Marinas 10-Jähriges – Gendertreff

Am Sonntag, den 19.01.2020, war ein durchaus denkwürdiger Tag für mich. Als Erstes fand der Gendertreff Düsseldorf zum ersten Mal wieder im Café Süd in Düsseldorf statt, aber auch war dies mein 10-jähriges Jubiläum.

10 Jahre ist es her, dass eine völlig verunsicherte, vor Angst zitternde Marina mit Ihrem Auto auf dem Parkplatz vor dem Café Süd stand. Genau genommen war dies der 17.01.2010, aber eben der 3. Sonntag im Januar. Es war ca. 15:00 Uhr, ich war also etwas zu spät, aber ich hatte gerade ~350 km von Fulda nach Düsseldorf zurückgelegt. Bei der Strecke kann man nie so genau planen.

Wie gesagt, da saß ich also in meinem Auto und zitterte am ganzen Körper vor Angst, vermischt mit Aufregung, hatte ich mich doch erst am 12.12.2009 im Gendertreff-Forum angemeldet. Außer den Avatarbildern und dem was andere geschrieben haben, wusste ich nicht viel von den Leuten, die da drüben im Café sitzen. Was werden das wohl für Menschen sein? Werde ich mich da wohlfühlen? Was erwartet mich, wenn ich jetzt die paar Meter vom Parkplatz zum Café hinter mich bringe? Fragen über Fragen…

Und so, etwa 10-15 Minuten später, hatten sich meine Nerven insoweit beruhigt, dass ich es schaffte aus zusteigen und rüber zu laufen. Vor dem Café standen einige andere Trans*-Personen beim Rauchen. Ich war so aufgeregt, dass ab dort meine Erinnerungen etwas unklar sind.

Irgendeine der Raucherinnen sprach mich an, ob ich eine „Neue“ wäre. Ich glaube, ich habe kein Wort heraus bekommen und nur genickt. Ich kann mich beim besten Willen nicht mehr erinnern, wer das damals war. Jedenfalls sendete sie mich mit „Wir sitzen da hinten, geh nur rein“ während sie nach links zeigte, zum Selbsthilfetreffen ins Café Süd.

Unsicher ging ich also rein und wurde unmittelbar von Xenia und Ava begrüßt. Wir wechselten ein paar Worte, wobei ich kaum etwas sagte. Naja, jedenfalls führten sie mich an die lange Kaffeetafel links und ich fand einen Sitzplatz ungefähr in der Mitte.

Ich saß erst mal da und hörte den anderen erst einmal nur zu. Dann bestellte ich einen schwarzen Tee und ein Stück Kuchen(?), wobei, ich kann mich nur an den Tee erinnern. Ich nehme immer Süßstoff zum Tee aber es gab keinen Süßstoff auf dem Tisch. Mir gegenüber saß Kirsten, die ich aber damals noch nicht kannte. Sie sagte mir, dass sie Süßstoff dabei hätte und gab mir einen kleinen Süßstoffspender. Ich war immer noch sehr nervös und zitterte noch immer ziemlich.

Und dann passierte das Unvermeidliche: Der Süßstoffspender rutschte mir aus der zitternden Hand und versank im Tee. Oh (zensiert), ich hätte vor Scham im Boden versinken können. Die anderen am Tisch fanden es aber lustig, mir war gar nicht zum Lachen. Ich habe mich 1000x bei Kirsten entschuldigt, aber sie sagte, dass es nicht so schlimm ist. Kann man ja reinigen und neu befüllen. Der Tee jedenfalls war ungenießbar.

Das erste Mal da und dann so etwas…

Rita setzte sich dann neben mich, lächelte mich an aber sprach kein Wort. Irgendwie beruhigte mich das. Und so saß ich weiter am Tisch, anstatt meinem Impuls zu gehen nachzugeben. Die Zeit verging wie im Flug, ich trank mehrere Tassen Tee und hörte den anderen zu. Und da wusste ich: Ja, hier bist du richtig. Hier sind Menschen, die genau das Gleiche erlebt haben wie du. Die sich mit genau den gleichen Problemen herumschlagen wie du. Hier sind Menschen, die dich verstehen.

Um 18:00 Uhr war Schluss, einige verabredeten sich noch irgendwo Abendessen zu gehen. Aber das traute ich mich dann doch noch nicht. Und so fuhr ich zu meiner damaligen kleinen Zweitwohnung in Meerbusch-Nierst.

Dies war also das erste Mal, aber ich kam immer wieder, und wieder und wieder. Ich fing an, diese Menschen kennenzulernen und anscheinend hatten sie auch ein Interesse an mir. So war ich dann ganz schnell bei den ersten Ausflügen mit dabei. Im August 2010, beim Sommerfest wurde ich gefragt, ob ich im Team mitarbeiten wolle. Nach 3 Tagen Bedenkzeit sagte ich zu.

Und hier bin ich heute, 10 Jahre später: Teammitglied, Vorstandsbeisitzerin und Moderatorin im Gendertreff e.V. . Seit 2013 lebe ich Vollzeit als Frau, auch wenn es mir mein Arbeitgeber nicht ganz leicht gemacht hat. Meine Transition ist insoweit abgeschlossen. Namens- und Personenstandsänderung habe ich seit Dezember 2015. Die GaOP ist bei mir aus medizinischen Gründen ausgeschlossen. Aber je länger ich so glücklich und zufrieden lebe wie jetzt, je unwichtiger wird dieser Schritt für mich. Inzwischen wäre es vielleicht in ein paar sehr wenigen Situationen von Vorteil die GaOP zu haben, aber in 99,9% meines Lebens spielt es eigentlich keine Rolle. Ich bin zufrieden.

Heute schaue ich auf diese Zeit zurück und frage mich, warum hast du so lange gewartet? Naja, die Zeit war noch nicht reif für mich. Ich musste erst einmal zu mir selbst finden. Ich musste erst einmal die Menschen finden, die den Weg zu mir selbst mittragen. Und genau diese Menschen habe ich an diesem denkwürdigen Tag im Januar 2010 gefunden.

An jenem Sonntag den 19.01.2020 feierte ich also mit allen Anwesenden mein 10-jähriges Jubiläum. Und ratet mal, was ich von meinem Freunden geschenkt bekam:

Von Ava, Xenia und Ute sowie von Rita und Kirsten jeweils ein Teeglas und einen kleinen Süßstoffspender. Das ist also auch bei Ihnen in Erinnerung geblieben. Ich habe köstlich gelacht. Ja, ich habe gelernt auch über mich selbst zu lachen und nicht alles so bitterernst zu nehmen.

Deshalb sage ich hier noch einmal: Danke meine lieben Freundinnen! Mehr als alles andere, habt Ihr mir etwas geschenkt, das ich vorher in meinem Leben nicht hatte – Echte Freundschaft –

Und so gab ich einen Toast auf meine Freundinnen, den Gendertreff e.V., das Café Süd und das Leben an sich.

PROST!!!

 

Liebe Grüße

Marina

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Mein Fahrplan

Autorin: Comitas

Schon Anfang 2016 in meiner mit dem allerersten Posting verbundenen Vorstellung nach der Anmeldung (das war noch in der Vorgänger-Version dieses Forums) hatte ich versprochen, Euch auf dem Laufenden über meinen eingeschlagenen Weg zu halten. Ein für die schnelllebige virtuelle Welt eigentlich recht betagtes Versprechen, welches für mich dennoch unverändert seine Gültigkeit hat. Selbst wenn zwischen den Folgebeiträgen in diesem meinem Thread eben schon mal ein halbes Jahr oder mehr ins Land gehen kann…

Wie dem auch sei, nun – ich hoffe, Euch waren insofern allem voran ebenso geruhsame Weihnachtsfeiertage vergönnt wie mir – ist es also wieder ein passender Zeitpunkt gekommen, um erneut ein paar ausführliche Zeilen darüber zu hinterlassen, wie sich die Dinge im Laufe dieses Jahres für mich so weiterentwickelt haben.

