es ist ein riesen großer Schritt, den man sich genau überlegen muss! Rückgängig machen – ist nicht mehr!

Wenn ihr gefestigt und wirklich nur noch im „Wunschgeschlecht“ glücklich seid ohne Wenn und Aber, dann kann es losgehen und niemand wird euch Steine in den Weg werfen.

Aus dem Befund-/Verlaufsbericht:

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der transsexuelle Wunsch bei Xenia lange besteht, stabil und irreversibel ist; dass die Alltagserprobung bemerkenswert gut gelingt (sicherlich auch dadurch, dass Xenia sie in kleinen Schritten gesteigert hat und dabei darauf geachtet hat, sich nicht zu überfordern); dass aus meiner Sicht eine Indikation zur operativen Geschlechtsangleichung indiziert und notwendig ist, damit Xenia weiterhin psychisch stabil leben kann, und dass die Prognose für die Verarbeitung der Operation günstig erscheint.

********
Habe ich gesagt, dass niemand mehr Steine in den Weg wirft? Scheinbar liegen da doch noch ein paar.
Weiter oben habe ich erwähnt, dass der MDK noch Berichte einfordert. Nun jetzt Mitte November halte ich das Schreiben der KK in den Händen, wo genau darauf hingewiesen wird. Der MDK verlangt noch Berichte von meiner Therapeutin, meinem Endokrinologen und nicht von meiner Gynäkologin sondern von einem Urologen. Na klasse, wo nehme ich den denn jetzt her.
Schon geht die Rennerei wieder los. Fragen ob den Bericht auch meine Gynäkologin schreiben kann. Wenn nicht, einen Termin bei einem Urologen machen und dem auch die ganze Geschichte erzählen. So verzögert sich die Weiterarbeit des MDK und bis ich dann wieder einen neuen Termin bei der Uni Essen habe, haben wir Frühjahr 2013. Da sehe ich doch schwarz mit der GaOP im August 2013.
Zum Glück konnte ich kurzfristig einen Termin bei einem Urologen bekommen. Also Ende November geht es weiter.

Nach der 7. ELOS-Sitzung hatte ich Ende November meinen ersten EPI-Termin. Unter- und Oberlippe, also gleich das Schlimmste, kam dran. Gut das ich nicht geschminkt war, denn Heulen ist garantiert.
Für die EPI, im Gegensatz zur ELOS, sollten die (Bart-) Haare möglichst lang sein, d.h. je nach Bartwuchs, zwei bis drei Tage nicht rasieren. Ich hatte mich ca. 27h nicht rasiert, dennoch waren die paar Haare zu kurz, so dass die Prozedur an jedem Haar sehr lange dauerte. Also wie gesagt, lange Haare, dann geht`s schneller.

<< Zurück >> Weiter

<< Inhaltsverzeichnis

In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 8, 9, u. 10-2012

Knapp 6 Wochen hat es gedauert, bis die Krankenkasse geantwortet hat. Okay es war Urlaubszeit, aber Hauptsache ist doch, dass die Krankenkasse die 25 Therapiestunden übernimmt. Dieser positive Bescheid tut erst einmal gut auf meinem weiteren Weg.

Haha und jetzt habe ich auch meinen „Fall“.

Ich habe eine private Krankenzusatzversicherung. Die Betonung liegt auf PRIVAT.
Laut deren Änderungsschreiben, sie haben daraus einen Neuabschluss gemacht, soll ich jetzt den weiblichen = doppelten Tarif zahlen. Nun der Widerspruch ist bereits unterwegs und mal sehen was kommt. Ich berufe mich da gleich auf dieses Urteil.

Anfang September habe ich nun meinen Antrag zur Kostenübernahme der geschlechtsangleichenden Operation an die Krankenkasse geschickt.

An die Krankenkasse

Betr.: Antrag auf Kostenübernahme für geschlechtsangleichende Maßnahme

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit beantrage ich die Kostenübernahme für meine geschlechtsangleichende Genitaloperation.

Wie Sie aus meinen beigefügten Unterlagen entnehmen können, lebe ich seit meinem Outing im Oktober 2011 in der Firma, ganz als Frau. Meine Personenstandsänderung wurde am 26.3.2012 vom Amtsgericht Düsseldorf beschlossen und zum 17.4.2012 rechtskräftig. Hormone (Estradiol) nehme ich seit Juni 2011 und werde seit April 2011 therapeutisch begleitet, zurzeit von Frau H-M in Hilden in Bezug auf die Begleitung zur geschlechtsangleichenden OP (s. Ihre Genehmigung auf Kostenübernahme).

Befunde von einem Neurologen, meinen Therapeutinnen und meiner Gynäkologin lege ich diesem Schreiben bei. Zudem wurden zwei unabhängige Gutachten im Januar und Februar 2012 erstellt, die ich Ihnen auch in Kopie zur Verfügung stelle. In allen Unterlagen wird die Diagnose 64.0 (Transsexualität) ersichtlich.

Aus meinem Lebenslauf und meiner Chronik können Sie entnehmen, dass ich schon in früher Kindheit feststellte, dass mit mir etwas nicht stimmt. Seit 2004 dann nach meinem Outing in der Familie auch erst einmal zaghafte Alltagsversuche unternahm. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich zusammen mit meiner Frau eine Selbsthilfegruppe gegründet, die heute bei den Gesundheitsämtern in Düsseldorf und Leverkusen volle Unterstützung genießt. Diese Plattform (Gendertreff.de) mit ihrem Forum, Blog/Magazin, Linksammlung und vielem mehr soll anderen helfen und versteht sich als Informations- und Austauschplattform zum Thema Transgender.

Ich bin gefestigt in meinem Vorhaben, was die Befunde bestätigen. Mir geht es psychisch soweit gut, dass ich mich nicht mehr verstecken muss und als Frau leben kann.
Leider kann ich als Frau nicht vollständig am gesellschaftlichen Leben teilhaben (Sauna, Schwimmbad, Umkleidekabinen, u.ä.). Damit bleiben Freizeit- sowie sportliche Aktivitäten auf geschlechtsneutrale Aktionen beschränkt, was ich als Einschränkung meiner persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten ansehe und was mein psychisches Wohlbefinden beeinträchtigt.

