Gendertreff auf der Paracelsus Messe Düsseldorf 2017

Bereits zum fünften Mal war der Gendertreff mit einem Infostand auf der Paracelsus Gesundheitsmesse in Düsseldorf vertreten. Wie bereits in den Vorjahren, fand die Messe auch in diesem jahr wieder parallel zur Veggie World und dem Heldenmarkt in den Alten Schmiedehallen auf dem Areal Böhler statt.

Für den Gendertreff hat sich die Paracelsus Messe als wichtiger Eckpfeiler der Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Trans* etabliert und so wurden auch in diesem Jahr wieder reichlich Flyer und Grüne Karten für Diversity verteilt. Für die Kinder gab es Gendertreff Ballons und wie immer wurden jede Menge Gespräche geführt.

Worum es in den Gesprächen geht? Manchmal ist es allgemeine Aufklärung über Transidentität, manchmal informieren wir Trans*-Personen oder Angehörige, Kollegen oder Freunde von Trans*-Personen über unser Selbsthilfeangebot oder treffen auf medizinisches Fachpersonal, das immer an Informationen interessiert ist.

Da wir an einem frei gebliebenen Messestand Informationsmaterial anbringen durften, konnten wir an einer Infowand über Themen wie den Transitionsablauf oder auch Trans* am Arbeitsplatz bzw. Trans* und Schule informieren. Da die Infowand in Sichtweite des Gendertreff-Stands war, konnten wir auch immer direkt zu Informationsgesprächen hinzukommen.

Während der Paracelsus Messe 2017 sind am Gendertreff-Infostand unzählige schöne Fotos entstanden, die einen guten Eindruck vom Standaufbau und auch dem Messebetrieb vermitteln. Die folgende Galerie zeigt somit, dass Öffentlichkeitsarbeit sicherlich auch Arbeit macht, aber eben auch viel Spaß bringen kann. Denn obwohl Transidentität ein sehr ernstes Thema ist, kam am Messewochenende auch der Spaß nicht zu kurz und so wurde viel gelacht, aber auch diskutiert und informiert. In guter Tradition wurden beide Messetage jeweils mit einem guten Abendessen abgeschlossen. Wir bedanken uns herzlich bei der Organisation der Paracelsus Messe und freuen uns jetzt schon auf die nächste Paracelsus Messe in Düsseldorf.


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Gendertreff & ein veganes Straßenfest in Iserlohn

Eigentlich war es ja ein veganes Straßenfest, das da am Samstag, den 02.09.2017 auf dem Alten Rathausplatz in Iserlohn stattfand. Aber wir hatten eine Einladung erhalten, uns ebenfalls zu beteiligen. Und da wir nun einmal gerne dort auftauchen, wo man das Thema Trans* nicht erwartet, nahmen wir die Einladung dankend an und bauten unseren Infostand in der Iserlohner Innenstadt auf, um mal wieder ein wenig Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Transidentität zu leisten.

Da am gleichen Abend auch noch mit dem Gendertreff Leverkusen eines unserer Selbsthilfetreffen stattfand, waren wir mit einer eher kleinen Besetzung nach Iserlohn gefahren. Chrissie wohnt in Iserlohn und war als Organisatorin des Gendertreff Iserlohn selbstverständlich dabei. Außerdem hatten sich noch Xenia, Rita und Ava auf nach Iserlohn gemacht. Und so standen wir also wieder einmal in aller Herrgottsfrühe an einem Samstagmorgen auf, um zunächst das Equipment zu laden und dann in Iserlohn unseren Infostand aufzubauen.

Iserlohn liegt im Sauerland und hat etwas über 93.000 Einwohner. Die Stände des Straßenfests und somit auch unser Infostand sollten zentral in der schönen Iserlohner Innenstadt stehen. Beste Voraussetzungen also, um möglichst viele Menschen über Transidentität aufzuklären. Das Foto zeigt die Ruhe vor dem Sturm, denn noch war die Stadt leer, schließlich war es ja noch früh. Der Stand war schon aufgebaut und wir bereiteten die bei den Kindern sehr beliebten Gendertreff-Ballons vor.

Auf dem Bild unten präsentiert Ava eine neue Errungenschaft: Wetterfeste Ablaufpläne zur Transition sowie Themen wie Trans* am Arbeitsplatz oder Trans* und Schule. Selbstverständlich findet man diese Ablaufpläne auch auf der Gendertreff Plattform in den jeweiligen Themenportalen zum Download.

Nun hat Iserlohn zwar nur etwas über 93.000 Einwohner. Aber da der Alte Rathausplatz mitten in der Iserlohner Innenstadt liegt und Iserlohn auch viele Menschen aus dem Umland zum Einkaufen anzieht, rechneten wir mit reichlich Betrieb am Gendertreff-Stand. Und tatsächlich: Auch wenn es beim Aufbau noch ruhig war, füllte sich die Stadt ziemlich schnell und wir konnten wieder einmal viele intensive Gespräche führen, Flyer und Grüne Karten verteilen und auch Kontakte knüpfen.

Bei den Kindern kommen natürlich unsere Gendertreff-Ballons immer richtig gut an. Die Eltern bekommen dann immer einen Info-Flyer und eine Grüne Karte. Und natürlich verweist auch der Aufdruck www.gendertreff.de auf den Ballons auf unser Informationsangebot.

Wieder einmal haben wir jede Menge Flyer und auch Ballons verteilt, so dass ständig neue Ballons aufgeblasen werden musten.

Diesmal war Rita unsere Ballon-Beauftragte. 😉

Hier wünscht sich Ava, sie hätte drei Hände. Das würde zwar etwas merkwürdig aussehen. Aber es hilft, wenn man mit Ballons, Grünen Karten und Info-Flyern gleichzeitig hantiert.

Auch mit dem Wetter hatten wir noch halbwegs Glück. Bis auf einen halbstündigen Regenguss, bei dem natürlich alle sofort in die umliegenden Geschäfte strömten, blieb es trocken, so dass die Stadt bis auf die kurze „Regenzeit“ immer voller Menschen war.

Hier sehen wir Chrissie und Rita im Gespräch am Gendertreff-Stand.

Bei den vielen Gesprächen verging die Zeit wie im Flug.

Hier noch ein weiterer Blick aus dem Gendertreff-Stand auf die anderen Stände des Straßenfests.

Ava, Xenia und Chrissie im Gespräch mit zwei Damen vom Nachbarstand. Denn als die Stadt gegen Ende der Veranstaltung langsam etwas leerer wurde, konnte man sich auch noch etwas intensiver austauschen.

Wie immer wollten die Besucher unseres Infostands alles Mögliche wissen und wir beantworteten gerne die Fragen und berichteten mit Informationen aus erster Hand über Transidentität.

Chrissie und Ava vor dem Gendertreff Infostand.

Auch einige Trans*-Personen, Angehörige und beruflich Interessierte fanden den Weg zu unserem Infostand und wir machten sie natürlich auch direkt auf die 2. Gendertreff Messe & Fachtagung am 07.10.2017 aufmerksam.

Nach der Veranstaltung ließen wir den erfolgreichen Tag in bester Tradition mit einem guten Essen ausklingen.

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Gendertreff auf dem Stadtfest in Moers 2017

Transgender informieren über Trans*: Der Gendertreff war in Sachen Öffentlichkeitsarbeit rund um Transidentität mit einem Infopavillon auf dem Stadtfest in Moers 2017 vertreten.

Moers ist eine Stadt am Niederrhein mit etwas über 100.000 Einwohnern mit einer schönen Innenstadt, die sich durch einige schöne alte Häuser und individuelle, inhabergeführte Geschäfte auszeichnet.

Das Stadtfest im August 2017 war somit eine ideale Plattform, die Bürger von Moers über Transidentität zu informieren.

Und so wurde am Vormittag des 19.08.2017 der Gendertreff-Infostand in der Innenstadt von Moers aufgebaut. Freundlicherweise wurden wir von Sabrina und ihrem Salon La Beauté bestens unterstützt und konnten dort auch die Infrastruktur nutzen. Und so freuten wir uns auf einen ereignisreichen Tag: Wie viele Besucher würden wohl den Weg in die City von Moers finden? Und: Würde das Wetter halten?

Gegen 11:00 Uhr war die Stadt noch erstaunlich leer. Doch das sollte sich bald ändern. Immerhin: Obwohl der Wetterbericht Regen angekündigt hatte, war es trocken.

Apropos trocken: Wofür war wohl das Fischernetz gedacht?

Der Rätsels Lösung: Der Gendertreff ging auf Entenfang. Denn mit etwas Action kommen die Kinder gerne an den Stand – und wir können ganz nebenbei die Eltern über Transidentität informieren.

Und da das Entenspiel schon während der Aktion rund um 70 Jahre NRW so gut ankam, wurden wieder Bassins gefüllt und Enten ausgesetzt.

Ob die Kinder Spaß hatten? Und wie!

Es mussten je eine gelbe und eine pinke Ente geangelt werden und sowohl die Kinder als auch die Eltern hatten jede Menge Spaß.

Silvia ist die offizielle Entenbeauftragte des Gendertreff.

Und natürlich gab es auch noch kleine Gewinne für die erfolgreichen Entenfischer.

Die Innenstadt von Moers füllte sich und es ergaben sich immer wieder interessante Gespräche.

Auch einige Menschen mit Trans*-Personen im Bekanntenkreis fanden den Weg zu uns und wir nutzten die Chance, um sie auf das Selbsthilfeangebot des Gendertreff aufmerksam zu machen.

Die Gendertreff-Ballons wurden von den kleinen Stadtfest-Besuchern immer gerne genommen.

Mit Flyern und einem Aufsteller machten wir zudem auf die Gendertreff Messe & Fachtagung aufmerksam.

Dieser Pflanzkübel befand sich praktischerweise direkt neben dem Gendertreff-Stand und wir haben ihn natürlich sofort in Beschlag genommen.

Im Vergleich zu großen Stadtfesten war es auf dem Cityfest im nur etwas über 100.000 Einwohner zählenden Moers ruhig. Und doch wurde sich am Gendertreff-Stand intensiv ausgetauscht.

Denn irgendwie war am Stand immer etwas los. Und auch Grüne Karten gingen reichlich weg. Wie so oft haben wir einige hundert Flyer und Grüne Karten unters Volk gebracht.

Und so verging die Zeit mit zahlreichen Gesprächen.