Das Fundament meiner Transition in beruflicher Hinsicht stellte (siehe meine vorherigen Einträge im Forum) ja der von meiner Kanzlei zum Herbst vergangenen Jahres ermöglichte Beginn einer Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten dar. Um das Erfreulichste in dieser Hinsicht vor anzustellen: In dieser Sphäre hätte meine Transition ungebrochen echt nicht besser laufen können und das tagtägliche menschliche Miteinander, sowohl intern als auch in Bezug auf Interaktionen mit Mandantschaft, Partnerkanzleien oder sonstigen Dritten läuft bestens. Ich fühle mich insoweit zu nicht weniger als 100 % als Frau wahrgenommen und schätze es, dass mir von meinem Arbeitgeber gerade bei den typischen trans*-bezogenen Pflichtterminen bezüglich der fortgesetzten Bartentfernung, ärztlichen Check-ups usw., bei Bedarf ungebrochen verständnisvoll entgegengekommen wird.

Als gravierende Schattenseite hat mein beruflicher Alltag an den Arbeitstagen, an denen ich nicht für die Berufsschule freigestellt bin, jedoch im Prinzip fortwährend nahezu nichts mit dem einer/eines Auszubildenden gemein. Und da, um es in dieser Hinsicht auf den Punkt zu bringen, die gegenwärtigen Arbeitsbedingungen im Hinblick auf Art und Umfang meiner tatsächlichen Tätigkeiten – erst recht in Relation zu dem bis heute weiterhin äußerst bescheidenen Gehalt – für mich zunehmend nicht mehr darstellbar sind, bin ich zu dem Entschluss gelangt, dass ich meine berufliche Zukunft nach Ende der Ausbildung lieber woanders suchen möchte.

So überschaubar diese Aussichten auf dem Papier bzw. auf den ersten Blick nahezu unverändert auch anmuten mögen, das soll es – oder besser: das soll ich es – mir wert sein.

Eigentlich hätte nicht viel gefehlt, dass ich die Abschlussprüfung schon Anfang dieses Monats nach folglich weniger als knapp eineinhalb Jahren Ausbildungsdauer geschrieben hätte. Schließlich wäre die dafür erforderliche nochmalige Verkürzung der Ausbildung bis vor kurzem sogar eher eine bloße Formalität gewesen. Doch die Hürden für die erforderliche Darlegung der weiteren Verkürzungsgründe wurden von der örtlichen RAK überraschend erst neulich über den sehr guten Notendurchschnitt in der Berufsschule und das prinzipielle Einverständnis des Ausbilders hinaus derart angehoben, dass ich da selbst am Ende selbst vorzeitig und völlig entnervt einen Rückzieher gemacht hatte.

In der Folge sieht der pragmatisch angepasste „Fahrplan“ für mich deshalb derzeit so aus, dass ich mich eben lieber mit dem darauffolgenden Termin für die Abschlussprüfungen Anfang April zufrieden gegeben habe, an dem ich indes nachgerechnet auch gerade mal siebzehn fortlaufende Ausbildungsmonate hinter mir haben werde. Das nimmt sich alles zeitlich also zum Glück nicht wirklich viel.

Doch um explizit noch einmal auf die Berufsschule zu sprechen zu kommen: Mit diesem Teil der Ausbildung ging es seitdem ebenfalls nicht minder planmäßig voran und zur Belohnung hielt ich erfreulicherweise vor den Sommerferien (Halbjahreszeugnisse für die von der Ausbildungsgangleitung so getauften „Schnellläufer-Klassen“ wie meine gibt es an diesem Berufskolleg im 1. Ausbildungsjahr üblicherweise nicht) ein von den Noten her sehr gut ausgefallenes Zeugnis in den Händen. Nicht zuletzt unweigerlich schon deshalb ein ganz besonderer Moment für mich, weil mir in Form dieses Zeugnisses für das komplettierte erste Ausbildungsjahr somit erstmals in meinem Leben offiziell ein bedeutsamer Leistungsnachweis überreicht wurde, der auf „Frau Sonja U.“ lautet.

Über das vermittelte Prüfungs- und Praxiswissen hinaus hat die Zeit in der Berufsschule für mich dabei jedoch – wie es bereits in meinen vorherigen Beiträgen hier anklang – noch eine weitaus größere persönliche Bedeutung behalten. Denn es ist eben faktisch das erste Umfeld von Dauer, in dem ich spürbar ausschließlich als gewöhnliche Cisfrau wahrgenommen und behandelt wurde. Weswegen sich fortan insbesondere der Umgang mit meinen Mitschülerinnen von vornherein denkbar unbeschwert gestaltete. Während ich es bis heute zeitweise echt kaum fassen kann, dass mir die anderen Mädels über so einen langen Zeitraum hinweg offenbar nicht angesehen und/oder sonst wie angemerkt zu haben scheinen, dass ich trans* bin. Faszinierend.

Beziehungsweise fast so faszinierend, wie dass mich meine Mitschülerinnen nach den Sommerferien in anonymer Abstimmung bzw. ohne jegliche Vorfrage „wer denn möchte…“ zur neuen Klassensprecherin gewählt haben. Ich war daraufhin jedenfalls beides, fühlte mich durch das geschenkte Vertrauen total geehrt (mit mir sind wir in diesem zweiten Ausbildungsjahr 16 Schülerinnen in der Klasse; will nebenbei also heißen, dass wir selbst in der Zwischenzeit keinen einzigen Jungen in der Klasse dazu bekommen haben…) und war zugleich für den Moment vollkommen perplex.

Okay, streng genommen müsste ich meine Klassenkameradinnen selbstverständlich ausdrücklich darauf ansprechen, wenn ich gesichert würde wissen wollen, ob sie meinen trans*-Hintergrund zwischenzeitlich nicht vielleicht doch erkannt haben. Doch angesichts der Tatsache, dass die freilich äußerlich zweifelsohne nach wie vor sichtbaren Spuren meines persönlichen „männlichen Migrationshintergrundes“ selbst meiner Sitznachbarin und Freundin Caro in unseren vermehrt stattfindenden gemeinsamen Unternehmungen außerhalb der Berufsschule nicht auffielen, spricht wohl alles dafür, dass es den anderen Mädels da nicht anders gegangen sein wird.

Der Grund warum ich um Letzteres weiß, führt derweil umgehend zu einem weiteren rundum schönen Thema dieses Updates, nämlich dass ich in der Klasse mit Caro unerwartet auch erstmals in meinem Leben eine erste (wenn man so will) richtig originäre Frauenfreundschaft schließen durfte. Denn Caro, die es selbst nach vorherigem geisteswissenschaftlichem Studium an der Kölner Uni mit Mitte zwanzig in die ReFa-Ausbildung und damit ans Berufskolleg verschlagen hatte und ich, wir hatten ohne Übertreibung vom ersten gemeinsamen Schultag an einfach einen total guten Draht zueinander. Wurden anschließend zu nahezu unzertrennlichen Tischnachbarinnen und unternahmen mit der Zeit eben konsequenterweise auch nach Unterrichtsschluss eben immer mehr gemeinsam.