Mein Körper hat sich durch die notwendige Hormontherapie verändert, so habe ich mittlerweile eine weibliche Brust. Mein männliches Geschlechtsteil passt jetzt nicht mehr zu meinem ansonsten weiblichen Erscheinungsbild. Dieses zweigeschlechtliche Erscheinungsbild ruft hervor, dass ich jedes Mal wieder peinlich berührt bin und mich schäme, wenn ich mich mit meinem nicht eindeutig fraulichen Erscheinungsbild zeigen muss (z.B. Arztbesuche). Ich empfinde mein männliches Geschlechtsteil daher als unpassend, störend und unästhetisch und somit als körperlich entstellend. Ich bin zwar rechtlich und psychisch als Frau angekommen, aber körperlich noch nicht ganz.

Um mein Leben als Frau vollumfänglich leben zu können und als Frau uneingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, bedarf es der Anpassung meines äußeren Erscheinungsbildes an das einer Frau durch die geschlechtsangleichende OP.

Ich habe mich entschlossen mich in der Uni Essen zu melden. Dort wird diese Operation bereits seit einigen Jahren mit guten Erfolgen durchgeführt.

Ich habe bereits einen Termin im November zu einem Vorgespräch an der Uni Essen ausgemacht. Für die weitere Terminvereinbarung (Voruntersuchungen etc.) wäre die Kostenübernahme durch Sie nötig. Ich würde diese Maßnahme gerne nächstes Jahr durchführen lassen. Der Zeitpunkt richtet sich nach der Wartezeit der Uni Essen auf einen solchen OP-Termin.

Ich bitte um die Kostenübernahme zur geschlechtsangleichenden Operation, da ich alle Voraussetzungen mitbringe (gesicherte Diagnose, s. Gutachten/Befunde etc.) und meine psychische Gesundheit unter dem körperlich nicht eindeutigem Erscheinungsbild leidet.

Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Mühe und hoffe auf einen positiven Bescheid.

Mit freundlichen Grüßen

Anlagen:

-) Beschluss Amtsgericht Düsseldorf
-) Gutachten
-) Gutachten
-) Befunde der Therapeutinnen
-) Befund Neurologe
-) Befund Gynäkologin
-) Befund Endokrinologe
-) Transsexueller Lebenslauf
-) Chronik meines transidenten Lebens
-) Flyer des Gendertreff – Plattform für Transgender, Angehörige und Interessierte.

Jetzt heißt es warten und in der Zwischenzeit einen Termin bei der Gynäkologin und beim Endokrinologen wahrnehmen. Ein Termin zu einem Vorgespräch in der Uni Essen konnte auch bereits telefonisch im November gefunden werden. Zusätzlich zu der Überweisung der Gynäkologin und der mittlerweile üblichen Unterlagen, wäre eine schriftliche Zusage der Krankenkasse zur Kostenübernahme, hilfreich.

Ende September habe ich einen Routinetermin bei meiner Gynäkologin wahrgenommen und auch über den November Termin in der Uni Essen gesprochen. Leider kann Sie nur mit der Kostenübernahme der Krankenkasse die nötige Überweisung ausstellen. Sie hat zwar heute mit meiner Krankenkasse gesprochen, aber die kann nach ca. 10 Tagen noch keine Aussage treffen.
So heißt es warten und hoffen, dass ein positiver Bescheid bis Mitte November eintrifft, sonst muss ich leider diesen ersten Termin bei der Uni Essen verschieben.

Die Krankenkasse hat sich nun im Oktober gemeldet. Nein, keine Zustimmung und auch keine Ablehnung, nur ein kurzer Zwischenbericht:
„…… Sie möchten, dass wir die Kosten für eine geschlechtsangleichende Maßnahme übernehmen. gerne prüfen wir Ihren Wunsch.
Ihre Unterlagen haben wir an unseren medizinischen Beratungsdienst (MDK) weitergeleitet. Über das Ergebnis werden wir Sie informieren. ……“

<< Zurück >> Weiter

<< Inhaltsverzeichnis

Kleines 1×1 der Hormone

Autorin: Marina

Als Erstes muss ich, Marina, vorausschicken, ich bin weder Ärztin noch Pharmakologin. Ich habe „nur“ Chemieingenieurwesen studiert. Darin enthalten 4 Semester Biochemie. Alle nachfolgenden Informationen sind aus Wikipedia und anderen öffentlich zugänglichen Quellen zusammengesucht. Dieser Text ist meine persönliche Zusammenfassung meines Wissens über Hormone und die Hormontherapie, das ich mir über die Jahre angeeignet habe. Ich erhebe keinerlei Anspruch auf Richtigkeit noch auf Vollständigkeit. Ebenso übernehme ich keinerlei Verantwortung für Konsequenzen, die andere aus meinen Überlegungen und Darlegungen ziehen.Ich möchte mit dieser Zusammenfassung einen leicht verständlichen Überblick geben, wie und wieso Hormone wirken und was eine Hormontherapie im Körper auslöst. Dabei stelle ich alles aus der Sicht einer Mann-zu-Frau transidenten Person dar. Bei Frau-zu-Mann-Transsexuellen ist dies aber ganz genauso, nur mit umgekehrten „Vorzeichen“.

Das Grundprinzip aller Hormone ist das Schlüssel-Schloss Prinzip. Das Hormon ist der Schlüssel, die „Schlösser“ sitzen in den Körperzellen, den sogenannten Rezeptoren. Dockt ein Hormon am passenden Rezeptor an, dann löst dies eine Reaktion der Körperzelle aus. Genauso wie man mit dem passenden Schlüssel ein Schloss öffnet. Jedoch sind Hormone quasi „Einweg-Schlüssel“. Haben sie einmal angedockt, werden sie von der Zelle nach einiger Zeit abgebaut, so dass das Schloss (der Rezeptor) wieder frei ist.

Weiterlesen

Einstiegsdosis zu hoch?