Ob das Wetter gehalten hat? Na ja, auf den Fotos scheint ja die Sonne. Doch es gab tatsächlich einige Regengüsse. Aber letztlich gehört auch das doch dann als typisches Risiko von Outdoor-Veranstaltungen irgendwie dazu.

Aber wie gesagt: Auf den Fotos scheint die Sonne und tatsächlich war es auch überwiegend trocken, so dass wir wieder einmal viele Menschen rund um das Thema Trans* informieren konnten.

Dieses Foto entstand für eine Aktion rund um das Thema Transidentität am Arbeitsplatz. Den erfolgreichen Tag ließen wir dann bei einem guten Abendessen in Moers ausklingen.

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Stellungnahme des Gendertreff zu „Hedwig and the Angry Inch“

Am 11.08.2017 fragte die Off-Musical Frankfurt UG (haftungsbeschränkt) bezüglich eines Interviews an. Hintergrund war die Premiere des Stücks „Hedwig and the Angry Inch“. In diesem Rock-Musical geht es laut der Interview-Anfrage um Identitätsfindung und aktuelle Gender-Fragen.

Laut Wikipedia hat das Musical folgende Handlung:

Die „weltweit ignorierte Chanteuse“ Hedwig, die als Rock-and-Roll-Drag-Queen mit Ehemann Yitzhak und Band durch Amerika reist, erzählt dem Publikum ähnlich einer Psychotherapie ihre Geschichte.

In Ostberlin „auf der falschen Seite der Mauer“ aufgewachsen, lässt sich der androgyne Hansel Schmidt aus Liebe zu dem GI Luther in eine Frau (eben Hedwig) verwandeln, um durch Heirat aus der DDR zu kommen. Doch die Geschlechtsumwandlung läuft katastrophal schief: Das Messer des besoffenen Chirurgen erweist sich als so stumpf wie das Leben, aus dem Hansel zu entkommen versucht. Zurück bleibt jener titelgebende „Angry Inch“ – ein „zorniger Zentimeter“, der Hedwig daran erinnert, dass sie vielleicht niemals ganz zu einer Seite gehören wird.

Den 9. November 1989 erlebt Hedwig mittellos und von ihrem „Sugar Daddy“ verlassen in einem heruntergekommenen Trailerpark in Kansas. Während sich in ihrer ehemaligen Heimat die Wiedervereinigung vollzieht, ist Hedwig von ihrer inneren Einheit und geschlechtlichen Identität weit entfernt. Bei einem der Babysitter-Jobs, mit dem sie sich über Wasser hält, lernt sie einen pickligen Jungen namens Tommy Speck kennen, ein Jesus-Freak, dem sie alles über Musik und Entertainment beibringt. Sie gibt ihm den Künstlernamen „Tommy Gnosis“ und schreibt für ihn im ranzigen Wohnwagen nun Songs, die den Geist des Glam Rocks der 70er Jahre atmen und von der Suche nach Liebe und Erfüllung handeln. Das scheinbare Glück währt jedoch nicht lange und Hedwig wird erneut betrogen. Tommy Gnosis lässt sie sitzen und sich mit den gestohlenen Songs als Superstar feiern. Für Hedwig und ihre zusammengewürfelte Band bleibt dagegen nur der schale Abklatsch einer Low-Budget-Tour; der Tour von Tommy Gnosis folgend, die sie auch in das aufführende Theater führt.

Dazu nehmen wie folgt Stellung: Die Handlungsbeschreibung enthält diverse Fehler bzw. Fehlinformationen, die geeignet sind, ein völlig falsches Bild in der Öffentlichkeit zu platzieren und überdies geeignet sind, Trans*-Personen in unqualifizierter Weise zu beleidigen und zu diskriminieren. Im Einzelnen:

In Ostberlin „auf der falschen Seite der Mauer“ aufgewachsen, lässt sich der androgyne Hansel Schmidt aus Liebe zu dem GI Luther in eine Frau (eben Hedwig) verwandeln, um durch Heirat aus der DDR zu kommen.

Hier werden gleich diverse Vorurteile vermischt. Denn es wird suggeriert, dass es sich bei Trans*-Personen um schwule Männer handeln würde, die aus sexuellen Motiven eine „Verwandlung“ anstreben. Das ist jedoch sachlich in mehrfacher Hinsicht falsch.

Trans*-Personen sind nicht schwul

Heterosexualität und Homosexualität verteilen sich über die Grundgesamtheit aller Trans*-Personen ggf. abweichend um eine zufällige Streuung ebenso, wie über den Rest der Bevölkerung auch. Das bedeutet: Die sexuelle Orientierung einer Trans*-Person korreliert nicht mit der Transidentität.

Trans*-Personen sind keine schwulen Männer

In der Öffentlichkeit, manchen Medien, Musicals wie „Hedwig and the Angry Inch“ oder „Rocky Horror Picture Show“ oder auch Filmen wie „Der bewegte Mann“ wird immer wieder suggeriert, Trans*-Personen wären schwule Männer, die sich „als Frauen verkleiden“, um andere Männer als Sexualpartner zu wählen.

Leider wird in diesen Darstellungen völlig ignoriert, dass Transidentität keine auf die Sexualität des Menschen gerichtete Eigenschaft ist. Vielmehr geht es um die Geschlechtsidentität eines Menschen: Transidente Menschen erleben eine teils erhebliche Diskrepanz zwischen ihrer Geschlechtsidentität und einem als „falsch“ empfundenen Körper.

Weiter wird in derartigen Darstellungen vollkommen ignoriert, dass es sowohl Transfrauen als auch Transmänner gibt. Transmänner sind Personen, deren Identitätsgeschlecht männlich ist, die jedoch weibliche äußere Geschlechtsmerkmale besitzen. Transfrauen sind Personen, deren Identitätsgeschlecht weiblich ist, die jedoch männliche äußere Geschlechtsmerkmale besitzen. Das Bild des „Mannes in Frauenkleidern“ ist demnach sachlich falsch. Vielmehr ist es so, dass viele Trans*-Personen bestrebt sind, ihre äußere Erscheinung dem empfundenen Geschlecht anzugleichen.

Bei Transidentität geht es niemals um Sex

Die oben beschriebene Diskrepanz lässt sich anschaulich und salopp wie folgt formulieren: „Trans*-Personen fühlen sich im falschen Körper.“ Ebenso anschaulich kann man also auch sagen: „Das Phänomen Trans* findet zwischen den Ohren statt und nicht zwischen den Beinen.“

Für viele Trans*-Personen bedeutet die empfundene Diskrepanz zwischen dem körperlichen Geschlecht und dem Identitätsgeschlecht eine erhebliche psychische Belastung, die je nach dem empfundenen individuellen Leidensdruck vielfache Problematiken beinhalten kann. Dem Gendertreff sind durch seine langjährige Selbsthilfearbeit Fälle von Arbeitssucht, Sportsucht, Spielesucht, Burn-Out, Depressionen, Alkoholismus oder auch Drogensucht bekannt. Zwar muss eine Transidentität nicht zwingend mit diesen Problematiken einhergehen. Die psychische Belastung, der Trans*-Personen ausgesetzt sind, ist jedoch häufig erheblich.

In diesem Zusammenhang anzunehmen, dass jemand aus sexuellen Motiven „sein Geschlecht wechseln“ könnte, ist völlig realitätsfern. Vielmehr ist es so, dass das eigene Empfinden nicht mit dem äußerlichen Erscheinungsbild zusammenpasst. Anschaulich: Ein Mann hat eben keine weiblichen Brüste und auch keine Vagina. Ebenso hat eine Frau keinen Penis oder auch keinen Bartwuchs. Spätestens mit der Pubertät müssen Trans*-Personen jedoch mitansehen, wie sich ihr Körper in eine Richtung entwickelt, die ihren Empfindungen vollkommen widerspricht.

Dies verursacht ebenso Leidensdruck wie die Tatsache der als völlig falsch empfundenen Sozialisierung. Anschaulich: Eine Transfrau erscheint äußerlich als Mann und erlebt deshalb eine männliche Sozialisierung, die jedoch ebenfalls nicht zu ihrem Empfinden passt. Schon im Kindesalter können Transfrauen mit dem Imponiergehabe „der anderen Jungs“ nichts anfangen, werden von der Gesellschaft jedoch diesem falschen Geschlecht zugeordnet. Entsprechend haben viele Trans*-Biographien eine Außenseiter-Rolle als traurige Gemeinsamkeit.

Trans*-Personen verwandeln sich nicht

Die vorangegangenen Abschnitte deuten es bereits an: Bei Transidentität geht es nicht um eine Verwandlung. Es geht vielmehr darum, den als falsch empfundenen Körper dem Identitätsgeschlecht anzugleichen. Dies erfolgt zum einen über Kleidung und einfache Maßnahmen eher kosmetischer Natur. So binden sich Transmänner die weibliche Brust ab. Transfrauen nutzen Kosmetik, Rasur oder Epilation sowie Perücken als ersten Schritt einer äußerlichen Angleichung.

Medizinisch unterstützte geschlechtsangleichende Maßnahmen sind dann Hormontherapien und geschlechtsangleichende Operationen. Hinzu kommen geschlechtsangleichende Maßnahmen juristischer Natur. In Deutschland ist dies das Verfahren zur Vornamens- und Personenstandsänderung nach dem TSG.

Alle diese Maßnahmen sind darauf gerichtet, die als falsch und belastend empfundenen äußerlichen Geschlechtsmerkmale dem Identitätsgeschlecht anzugleichen. Eine „Verwandlung“ findet niemals statt – und schon gar nicht aus den in der Handlung des Musicals „Hedwig and the Angry Inch“ beschriebenen Motiven.

Doch die Geschlechtsumwandlung läuft katastrophal schief: Das Messer des besoffenen Chirurgen erweist sich als so stumpf wie das Leben, aus dem Hansel zu entkommen versucht. Zurück bleibt jener titelgebende „Angry Inch“ – ein „zorniger Zentimeter“, der Hedwig daran erinnert, dass sie vielleicht niemals ganz zu einer Seite gehören wird.

Geschlechtsumwandlung?

Wie zuvor bereits erläutert, ist der Terminus Geschlechtsumwandlung sachlich falsch. Richtig ist, von geschlechtsangleichenden Maßnahmen zu sprechen.