Und je enger unser Kontakt zueinander wurde, umso mehr wuchs in mir das Bedürfnis – wohlgemerkt ohne bis dahin Gewissheit gehabt zu haben, ob sie oder etwa auch ihr fester Freund, mit dem sie zusammen wohnt, mein gewisses Anderssein nicht doch längst bemerkt hatten – mich ihr in der Sache einmal mitzuteilen. Denn über alles (!) reden zu können, das ist es doch, was eine richtige Freundschaft ausmachen sollte, nicht wahr? Und Passing hin oder her, wer will schon ein nervenaufreibendes Versteckspiel vergangener Tage im engsten privaten Umfeld dauerhaft gegen ein anderes eingetauscht haben?!

Mit jener sich anbahnenden Aussprache war es letztlich dann vergangenen Juli noch vor den Sommerferien soweit und das damalige Vieraugengespräch, was sich zwischen mir und Caro völlig ungezwungen an einem schon vom Wetter her Bilderbuchmäßigen Sommertag am Kölner Rheinufer ergab, werde ich immer im Herzen tragen.

Seitdem weiß ich jedenfalls, dass mich meine mir echt ans Herz gewachsene Banknachbarin in der Tat für eine gebürtige Frau, wie sie selbst eine ist, hielt, ohne dass jene neuen Erkenntnisse aber etwas an ihrer Wertschätzung von mir als Freundin geändert hätten. Begleitet davon, dass Caro das Ganze seitdem vorbildlich für sich behielt. Ein Umstand, auch dank dem es im Hinblick auf die anderen Mädels in der Klasse bis heute so geblieben ist, dass die spürbar nicht infrage stellen, dass mein Geburtsgeschlecht ein anderes gewesen sein könnte als das, in dem sie mir seit unserem gemeinsamen Ausbildungsbeginn erstmals begegnet sind. Mehr noch, ich möchte fast meinen, dass es mir seit jenem Coming-out unter, im Vergleich zu früher, gewissermaßen „umgekehrten Vorzeichen“ vergönnt war, im Berufsschulumfeld sogar irgendwie das Beste aus beiden Welten zu vereinen. Indem ich nämlich neben der Ausbildungsgangleitung auch für meine Freundin Caro als trans* sichtbar und vollkommen akzeptiert bin, für alle anderen jedoch fortwährend augenscheinlich als beliebige Cisfrau durchgehe.

Versteht mich bitte nicht falsch. Ich habe kein Problem damit, entspannt und souverän zu mir zu stehen, wenn auch Fremde von sich aus merken oder gegebenenfalls durch Hinweise anderer Dritter spitz kriegen, dass ich trans* bin. Denn auch das habe ich über die letzten Jahre gelernt, wobei die öffentlichen Stammtischtreffen des Gendertreffs nur eine von vielen angenehmen Gelegenheiten dafür boten. Doch ich genieße diesen glücklichen Umstand einfach sehr, im Alltag ansonsten erfahrungsgemäß den Eindruck hinterlassen zu können, dass zwischen dem weiblichen Geschlecht, in dem ich mich heutzutage selbstbewusst präsentiere, und meinem Geburtsgeschlecht erst gar keine Abweichung existiert. Oder anders ausgedrückt, es ist schlichtweg eine gesondert wundervolle Erfahrung, sich in einem solchen Rahmen zur Abwechslung einmal gänzlich ungetrübt bzw. völlig unbeeinflusst vom eigenen trans*-Hintergrund im Identitätsgeschlecht erleben zu dürfen.

Als Nächstes wiesen erfreulicherweise auch in meinem sonstigen privaten Umfeld alle weiteren Entwicklungen unverändert weiter in eine positive Richtung.

Bei speziell einer meiner beiden „Stamm-Cliquen“ hatte ich mir insofern gerade zu Jahresbeginn sehr wohl eine ganze Zeit ernsthafte Sorgen gemacht, weil in dieser verglichen mit dem Vorjahr selbst mit dem rheinischen Karneval im Anmarsch nahezu keine Unternehmungen mit meiner Beteiligung angeschoben wurden. Doch wie sich später herausstellte, hatte diese als solche von mir registrierte, mangelnde Aktivität nichts mit meiner Person zu tun, sondern war schlichtweg Ausfluss davon, dass die Einzelnen dienstlich und/oder in sonstiger Weise derart im Stress waren, dass Cliquen-technisch in dieser Phase schlicht gar nichts an relevanten Unternehmungen stattfand.

Dass das von den Beteiligten nicht etwa nur beschönigende Worte waren, durfte ich übrigens spätestens daran festmachen, dass ich von einem zu ebenjener Clique gehörenden Pärchen zur deren Hochzeit im Juli ganz offiziell als Frau eingeladen wurde. Mit allem Drum und Dran. Was wiederum im Kontrast dazu stand, dass ich im Sommer des Vorjahres zu einer Hochzeit eines anderen Pärchens im erweiterten Freundeskreis noch ausdrücklich als Mann eingeladen wurde. Obwohl auch diese beiden Brautleute bereits von meinem trans*-Sein und ebenso davon wussten, dass ich unmittelbar vor Abschluss meiner Vornamens- und Personenstandsänderung sowie davor stand, künftig ein allumfassendes Leben in meinem wahren Identitätsgeschlecht zu beginnen. Weswegen das Ganze bei den betreffenden Hochzeitsfeierlichkeiten 2018 rückblickend letztlich schon mit einer relativ eigenartigen Situation für mich ein herging.

Aber selbstredend bekam ich es an jenem Sommertag zum einen dann ja doch wunschgemäß einmal mehr hin, unauffällig und ganz wie gewohnt „den Mann zu geben“. Und zum anderen wusste ich es alleine durch diese Erfahrung umso mehr zu schätzen, dieses Jahr ohne derartige Einschränkungen als Frau mit auf die Gästeliste gerutscht zu sein. Auf der im Übrigen natürlich auch Eltern, Großeltern, entfernte Verwandte sowie zugleich von weiter her stammende Freunde des Brautpaares standen und und und…

Sprich, gerade das Sich-Willkommen-Fühlen zu solch bedeutsamen Anlässen (von denen manche freilich trauriger Natur sind, wie z. B. Beerdigungen) sind es doch, die nach meiner Auffassung Ausdruck von wahrer Teilhabe sind und dafür, dass du in deinem sozialen Umfeld als Transmensch jenseits von sonstigen, schnell daher gesagten schönen Worten akzeptiert wirst. Ich finde es jedenfalls immer schlimm, hier vereinzelt davon lesen zu müssen, dass Manche(r) von Euch sich von alten Freund_innen offenbar Vorbedingungen anhören muss à la „Kannst gerne noch zu uns kommen. Aber bitte in gewohnter Geschlechterrolle. Denn sonst finden wir das peinlich. Und was sollen die Nachbarn denken?!“

Will unter Bezugnahme auf den vorherigen Eintrag in meinen Thread heißen, dass die in der Zwischenzeit wahrgenommenen Distanznahme mir gegenüber von einzelnen Freund_innen im Ergebnis überwiegend tatsächlich mehr Ausdruck einer benötigten Umgewöhnungsphase gewesen zu sein scheint, als dass dies die befürchtete Manifestierung einer von Einzelnen insgeheim empfundenen Ablehnung mir als sichtbarer Transfrau gegenüber oder ähnlichem gewesen wäre.

Ich weiß es in diesem Zusammenhang beispielsweise wahnsinnig zu schätzen, dass gerade die mir seit Kindertagen eng verbundenen männlichen Freunde mir insoweit bis hierhin nicht nur merklich gewogen blieben, sondern dass die Mehrzahl von ihnen es mittlerweile zur Begrüßung und zum Abschied insbesondere nicht mehr mit so einer (wenn ihr wisst, was ich meine) „Männer-Handshake-Umarmung“ bewenden lässt, sondern sie mich –ganz wie die anderen Mädels der Clique auch – dann mal kurz so richtig in den Arm nehmen. Denn das ist für mich exemplarisch eine dieser vordergründig total schlichten Mann-zu-Frau-Gesten, die dennoch manchmal echt mehr zu sagen vermögen als viele Worte.