Nicht umsonst ist der Beipackzettel des Hormons „Estradiol“ so groß wie eine Tapete. Viele Gefahren und Nebenwirkungen gehen einher bei der Einnahme von Hormonen und deshalb ist es angezeigt, erst einmal mit einer kleinen Dosis, wie z.B. 2mg/Tag, anzufangen. Bei guter Verträglichkeit, steht einer Steigerung der Dosis nichts im Wege. Leider gibt es Ärzte, die gleich mit höheren Dosen einsteigen, ohne den „Patienten“ vorher einmal richtig zu untersuchen.
Katja musste leider diese Erfahrung machen, aber lest selbst …

Hallo zusammen,

ich möchte euch heute darüber informieren, dass ich meine Hormoneinnahme abgesetzt habe. Dies ist zur meiner eigenen Sicherheit geschehen.

Ich hatte beim CSD Duisburg über unangenehme Herzschmerzen geklagt und auch mein Kreislauf war daneben. Aber ich wollte unbedingt dabei sein!

Den Montag danach war ich dann ganz neben der Spur, so dass ich sofort meinen Hausarzt angerufen habe und ich gleich Dienstagmorgen vorbei kommen sollte.
Nach dem EKG und der Blutdruckmessung setzten wir uns gleich zur Besprechung zusammen. Es war zum Glück, ALLES OK!
Zu der etwas zu hohen Einstiegsdosis kamen noch psychische Probleme und Sorgen und dieses zusammen hatte mein Herz und Kreislauf etwas durcheinander gebracht.

Naja ich lasse mich am 29.08 zusätzlich auch kardiologisch untersuchen, damit ich
noch ruhiger werde und entspannter meine Umstellung in Angriff nehmen kann. Bis dahin sind noch einige Baustellen zu erledigen, aber zum Glück ist jetzt aktuell wieder alles in der richtigen Reihe.

Ich grüße Euch
eure Katja

>> Inhaltsverzeichnis

Forderungspapier des Gendertreff zur Reform des Transsexuellenrechts

Das TSG soll laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung aus CDU, CSU und FDP noch in dieser Legislaturperiode reformiert werden. Dazu heißt es im Koalitionsvertrag:

„Reform des Transsexuellenrechts

Das geltende Transsexuellengesetz ist in seinen wesentlichen Grundzügen inzwischen fast dreißig Jahre alt. Es entspricht nicht mehr in jeder Hinsicht aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen. Wir werden das Transsexuellengesetz deshalb unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf eine neue zeitgemäße Grundlage stellen, um den betroffenen Menschen ein freies und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.“

Der Gendertreff veröffentlichte an dieser Stelle das Forderungspapier des Gendertreff zur Reform des Transsexuellenrechts als Diskussionsbeitrag.

>> Trans* und Recht
>> Inhaltsverzeichnis

In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 7-2012

Heul, vorbei ist der Urlaub und es war wunderschön. Meinen zweiten begleitenden Therapiebesuch und den dritten Bartentfernungstermin habe ich auch bereits wahrgenommen. Nun geht es langsam weiter voran zur geschlechtsangleichenden Operation (GaOP ). Leider wird da auch noch ein wenig Zeit vergehen bis die Anträge durch und Termine wahrgenommen sind. Aber Hauptsache es geht weiter.

Der ganze Papierkrieg, die Nachwehen nach der Personenstandsänderung (PÄ), ist nun auch soweit abgeschlossen und alle Versicherungen sind 1:1 umgeschrieben. Nur die Kreissparkasse hat leider noch immer ein Problem bei der Titulierung zweier verheirateter Frauen. So steht anstatt "Eheleute" "Frauen" in den Papieren, aber ein Mitarbeiter, dem das auch ganz und gar nicht gefällt, will mal versuchen ein wenig "Dampf" zu machen und eine Änderung herbei zu rufen. Wir sind doch bestimmt kein Einzelfall mehr, oder?
Auch bei den Kapitalfreistellungen ist noch nicht geklärt, ob wir bis 1.608,00 Euro für verheiratete oder 801,00 Euro für Alleinstehende eingestuft werden. Mein Rechtssinn sagt mir, dass wir vorher als Verheiratet galten und sich jetzt (auch laut Standesamt) nichts an dem Familienstand geändert hat, also die 1.608,00 Euro Bestand haben sollten.

Ein dummer Umstand hat mich heute am Montagabend zur Notaufnahme in ein Krankenhaus am Ort geführt. Bei der Besprechung mit dem Arzt kam natürlich die Frage ob ich Medikamente nehmen würde. Ich bejahte die Frage und sagte, dass ich u.a. 4mg Estradiol täglich nehmen würde. Er schaute mich an: "Warum nehmen Sie Hormone?". Ich schaute ihn ungläubig an und dachte so bei mir. Hat er nichts gemerkt? Na ja, ich erklärte ihm dies kurz, worauf er meinte: "Dann wollen Sie ja auch mit "Frau" angesprochen werden.". "Na klar!", antwortete ich, "So steht es doch in den Papieren!". Und lustigerer Weise, hatte er mich mit "Frau" ins Behandlungszimmer rein gerufen. Sachen gibt es…

4. Bartentfernungstermin und jetzt geht es den grauen Haaren an den Kragen, was bedeutet, dass die Intensität erhöht werden muss – Aua.

Meine Friseuse hat festgestellt, dass auf dem Kopf wo keine Haare mehr waren, scheinbar wieder neue Haare nachwachsen. Zwei unabhängige Personen hatten auch die Tage festgestellt, dass mein Haar immer dichter wird. Also ist da tatsächlich etwas Wahres dran und ich finde es gut. Gleichzeitig geht der Körperbewuchs leicht zurück, obwohl ich zum Glück nie viele Haare am Körper hatte.

Die Therapeutin wird nun 25 Stunden begleitende Therapie bei der Krankenkasse beantragen, heißt für mich, erst einmal warten wie es weiter geht.

<< Zurück >> Weiter

<< Inhaltsverzeichnis

Abschluss einer Transition – Tagebuch meiner geschlechtsangleichenden Operation

Larissa berichtet über ihre geschlechtsangleichende Operation. Der Gendertreff bedankt sich für diesen ausführlichen und offenen Erfahrungsbericht.

Mittwoch, 12.10.2011

Heute bis 10:00 Uhr soll ich in Krefeld im Krankenhaus „Maria Hilf“ erscheinen. Der große, lang ersehnte Tag ist zum Greifen nah, denn morgen soll die Operation stattfinden.