Weiter verwahrt sich der Gendertreff davor, die Geschlechtsangleichung lediglich mit einer Operation äußerlicher Geschlechtsmerkmale gleichzusetzen. Denn wie erläutert bedeutet die Angleichung an das Identitätsgeschlecht auch eine Angleichung auf juristischer und sozialer Ebene.

Angry Inch?

Die Vorstellung des besoffenen Chirurgen mit dem stumpfen Messer ist eine realitätsferne Groteske. Auch ist es nicht so, dass überhaupt ein „zorniger Zentimeter“ als Rest einer schiefgelaufenen geschlechtsangleichenden Operation „stehen bleiben“ könnte.

Die hier angedeutete geschlechtsangleichende Operation für Mann-zu-Frau-Transidente verläuft so, dass eine Neo-Vagina gebildet und mit Teilen des Penis modelliert wird. Es wird demnach nichts „abgeschnitten“, sondern – ähnlich salopp formuliert – „umfangreich umgebaut und nach innen verlagert“. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf den auf der Gendertreff Plattform hinterlegten Artikel zu entsprechenden Operationstechniken.

Aus dem Leben entkommen?

Wer sich geschlechtsangleichenden Maßnahmen unterzieht, um einer als unbefriedigend empfundenen Lebenssituation zu entfliehen, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht transident und handelt überdies grob fahrlässig. Nicht zuletzt deshalb ist die Angleichung an das Identitätsgeschlecht auf medizinischer Ebene an eine umfangreiche Diagnostik gebunden, mit der z.B. eine Realitätsflucht oder Schizophrenie ausgeschlossen werden soll.

Die im Musical „Hedwig and the Angry Inch“ beschriebenen Motive zur Durchführung geschlechtsangleichender Maßnahmen sind sämtlich den Phantasien eines über die Thematik Trans* völlig uninformierten Autors entsprungen. Sie entsprechen nicht der Realität und sind vielmehr geeignet, Trans*-Personen in diffamierender Weise zu verunglimpfen.

Niemals ganz zu einer Seite gehören?

Die Handlungsbeschreibung aus der Wikipedia suggeriert, dass der verbliebene Rest eines männlichen Penis geeignet wäre, das Geschlecht eines Menschen zu definieren. Abgesehen davon, dass wir schon ausgeführt haben, dass das Vorhandensein des „angry inch“ medizinisch gesehen realitätsferner Unsinn ist wird hier unterstellt, dass die empfundene Geschlechtsidentität in irgendeiner Verbindung mit dem Vorhandensein äußerer Geschlechtsmerkmale stehen könnte. Das ist sachlich ebenso falsch wie die Vorstellung, dass Transidentität in irgendeinem Zusammenhang mit der sexuellen Orientierung stehen könnte.

Stimmen aus dem Gendertreff-Team

Ava sagt dazu:

Als ich die Zusammenfassung der Handlung in der Wikipedia gelesen habe, habe ich Wut und Ekel verspürt. Wieder einmal werde ich öffentlich auf etwas reduziert, das ich nicht einmal ansatzweise empfinde. Es geht bei Transidentität eben gerade nicht um Sex und ebenso wenig um Homosexualität.

Ich selber stehe z.B. auf Frauen – also CIS-Frauen, wie man politisch korrekt sagen müsste. Demnach wäre ich entweder ein heterosexueller Mann mit weiblichem Identitätsgeschlecht oder eine lesbische Frau, die in einem Männerkörper leben muss. Aber mit dem, was in der Musical-Handlung beschrieben wird, habe ich und hat mein gesamtes Leben nichts zu tun. Das ist völlig realitätsfern.

Aus einer Vielzahl von persönlichen Gründen lebe ich mein Identitätsgeschlecht derzeit in Teilzeit aus. Das Ausleben meines Identitätsgeschlechts ist in keiner Weise sexuell motiviert. Ich kenne auch keine andere Trans*-Person, bei der das der Fall wäre. Ich frage mich deshalb, weshalb immer wieder derartiger Blödsinn in die Welt gesetzt wird.

Ich empfinde das als schwere Beleidigung. Es ist eine Behauptung falscher Tatsachen, eine schwerwiegende Diffamierung, die geeignet ist, massive Diskriminierungen hervorzurufen. Derartige Diffamierungen setzen Vorurteile in die Welt, die Trans*-Menschen in ihren Familien, ihren Freundeskreisen und im beruflichen Umfeld erhebliche Probleme bereiten können.

Chrissie sagt dazu:

Ich bin traurig und gleichzeitig wütend, wenn ich solche Vorurteile hören oder lesen muss. Leider werden auch in der oben zitierten Handlungszusammenfassung uralte Klischees aus der Schublade geholt, um das Musical anzupreisen. Dass diese Werbung aber ganze Menschengruppen diffamiert und viel Aufklärungsarbeit der Trans* -Menschen unterläuft scheint egal zu sein, Hauptsache, die Unterhaltungsindustrie generiert Umsätze.

Traurig bin ich, dass diese Klischees immer noch nicht ausgerottet werden konnten und wütend bin ich darüber, dass – anscheinend ohne groß zu recherchieren oder nachzudenken – auf Kosten einer Gruppe von Menschen, die schon mehr als genug damit zu tun haben gegen Vorurteile und damit verbundener Ablehnung oder gar Hass anzukämpfen versucht wird, Profit zu machen.

Ich hätte mir gewünscht, dass der Autor im Vorfeld Kontakt zu Trans* Organisationen aufnimmt und ein Musical über die – teilweise sehr schweren – Lebenswege der Betroffenen schreibt.

Ich selbst bin Transfrau, seit 30 Jahren glücklich mit meiner Frau verheiratet und seit diesem Jahr endlich auch rechtlich als das anerkannt, was ich seit meiner Geburt bin: Als Frau.

Was geschlechtsangleichende Operationen anbelangt: Wir haben eine Fehlbildung, vergleichbar z.B. mit Fehlstellungen der Beine, durch die eine Person nicht laufen kann. Durch eine geschlechtsangleichende Operation wird diese Fehlbildung korrigiert, genauso wie die Fehlstellung der Beine, damit diese Person dann laufen kann.

Vielleicht kann das folgende Beispiel helfen, die Situation besser zu verstehen: Wenn Sie ein Mann sind stellen Sie such vor, sie hätten in ihrer Jugend Brüste bekommen und nur einen extrem kleinen Penis, und sie müssten so in die Sauna oder schwimmen gehen und werden vielleicht schon von klein auf deswegen gemobbt. Oder wenn Sie eine Frau sind: Es haben sich keinerlei Brüste entwickelt, dafür aber eine extrem grosse Klitoris, so dass sich eine Beule bei enger Kleidung abzeichnet. Sie würden sicher extrem leiden und sobald wie möglich eine Operation durchführen lassen. Nicht anders verhält es sich mit der geschlechtsangleichenden Operation.

Xenia sagt dazu:

Auch in der ehemaligen DDR gab es Regelungen in Bezug auf die Angleichung an das Identitätsgeschlecht. Dazu findet man u.a. hier weitergehende Informationen. Zudem haben mir dies auch Personen, die vor der Wende in der ehemaligen DDR gelebt haben, auch in persönlichen Gesprächen bestätigt.

Homosexuelle Männer haben sich garantiert nicht geschlechtsangleichenden Maßnahmen wie Operationen unterzogen, denn sie sind ja keine Frauen sondern Männer und wollen es auch bleiben. Im Iran soll es allerdings gängige Praxis sein, die Möglichkeit einer geschlechtsangleichenden Operation in Betracht zu ziehen, da Homosexualität dort verboten ist. Hier sind jedoch wohl eher politische Repressalien der Grund so etwas wie „das kleinere Übel“ zu wählen. Mit Transidentität hat das jedoch nichts zu tun.

Die Vorstellung, dass man einfach durch eine Heirat aus der DDR auswandern konnte, ist realitätsfern. Wenn überhaupt, dann nach vielen Anträgen und mit viel Geduld. Ich kenne einen Fall aus meinem persönlichen Umfeld aus der Zeit meiner Berufsausbildung. Der ehemalige Kollege hatte in der DDR seine Traumfrau kennengelernt und sie wollten heiraten. Ihm wurde angeboten, Staatsbürger der DDR zu werden, was er jedoch ablehnte. Er ließ nicht locker und seine Partnerin wurde im beruflichen Umfeld schikaniert, indem man sie zwar offiziell auf ihrer Arbeitsstelle beließ, sie jedoch dort keine Arbeiten mehr verrichten durfte. Ihm wurde derweil mehrfach die Einreise verweigert. Erst nach zwei Jahren hatten sie es geschafft: Die Partnerin erhielt einen Brief, nach dem sie binnen 24 Stunden die DDR verlassen musste. Sie verließ daraufhin die DDR und die beiden wurden in der Bundesrepublik Deutschland ein glückliches Paar.

Was soll ich noch zu dem Theaterstück sagen? Ja, das ist ein Theater. Das hat nichts mit Trans* zu tun, wird aber wohl offensichtlich so verkauft. Oft genug nimmt die Gesellschaft derartigen Unsinn für bare Münze und wir können wieder dagegen ankämpfen. Ich hoffe nur, dass dieser Quatsch keine vollen Häuser erhält. Es ist traurig, wieviel Unsinn völlig unreflektiert verbreitet wird. Ich finde, die Autoren derartiger Stücke sollten sich vor Augen halten, dass derartige völlig realitätsferne Darstellungen geeignet sind, massive Vorurteile zu schüren.

Autoren derartiger Stücke sollten sich einmal mit Trans*-Organisationen in Verbindung setzen, sich informieren oder Fachvorträge anhören. Die Gendertreff Messe & Fachtagung würde sich anbieten.

Marina sagt dazu:

Nachdem ich mir heute mal die Zeit genommen habe mal nachzulesen, um was es denn bei „Hedwig and the Angry Inch“ eigentlich genau geht, muss ich mich den anderen in den wesentlichen Punkten anschließen.

Ganz klar ist die Geschichte wie auch alle Charaktere völlig überzeichnet, was aber an und für sich nichts Ungewöhnliches wäre. Man merkt jedoch, dass diese Geschichte von einem Amerikaner geschrieben wurde, denn es werden hier einige, nicht nur historische Fakten schlicht ignoriert.