Nur übertroffen von folgender Erfahrung, die ich Euch ebenfalls nicht vorenthalten möchte: Wir haben in meiner Stamm-Clique ein Pärchen, das sich trotz zweier gemeinsamer kleiner Kinder vor wenigen Jahren (für uns Außenstehende recht plötzlich) trennte und zwischenzeitlich scheiden ließ. Dabei blieben wir anderen in der Clique allesamt auch nach der Scheidung mit Beiden gut befreundet und die Kinder (die Tochter geht derzeit noch in die 4. Klasse, der Sohnemann ist dieses Jahr nach den Sommerferien eingeschult worden) leben nunmehr in wechselnden Abständen entweder bei Mama oder Papa. Wobei beide Elternteile jeweils bis heute wenige hundert Meter entfernt in demselben Dorf wohnen geblieben sind, in dem ich selbst aufgewachsen bin und in dem mein Elternhaus steht.

Das Besondere daran ist, dass in meinen Freundeskreisen einzig diese beiden Kinder alt genug sind, um „ihn“ zuvor noch bewusst kennengelernt zu haben. Der aus den anderen Partnerschaften meiner Cliquen hervorgegangene Nachwuchs war im Zeitpunkt der Umwälzungen im Vorjahr demgegenüber so jung, dass der sich absehbar später bestenfalls ausschließlich als Frau an mich erinnern wird.

Insofern hatte ich mir zugegeben schon eine Weile lang verunsichert die Frage gestellt, was in den kindlichen Köpfen jener beiden Sprösslinge wohl vorgehen mag, seit sie hautnah mitbekamen, dass jener (ich nenne es mal) vertraute Freund der Familie plötzlich nicht mehr als Mann, sondern entsprechend nur noch als Frau in Erscheinung trat.

In dieser Hinsicht kann ich heute stolz berichten, dass sich ein durch und durch positiver Befund ergab. Was ich indes mehr als alles andere entscheidend auf die Einflussnahme der mir beide seit jeher wohlgesonnenen Eltern zurückführe. Denn wenn nur einer von den Beiden ein echtes Problem mit mir nach meinem Coming-out gehabt und gegen mich gehetzt hätte, wäre es sicher nicht zu der nachfolgenden Geschichte gekommen.

So richtete Bianca, die Mutter der Kinder, Mitte des Jahres bei sich zu Hause einen weiteren dieser „klassischen“ Mädelsabende aus. Und bevor die Kids abends ins Bett geschickt wurden, die an dem Tag zufällig bei ihr weilten, war ich echt baff zu sehen, wie zugeneigt die sich gerade mir gegenüber verhielten. Ihre Tochter warb mitunter geradezu um meine Aufmerksamkeit und der Sohn hüpfte mir beim gemeinsamen Abendessen ganz plötzlich unbeschwert zum Kuscheln auf meinen Schoss. Ich erinnere mich nämlich noch lebhaft daran, dass selbiger Sohnemann mich keck in die Schulter boxte, als ich Mitte des Vorjahres das letzte Mal äußerlich als Mann bei seinem Papa im Wohnzimmer saß.

Wie mir Bianca, nachdem sie die Kinder ins Bett gebracht hatte, weitererzählte, war im Zuge der Bekanntgabe der Abendplanung samt Gästeliste gegenüber ihrer Tochter noch vor unserem Eintreffen in jedem Fall offenbar noch folgender, für mich bemerkenswerter Dialog zustande gekommen:

(Tochter) O.: „Oh, ist das DIE Sonja, die letztens auch auf Andreas Geburtstag war?“
(Mama) B.: „Ja, genau die.“
O.: „Cool!“
B.: „Du weißt aber schon, wie das ist mit der Sonja, oder?“
O.: „Ja, die ist zwar als Junge geboren, hat sich aber immer schon wie ein Mädchen gefühlt.“

Als ich das hörte, war ich ungelogen einen Moment total gerührt. Denn so groß die Vorzüge der weitläufig verbreiteten „im falschen Körper“-Kurzmetapher für TI auch sein mögen, es ist doch vielmehr exakt das, was diese gerade mal Zehnjährige in die vorstehende empathische Feststellung gefasst hat, worum es uns allen geht, oder?

Ich mag nach unseren gesellschaftlichen Anschauungen selbst nie besondere Errungenschaften vorweisen können und, im Gegenteil, letztlich in vielerlei Hinsicht scheitern im Leben. Doch es ist ein echt tolles Gefühl, insofern augenscheinlich dafür gesorgt zu haben, dass immerhin diese beiden Kinder auf einem in jeder Hinsicht (!) typischen Dorf schon mit einer Transperson im Bekanntenkreis aufwachsen und Menschen wie mich als sehr wohl geachteten und bereichernden Teil unserer Bevölkerung begreifen. Schließlich ist das etwas, dass das eigene bescheidene Dasein überdauern wird und später eine Bastion bilden kann gegen den rechten Rand, nach dem es offensichtlich irgendeinem anatomisch völkischen Ideal entsprechend nur biologische Männer und Frauen geben darf und der Rest [na ja, ihr wisst schon angeblich was und wo…] gehört.

Um diesen abermals ein bisschen lang geratenen Beitrag zu Ende zu führen, lasst mich überdies Folgendes festhalten: Zwar verblasst die Erinnerung daran, doch ich entsinne mich sehr wohl noch gut an den Zeitraum, wo ich tunlichst nicht von mir bekannten Menschen en-femme „erwischt“ werden wollte. Um angesichts der zu erwartenden Mitteilungskette der Sorte „Wenn X das mitbekommt, dann spricht er bestimmt mit Y darüber und die sagt es Z…“ usw. das Heft des Handeln vor allem nicht etwa ausgerechnet in jener kritischen Übergangsphase meines Weges hin zu einem allumfassenden Leben im Identitätsgeschlecht aus der Hand zu geben.

Ich möchte ferner würdigen, dass ich im Nachhinein bei meiner Transition bis hierhin auch sonst schlicht viel Glück gehabt habe. Schließlich stieß ich wider Erwarten selbst bei meinem Vater auf ungeahnte Akzeptanz. Mag dafür rückblickend auch lediglich die Basis bereitet haben, dass er mich als früheren Sohn – offen gesagt, wie den Rest der gegründeten Familie – nun nicht allzu sonderlich wertschätzte und es deswegen vergleichsweise leicht gefallen sein mag, von „ihm“ Abschied zu nehmen. Nichtdestotrotz finde ich es schön, dass wir, ich und mein Vater, z. B. bis heute regelmäßig gemeinsam Fußball schauen, obwohl ich heute doch durchgehend so anders ausschaue, wirke und klinge als früher. Plus, ich bekomme schon regelmäßig mit, dass er auch in seinem Freundes- und Bekanntenkreis zu mir steht und nicht etwa der Versuchung erlag zu versuchen, die Entwicklungen in dieser Sphäre peinlich berührt verbal unter den Teppich zu kehren oder ähnliches.