Britta fährt mich. Wir sind rechtzeitig losgefahren, haben noch Extrazeit eingeplant, da wir ja nicht abschätzen können, wie der Verkehr unterwegs ist. Es sind ja immerhin 240 km bis Krefeld. Die Sachen hatte ich schon gestern gepackt. Hoffentlich habe ich nichts vergessen.

Anfangs läuft alles gut, wir kommen ganz gut durch. Dann meldet der Verkehrsfunk Staus auf dem Kölner Ring (so was hatte ich schon befürchtet um die Uhrzeit) und noch ein Stau von etlichen Kilometern auf der A 57 Richtung Krefeld. Na, es ist noch früh genug zum Umplanen, bleiben wir halt auf der A 61 und fahren über Mönchengladbach.

Oh, oh – stockender Verkehr mit Stillstand am Kreuz Mönchengladbach, aber es gelingt uns trotzdem auf die A 52, Richtung Düsseldorf zu kommen.

Okay, dann fahren wir am Kreuz Neersen auf die A 44 Richtung Krefeld, Aber das war wohl auch mal wieder nix. Kreuz Neersen, vor allem Richtung Krefeld total dicht. Mhhh, so langsam drängt auch die Zeit. Die Verkehrsdurchsagen für die A 52 um das Kreuz Kaarst sind auch nicht berauschend. Aber wir haben ja schließlich ein Navi im Auto. Also fahren wir in Schiefbahn ab bevor wir noch in irgendwelche Staus kommen und vertrauen mal darauf, dass uns dieser „Besserwisser“ schon irgendwie nach Krefeld zum Krankenhaus leiten wird.

Und tatsächlich, er hat’s geschafft. Um zehn Minuten vor zehn betreten wir die Anmeldung im Krankenhaus. Das laute Geräusch eben war der Stein, der mir gerade vom Herzen gefallen ist.

So, Anmeldeformalitäten erledigt, Telefon auch beantragt, jetzt weiter zur Station M 9, Urologie, erst einmal ein Bett zuweisen lassen und das Gepäck abstellen.

Mhh ja, schönes Zimmer eigentlich – 4 Betten und sogar mit Balkon. Den anderen drei Mitpatientinnen im Zimmer erst einmal Hallo gesagt und kurz zugelächelt, und schon geht es weiter. Noch ein ausführliches Gespräch mit Frau Dr. Krege, noch einmal die Frage, ob ich mir der Risiken und der Konsequenzen der Operation wirklich bewusst bin. Noch könnte ich zurück. Nein, ich will nicht zurück.

Weiter geht’s zum Urologen, Urinstrahlmessung, zum Gespräch mit dem Narkosearzt und dabei immer wieder Formulare und Fragebögen – der übliche Papierkrieg eben.

So, alles hinter mir, jetzt bin ich auf dem Zimmer. Erst einmal alles einräumen und verstauen – so, dass ich an die wichtigsten Sachen rankomme, ohne aufstehen zu müssen, denn damit wird es in den nächsten Tagen wohl etwas hapern. Telefon funktioniert, Laptop und Bücher und DVDs habe ich auch in Reichweite.

Zu essen bekomme ich heute nichts, ich durfte ja schon gestern keine feste Nahrung mehr zu mir nehmen. Dafür stellt mir aber eine freundliche Schwester einen Ein-Liter-Krug mit einer Flüssigkeit darin auf den Nachttisch und sagt mir, den und noch einen von der Sorte müsse ich heute im Laufe des Tages noch austrinken, denn der Darm müsse für die OP schließlich ganz leer sein. Ich probiere das Zeug erst einmal vorsichtig – das hab ich mir doch gedacht, das ist ja Glaubersalzlösung. Schmeckt irgendwie wie Laternenpfahl ganz unten, aber ich habe schon Schlimmeres geschmeckt. Also mal tapfer runter mit dem Zeug.

Britta hat sich auch auf den Heimweg gemacht, und ich habe jetzt viel Zeit. Alle möglichen Gedanken gehen mir im Kopf herum: „Ist es das Richtige, was ich mache, denn schließlich ist dieser Schritt unumkehrbar?“ – Ja, es ist das Richtige. Ich hatte ja schließlich in den zwei Jahren Krieg mit der Krankenkasse und dem fast einen Jahr Wartezeit auf den OP-Termin genug Zeit, darüber nachzudenken. „Für wen tue ich das eigentlich? Draußen in der Öffentlichkeit wird das sowieso niemand merken, ob ich noch einen Penis habe oder nicht.“ – Nein, ich tue das nicht für die Öffentlichkeit – ich tue das ganz allein für mich, für niemanden sonst. Ich will endlich so weit wie möglich das sein, was ich im Innersten bin, nämlich Frau. Dazu gehört auch, dass das Ding da unten endlich verschwindet, denn das ist etwas, was für mich persönlich gefühlsmäßig dort nicht hingehört. Wie ich aber in der Öffentlichkeit als Frau wahrgenommen werde liegt ganz allein an mir selbst, wie ich mich benehme und gebe und dass ich mich möglichst selbstbewusst und natürlich als Frau zeige.

So, noch etwas mit den anderen Mädel auf dem Zimmer unterhalten, die die OP alle schon hinter sich haben, versuchen, ob ich mit dem Stick ins Internet komme (Es klappt!), dann noch etwas lesen, mein „wohlschmeckendes“ Getränk austrinken und mal versuchen zu schlafen. Aufgeregt bin ich ja doch.

Donnerstag, 13.10.2011

Gerade bin ich aufgewacht im Zimmer, noch irgendwie leicht beduselt. Das letzte, an das ich mich bewusst erinnern kann, ist das Gesicht des Narkosearztes so um sieben Uhr fünfzehn, kurz nachdem er mir die „Scheißegal-Pille“ zum Schlucken gegeben hat. Auf meine Frage an die anderen, wie spät es jetzt sei, heißt es, es sei jetzt so sechzehn Uhr dreißig. Janine, eine Mitpatientin, die eine Woche vor mir operiert worden ist, fragt mich: „Na, wie fühlt es sich an?“ – Tja, wie? Ungewohnt, anders, aber auf jeden Fall gut. Irgendwie fühle ich mich „angekommen“.