Woher sollte wohl jemand aus den „US of A“ auch wissen, wie die Verhältnisse in der DDR waren? Dass eine Heirat keinesfalls dazu führte um aus der Knechtschaft der SED entlassen zu werden? Im Gegenteil, es ist sogar davon auszugehen, dass die Heirat staatlich gar nicht anerkannt worden wäre, unabhängig davon, wo diese tatsächlich stattgefunden haben könnte (was wenn überhaupt nur ein Ostblock-Staat gewesen sein könnte). Auch dass die Person mit erheblichen bis zu extremen Repressalien durch den SED-Staat rechnen musste, wie Xenia schon geschrieben hat.

Unzweifelhaft wurden auch in der DDR geschlechtsangleichende Operationen durchgeführt; dass diese OP jedoch von einem betrunkenen Chirurgen mit stumpfem Skalpell gemacht wurden, ist schlicht lächerlich. Geschlechtsangleichende Operationen können auch schief gehen und zu erheblichen Komplikationen führen, das ist unzweifelhaft. Wir kennen aus unserer Selbsthilfearbeit leider auch ein paar solcher Fälle. Jedoch ist in keinem dieser mir bekannten Fälle ein solches schuldhaftes Versagen eines Arztes die Ursache für die Komplikationen. Der Autor dieser Geschichte hat dies wohl als Detail eingebaut, weil er wohl dachte, es wäre lustig. Das ist es für mich ganz sicher nicht. Es zeigt nur, wie ignorant der Autor gegenüber der deutschen Mentalität ist. Wie diese tatsächlich ist, brauche ich wohl hier nicht explizit auszubreiten.

Es werden mal wieder die schlimmsten Stereotypen verwendet: Drag-Queen, Show-Geschäft, Selbstdarsteller, Homosexualität usw. Es sind genau die Dinge, die wir immer wieder versuchen aus den Köpfen der Leute zu bekommen, weil sie genau diese Liste mit Transidentität assoziieren. Ich will mich nicht wiederholen, denn die anderen, die hierzu schon geantwortet haben, haben dies schon sehr klar dargelegt.

Man mag vielleicht argumentieren, dass das Stück 1998 geschrieben wurde und das „damals“ noch vieles anders war, doch das war es nicht. Unzweifelhaft waren wir Transgender 1998 noch nicht so in der Öffentlichkeit sichtbar wie wir es heute sind, aber auch vor fast 20 Jahren gab es genauso viele von uns wie es heute sind. Der große Unterschied ist, dass oftmals nur jene öffentlich sichtbar waren, die sich in dem in der obigen Liste beschriebenen Umfeld zuhause gefühlt haben. Alle anderen haben ihre Transgendereigenschaft heimlich ausgelebt und ein völlig „heteronormatives Leben“ für die „Öffentlichkeit“ gespielt. Oder aber sind sie nach Ihren anpassenden Maßnahmen völlig untergetaucht und haben irgendwo in einer fremden Stadt ein neues Leben angefangen. Wir kennen beide Fälle, wobei der erste Fall der weitaus häufigste ist. Dieser 1. Fall erklärt auch, warum so viele von uns erst in der 2. Hälfte ihres Lebens den Schritt wagten, endlich das richtige Leben zu leben. Ich selbst zähle zweifellos auch dazu.

Vielleicht mag ja der eine oder andere es amüsant finden, sich dieses Musical anzusehen. Vielleicht ist es auch für die eine oder andere von uns eine Gelegenheit, sich im Identitätsgeschlecht in die „Öffentlichkeit“ zu wagen, weil es ja scheinbar ein geschützter Bereich ist. Sicherlich ist es auch für manche Person eine Gelegenheit, gewisse fetischistische oder autogynophile Neigungen auch mal öffentlich auszuleben. Bei mir jedoch hinterlässt es nur einen schalen Nachgeschmack.

Die 2. Gendertreff Messe & Fachtagung

Die Gendertreff Messe & Fachtagung geht in die zweite Runde: „Bereits am Abend nach der ersten Gendertreff Messe stand für uns fest, dass wir die Messe als festen Bestandteil des Beratungs- und Selbsthilfeangebots des Gendertreff etablieren wollen,“ berichtet Gendertreff-Gründerin Xenia. Denn das Angebot, mit Fachleuten rund um Transition und Transidentität im Rahmen von Vorträgen und persönlichen Gesprächen am Messestand in Kontakt zu treten, kam bei Ausstellern und Besuchern gleichermaßen gut an.

Am Samstag, 07.10.2017 öffnet deshalb die zweite Gendertreff Messe & Fachtagung im Bürgerhaus Hochdahl, Sedentaler Straße 105 – 107, 40699 Erkrath-Hochdahl ihre Pforten. Von 10:00 – 17:00 Uhr erwarten die Besucher_innen zahlreiche Vorträge und intensive Gespräche an den Ständen der Aussteller.

„Der Eintritt ist kostenlos“, sagt Ava vom Gendertreff-Team. „Denn wir wollen jeder interessierten Person die Möglichkeit geben, sich aus erster Hand zu informieren.“

Während im Gendertreff-Forum und auf den Selbsthilfetreffen des Gendertreff der Austausch untereinander im Vordergrund steht, fokussiert die Gendertreff Messe & Fachtagung auf den Austausch zwischen Medizinern, Anbietern von Trans*-spezifischen Produkten und Trans*-Personen sowie ihren Angehörigen. „Insgesamt stehen alleine vier Kliniken, in denen geschlechtsangleichende Operationen durchgeführt werden während ihrer Vorträge und am Messestand Rede und Antwort“, berichtet Xenia. „Selbstverständlich werden in den Vorträgen sowohl Operationsmethoden von Mann zu Frau als auch von Frau zu Mann thematisiert.“

Die Bandbreite der Aussteller reicht von Perückenstudios über dauerhafte Haarentfernung bis hin zu logopädischen Praxen oder einer Farb- und Stilberatung. „Für die Vorträge haben wir zwei separate Seminarräume mit Tontechnik und allen erforderlichen Präsentationsmedien, während die Messestände in einer geräumigen Halle Platz finden,“ erläutert Ava. „Wo sonst haben Trans*-Personen und Angehörige so viele Fachleute als direkte Ansprechpartner zur Verfügung?“

Xenia ergänzt: „Wir wollen die Gendertreff Messe & Fachtagung zu einer jährlich stattfindenden Plattform ausbauen, auf der sich Fachleute und Betroffene rund um das Thema Trans* austauschen und informieren können.“

Die Gendertreff Messe und Fachtagung ist nur wenige Minuten von der nächsten Autobahn entfernt und somit problemlos zu erreichen. Für die Besucher_innen stehen zahlreiche kostenlose Parkplätze zur Verfügung. Auch der Anschluss an die öffentlichen Verkehrsmittel ist gewährleistet: Die nächste S-Bahn-Station ist wenige Gehminuten entfernt und der Bus hält direkt vor der Halle. Die Möglichkeiten zur Anreise sind auf der Webseite der Gendertreff Messe & Fachtagung ausführlich beschrieben.

„Insbesondere am Anfang ist es vielen Trans*-Personen oftmals nicht möglich, im Identitätsgeschlecht anzureisen. Deshalb bieten wir auch einen Raum, in dem man sich umziehen kann,“ berichtet Xenia. „Und auch für das Ausprobieren von Silikonprothesen oder Perücken ist mit unserem Umkleideraum für die notwendige Privatsphäre gesorgt.“

Unter gendertreff-messe.de sind alle Informationen rund um Standort, Anreise, Aussteller und Vorträge hinterlegt. Das Gendertreff-Team freut sich auf eine erfolgreiche und gut besuchte Veranstaltung.

>> Webseite der Gendertreff Messe & Fachtagung

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Rückblick: Campus CSD in Düsseldorf

Am 17.05.2017 fand auf dem Gelände der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf der Campus CSD statt. Nachdem der Gendertreff am Wochenende zuvor bereits einen Vortrag zum Thema Transidentität am Arbeitsplatz gehalten hatte, informierten wir beim Campus CSD bei bestem Sommerwetter über das Informations- und Selbsthilfeangebot des Gendertreff.

Da der Standbau seitens der Organisatoren erfolgte, war unser Stand schnell eingerichtet. Unser Roll-up wies auf das Gendertreff-Forum, unsere Selbsthilfetreffen und unsere weiteren Angebote hin. Und natürlich wurde auch fleißig die Werbetrommel für die Gendertreff Messe & Fachtagung gerührt.

Das folgende Foto zeigt uns beim Aufbau. Der Gendertreff-Stand ist schon fast fertig. Aber unsere Standnachbarn fehlen noch.

Natürlich haben wir auch wieder auf unsere Aktion Die Grüne Karte für Diversity aufmerksam gemacht – und auch wieder reichlich Grüne Karten verteilt.

Ayden war unser Ansprechpartner für Transmänner und natürlich auch für Studierende – Rita und Ava gehören ja nun doch schon zu den etwas älteren Semestern. 😉

Apropos ältere Semester: Ava präsentiert die Grüne Karte für Diversity – und fühlte sich an der Uni Düsseldorf fast heimisch. Denn – lang ist es her – sie hat ja die Universitätsbibliothek der Uni Düsseldorf für ihre Diplomarbeit vor vielen Jahren reichlich in Anspruch genommen.

Rita und Ava vor dem Gendertreff Stand. Auch ein Interview mit der Arbeitsgruppe Campus TV der Uni Düsseldorf gehörte selbstverständlich zur Öffentlichkeitsarbeit rund um Transidentität.

Ava vor dem Aufsteller zur Aktion anders als erwartet. Mit dieser Aktion zeigen wir, dass Trans*-Menschen – anders, als es manchmal noch im „Kopfkino“ verankert ist – ganz normale Menschen sind.

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Düsseldorf für Wertschätzung, Teilhabe und Vielfalt – auch mit dem Gendertreff

Am 02.12.2016 fand im ZAKK in Düsseldorf unter dem Motto Düsseldorf für Wertschätzung, Teilhabe und Vielfalt die Diversity-Auftaktveranstaltung statt. Auch der Gendertreff war selbstverständlich eingeladen.

Im Rahmen der Veranstaltung wurden diverse Teilnehmer interviewt und gaben Statements zum Thema Diversity ab. Auch Ava vom Team Gendertreff gab ein kurzes Interview. Dabei bekräftigte sie die Wichtigkeit von Diversity für die Gesellschaft. Denn letztlich ist es immer negativ für eine Gesellschaft, wenn sich Individuen nicht entsprechend ihrer Identität bzw. Eigenschaften entfalten können.