Ich nehme außerdem an, dass eine Cisperson uns Transmenschen kaum nachfühlen kann, wie es ist, ein Leben im Geburtsgeschlecht mit allen Konsequenzen aufzugeben, wie wir das bekanntlich in nicht geringer Anzahl tun. Und schäme mich nicht, dass ich selbst letztes Jahr noch verbliebene Zweifel hatte, ob diese nachhaltige Schaffung von Fakten (in Richtung, wie es bei uns im Gendertreff üblicherweise gerne genannt wird, „Frau in Vollzeit“) für mich persönlich denn wirklich der richtige Schritt war. In diesem Kontext kann ich Euch hier jedoch abschließend versichern, die Entscheidung für ein „24/7“-Leben als Frau bis heute nie bereut zu haben.

Am meisten liebe ich es nicht zuletzt, dass mich meine vertrauten Mitmenschen heute ausschließlich mit Anreden wie „Liebe Sonja“, „Hey Süße“ oder „Hallo meine Liebe“ anschreiben. Außerdem freue ich mich gefühlt jedes Mal wie am ersten Tag, wenn ich im Alltag von Fremden wieder eine Referenz mit „…die Dame“ zu hören kriege.

Will heißen, die gewissen Lebensumstände, die mir unverändert aufs Gemüt schlagen, die haben offen und ehrlich nichts mehr mit meiner gelebten Geschlechterrolle zu tun. Im Gegenteil, nie waren mir im Kleinen mehr schöne Momente vergönnt, als seit ich mir konsequent das Ausleben meines weiblichen Identitätsgeschlechts zugestanden habe, danach lebe und dazu stehe.

Kommt mir vorab allesamt heil auch über die nächste heranrückende Jahreswende, liebe Foren-Gemeinde, und vergesst in Anlehnung eines Beispiels wie meinem zu guter Letzt bitte nie, was für Transpersonen an ursprünglich gefühlt Unmöglichem doch zu in der Seele gut tuender Wirklichkeit werden kann.

Bis demnächst!

Eure Sonja

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Silvester in der Rhön 2019

Wieder ist ein turbulentes Jahr zu Ende gegangen. Der Gendertreff mit seiner Vereinsarbeit und zahlreichen öffentlichen Auftritten, aber auch Privat und Dienstlich waren einige Hürden zu nehmen. Grund genug das Jahr 2019 ruhig ausklingen zu lassen. Also fuhren fünf Freundinnen nach Fulda in die Rhön um Silvester bei Marina und Gerlinde zu feiern. Ava war bereits am 29.12. eingetroffen, Nathalie, Silvia, Ute und Xenia fuhren am 30.12. nach der Arbeit nach Osthessen.

Marina und Gerlinde hatten lecker gekocht und so gab es Rouladen mit Rotkohl und Klößen. Dazu gab es leckere Getränke und zu später Stunde verkrochen sich alle zum Rudelpennen in die Zimmer.

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Manuelas Erlebnisse (3)

Autorin: Manuela

Den Termin beim ersten Gutachter habe ich nun hinter mir. Zur Begrüßung stellte ich mich mit Manuela M. vor. Ich war elegant gekleidet, hatte einen Minirock, Thermostrumpfhose, Stiefel und einen pinkfarbenen Pulli an, drüber einen Kurzmantel und einen Loop-Schal. Die Schminke war dezent, der Bartschatten gut abgedeckt. Es war emotional sehr anstrengend. Die Begutachtung dauerte 2 Stunden. Ich habe alles erzählt und wir haben uns gegenseitig Fragen gestellt. Es war kein Spaziergang, aber ich bin gefühlsmäßig immer bei mir geblieben. Nach 2 Stunden sagte der Gutachter, dass er einen positiven Bericht ans Gericht senden wird. Puh, das erste Gutachten habe ich so gut wie in der Tasche.

Bis das Gericht den 2. Gutachter findet werden wohl noch einige Monate vergehen. Das ist auch gut so. Ich habe einige Tage gebraucht, um mich von der ersten Begutachtung zu erholen.

Wie wichtig es ist, die Therapeuten für die Begleitende Transtherapie gut heraus zu suchen hat sich in meinem Fall gezeigt. Ich habe schon die Hälfte der Begleitenden Therapie hinter mir und bin froh, wenn die Sache im Juni 2020 erledigt ist. Diese Therapeutin ist eine einzige Katastrophe. Danach gehe ich wieder zu der Therapeutin in der psychiatrischen Institutsambulanz, bei der ich im Vorfeld schon einige Monate war. Es ist eine ganz junge sehr engagierte Psychologin, die extra wegen mir nach Freiburg in die Uniklinik gefahren ist, um sich über das Thema Trans* zu informieren. Wenn sie sich einmal selbständig macht, werde ich jede Mühe auf mich nehmen um weiter von ihr behandelt zu werden. Die ist tausendmal besser als die Therapeutin, bei der ich die Begleitende Therapie mache.

Was ich Schei*e finde, ist, dass es weder für Gutachter noch für Gerichte einheitliche Vorschriften gibt, wie sie solche Verfahren abarbeiten müssten. Ich habe dem Gericht alle Unterlagen zur Verfügung gestellt. Das Gericht hielt es nicht für notwendig, die Unterlagen dem Gutachter zur Verfügung zu stellen. Damit hatte ich schon gerechnet und den ganzen Ordner mit zum Gutachter genommen. Der war sehr froh darüber.

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Zehn Jahre

Autorin: Marina

 

Liebe Leser_innen,

heute auf dem Weg nach Hause ging mir so einige Dinge durch den Kopf. Vor allem fiel mir auf, dass ich den genauen Tag, an dem ich genau 10 Jahre hier im Gendertreff-Forum bin, um fünf Tage verpasst habe.

Nichtsdestotrotz, am 12.12.2009 um exakt 19:30 Uhr habe ich damals eine Anmeldung hier abgeschickt. Durch die Softwareumstellung ist dieses leider nicht mehr sichtbar.

10 Jahre … und wenn ich so darüber nachdenke, frage ich mich wo ist all die Zeit geblieben? Denn diese 10 Jahre waren die intensivsten meines ganzen Lebens. Aus heutiger Sicht muss ich mich selbst fragen, wie ich mein altes Leben überhaupt ertragen konnte. Aus heutiger Sicht war mein altes Leben öde, leer und ohne Sinn.

10 Jahre in denen ich endlich erleben durfte, was wahre Freundschaft ist. Das man mich um meiner Selbst mag, ohne Hintergedanken, ohne den Versuch mich und meine Gutmütigkeit auszunutzen.

Jahre in denen ich endlich verstand, warum und wie ich „anders“ bin, als alle anderen. Und vor allem, dass ich nicht alleine bin, in diesem „anders sein“. Ich habe Menschen getroffen, deren Lebensgeschichte fast eine 1:1 Kopie der meinigen ist, sodass man meinen könnte, wir wären Zwillingsschwestern. Ich habe gelernt, dass ich mich nicht verstecken muss. Im Gegenteil, ich kann erhobenen Hauptes so leben, wie ich es möchte.

10 Jahre in denen ich das weiter geben konnte, was ich selbst über mich selbst gelernt habe und allem was damit verbunden ist. Ich habe anderen geholfen auch zu sich selbst zu finden.

10 Jahre in denen ich viele kommen und gehen gesehen habe. Bei manchen war es vielleicht gut, dass sie wieder gingen; bei anderen war es doch traurig. Eine liebe Freundin hat der Sensenmann geholt, eine andere lebt jetzt im Altersheim und ist dement. Aber all das ist wohl einfach das Leben.

Leben … lebe! Denn es ist nie zu spät damit anzufangen!

Und damit möchte ich auch gleich das nächste Jubiläum ankündigen:
Wenn wir am 19.1.2020 wieder unseren Gendertreff Düsseldorf im Café Süd abhalten, so ist das gleichzeitig auch mein zehnjähriges Jubiläum der Teilnahme an den Selbsthilfetreffen. Es begann damals im Café Süd und nach zehn Jahren ist es wieder dort. Und so schließt sich der Kreis.