Viel mehr habe ich dann auch nicht mehr mitbekommen – ich muss wohl gleich danach eingeschlafen sein.

Freitag, 14.10.2011

Mein Geburtstag. Beim Aufwachen stelle ich fest, dass mir die Schwestern eine Vase mit Blümchen auf den Nachttisch gestellt haben. Jetzt erst wird mir so richtig bewusst, dass ich an lauter Schläuchen hänge.

Visite. Frau Dr. Krege sagt mir, dass die Operation gut verlaufen sei. Der Darm sei zwar leicht verletzt worden (Das war eins der Risiken, über die ich vorher informiert worden war), aber es sei absolut nichts Schlimmes. Nur dürfte ich jetzt 5 Tage nichts essen, damit die Verletzung am Darm abheilen kann. Das erklärt jetzt auch die ganzen Schläuche: Schmerz-, Blasen- und Darmkatheter und der Schlauch für die Infusionen.

Besuch von Ava – im Businessoutfit. Sieht echt gut aus darin, direkt zum Verlieben. Muss mir ja wohl gut gehen, wenn mir solche Gedanken durch den Kopf schießen. Und Britta kommt auch noch. Schön!

Samstag, 15.10.2011

Keine Schmerzen, nur an das dauernde Auf-dem-Rücken-Liegen muss ich erst gewöhnen, das ist für mich nicht gerade bequem, da ich es gewohnt bin, auf der Seite zu schlafen. Aber das geht wegen der Infusionsnadeln und -schläuche leider nicht. Ansonsten nur Injektionen und Kontrollen.

Noch einmal Besuch von Britta. Sie hat Jutta mitgebracht, eine Freundin aus Zons, bei der sie auch übernachtet hat.

Abends bekomme ich sogar schon einen Joghurt zu essen.

Sonntag, 16.10.2011

Ich werde mit meinem Bett runtergefahren in die Ambulanz zum Verbandwechsel. Rauf auf den „Astronautenstuhl“, und langsam werde ich nach hinten gekippt in „Abschussposition“. Jetzt kann ich wirklich nachempfinden, wie sich eine Frau (zumindest am Anfang) auf diesem gynäkologischen Stuhl fühlen muss, nämlich völlig hilflos.

Ich darf schon mal mit einem Spiegel gucken, wie es da unten jetzt aussieht. Nicht schlecht, möchte ich mal sagen. Gefällt mir.

Ava kommt auf dem Weg zum Gendertreff Düsseldorf noch vorbei. Leider darf ich nicht mit.

Abends bekomme ich wieder einen Joghurt.

Montag, 17.10.2011

So, die Nachtinfusion ist entfernt worden und am Nachmittag auch der Schmerzkatheter.
Sonst gibt es nichts Besonderes. Mit Unterhaltungen, Lesen, Film gucken und Internet vertreibe ich mir die Zeit.

Zum Abendessen stellt mir die Schwester mit einem leichten Grinsen einen dieser üblichen zugedeckten Teller hin. Ich darf doch eigentlich noch gar nichts Richtiges essen. Nein, erst ab übermorgen wieder. Haben die sich etwa vertan? Ich hebe mal vorsichtig den Deckel an und finde zwei Stück Zwieback mit etwas Petersilie garniert. Ich gucke ganz entgeistert hoch und schaue direkt in das grinsende Gesicht der Schwester. Sie sagte nur, vielleicht wolle ich ja schon einmal wieder üben, wie das mit dem Essen geht.

Überhaupt sind die alle unheimlich lieb und freundlich hier, von den Stationsärzten angefangen bis zum Reinigungspersonal. Es herrscht hier wirklich eine echt angenehme Atmosphäre.

Dienstag, 18.10.2011

Heute mal wieder Verbandwechsel. Der Darmkatheter wird entfernt – ab morgen darf ich dann wieder normal essen. Die Infusionskanüle für die intravenöse Ernährung wird auch entfernt. Die Vagina (eigentlich ja Neovagina) sieht sehr gut aus, sagt Frau Dr. Krege; sie ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Jetzt ist nur noch der Blasenkatheter drin, ich darf also, und soll sogar schon aufstehen und mich etwas bewegen und herumlaufen.

Abends bekomme ich schon einmal Schonkost zu essen.

Mittwoch, 19.10.2011

Endlich mal wieder ein richtiges Frühstück! Und die Dame, die die Essensbestellungen für die nächsten Tage aufnimmt, kommt auch. Ich glaube, bei dem Essensangebot hier beantrage ich gleich mal Aufenthaltsverlängerung.

Janine darf heute nach Hause, dafür ist wieder eine Neue gekommen.

Jetzt habe ich noch einen schönen Spaziergang gemacht und etwas das Krankenhaus erkundet.

Donnerstag, 20.10.2011

Die Neue ist um 07:30 Uhr zur OP gefahren worden und wurde um 16:30 Uhr zurückgebracht. Sie dämmert noch so leicht vor sich hin. Und noch eine Neue ist gekommen, zur Nachoperation.

Ich habe den Tag mit Spazierengehen und Lesen verbracht.

Abends sind plötzlich Blutungen im Wundbereich aufgetreten. Verbandwechsel und hoffen, dass die Blutungen aufhören.

Freitag, 21.10.2011

Nach gut einer Stunde Schlaf bin ich wach geworden, weil es sich im Bett so feucht anfühlte. Der Grund war, dass sich in den Labien Blutergüsse gebildet haben und der linke davon aufgegangen ist, sodass ich quasi im Blut lag. Verbandwechsel, das heißt, nur noch Vorlagen, die sich bei Blutungen schnell wechseln lassen. Einen Liter Blut als Infusion bekommen.

Besuch von Britta, sie ist etwas erschreckt von der ganzen Sache.

Samstag, 22.10.2011

Jetzt ist rechts der Bluterguss auch aufgegangen. Ich habe Bettruhe verordnet bekommen, darf nur aufstehen, wenn ich zur Toilette muss. Mist, das wird dann wohl nichts, dass ich, wie eigentlich geplant, am Mittwoch nach Hause darf. Das kann ich mir wohl abschminken.