Nun hat die Stadt Düsseldorf ein Video mit Eindrücken von der Veranstaltung und den Interviews veröffentlicht.
>> Auf YouTube ansehen (Gendertreff 3:03 – 3:48)

Düsseldorf tritt ein für Diversity. Für Vielfalt und Toleranz.

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Vortrag Trans* am Arbeitsplatz an der Uni Düsseldorf

Am 13.05.2017 hielt der Gendertreff auf Einladung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf einen Vortrag zum Thema Trans* am Arbeitsplatz.

In einer lebendigen Präsentation stellte der Gendertreff zunächst sich und seine Arbeit vor, um dann in das Thema Transidentität und berufliches Umfeld einzusteigen. Referentin Ava erläuterte, dass sich die zum Thema Trans* am Arbeitsplatz auf der Gendertreff Plattform hinterlegten Informationen nicht nur an Trans*-Personen richten. Vielmehr sollen die zahlreichen Erfahrungsberichte und auch der vom Gendertreff erarbeitete Ablaufplan zum Coming-out im beruflichen Umfeld auch Kolleg_inn_en, Personalverantwortlichen, AGG-Beauftragten usw. als Informationsquelle dienen.

Warum ist das Thema Trans* am Arbeitsplatz so wichtig?

Transidentität und Arbeitsplatz ist ein komplexes Themenfeld mit vielen möglichen Konfliktsituationen. Denn schließlich sichert der Beruf das eigene Einkommen und ggf. auch das Einkommen der Familie. Vor diesem Hintergrund hat sich der Gendertreff das Ziel gesetzt, im Rahmen der Aktion Trans* am Arbeitsplatz Informationen und Hilfestellung für transidente Menschen und Unternehmen in Zusammenhang mit der Transition im beruflichen Umfeld anzubieten. Denn ohne Anspruch auf Vollständigkeit gibt es zahlreiche mögliche Problematiken rund um Transidentität und das berufliche Umfeld:

Aus Sicht transidenter Menschen:

  • Angst vor Arbeitsplatzverlust
  • Angst vor Mobbing / Diskriminierung
  • Fragestellungen zu einem möglichen Vorgehen. Konkret: „Wie trage ich das Thema in das betriebliche Umfeld und welche Teilschritte sind empfehlenswert?“

Aus Sicht der Arbeitgeber:

  • Angst vor Komplikationen im organisatorischen Umfeld. Hier sind beispielhaft zu nennen: Unruhe in Arbeitsabläufen, Arbeitsausfälle in Zusammenhang mit medizinischen Maßnahmen (z.B. aufgrund der geschlechtsangleichenden Operation), organisatorische Fragestellungen (z.B. Lohnbuchhaltung, Krankenkassen, Steuerangelegenheiten)
  • Angst vor Umsatzeinbußen aufgrund möglicherweise negativer Reaktionen von Kunden
  • Informationsdefizite aufgrund ggf. fehlender Erfahrungswerte zum Thema Transidentität
  • Reaktionen der Mitarbeiter / Kolleg_inn_en, z.B. zu den Fragen, welche Toilette oder Umkleide die Trans*-Person künftig nutzt

Welche Angebote gibt es beim Gendertreff rund um das Thema Trans* am Arbeitsplatz?

Einstiegsportal Trans* am Arbeitsplatz

Auf der Gendertreff Plattform gibt es Einstiegsportale zu diversen Themenkomplexen. Das Einstiegsportal Trans* am Arbeitsplatz bietet eine Übersicht über die Informationsangebote rund um das Thema Transidentität und Beruf. Hier ist auch die jeweils aktuellste Version der Präsentation und auch des Ablaufplans zum Coming-out im beruflichen Umfeld hinterlegt.

Ablaufplan zum Coming-out im beruflichen Umfeld

Der Ablaufplan zum Coming-out im beruflichen Umfeld wurde aufgrund persönlicher Erfahrungen entwickelt. Er stellt einen idealtypischen Ablauf dar, der sowohl Trans*-Personen als auch Unternehmen, Personalverantwortlichen usw. als Hilfsmittel für ein auf die jeweilige individuelle Situation anzupassendes Vorgehen dient. Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, dass ein derartiger Ablaufplan immer nur ein Empfehlungsmodell darstellt und dass die Rahmenbedingungen des eigenen beruflichen Umfeldes vor diesem Hintergrund ein in Teilen anderes Vorgehen erforderlich machen können.

Aktions-Webseite Transidentität am Arbeitsplatz

Die Aktions-Webseite Transidentität am Arbeitsplatz informiert über die Aktion und erleichtert die Auffindbarkeit im Internet. Darüber hinaus listet die Webseite Unternehmen, Institutionen und Kommunen auf, die die Aktion Trans* am Arbeitsplatz unterstützen. So zeigen diese Organisationen, dass Transidentität ein ernsthaftes Thema ist. Gleichzeitig demonstrieren sie ihr Bekenntnis zu Diversity und geben ein Beispiel für Vielfalt und Toleranz.

Erfahrungsberichte

Aufgrund eigener Erfahrungen aus den Reihen des Gendertreff-Teams sowie aus den Erfahrungen aus der Selbsthilfearbeit verfügt der Gendertreff über einen Fundus persönlicher Erfahrungsberichte, die der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. So kann dieses Hintergrundwissen niederschwellig jederzeit abgerufen werden. Entsprechende Berichte sind in der Kategorie Transition des Gendertreff-Magazins zu finden bzw. mit dem Stichwort Arbeitsplatz verschlagwortet.

Gendertreff Forum und Selbsthilfetreffen

Im Anschluss an der Vortrag gab es noch eine lange Diskussion, bei der Xenia, Nathalie und Ava die zahlreichen Fragen des Publikums beantworteten. Dabei griffen die Referentinnen auf ihre persönlichen Erfahrungen sowie die Erfahrungen aus der Selbsthilfearbeit des Gendertreff zurück. Schließlich ist im Laufe der Jahre eine riesige Informationssammlung entstanden, die der Gendertreff nutzt, um Trans*-Personen und ihre Angehörigen sowie selbstverständlich auch Personalverantwortliche und Kolleg_inn_en über das Themenspektrum Trans* am Arbeitsplatz zu informieren.

Gleichzeitig zeigten die Referentinnen damit auf, wie ein weiteres Hilfsangebot zum Thema Trans* am Arbeitsplatz funktioniert. Denn das Gendertreff-Forum und die Selbsthilfetreffen des Gendertreff dienen dem direkten Austausch transidenter Menschen und ihrer Angehörigen und so können dort natürlich auch die eigenen Erfahrungen rund um Trans* und das berufliche Umfeld ausgetauscht werden. Die Erfahrung zeigt, dass der psreönliche Austausch eine sehr wertvolle Hilfestellung gerade zu diesem komplexen Themenfeld darstellt.

Im Themenportal Trans* am Arbeitsplatz auf der Gendertreff Plattform stehen die Präsentation sowie der Ablaufplan zum Coming-out im beruflichen Umfeld zum Download im Format pdf zur Verfügung.

>> Themenportal Trans* am Arbeitsplatz

>> Angebot

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Transidentität in der Schule: Ein Rückblick

Autorin: Flora99Transidentität in der Schule: Flora berichtet über ihre Erfahrungen, Erlebnisse und Empfindungen sowie ihre Transition während der Schulzeit.

In zwei Wochen gehe ich ins schriftliche Abitur, und damit wird meine Schullaufbahn (fast) zu Ende sein. Ich habe die letzten acht Jahre auf demselben, mittelgroßen Gymnasium zwischen Menschen aller Art verbracht und wäre mit Sicherheit damals nie darauf gekommen, wie mein Leben heute aussieht. In die Zeit auf dieser Schule fiel nahezu mein gesamter bisheriger „transidenter Lebenslauf“, wie man so schön sagt, weswegen ich jetzt so kurz vor dem Schluss viel darüber nachgedacht habe, wie er denn so verlaufen ist, mein „Weg“ in diesem Umfeld.

Eins ist klar: Obwohl ich vor acht Jahren nicht die geringste Ahnung hatte, dass ich eines Tages eine Transition antreten würde (im Gegensatz zu so manch anderer trans*-Geschichte war mir das nicht „schon immer klar“), hätte ich damals keine bessere Wahl treffen können. Die Schule ist mit knapp 700 Schüler_innen nicht allzu groß und das Kollegium habe ich durchgehend als aufgeklärt und unterstützend erlebt. Ich hatte bei verschiedensten Problemen die Unterstützung der Schulleitung, eine Rückendeckung, die alles andere als selbstverständlich ist. Auch sind die Schüler_innen (größtenteils) zumindest weltoffen genug erzogen, Themen wie Transidentität nicht feindlich gegenüber zu stehen. Und seien wir mal ehrlich: Für Kinder und Jugendliche zwischen, sagen wir, 10 bis 18 Jahren ist das schon eine ganze Menge.

Ich könnte viele Momente aufzählen, in denen ich von meinen Mitschülerinnen (und selten auch mal von Mitschülern) Unterstützung bekam. Die Klassenfahrt nach Mannheim vor ziemlich genau zwei Jahren wäre wohl das beste Beispiel, denn dort outete ich mich endgültig in der Schule. Ich erinnere mich bis heute daran, wie ich eines der ehrlichsten Gespräche über meine Transidentität mit meinen Mitschülerinnen hatte, bei Sonnenuntergang am alten Wasserturm. Es war genau die richtige Mischung aus Unterstützung und Wachrütteln die ich dort nötig hatte, und ich bin den Beteiligten bis heute dankbar.