Liebe Grüße
Marina

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Treffen mit dem Generalsekretär der CDU

Am 28.09.2019 trafen sich auf Einladung des Trans*Treff Iserlohn der Generalsekretär der CDU Deutschlands, Paul Ziemiak, mit Vertretern des Trans*Treff Iserlohn und des Gendertreff e.V. um sich ausführlich über die Belange transidenter (transsexueller) Menschen zu informieren. Im ersten Teil des Gesprächs ging es um die Frage „ Was ist Transidentität (Transsexualität) und wie entsteht sie?“  Dabei wurden die neusten medizinischen Erkenntnisse vorgestellt, wonach Transidentität (Transsexualität) eine alternative Entwicklung bestimmter Areale im Gehirn darstellt. Im weiteren Verlauf wurden die bisherigen Probleme vor und während einer Transition erörtert. So ist bisher eine Personenstandsänderung für Transidente (Transsexuelle) immer noch nur mit einem teuren Gerichtsverfahren und zwei Gutachten möglich, während für  Intersexuelle inzwischen ein Attest eines Arztes über eine alternative Geschlechtliche Entwicklung ausreicht. Weiterhin erörtert wurden Probleme, wie eine zu geringe Zahl von Beratungsstellen und weitere Probleme, wie z.B. ein unzureichender  Schutz der Betroffenen vor Zwangsoutings, z.B. durch bewusste Nutzung der vor der Personenstandsänderung gültigen Anrede durch Dritte, sowie die zum Teil langen Wartezeiten für medizinische Maßnahmen und dadurch entstehende Probleme.

Im zweiten Teil des Gespräches ging es dann um Änderungen des aktuellen Transsexuellen-Gesetzes (TSG). Um den Sonderstatus abzuschaffen, plädieren wir sogar für die Abschaffung des Gesetzes. Von den beiden Selbsthilfeorganisationen wurde vorgeschlagen die Personenstandsänderung dahingehend abzuändern, dass ein Antrag beim Einwohnermeldeamt/Standesamt nach vorheriger Beratung durch eine ehrenamtliche Beratungsstelle (ähnlich wie bei der Schwangerschaftsberatung), die vorzugsweise durch speziell geschulte Mitglieder der örtlichen Trans*-Selbsthilfeorganisationen besetzt werden sollten, ausreichen soll. Weiterhin wurde erörtert, dass für medizinische Maßnahmen eine Indikation eines mit dem Thema Trans* vertrauten Facharztes ohne feste zeitliche Abläufe ausreichen soll. Haarentfernungen, für die bisher eine Behandlung durch einen Hautarzt notwendig  war, sollten zukünftig auch durch Kosmetikstudios mit spezieller Ausbildung gestattet werden, weil die Zahl der Hautärzte, die Haarentfernungen anbieten, ständig abnimmt. Zum Schluss wurden noch Vorschläge für den Schutz vor Zwangsouting durch Dritte unterbreitet. Dabei sollen die Änderungen nicht in ein eigenständiges neues TSG sondern in das BGB einfließen.

Paul Ziemiak bedankte sich für die sehr persönlichen Eindrücke und das ihm entgegengebrachte Vertrauen. Ziemiak betonte, dass die gesetzlichen Regelungen im engen Dialog mit den Betroffenen novelliert werden müssten. Die Kritik an der aktuellen Situation konnte der CDU-Generalsekretär sehr gut nachvollziehen.

>> Forderungspapier des Gendertreff e.V. zur Reform des Transsexuellenrechts

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Manuelas Erlebnisse (2)

Autorin: Manuela

Ich freue mich, denn ich bin wieder ein Schritt weiter. Gestern Abend war der nächste Termin beim Endokrinologen. Ich wurde als Frau M. aufgerufen. Das war eine besondere Streicheleinheit für meine Seele. Das Ergebnis der Blutwerte war OK und auch die Nieren und die Leber sowie der Lungenfunktionstest waren in Ordnung. Manche fragen sich nun vielleicht, weshalb man einen Lungenfunktionstest bei einer gegengeschlechtlichen Hormonbehandlung braucht. Da bei der Hormonbehandlung auch schwerwiegende Nebenwirkungen wie eine Lungenembolie auftreten können ist diese Untersuchung gar nicht so abwegig. Das weitere Arztgespräch war eine sehr gute Aufklärung über Risiken und Nebenwirkungen der Hormonbehandlung, wie z.B. Thrombose oder Brustkrebs. Besonders praktisch ist, dass der Endokrinologe gemeinsam mit seiner Frau und einem angestellten Arzt die Praxis betreibt und ich dadurch gleich noch eine neue Hausärztin gefunden habe. Nachdem meine Therapeutin nun doch die Indikation vorgelegt hatte, bekam ich das Rezept für den Testosteronblocker und das Estradiol. Da ich im ländlichen Raum als Transfrau eine Exotin bin, musste die Apotheke die Medikamente bestellen. Die kommen heute Mittag um 14 Uhr. Dann kann die Behandlung noch heute Abend begonnen werden. Den nächsten Termin für die Kontrolluntersuchung habe ich auch schon in der Tasche. Ich habe meine Frau darauf vorbereitet, dass es zu weiteren Nebenwirkungen kommen kann wie z.B. Stimmungsschwankungen.

Anfang November habe ich den nächsten Therapietermin. Dann bekomme ich eine Gutachterliste und stelle den Antrag auf PÄ/VÄ beim zuständigen Amtsgericht. Wenn ich Glück habe, werde ich im Dezember/Januar eine Anhörung beim Gericht bekommen und 2020 die Gutachtertermine durchziehen. Wenn alles gut geht und irgendwann der Gerichtsbeschluss vorliegt, beginnt die Ochsentour, Bürgerbüro, Standesamt, Führerscheinstelle, Krankenkasse, Rentenversicherung, Grundbuchamt etc., aber das ist im Moment noch Zukunftsmusik.

Da die Klinik, in der ich die vaginoide Geschlechtsangleichung machen lassen möchte, darauf besteht, dass die Hormonbehandlung mindestens 8 Monate lang durchgeführt wurde, werde ich Mitte 2020 einen Beratungstermin in der Klinik vereinbaren. Die haben eine Wartezeit für die GaOP von ca. 6 Monaten. Was mir noch Kopfzerbrechen bereitet ist die Haarepilation, denn bei meinen grauen Haaren wird das sehr schmerzhaft, weil nur die Elektronadelepilation bei grauen Haaren dauerhaft wirksam ist.

Ich schwimme nun nicht mehr hilflos, orientierungslos in einem Ozean sondern ich habe nun einen klaren Fahrplan und ein klares Ziel und ich werde dieses Ziel erreichen.

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Gemeinsam mehr bewegen

Am 11. Oktober 2019 fand auf dem Potsdamer Platz der Berliner Aktionstag Selbsthilfe von Selko e.V. und SEKIS statt. Jeder der vorbei kam hatte die Möglichkeit, sich mit anderen auszutauschen, sich zu informieren und zu engagieren. Man konnte mit Betroffenen, Interessenten und Fachleuten ins Gespräch kommen. An zahlreichen Pavillons stellten rund 50 Selbsthilfeorganisationen und -gruppen aus Berlin und Brandenburg ihr Angebot vor. Mit dabei war u.a. der Gendertreff e.V. Abgerundet wurde der Aktionstag durch Darbietungen auf und um die Veranstaltungsbühne, sowie Podiumsdiskussionen und Gespräche mit Fachpersonal.