Britta und Katja besuchen mich. Ich freu mich immer, wenn jemand kommt, ansonsten vertreibe ich mir die Zeit mit Lesen (Gut, dass ich so viele Bücher mitgenommen habe), Surfen im Internet und Filme gucken (Hab ich zum Glück auch noch genug).

Sonntag, 23.10.2011

Kein Blut heute morgen in der Vorlage. Frau Dr. Krege eröffnet mir bei der Visite, dass ich unter Umständen noch 14 Tage bleiben muss, bis sie das alles in den Griff bekommen haben. So ein Mist!

Verbandwechsel (an den „Astronautenstuhl“ habe ich mich inzwischen gewöhnt) – und wieder Blut aus den Hämatomen ablaufen lassen. Der Hämatokritwert ist total im Keller, deshalb bekomme ich jetzt Entwässerungstabletten.

Frau Dr. Krege kam am Nachmittag noch einmal vorbei und sagte mir, dass sie OP-Nähte noch einmal öffnen würden, um das ganze Blut ablaufen zu lassen.

Montag, 24.10.2011

Erneute Operation, wie schon angekündigt, von 8 – 12 Uhr, das geht ja noch. Sie haben die Nähte wieder geöffnet, zum Teil jedenfalls, und offen gelassen, damit Blut und Wundwasser ablaufen können. Das tut jetzt weh und sappscht ganz ordentlich. Aber die Scheide sieht gut aus, sagt Frau Dr. Krege.

Jetzt haben wir bis morgen noch eine ältere Dame aufs Zimmer bekommen – na ja, Dame ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck für diese Meckertante. Alles passt ihr nicht, immer am meckern, und wegen jeder Kleinigkeit klingelt sie nach der Schwester. Dabei kann sie eigentlich aufstehen und die Kleinigkeiten selbst erledigen. Sie ist aber wohl nicht zum ersten Mal hier, die Schwestern kennen sie schon und verdrehen beim Rausgehen nur noch die Augen. Sie hat ihr Bett schon ganz dicht an die Heizung gestellt (Das konnte sie seltsamerweise alleine.) und hat die Heizung voll aufgedreht. Angeblich friert sie sonst, zu Hause mache sie das auch immer so. Mannomann, dabei ist es draußen warm und sonnig, und wir haben sonst den ganzen Tag lang die Balkontür offen. Wir kommen uns fast vor wie in der Sauna.

Jetzt schnarcht die auch noch wie ein ganzes Sägewerk – ich hoffe, ich kann nachher einschlafen.

Dienstag, 25.10.2011

Ich muss wohl doch irgendwie eingeschlafen sein, das waren wahrscheinlich noch die Nachwirkungen der Narkose und der Operation. Jedenfalls habe ich die Nacht tief und ruhig durchgeschlafen. Dafür habe ich im Schlaf ins Bett gemacht, das ist mir ja echt peinlich. Aber der Arzt sagt, das wäre normal, weil nach der OP die Darmfunktion noch nicht kontrollierbar wäre.

So, das „Sägewerk“ ist wieder weg. Ist in ein anderes Zimmer verlegt worden. Erleichtertes Aufatmen bei uns im Zimmer.

Verbandwechsel noch einmal, immer noch alles schön voll Blut da unten. Meine Blutwerte (Hämoglobin- und Eisenwerte) sind total im Keller. Deshalb bekomme ich jetzt Blutkonserven, zweimal einen Liter.

Mittwoch, 26.10.2011

Aufgewacht und die Tränen laufen. Mir wird jetzt erst so richtig bewusst, dass ich endlich angekommen bin – angekommen da, wohin ich immer wollte.

Als die Schwester mir gerade mal wieder ne Spritze verpassen wollte, hat meine Killerente (mein Kuscheltier) sie mal etwas angemeckert. Fast hätte sie sich vor Lachen in den Papierkorb gesetzt, aber die Spritze hat sie mir trotzdem verpasst.

Der Verband ist ab, ein paar Fäden gezogen und die Tamponaden entfernt worden. Neue Tamponaden (aber nur kleine) in die letzten Löcher.

Beim Stuhlgang die ganze Toilette vollgeblutet, die Tamponade rechts gewechselt worden.

Eigentlich wäre ich ja heute wieder entlassen worden und hätte nach Hause gekonnt. Eigentlich…

Donnerstag, 27.10.2011

Tamponade rechts erneuert und wieder Blut, das sich gesammelt hat, ablaufen lassen.
Ansonsten ein ruhiger Tag.

Hihi, die Schwester warnt jetzt, wenn sie hier im Zimmer ist alle anderen, die bei ihr sind, dass sie auf meine „Killerente“ aufpassen sollten – die wäre echt gefährlich.

Freitag, 28.10.2011

Gut geschlafen bis gegen drei Uhr, dann fing unten rechts der Druckschmerz wieder an, das heißt, in der Wunde sammelt sich immer noch Blut.

Wieder runter in die Ambulanz, den ganzen Blutschmodder entfernt und ablaufen lassen. Mit zwei Stichen genäht worden.

Vesta und Sternschnuppe waren da. Hab mich riesig gefreut. Die beiden wollen ja morgen zum Spanischen Abend vom Gendertreff. Und ich darf nicht mit!!! Bäääh!

Da sammelt sich immer noch Blut unten in dem Bereich. Jetzt gegen Abend nehmen der Druck und die Schmerzen wieder zu.

Samstag, 29.10.2011

In der Nacht wurden die Schmerzen fast unerträglich. Ich wusste überhaupt nicht mehr, wie ich noch liegen sollte, damit es weniger weh tut. Ich habe dann Schmerzmittel als Infusion bekommen. Danach habe ich tief und fest durchgeschlafen.

Ich darf duschen! Mal sehen, ob ich das nachher mache, wenn Britta da ist, denn ich bin doch etwas wackelig auf den Beinen.

Mit Duschen war es dann doch nichts. Musste runter in die Ambulanz zum Tamponade wechseln.

Britta war da. Hat sich eine Zeitlang zu mir ins Bett gelegt zum Kuscheln. Das darf man hier, und das Kuscheln war auch mal wieder verdammt nötig.