Das bringt mich aber auch zu meinem großen Kritikpunkt: Solche Gespräche gab es danach nicht mehr oft. Ich „transitionierte“ so vor mich hin, Haare, Makeup, Klamotten und parallel das Selbstbewusstsein wurden komplettüberholt und aufgebessert, und es ging mir immer besser. Heute, zwei Jahre später, gibt es an meiner Rolle als Frau in der Schule absolut gar nichts mehr zu rütteln, von keiner Seite. Alle möglichen Idioten und Uninformierten wurden teils durch mich und teils hinter meinem Rücken abgewehrt, aufgeklärt oder auch beides. Mittlerweile habe ich oft das Gefühl, viele haben meine Transidentität schon wieder vergessen, und bei manchen Neuen weiß ich nicht einmal, ob ihnen überhaupt jemand davon erzählt hat. Was mein großes Problem dabei ist, wird am besten am Beispiel einer Mitschülerin von mir klar, die sich gern sehr weltoffen gibt. Sie ist immer engagiert und hilft wo sie kann, schützt mich auch mal in meiner Abwesenheit vor Lästerattacken usw. Jedoch bin ich mir auch bei ihr immer sicherer, dass sie eigentlich viel weniger Ahnung von Transidentität hat als sie vorgibt. Wenn sie mich nach zwei Jahren als Frau an dieser Schule auf einmal fragt, welche Toilette ich benutze, macht mich das schon stutzig. Ihr fiel auch erst neulich auf, dass „Transsexualität“ ja offiziell eine psychische Störung sei und dass man es als transidente Person ja doch nicht so einfach hätte bei Ämtern und Gerichten. Außerdem kommen von ihr manchmal Sätze, die sehr falsch rüberkommen können, sowas wie „Du solltest echt froh über deinen Körper sein, wenigstens kriegst du deine Tage nicht“. Dieses Statement könnte man in einem eigenen, seitenlangen Text diskutieren, aber ich glaube der Punkt ist klar: Nettes Mädchen, hat aber von vielem keine Ahnung.

Geübte Gendertreff-Leser_innen kennen das Patentrezept, das hier helfen würde: Reden, aufklären, an das Thema vielfältig heranführen. Und genau da liegt mein Problem und das, was ich an meiner Zeit auf dieser Schule manchmal bereue: Dass ich genau dazu so wenig Gelegenheiten hatte, und sie mir nicht selbst geschaffen habe.

In einem Schulsystem, dessen Lehrpläne das Thema Geschlechtsidentität (noch) komplett außen vor lassen ist es schwer, es in den Unterricht einzubauen, ohne dass es zum nervigen „hier kommt Flora zum zehnten Mal mit ihrem Gerechtigkeits-Firlefanz“-Dauerbrenner wird. Und es ist genauso schwierig, eine offene Diskussion auf das Thema umzulenken, wenn niemand sonst Ahnung oder Lust genug hat, darüber mit dir zu diskutieren. Am allerschlimmsten ist aber der Fakt, dass sich nahezu niemand traut, Fragen zu stellen.
Ich sehe das aus meiner persönlichen Erfahrung heraus als ein riesiges Problem an. Die Leute bekommen nur extrem wenig tatsächliche Information über Transidentität, werden aber überschüttet mit irreführenden trans*-Reality-Shows und Gruselgeschichten über all die „social justice warriors“ und „political correctness-Fanatiker“ die alles, absolut alles ankreiden würden, was nicht 100% unangreifbar korrekt ausgedrückt sei. Natürlich sind das größtenteils übertriebene Ammenmärchen. Dennoch ist es wahr, dass es oft genau die kleineren Diskussionen über bestimmte Ausdrücke, einen schlecht dargestellten Film, oder irgendeine problematische Promi-Aussage sind, die tatsächlich die breitere Öffentlichkeit erreichen, anstatt die großen Probleme, die viel mehr trans* Menschen betreffen, wie die medizinische Versorgung oder juristische Hürden. In den Köpfen existieren also nicht nur die altbekannten Vorurteile, sondern auch die ständige Angst davor, etwas Falsches zu sagen, und damit den Zorn des Gegenübers auf sich zu ziehen.

Ich habe es für meine Verhältnisse schon viel zu oft erlebt, dass wenn sich überhaupt einmal jemand traut, eine Frage zu stellen, davor erstmal eine fünfminütige Einleitung à la „ich will dir ja wirklich nicht zu nahe treten“ kommt, obwohl die Frage völlig harmlos ist. Und ich bin davon überzeugt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dieser Angst, etwas falsch zu machen und unserem Verhalten als trans* Menschen (ich schließe mich da nicht aus). Wenn z.B. eine bekannte Person, auch wenn sie ganz offensichtlich nicht transphob ist, wegen einer Fehlformulierung von der Community öffentlich zerlegt wird, sendet das natürlich ein anderes Signal als eine trans* Community, die freundlich und sachlich aufklärt und auch innerhalb verschiedene Meinungen zulässt.

Mir ist dieser „Fehler“, wenn man es denn so nennen will, auch schon passiert. Ich wusste schon früh genau, dass „Geschlechtsumwandlung“ kein passendes Wort ist und habe das auch offen kommuniziert. Dass es aber vielleicht nicht das Einladendste ist, wenn man gleich bei der ersten Frage, die jemand stellt, Formulierungsdetails bemängelt, hatte ich nicht bedacht. Dass danach (wenn überhaupt) nur noch vorsichtig nachgefragt wird, ist dann ja wohl kein Wunder. Für mich war es selbstverständlich, dass das Lernen der „richtigen“ Wörter dazu gehört, wenn man sich über Transidentität informiert. Aber für viele der Leute, mit denen ich darüber spreche, ist das Thema absolutes Neuland, sie wagen bei jeder Frage den Sprung ins kalte Wasser. Und für diese Leute kam es dann wahrscheinlich so an, als würde ich mit erhobenem Zeigefinger korrigieren und ihnen vorhalten, wie wenig sie wissen. Und das zerstört natürlich jede Unterhaltung, die danach hätte kommen können.

Ich weiß jetzt, dass es eines meiner Ziele sein wird, Transidentität in meinem Umfeld nicht nach hinten zu schieben, sondern es für die anderen so normal zu machen wie für mich selbst. Die Leute sollten nicht nur mit einem „ich bin so tolerant, macht ihr doch wie ihr wollt“-Ansatz denken, sondern auch tatsächlich etwas darüber wissen, wie man als trans* Mensch lebt, und was das alles für Probleme mit sich bringt. Und damit das so wird, muss man als trans* Mensch auch auf die Leute zugehen, geduldig sein, nicht Leute gleich als „problematisch“ abstempeln, und immer bereit sein zu erklären. Zumindest sehe ich das im Moment so und werde auch versuchen, das besser zu machen. Und wer weiß, vielleicht hole ich damit in den wenigen verbliebenen Wochen auf dieser Schule ja noch so einiges nach!

Trotz allem muss eins klar sein: Dass es mich enttäuscht hat, wie wenig Wissen über Transidentität letztendlich bei vielen in meiner Schule da war, ist eigentlich ein Luxusproblem. Ich hatte nur das Gefühl, dass durch mein mittlerweile souveränes Auftreten als Frau und durch die wenigen Gespräche über das Thema bei vielen der Eindruck entstanden war, dass man sich als trans* Frau outet, sich die Haare wachsen lässt und dann ist alles super. Es hat mich geärgert, dass fast niemand von den vielen Kämpfen wusste, die für jeden Erfolg auf diesem Weg nötig sind. Trotzdem ist der Umgang meiner Schule insgesamt schon fast vorbildlich, schließlich wären die meisten anderen jungen trans* Menschen froh und dankbar, hätten sie so ein verständnisvolles Umfeld in der Schule gehabt. Es gibt so viele Geschichten von kleinen Nettigkeiten die ich aus meiner Schulzeit erzählen kann, wie von meinem Oberstufenberater, der mich monatelang immer wieder gefragt hat wie es um meine Personenstandsänderung steht, weil er mir endlich ein Zeugnis „richtig“ ausstellen wollte. Die Leute auf meiner Schule mögen zwar keine Expert_innen zum Thema Transidentität sein, aber haben mich im Großen und Ganzen wie selbstverständlich aufgenommen.

Anfang Juli findet nun der Abiball statt, der endgültige Abschluss meiner Schulzeit. Dort werde ich nicht nur als eine ganz normale Schülerin mein Abiturzeugnis entgegennehmen, sondern darf auch als Moderatorin durch den Abend führen. Wie selbstverständlich in einem Kleid auf der Bühne vor dieser vollen Halle stehen zu dürfen, wird letztlich einer von vielen Beweisen sein, dass „Trans* und Schule“ in meinem Fall trotz aller Makel eine Erfolgsgeschichte war.

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Ava – ein Interview

Das folgende Interview habe ich im Januar 2016 für das Magazin STRAIGHT anlässlich des Filmstarts von The Danish Girl gegeben. Da es bislang nicht online veröffentlicht wurde und viele teils sehr persönliche Eindrücke wieder gibt, habe ich es aktualisiert und gebe es an dieser Stelle wieder. Ich habe es zudem um einige Fotos aus dem vergangenen Jahr 2016 ergänzt – Ava

Wie war Dein Gefühl  als Du zum ersten Mal Ava sein zu durftest?

Wie es vermutlich bei den meisten transidenten Menschen der Fall ist, war es ein Gefühl der Befreiung. Wobei eine Formulierung wie „zum ersten Mal Ava sein durftest“ letztlich falsch ist. Denn ich bin Ava und war es schon immer.

Transidente Menschen entscheiden sich nicht, plötzlich einen „anderen Lebensentwurf“ zu leben. Vielmehr ist es so, dass eine Diskrepanz zwischen dem äußeren Erscheinungsbild (bei mir ist dies ein männlicher Körper) und dem Inneren, dem Identitätsgeschlecht (bei mir weiblich), gibt.

Die beschriebene Diskrepanz führt häufig zu einer Unzufriedenheit und Zerrissenheit. Dabei muss man bedenken, dass ich zu einer Zeit geboren wurde und auch aufgewachsen bin, zu der man noch nicht jede beliebige Information über das Internet bekam. Folgerichtig war es damals – letztlich bis in die 1990er Jahre – schwer, eine Definition dafür zu erhalten. Auch war es ungleich schwieriger, sich mit anderen Transidenten auszutauschen. Die heute verfügbaren Informations- und Selbsthilfeangebote gab es damals noch nicht.

Im Wesentlichen verfügte man über ein „Halbwissen“, das aus Erzählungen oder überwiegend dem Klamauk zuzuordnenden Filmen resultierte und aus dem sich noch heute viele Vorurteile ableiten. So hat Transidentität überhaupt nichts mit Sexualität zu tun, weshalb viele Transidente dem Begriff „Transsexualität“ eher ablehnend gegenüberstehen.

Mit zunehmender Verbreitung des Internet gab es dann nach und nach die ersten Informationsangebote. Irgendwann meldete ich mich dann in einem Internet-Forum an, gab mir den Namen Ava und einige Zeit später besuchte ich zum ersten Mal ein Selbsthilfetreffen.