Um unser Team in Berlin zu unterstützen reisten wir mit 5 Personen aus dem Rheinland bereits am Vortag an. Leider mussten sich jeweils zwei Organisationen einen Pavillon teilen, so dass pro Gruppe nur ca. 1,50m x 3,00m (B x T) zur Verfügung stand. Durch unseren vorgestellten Roll-up und unser vielfältiges Angebot, konnten wir uns dennoch entsprechend in Szene setzen und auf uns Aufmerksam machen. Wir informierten die interessierten Besucher über das Thema Trans* und hatten so an diesem leicht vernieseltem Tag gut zu tun. Neben unserem umfangreichen Informationsmaterial und den grünen Karten für Diversity, wurden auch gerne unsere Kugelschreiber und Schlüsselbänder mitgenommen. Die Kinder erfreuten sich an unseren Luftballons. Übrigens: Vom 12. bis 21. November 2019 wird am Berliner Hauptbahnhof die Grüne Karte für Diversity als Plakat für Vielfalt und Toleranz werben.

Der Tag ging relativ schnell vorbei und wir packten unser Equipment um mit den zahlreichen U- und S-Bahnen zurück zum Hotel zu gelangen. Natürlich endete der erfolgreiche Tag mit einem guten Essen im Nikolaiviertel Berlins, dem ältesten Siedlungsgebiet der Hauptstadt. Erfreulicherweise hatten sich uns noch zwei Berliner angeschlossen: Michel der Cousin von Marina sowie Ronny von „wir-insuliner.de“.

Den Samstag nutzten wir noch, bei schönem Wetter, zu einer Besichtigung der Berliner Sehenswürdigkeiten und Gedenkstätten. Einem Tipp folgend gingen wir zum Abschluss in Kreuzberg essen. Dort stieß auch Alex vom Gendertreff Berlin zu der Gruppe. Das war gut! 🙂

Die Rückfahrt am Sonntag verlief ruhig und fast ohne Staus……………

 

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Manuelas Erlebnisse

Autorin: Manuela

Ja, wo fange ich an. Den Weg von der Geburt bis zur gelebten Transidentität kennt eh jede_r. Der Beginn meiner gelebten Transidentität war vor 6 Monaten. Ich war sowieso gerade wegen meiner Eheprobleme in der Psychiatrischen Institutsambulanz. Da kam auch das Thema Transidentität auf den Tisch. Ich wurde so mutig, dass ich schon 6 Monate vor Beginn der Begleitenden Therapie bei Transsexualität komplett als transidente Frau lebte. Zuerst mal nicht mehr heimlich als Frau in der Nacht gelebt, sondern auch tagsüber. Das war einerseits eine richtige Befreiung, andererseits war da auch eine gewisse Euphorie. Etwa 4 Wochen später bemerkte ich, dass meine starken Depressionen plötzlich geringer wurden.

Anfangs war es für mich ungewohnt, die irritierten Blicke der Mitmenschen zu ertragen. Was sahen die in mir? Einen Mann in Frauenkleidern? Ich entschloss mich, nun regelmäßig zu unterschiedlichen Zeiten in unserer Kleinstadt als Transfrau gesehen zu werden. Mit der Zeit gewöhnte sich der Ort daran. Es reichte mir nicht, nur als Mann in Frauenkleidern gesehen zu werden. Ich wollte als Frau gesehen werden. Schnell war klar, es gehört auch eine Änderung des Sozialverhaltens dazu und eine etwas höhere Stimme. Störend ist nun nur noch der Bartschatten und dass ich noch keine Angleichung habe.

Ich lerne mich zu schminken und besuchte einen Schminkkurs zum Thema „smokey eyes“. Das war die Königsdisziplin für mich. Nun erteile ich meiner weiblichen Umgebung sogar Schminktipps, die von Frau gerne angenommen werden.

Das Outing gegenüber meiner Frau liegt schon viele Jahre zurück, aber nun war auch das Outing in der Öffentlichkeit und gegenüber Ärzten und Behörden dran. Den Anfang machte ich bei der Verkehrsbehörde. Eines Tages kam ein Schreiben ins Haus geflattert, mit der Aufforderung wegen Geschwindigkeitsübertretung 25 Euro zu bezahlen sowie eine Zeugenaussage zu machen, wer denn die weibliche Frau in meinem Auto ist.  Ich bezahlte das Verwarnungsgeld als Mann weil mein Konto ja noch nicht umgeschrieben werden kann. Dann zog ich mir meinen knappen Minirock und ein ebenso knappes Oberteil an und spazierte in die Verkehrsbehörde. Dort erklärte ich mich, dass ich transident bin und die Frau auf dem Foto die Manuela und damit ich selbst bin. Große irritierte Augen schauten mich an. Stotternd kam die Aussage: so etwas hatte ich in meinem ganzen Berufsleben noch nicht. Ich fand das toll, mein erstes Outing gegenüber einer Behörde war erfolgreich.

Das Outing beim Rheumatologen war keiner Rede wert. Dort werde ich auch als Frau Manuela angesprochen. Anders beim Zahnarzt. Er und die Sprechstundenhilfe sprechen mich mit meinem männlichen Namen an. Das stört mich, aber ohne weiblichen Pass habe ich erst mal kein Recht auf eine weibliche Anrede. Trotzdem mache ich mir einen Spaß daraus, die verdutzen Gesichter im Wartezimmer zu sehen, wenn ich als Frau da sitze und als Mann aufgerufen werde. Besonders lustig war es, als ich mit meiner Frau gemeinsam einen Termin beim Zahnarzt hatte. Mein Passing war super gut. Wir standen beide am Empfangstresen und die Sprechstundenhilfe fragte meine Frau: kommt ihr Mann heute später? Ich musste lachen. Die Sprechstundenhilfe bat darum sich erst an diese neue ungewohnte Situation zu gewöhnen.

Der Hausarzt drehte komplett ab. Er sollte wegen der Begleitenden Therapie irgendeinen Wisch unterschreiben. Ich bat die Sprechstundenhilfe darum, zuerst mit dem Arzt reden zu wollen. Der Arzt hielt das nicht für notwendig und schrieb als Diagnose Depression auf diesen Zettel und übergab ihn mir im Wartezimmer. Ich sah in an, sah auf meinen Minirock und sagte: das ist die falsche Diagnose, da muss drauf stehen, dass ich eine begleitende Therapie wegen Transsexualität brauche. Der Arzt wurde schon leicht rosa im Gesicht. Als ich ihm dann sagte, dass ich ihn vorher sprechen wollte und ich mich nicht ernst genommen fühle wurde er wütend, riss mir den Zettel aus der Hand und schrieb voller Wut das für ihn so schwierige Wort Transsexualität drauf, warf mir den Wisch auf den Rock, drehte sich ohne ein Wort um, ging hinter den Empfangstresen und holte sich die nächste Patientenakte. Im Rauslaufen sagte ich: so ein Idiot, der versaut mir die ganze Therapie. Der Arzt wurde knallrot im Gesicht. Der Gesichtsausdruck machte mir richtig Angst, so dass ich schnellstens aus dieser Praxis flüchtete. Nun suche ich erst mal einen neuen Hausarzt, was hier im ländlichen Raum nicht so einfach ist.