Britta hat alle Bücher mitgenommen, die ich schon ausgelesen habe (Das waren die meisten) und schickt mir neue, da sie ja frühestens, wenn überhaupt, erst wieder am Wochenende kommen kann. Dieser verlängerte Aufenthalt war ja schließlich auch nicht eingeplant. Sie fährt noch kurz im Café Süd beim Spanischen Abend vorbei und grüßt nochmal alle von mir, da ich ja leider nicht dabei sein kann.

Sonntag, 30.10.2011

Gut geschlafen, ohne Schmerzen aufgewacht. Beim Stehen zieht es noch etwas unten rechts, aber das können auch normale Heilungsschmerzen sein. Endlich kommt jetzt auch die Verweilkanüle raus.

Na Klasse, jetzt spielt mein Blutzucker total verrückt, aber das wäre nicht weiter schlimm, meint der Arzt, da der Körper ja noch mit den Verletzungen von der OP zu kämpfen hat, und da könnte so etwas ohne Weiteres passieren.

Ich soll duschen und dabei alles mit Wasser ausspülen. Stuhlgang lässt sich immer noch nicht 100%ig kontrollieren, ab und zu sind halt immer noch „Bremsspuren“ in den Vorlagen.

Ava war wieder da. Weil aus dem einen Kompressionsstrumpf mein großer Zeh so weit herausguckte, habe wir noch rumgeflachst, dass man da ja am besten einen Anhänger mit meinem Namen dran bindet, denn wenn die mich dann mal in die Kühlkammer schieben müssten, wüssten sie gleich, wer ich bin.

Und dann kam noch eine richtige Gendertreff-Invasion: Xenia, Hydra, Bernadette und Sabine – hoffentlich hab ich niemanden vergessen. Das war richtig schön, sie alle da zu haben.

Abends noch geduscht und wieder Schmodder weggespült.

Montag, 31.10.2011

Ich habe gut geschlafen, nach dem Frühstück geduscht und wieder Blutschmodder mit weggespült

Beim Stehen und Laufen zieht es unten rechts immer noch etwas, aber das lässt sich ohne weiteres aushalten.
Die Zuckerwerte spielen immer noch verrückt. Die letzte Tamponade ist jetzt auch raus.

Ein Hämatom ist noch da, das sitzt genau zwischen Scheide und Darm, aber Frau Dr. Krege sagt, das würde von alleine aufgehen.

Dienstag, 01.11. 2011

Hab wieder gut geschlafen. Frau Dr. Krege hat Recht behalten, der letzte Bluterguss hat sich geöffnet und Blut läuft ab.

Ich soll versuchen, wie es mit dem Wasserlassen klappt. Der Urinbeutel kommt erst einmal ab, ich darf also ohne diese „Handtasche“ rumlaufen. Der Drück des Hämatoms auf den Darm ist jetzt weg, dadurch spontaner Stuhlgang, also wieder mal in die Windel gemacht. So eine Sch…., im wahrsten Sinne des Wortes.

Zigaretten sind alle und kein Automat in erreichbarer Nähe.
Der Versuch mit dem Wasserlassen ist fehlgeschlagen, also ist der Urinbeutel für die Nacht wieder dran.

Mittwoch, 02.11.2011

Wieder gut und schmerzfrei geschlafen. Stuhlgang ist jetzt auch wieder unter Kontrolle. Der nächste Versuch mit dem Wasserlassen, die „Handtasche“ ist erst einmal wieder ab.
Juhu, es hat geklappt! Das ist doch mal ein Erfolg.

Ich soll jetzt immer die Urinmenge messen, also in einen Messbecher pinkeln, damit sie sehen können, ob sich die Blase wirklich ganz entleert. Gegen Abend hat es noch einmal geklappt, aber für die Nacht kommt zur Vorsicht der Urinbeutel noch einmal dran.

Donnerstag 03.11.2011

Ich habe mir gestern Abend ein Schlafmittel geben lassen. Da ich ja den ganzen Tag liege und höchstens etwas herumlaufe, wovon soll ich da überhaupt müde werden? Aber danach habe ich gut geschlafen. Das Gefühl am Afterschließmuskel normalisiert sich auch – alles wieder unter Kontrolle. Wasserlassen klappt auch.

Ava ist vorbeigekommen und hat mir auf Brittas „Notruf“ hin Zigaretten gebracht. Ich könnte sie knutschen. Bei dem herrlichen Wetter kann man ja gut raus auf den Balkon, unseren, vom Krankenhaus genehmigten Rauchsalon und sich ein wenig mit den Damen aus dem Nachbarzimmer unterhalten, mit denen wir uns den Balkon teilen.

Für die Nacht kommt noch einmal die „Handtasche“ dran.

Freitag, 04.11.2011

Mit dem Schlafmittel schlafe ich wirklich tief und fest. Die „Handtasche“ ist wieder ab.
Ich glaube, ich habe gerade einen kleinen Anfall von Heimweh oder auch Krankenhauskoller gehabt, denn auch die Entlassung am Wochenende ist fraglich geworden. Die Tränen liefen einfach so. Es ist ja schön hier im „Kurhotel Maria Hilf“, das gesamte Personal ist aufmerksam, lieb und freundlich, und das Essen schmeckt und ist hervorragend – aber so langsam möchte ich doch wieder nach Hause. Und Britta kann am Wochenende auch nicht kommen.

Brittas Paket mit den Büchern und ein paar Leckereien ist auch angekommen.

Blutzucker mittags auf 542!!! Kontrollmessung gemacht worden, es stimmt. Jetzt ist es amtlich, noch keine Entlassung am Wochenende. Es sei zwar soweit alles in Ordnung, aber es sei noch nicht ganz ausgestanden, deshalb müsse ich auf jeden Fall noch bis Mitte der Woche dableiben.

Samstag, 05.11.2011

Mal wieder gut geschlafen. Noch einmal runter in die Ambulanz zum Nachgucken. Frau Dr. Krege hat noch einmal eine ganze Handvoll gallertartige, geronnene Blutmasse (Schmodder eben!) aus dem letzten Hämatom herausgeholt. Damit dürfte jetzt wohl alles draußen sein. Da sie ja mittlerweile weiß, dass mich der Anblick von Blut nicht stört, auch wenn es mein eigenes ist, fragte sie mich, ob ich das mal sehen wollte. „Das ist fast eine komplette Nachgeburt“, meinte sie noch ganz trocken, als sie mir die Handvoll Schmodder zeigt. Bis Mitte der Woche sollte jetzt alles erledigt sein.