Es tat einfach nur unendlich gut, zu sehen, dass man nicht alleine ist, sich mit anderen auszutauschen und auch von ihnen zu lernen. Sich nach all den Jahren einfach auszuleben, die ersten Schritte in die Öffentlichkeit zu wagen, das war ein unbeschreibliches Gefühl.

Wann hast Du für Dich das erste Mal gespürt, irgendwie schere ich aus?

Einen genauen Zeitpunkt kann ich nicht wirklich benennen. Vielmehr merkte ich es an vielen kleinen Dingen. Ich konnte z.B. nie mit dem Imponiergehabe anderer Jungen etwas anfangen. Ich habe mich immer schon für weibliche Kleidung interessiert und bin bis heute bekennendes Fashion Victim mit einer deutlichen Vorliebe für elegante Kleider und Kostüme.

Aufgrund der männlichen Sozialisierung und auch mangelnder Informationen war es jedoch für mich nicht einzuordnen, welchen Grund es dafür wirklich gibt. Meine Kindheit habe ich in den 1970er Jahren erlebt, die Pubertät in den 1980er Jahren. Damals gab es keine Informationen, die zu den Empfindungen gepasst hätten.

Also habe ich die Transidentität, eine Eigenschaft, für die ich damals nicht einmal einen Begriff kannte, letztlich nach außen hin verdrängt. Natürlich habe ich damals schon heimlich Damenkleidung anprobiert. Aber das habe ich natürlich geheim gehalten. Nach außen war ich „der ganz normale Junge“ und später eben „der ganz normale Mann“.

Letztlich leidet man innerlich. Manche mehr, manche weniger. Zum Glück bin ich eher pragmatisch eingestellt und habe immer schon ein recht dickes Fell gehabt. Trotzdem steht es einem natürlich immer wieder im Weg, wenn man sich ständig mit sich selbst beschäftigt.

Auf der Paracelsus Messe 2016 in Düsseldorf – Gespräch mit einer Messebesucherin

Wann und wie war Dein Leidenspunkt erreicht und der Wendepunkt kam?

Wie gesagt habe ich eine recht pragmatische Einstellung und bin auch mit einem relativ dicken Fell ausgestattet. Allerdings ist es so, dass niemand seine Identität jahrzehntelang verstecken kann. Irgendwann kommt der Punkt, an dem bildlich gesprochen der Druck so groß ist, dass der Kessel irgendwann zum Platzen kommt. Bei mir war dieser Punkt Mitte der 2000er Jahre erreicht.

Niemand, der es nicht selbst erlebt hat kann sich vorstellen, was es bedeutet, jahrzehntelang ein Geheimnis mit sich herumzuschleppen, über das man mit niemandem auf der Welt sprechen kann. Als ich dann irgendwann in den 1990er Jahren die ersten Webseiten entdeckte, die sich mit dem Thema befassten, stellte ich erstmals fest, dass es offenbar wesentlich mehr Transidente gab, als ich bis dahin angenommen hatte. Wichtig war auch, dass ich erstmals über Begriffe wie „Transgender“ oder „Transidentität“ stolperte, die meinem Empfinden einen Namen gaben.

Es folgten einige Jahre, in denen ich nur still mitgelesen habe. Manche Transgender hatten Webseiten mit tollen Fotos und ich habe damals gedacht, dass ich so etwas wohl niemals erreichen könnte. Doch schließlich wurde der Druck immer größer. Wie bereits beschrieben habe ich mich dann zunächst in einigen Internet-Foren angemeldet und irgendwann den Schritt gewagt, zu einem Selbsthilfetreffen zu gehen.

Diesen Schritt kann man tatsächlich als Wendepunkt betrachten. Denn ich konnte feststellen, dass es noch viele andere Transgender gab. Sehr wichtig war es auch, mir selber einzugestehen, dass ich transident bin.

Durch das Selbsthilfetreffen konnte ich damals die ersten Schritte in die Öffentlichkeit unternehmen, mich mit anderen austauschen und lernen, in der Öffentlichkeit zu meinem Identitätsgeschlecht zu stehen. Das ist ein sehr wichtiger Schritt, denn das hilft, einen individuellen Weg zu finden, mit der eigenen Transidentität umzugehen.

Allerdings muss ich sagen, dass ich wirklich Glück hatte, immer schon mit einer gewissen Dickfelligkeit ausgestattet zu sein. Ich habe im Laufe der Jahre durch unsere Selbsthilfearbeit im Gendertreff-Team Menschen kennen gelernt, die weitaus größere Probleme mit ihrer Geschlechtsidentität hatten als ich selber. Burn-out, Depressionen oder Alkoholismus sind durchaus Symptome, die mit der Transidentität in einem Zusammenhang stehen können. Transidentität ist keine Krankheit, kann aber sehr krank machen, da sie vielfach mit einem hohen Leidensdruck einhergeht. Deshalb ist es ja auch so wichtig, transidenten Menschen und ihren Angehörigen eine Anlaufstelle zu bieten. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich weiterhin im Gendertreff engagiere.

Mit Gendertreff-Team-Kollegin Nathalie auf der Paracelsus Messe 2016 in Düsseldorf

Wie sieht Dein Alltag aus?  

Derzeit lebe ich meine Transidentität in Teilzeit aus. Das bedeutet, dass ich als Mann arbeiten gehe. Den überwiegenden Teil meiner Freizeit verbringe ich im Identitätsgeschlecht.

Das ist weniger spektakulär, als manche sich das vielleicht vorstellen: Ich gehe Essen oder ins Kino, Shoppen usw. Es ist der ganz normale Alltag einer ganz normalen Frau.

Die Entscheidung für eine Teilzeitlösung habe ich für mich aus einer ganzen Reihe von Gründen getroffen. Es kann aber durchaus sein, dass irgendwann der Punkt kommt, an dem mir auch das nicht mehr möglich ist. Das wird die Zeit zeigen.

Wer weiß, wie Du tickst?

Die Formulierung „wie Du tickst“ suggeriert, dass man sich für Transidentität entscheiden könnte. Das ist aber, wie weiter oben ausgeführt, nicht der Fall. Fragen wir also besser danach, wer von meiner Transidentität weiß.

Im privaten Umfeld wissen die meisten Bekannten Bescheid. Das lässt sich ja schlecht verhindern, wenn man privat überwiegend im Identitätsgeschlecht lebt. Auch einige berufliche Kontakte wissen es.

Wie reagiert Dein Umfeld – wie offen gehst Du damit um?

Ich gehe im beruflichen Umfeld nicht mit meiner Transidentität hausieren, verstecke mich aber auch nicht. Da ich mich im Gendertreff engagiere, nehme ich an allen möglichen Aktivitäten rund um unsere Öffentlichkeitsarbeit teil: Wir haben in jedem Jahr Infostände auf diversen Gesundheitsmessen, Informationsveranstaltungen usw. Wenn man z.B. auf dem Selbsthilfetag in der Düsseldorfer Innenstadt auf der Bühne ein Interview gibt, dann ist das schon ziemlich öffentlich.

Da ich mich auch ansonsten nicht verstecke, kann es natürlich ständig vorkommen, dass ich auch mal jemandem über den Weg laufe, der noch nicht von meiner Transidentität weiß. Ich fahre im Identitätsgeschlecht in den Urlaub oder gehe auch auf Geschäftsreisen nach meinen Terminen im Identitätsgeschlecht aus. Ich gehe so einkaufen, treffe mich mit Freunden usw. Auch auf der Gendertreff Plattform im Internet gibt es ja diverse Fotos von mir, ebenso auf dem Gendertreff-Facebook-Account usw. Man kann also sagen, dass ich sehr offen mit meiner Transidentität umgehe.

Das Umfeld reagiert überwiegend positiv. Großartige Probleme habe ich bislang nicht damit gehabt. Leider tut sich ausgerechnet meine Familie mit dem Thema sehr schwer. Sollte ich mich irgendwann dafür entscheiden, die Transition (die juristische und medizinische Angleichung an das Identitätsgeschlecht) durchzuführen, dann könnte das demnach noch Konfliktpotential beinhalten.

Mit Gendertreff-Gründerin Xenia auf der Bühne beim Düsseldorfer Selbsthilfetag 2015

Welche Gedanken treiben viele Menschen um, die sich in ihrem biologischen Körper nicht uneingeschränkt zufrieden fühlen?

Dass die Diskrepanz zwischen Identitätsgeschlecht und körperlichem Geschlecht zu einem hohen Leidensdruck führen kann, hatte ich ja bereits erwähnt. Wir haben über die Jahre unserer Selbsthilfetätigkeit viele Menschen kennen gelernt, die alle möglichen Vermeidungsstrategien hatten, nur um diesem Leidensdruck zu entfliehen. Von Workoholics über die Flucht in den Extremsport bis hin zu Menschen mit Depressionen oder Suchtkrankheiten haben wir schon viele teils schwere Probleme gesehen.

Deshalb ist es wichtig, Transidenten und ihren Angehörigen Anlaufstellen zu bieten, bei denen sie ihre Probleme besprechen und Erfahrungen, Ängste und Nöte austauschen können. Denn bis man soweit ist, dass man mit seiner Transidentität ungezwungen umgehen kann, muss man durchaus an sich arbeiten und sollte ggf. durchaus auch psychologische Hilfe in Anspruch nehmen.

Weitere Bausteine sind Fragen wie die, ob man z.B. mit einer Transition beginnen sollte. Soll man eine Hormontherapie beginnen? Wann ist der geeignete Zeitpunkt? Wie steht die Familie dazu? Wie bringe ich es meinen Freunden, Verwandten usw. bei? Die Themenliste ist schier endlos.