Ich wunderte mich, warum ich bisher noch keiner schwierigen Situation ausgesetzt war. Aha, zu früh gefreut. Im Sommer, es war heiß und ich trug noch eine Perücke, weil meine Haare zu kurz waren. Mit einem Haselnusseis in der Hand schlenderte ich durch die Straße. Vor mir eine Transporter der Post. Hinter mir kam ein Paketbote aus einem Geschäft und sagte: jetzt laufen die Scheiß-Transen hier auch schon rum. Da ich damals noch keine begleitende Therapie hatte war ich mir nicht sicher wie ich darauf reagieren könnte. Ich wollte nicht wie ein Mann reagieren, sonst hätte ich gesagt: scheiß-Hetero. Ich wollte wie eine Frau darauf regieren, hatte aber keine Ahnung wie. Ich konzentrierte mich erst mal auf mein Eis und versuchte das Erlebnis weg zu schlecken. Zuhause angekommen saß ich da mit meinem ganzen Frust. Ich war nicht gefrustet, wegen diesem ungebildeten Rüpel; ich war gefrustet, weil ich als Mann und nicht als Frau wahrgenommen wurde. Da fiel mir ein, dass es bei der Post eine Beschwerdestelle gibt. Ich schrieb mir den Sachverhalt von der Seele und schickte den Brief ab. Mir war klar, dass dabei nichts heraus kommt, Hauptsache war, dass ich meinen Frust erst mal los war. Dennoch war die Sache für mich nicht erledigt. Wie hätte ich besser reagieren können? Ich hätte mit der Warum-Frage antworten können: warum sind sie so zu mir; ich habe ihnen doch gar nichts getan. Das hätte zwar dazu geführt, dass ein weiterer unqualifizierter Kommentar gekommen wäre, aber die Warum-Frage nagt am Gewissen des Gegenübers. Das wäre effektiver gewesen.

Zwischenzeitlich habe ich die ersten Termine in der begleitenden Therapie gehabt. Im Oktober habe ich einen Termin beim Endokrinologen und dann entscheidet es sich, ob ich eine HRT beginnen kann. Leider ist das aufgrund meiner Leber nicht ganz sicher.

Soweit erst mal zu den Erlebnissen der letzten 6 Monate. Aktuell besteht immer noch das Problem Ehe. Ich kenne viele Transfrauen, die krampfhaft versuchen am letzten sozialen Kontakt festzuhalten. Ich bin gerade an einem Punkt, an dem ich mir unsicher bin, ob ich die Beziehung beende oder ob es als gleichgeschlechtliche Beziehung später noch eine Chance hat. Das ist im Moment noch offen und auf meinem transidenten Weg die größte Baustelle.

Zwischenzeitlich kam mir die Idee, es anderen gleich zu tun und einen dgti-Ergänzungsausweis zu beantragen. Das war dankenswerter Weise ein Fehler. Erst mal Antrag ausgefüllt und abgeschickt. Dann zur Bank, und den Ergänzungsausweis bezahlt, den Nachweis bei der dgti eingereicht. Monate nichts gehört, reklamiert und dann erfahre ich, dass der Antrag verloren gegangen sei. Also erneut Antrag gestellt und die Nachricht erhalten, dass der Ausweis zum Druck freigegeben wäre. Wieder passierte nichts, wieder reklamiert, wieder die Behauptung, dass kein Zahlungseingang feststellbar wäre, obwohl die Nachricht über den Zahlungseingang bei der dgti vorlag. Das fand ich unseriös und verzichtete auf den Ausweis. Das war eine gute Entscheidung, denn nun konnte ich üben, mich als transidente Frau selbst zu erklären, was das Selbstbewusstsein enorm gesteigert hat. Dafür kann ich der dgti sogar dankbar sein.

Sobald meine HRT beginnt und ich sie gut vertrage, werde ich noch die PÄ/VÄ beantragen. Ich habe mir schon Gutachter herausgesucht, aber das wird mir nicht viel nützen, denn das für mich zuständige Amtsgericht ist bekannt dafür, dass sie selbst den Gutachter bestimmen. Durch den Besuch einer Selbsthilfegruppe konnte ich schon so manchen Trick von Gutachtern entlarven, so dass ich mich mit Hilfe meines Trans-Lebenslaufs gut auf die kommenden Gutachtertermine vorbereiten kann.

Grr. jetzt bin ich aber sauer. Die Gründerin der Selbsthilfegruppe nahm nur mit ausgesuchten 3 Personen an der Demonstration Trans Pride teil. Ich bin deshalb sauer, weil ich sowieso öffentlich als Frau lebe und gerne an dieser Demo teilgenommen hätte. Die werde ich mir demnächst mal vorknöpfen. Entweder sie sagt es allen in der SHG, oder keiner geht hin, basta.

Bisher habe ich jedenfalls überwiegend positive Erfahrungen als Frau gemacht, einerseits in der Gesellschaft, andererseits bin ich plötzlich ruhiger und nicht mehr gewalttätig wie in der Zeit, als ich die Transidentität noch nicht akzeptieren konnte. Einzig und allein bleibt nun noch das Thema Ungeduld. Am liebsten wäre es mir, wenn ich morgen schon mit allem durch wäre.

 

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Gendertreff immer aktuell

Um die vielen Veränderungen, die die Gesetzgebung bietet mitzubekommen, müssen auch wir uns ständig weiterbilden und Kontakt zu anderen Selbsthilfegruppen halten. Immer eine gute Gelegenheit sind Symposien, die von Krankenkassen und Fachkliniken angeboten werden.

In diesem Jahr hatten wir die Gelegenheit, an einem Symposium für Genderdysphorie teilzunehmen. Das Klinikum Essen Mitte lud an zwei Tagen zu einem sehr anspruchsvollen Programm ein, welches verschiedene Operationsmethoden für angleichende Eingriffe vorstellte und die Entwicklungen der Trans*- Gesundheitsversorgung, die Entwicklung der S3 Leitlinien und die Herausforderungen der Selbstbestimmung und Partizipation behandelte.

Dazu waren viele Fachärzte, Psychologen/ Psychiater und Vertreter für Recht und Krankenkassen eingeladen.  Frau Professor Dr. Krege und Herr Professor Dr. Heß haben es geschafft, Kollegen wie Herrn Dr. Schaff, Dr. Lederbogen, Dr. Mengel, Dr. Liedl, Dr. Löwenberg, sowie Kliniken aus Bratislava, Lausanne  und viele andere nach Essen einzuladen.

Vielleicht sehen wir ja einige auf unserer Messe und Fachtagung am 25. April 2020 in Erkrath wieder.

Des Weiteren hatten wir die Möglichkeit, auf einem Symposium für Gesundheitskompetenz, welches die AOK Rheinland / Hamburg in Grevenbroich angeboten hat, unsere Kontakte zu pflegen und zu erweitern.

Gesundheitskompetenz? Was ist das eigentlich? Das war die Eingangsfrage, die gar nicht so einfach zu beantworten war. Sicher ist, dass Patienten, die ihre Krankheit und Probleme kennen und mit ihnen umgehen können, weit weniger Probleme haben, durch das Leben zu gehen und auch noch eine gute Lebensqualität zu haben. Ein wichtiger Punkt ist die Selbstsicherheit, die wir ja bei jeder Gelegenheit ansprechen und die ein Meilenstein für Lebensqualität ist.

Beeindruckend waren auch die Gespräche mit anderen Selbsthilfegruppen, die zahlreich auf dem Symposium vertreten waren. Egal ob Rollstuhlfahrer, Diabetes, anonyme  Alkoholiker, Taubblinde, Adipositas, MS und ganz viele andere: Alle haben ihre Geschichte und Erfahrungen, die rege ausgetauscht wurden.

Ganz wichtig war die Zusammenarbeit von Selbsthilfebüros und Verbänden mit den einzelnen Selbsthilfegruppen, die ein flächendeckendes Netzwerk an Informationen führen, zusammenhalten und fördern.  

Auch 2020 bleiben wir mit Sicherheit am Ball, damit immer die aktuellsten Informationen zur Verfügung stehen.

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