Den Grund für diese inneren Blutungen ein paar Tage nach der OP konnte sie mir aber auch nicht sagen. Sie meinte, da spielten zu viele verschiedene Faktoren mit hinein, und da der menschliche Körper nun mal keine Maschine sei, die immer gleich reagiert, müsse man auf solche unvorhersehbaren Ereignisse immer gefasst sein.

Ab jetzt soll ich mit dem Vibrator Dehnübungen machen, also bougieren, damit die angelegte Vagina auch ihre Tiefe behält und nicht schrumpft.

Katja hat angerufen, und Gitta war heute auch noch da. Ein Lichtblick, da Britta dieses Wochenende ja leider nicht kommen kann.

Sonntag, 06.11.2011

Wieder gut geschlafen. Das Schlafmittel wirkt wirklich gut. Eigentlich keine besonderen Vorkommnisse. Meine Dehnübungen habe ich gemacht. Noch ganz leichte wässrige Blutungen aus der Scheide, aber es sieht alles sehr gut aus, sagte Frau Dr. Krege. Ich kann auch schon wieder sitzen, mit einem Sitzring natürlich, allerdings noch nicht sehr lange.

Montag, 07.11.2011

Mit diesem leichten Schlafmittel schlafe ich eigentlich immer gut. Bei der Visite sagte mir Frau Dr. Krege, dass ich Mitte der Woche nach Hause dürfte, ob mir Mittwoch oder Donnerstag lieber wäre. Ich sagte, Donnerstag wäre mir lieber, da Britta mich dann abholen könnte. So, der Blasenkatheter ist jetzt auch raus – das war vielleicht ein ekliges Gefühl, als das Ding rausgezogen wurde. Brrrr!

Noch einmal Besuch, diesmal von Nathalie. Jetzt haben mich schon so viele Leute vom Gendertreff besucht, das ist ein richtig gutes Gefühl.

Noch mal Besuch vom Internisten wegen des Blutzuckers. Die Werte haben sich wieder halbwegs normalisiert und der Langzeitzuckerwert wäre mit 6,0 völlig in Ordnung. Er hat mir auch noch einmal erklärt, dass die „verrückten“ Werte daher stammten, dass der Körper heftig mit den „Verletzungen“ von der OP zu kämpfen hatte.

Dienstag, 08.11. 2011

Erfrischt aufgewacht. Stuhlgang und Wasserlassen vollkommen unter Kontrolle. Wieder runter in die Ambulanz zum Nachgucken. Es ist alles OK.

Die leichten Blutungen aus der Scheide, vermischt mit Wundwasser würden noch ein paar Tage anhalten, da sich die Reste des Hämatoms an der Naht noch ganz abbauen.
Auch das Sitzen geht immer besser.

Mittwoch, 09.11.2011

Da wollten die mich auf der Station doch fast schon heute „rausschmeißen“, da eigentlich immer mittwochs entlassen wird. Aber das kleine Missverständnis war ganz schnell wieder geklärt.

Noch einmal eine Kontrolle – alles OK.

Zucker geht auch auf Normalwert zurück.

Morgen geht’s ab nach Hause. Schon einmal alle Sachen packen, die ich hier nicht mehr brauche, dann brauche ich das morgen nicht mehr zu tun.

Donnerstag, 10.11.2011

So, endlich nach Hause. Hat ja schließlich auch lange genug gedauert. 12 – 14 Tage sollte ich hierbleiben und 30 Tage sind es letztendlich geworden.

Das Abschlussgespräch mit Frau Dr. Krege muss leider ausfallen, da sie zwischenzeitlich zu einer Notoperation gerufen wurde, die noch einige Stunden dauern kann. Den Abschlussbericht und alles andere hatte sie mir ja auch schon gestern gegeben.

So, Britta ist da. Noch die große Abschiedsrunde über die Station drehen. ich habe mich ja hier wirklich wohlgefühlt und gut aufgehoben, aber jetzt will ich doch endlich nach Hause.
Nun noch unten in der Aufnahme bezahlt, was ich noch zu bezahlen hatte, das Gepäck ins Auto und nichts wie los.

Endlich zu Hause angekommen. Mit dem Sitzring ließ sich auch die lange Autofahrt problemlos überstehen.

Ein Lebensabschnitt ist zu Ende gegangen – jetzt fängt ein neuer an. Ich habe mein Ziel erreicht.

Nachtrag vom 05.07.2012

Jetzt liegt die Operation fast genau ein Dreivierteljahr hinter mir, ich glaube, es ist jetzt an der Zeit für ein kleines Resümee.

Ich bin jetzt am Ende meines Weges angelangt, eines Weges, der lang, nicht immer einfach und mit Hindernissen gepflastert war. Ich habe mein Ziel erreicht, Ich lebe jetzt mein Leben als Frau und fühle mich äußerst wohl dabei. Ich bin glücklich darüber, diesen letzten Schritt der geschlechtsangleichenden Operation getan zu haben. Aber das war mein Weg, mein ganz persönlicher Weg, der sich nicht beliebig auf andere übertragen lässt.

Ich würde diesen letzten Schritt trotz aller aufgetretenen Komplikationen jederzeit wieder tun.

Aber jeder hat seinen eigenen Weg, jeder muss seine Entscheidungen auf diesem Weg selber treffen. Es ist nichts Schlechtes, sich gegen eine Operation zu entscheiden. Der Entschluss zu einer geschlechtsangleichenden Operation sollte auch erst nach langem, reiflichem Überlegen und Abwägen gefasst werden. Dieser Entschluss sollte ganz tief aus einem selbst, aus dem Inneren kommen und unbeeinflusst von anderen gefasst werden. Denn denkt daran, dieser Schritt kann nicht mehr rückgängig gemacht werden, er verändert Euer Leben für immer. Deshalb kann ich auch niemandem raten, sich für oder gegen eine Operation zu entscheiden.

Für mich war es auf jeden Fall der richtige Entschluss.

Larissa

>> Trans* und Medizin

>> Inhaltsverzeichnis