Ein großes Problemfeld ist nach wie vor das Thema Transidentität und Beruf. Zwar kennen wir auch sehr viele Beispiele, bei denen das Coming-out und die Transition im beruflichen Umfeld sehr gut verlaufen sind. Leider gibt es jedoch auch immer noch Fälle, in denen es zu teils großen Problemen bis hin zum Verlust der Arbeitsstelle gekommen ist. Hier ist noch viel Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Deshalb hat der Gendertreff die Aktion Trans* am Arbeitsplatz ins Leben gerufen. Hier finden Transidente Hilfestellung, wie z.B. einen auf realen Erfahrungen basierenden idealtypischen Ablaufplan für das Coming-out im beruflichen Umfeld. Weiter finden Personalverantwortliche, Kollegen usw. Informationen aus erster Hand. Auf der Aktions-Webseite Trans* am Arbeitsplatz können zudem Unternehmen und Institutionen ihre Unterstützung signalisieren. Bislang konnten wir die SODEXO-Gruppe, das Universitätsklinikum Essen, die Stadt Düsseldorf, die Behörde IT.NRW sowie den DGB und die Gewerkschaft IG BCE als Unterstützer gewinnen. Weitere Unternehmen und Institutionen sind selbstverständlich herzlich eingeladen, die Aktion zu unterstützen und sich als fortschrittliche Institutionen zu präsentieren, die dem Thema Diversity offen gegenüber stehen.

Wo kann der Gendertreff helfen?

Der Gendertreff bietet zunächst einmal mit der Gendertreff-Plattform eine große Informationssammlung. Wir haben ein Verzeichnis von Links und Adressen, Erfahrungsberichte, Hintergrundwissen usw. veröffentlicht. Hier finden Transidente, Angehörige und auch die interessierte Öffentlichkeit demnach jede Menge Informationen zum Thema Transidentität.

Weiter betreiben wir mit dem Gendertreff-Forum eine Plattform zum virtuellen Austausch sowie mit dem Gendertreff Düsseldorf, dem Gendertreff Leverkusen, dem Gendertreff Iserlohn und dem Gendertreff Berlin vier Selbsthilfetreffen, bei denen sich Transidente und ihre Angehörigen austauschen können. Im Verlauf des Jahres 2017 kommt darüber hinaus mit dem Gendertreff Dessau ein weiteres Selbsthilfetreffen hinzu.

Unsere Treffen finden in öffentlichen Lokalen statt. Dies hat folgenden Hintergrund: Zum einen müssen die Besucher unserer Selbsthilfetreffen eine gewisse Hemmschwelle überwinden. Das ist wichtig, damit sie lernen können, in der Öffentlichkeit zu ihrem Identitätsgeschlecht zu stehen. Denn Schwimmen lernt man ja auch nur, wenn man ins Wasser steigt.

Weiter merken die Besucher unserer Selbsthilfetreffen dann ganz schnell, dass sie sich problemlos in der Öffentlichkeit bewegen können. So machen sie im Schutz einer Gruppe die ersten Schritte, die sich meist mehr und mehr verselbständigen. Zu guter Letzt ist es natürlich auch einfacher, sich in einer gemütlichen und lockeren Atmosphäre mit anderen auszutauschen.

Unsere Selbsthilfetreffen haben somit bewusst keinen „Stuhlkreis-Charakter“. Moderiert werden sie nur insofern, als wir darauf achten, dass Neuankömmlinge gut in die Treffen integriert werden. Weiter achten wir darauf, dass z.B. keine Dinge berichtet werden, die gefährlich werden könnten. Dinge wie z.B. das „Ausprobieren von Hormonen“ können die Gesundheit gefährden. Deshalb würden wir in einem solchen Fall einschreiten. Auch achten wir darauf, dass keine Gruppendynamik entsteht und die Besucher unserer Selbsthilfetreffen so einen individuellen Umgang mit der eigenen Transidentität finden.

Ebenfalls wichtig ist es, den Besuchern unserer Selbsthilfetreffen zu helfen, die Transidentität nicht nur aus der eigenen Sicht zu sehen. Wenn sich z.B. in einer Familie der Ehemann nach mehreren Ehejahren als transident outet, so ist es ganz normal, dass in der Familie Ängste vorhanden sind. Eine Methode nach dem Motto „mit dem Kopf durch die Wand“ ist da meist wenig hilfreich. Hier ist es wichtig, dass im Gendertreff-Team auch mehrere Partnerinnen von Transgendern als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.

Der Gendertreff hilft insbesondere durch die Sammlung von Erfahrungen aus erster Hand. So kann man sich im Gendertreff-Forum oder auf unseren Selbsthilfetreffen mit anderen austauschen und von deren Erfahrungen profitieren. Auf unserer Gendertreff-Plattform gibt es das Gendertreff Blog / Magazin mit vielen Erfahrungsberichten. So haben wir z.B. ganze Transitions-Tagebücher veröffentlicht, in denen Transgender von ihren Erfahrungen von den ersten Empfindungen bis hin zur geschlechtsangleichenden Operation berichten.

Beispielsweise hat Gendertreff-Gründerin Xenia den Brief veröffentlicht, mit dem sie sich damals bei ihrer Frau offenbart hat. Weiter haben wir einen idealtypischen Transitionsablauf oder das „kleine 1 x 1 der Hormone“ veröffentlicht, in dem beschrieben wird, wie Hormone im Körper wirken. Zurzeit stehen im Gendertreff Blog / Magazin beispielsweise über 150 Artikel mit Informationen und Erfahrungsberichten zur Transition und über 200 weitere Erfahrungsberichte zur Verfügung. Hinzu kommen die Beiträge im Gendertreff-Forum. Alleine das Internet-Angebot des Gendertreff bietet somit einen riesigen Fundus an Informationen.

Wichtig ist: Der Gendertreff kann helfen, Probleme zu lösen. Aber lösen muss man die Probleme schon selber. Nur wer sich wirklich mit seiner Transidentität auseinandersetzt, kann auch zufrieden im Identitätsgeschlecht leben. Jeder Mensch muss einen eigenen, individuellen Weg finden, mit der Transidentität umzugehen. Das berufliche oder familiäre Umfeld ist bei jedem Menschen anders. Ziel muss es sein, dass Transidente ihre Arbeit oder auch ihre Familie behalten und dennoch ihre Transidentität nicht verstecken.

Darüber hinaus betreiben wir Öffentlichkeitsarbeit und nehmen auch an der politischen Diskussion zum Thema Transidentität teil. Hier haben wir das Ziel, durch Information Vorurteile abzubauen und somit die Lebenssituation transidenter Menschen nachhaltig zu verbessern. Seit 2016 etablieren wir zudem mit der Gendertreff Messe eine Veranstaltungsreihe zum Austausch zwischen Transgendern, Angehörigen, der interessierten Öffentlichkeit sowie Fachleuten wie Chirurgen, Psychologen, Beratungsstellen und speziellen Dienstleistern rund um Trans*-Bedarf.

Am Stand der Düsseldorfer Selbsthilfe-Organisationen während der Feierlichkeiten zum Jubiläum 70 Jahre NRW in 2016 in Düsseldorf

Was sind die häufigsten Vorurteile gegenüber Transgendern?

Mitunter werden Transidentität und Travestiekünstler verwechselt. Wir sind aber keine schrill-bunten Kunstfiguren wie z.B. Olivia Jones. Die überwiegende Zahl Transidenter sind „ganz normale Menschen“: Ganz normale Frauen, die in einem Männerkörper geboren wurden oder ganz normale Männer, die in einem Frauenkörper geboren wurden, um es mal anschaulich zu beschreiben. Zudem gibt es auch Menschen, die sich keinem Geschlecht eindeutig zugehörig fühlen und sich als non-binary bezeichnen.

Oft wird auch Transidentität mit Homosexualität verwechselt, dies insbesondere bei Transfrauen. Dabei verteilen sich Heterosexualität und Homosexualität über die Grundgesamtheit transidenter Menschen ebenso wie beim Rest der Bevölkerung. Hinzu kommt, dass derartige Begriffe von einem Geschlechtermodell ausgehen, in dem es eine klare Trennung zwischen männlich und weiblich gibt. Doch die Frage, ob z.B. ich, Ava, nun ein heterosexueller Mann mit einem weiblichen Identitätsgeschlecht bin oder aber eine lesbische Frau, die in einem Männerkörper leben muss, zeigt, dass diese Zuordnung völlig unpassend ist.

Insgesamt muss ich jedoch feststellen, dass mir selten Menschen begegnen, bei denen ich aufgrund von Vorurteilen negative Erfahrungen mache.

Dass das berufliche Umfeld mitunter problematisch sein kann, habe ich weiter oben bereits erwähnt.

Was kann da ein Film wie The Danish Girl oder die Serie Transparent beitragen?

Grundsätzlich ist es hilfreich, wenn das Thema Transidentität in den Medien präsent ist, denn dies führt dazu, dass sich Menschen mit dem Thema auseinandersetzen. Fehlende Information ist bis heute nämlich die häufigste Ursache für vermeintliche und auch tatsächliche Diskriminierung.

Dabei ist es m.E. egal, über welches Medium die Information transportiert wird. Dies kann ein Kinofilm wie The Danish Girl ebenso sein wie ein Theaterstück, ein Song, ein Infoflyer oder ein Zeitungsartikel. Wichtig ist aber, dass die Information im Mittelpunkt steht und nicht Selbstdarstellung oder Sensationsgier. Leider neigen manche Medien jedoch dazu, sich eher an „Quote bringenden Charakteren“ zu orientieren und zeigen mitunter ein verzerrtes bzw. einseitiges Bild transidenter Menschen, das eben nicht der Mehrzahl der Transgender entspricht.

Der Film The Danish Girl orientiert sich an der Biographie von Lili Elbe und basiert somit auf dokumentierten Fakten. Der Trailer, den ich im Internet gesehen habe, machte einen guten Eindruck. Insofern erwarte ich, dass der Film dazu beiträgt, dass das Thema Transidentität weiter in die Mitte der Gesellschaft rückt.

Gerade in den letzten Jahren fällt auf, dass das Thema Transidentität sehr häufig in den Medien ist. Das halte ich grundsätzlich für eine positive Entwicklung, da die Medien dank ihrer enormen Reichweite viele Menschen sensibilisieren können.

Scheint es nur so, oder würdest Du bestätigen, dass die Offenheit der Gesellschaft größer geworden ist? 

Ich finde schon, dass die Gesellschaft grundsätzlich offener geworden ist. Es gibt zwar sicherlich noch viel zu bewegen, aber wir sind meiner Meinung nach auf einem guten Weg.

Auch deshalb engagiere ich mich weiterhin im Gendertreff. Denn ich bin überzeugt, dass wir mit fundierter Selbsthilfe- und Öffentlichkeitsarbeit noch sehr vielen Transgendern und ihren Angehörigen helfen können.

Im Winter 2016 auf der Zugspitze

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