In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 7-2012

Heul, vorbei ist der Urlaub und es war wunderschön. Meinen zweiten begleitenden Therapiebesuch und den dritten Bartentfernungstermin habe ich auch bereits wahrgenommen. Nun geht es langsam weiter voran zur geschlechtsangleichenden Operation (GaOP ). Leider wird da auch noch ein wenig Zeit vergehen bis die Anträge durch und Termine wahrgenommen sind. Aber Hauptsache es geht weiter.

Der ganze Papierkrieg, die Nachwehen nach der Personenstandsänderung (PÄ), ist nun auch soweit abgeschlossen und alle Versicherungen sind 1:1 umgeschrieben. Nur die Kreissparkasse hat leider noch immer ein Problem bei der Titulierung zweier verheirateter Frauen. So steht anstatt "Eheleute" "Frauen" in den Papieren, aber ein Mitarbeiter, dem das auch ganz und gar nicht gefällt, will mal versuchen ein wenig "Dampf" zu machen und eine Änderung herbei zu rufen. Wir sind doch bestimmt kein Einzelfall mehr, oder?
Auch bei den Kapitalfreistellungen ist noch nicht geklärt, ob wir bis 1.608,00 Euro für verheiratete oder 801,00 Euro für Alleinstehende eingestuft werden. Mein Rechtssinn sagt mir, dass wir vorher als Verheiratet galten und sich jetzt (auch laut Standesamt) nichts an dem Familienstand geändert hat, also die 1.608,00 Euro Bestand haben sollten.

Ein dummer Umstand hat mich heute am Montagabend zur Notaufnahme in ein Krankenhaus am Ort geführt. Bei der Besprechung mit dem Arzt kam natürlich die Frage ob ich Medikamente nehmen würde. Ich bejahte die Frage und sagte, dass ich u.a. 4mg Estradiol täglich nehmen würde. Er schaute mich an: "Warum nehmen Sie Hormone?". Ich schaute ihn ungläubig an und dachte so bei mir. Hat er nichts gemerkt? Na ja, ich erklärte ihm dies kurz, worauf er meinte: "Dann wollen Sie ja auch mit "Frau" angesprochen werden.". "Na klar!", antwortete ich, "So steht es doch in den Papieren!". Und lustigerer Weise, hatte er mich mit "Frau" ins Behandlungszimmer rein gerufen. Sachen gibt es…

4. Bartentfernungstermin und jetzt geht es den grauen Haaren an den Kragen, was bedeutet, dass die Intensität erhöht werden muss – Aua.

Meine Friseuse hat festgestellt, dass auf dem Kopf wo keine Haare mehr waren, scheinbar wieder neue Haare nachwachsen. Zwei unabhängige Personen hatten auch die Tage festgestellt, dass mein Haar immer dichter wird. Also ist da tatsächlich etwas Wahres dran und ich finde es gut. Gleichzeitig geht der Körperbewuchs leicht zurück, obwohl ich zum Glück nie viele Haare am Körper hatte.

Die Therapeutin wird nun 25 Stunden begleitende Therapie bei der Krankenkasse beantragen, heißt für mich, erst einmal warten wie es weiter geht.

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In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 5-2012

Eigentlich gibt es nun nicht mehr so viel zu berichten, außer dass ich nach meinem Urlaub das Thema GaOP in Angriff nehmen möchte. Dazu hatte ich meinen ersten Therapiebesuch bei meiner neuen Therapeutin, die nun alle 14 Tage Zeit für mich hat. Dann werde ich einen Brief mit der Bitte um Kostenübernahme an meine Krankenkasse schicken.

Heute musste ich wieder weinen, weil ich meinen zweiten Termin zur Bartentfernung wahrgenommen hatte. Diese Blitzlampe (ELOS) frisst sich aber auch erbarmungslos in die Haut, um eben die lästigen Barthaare zu erwischen und mit den Wurzeln zu veröden.

Auch die letzten Versicherungspolicen werden jetzt in den nächsten Tagen eintrudeln. Wie ich am Telefon erfahren konnte, gab es Probleme bei der Änderung des Geschlechts. Die Programme schmeißen gleich neue Tarife aus, wenn das Kreuz nicht mehr bei „Männlich“ sondern bei „Weiblich“ steht. Aber auch die Sachbearbeiterin bestätigte mir, dass ja die Person die gleiche bleibt und somit der Vertrag 1:1 übernommen wird. Also musste das Programm bei der Versicherung ausgetrickst werden. Schade, dass sich das Programm nicht bei der Sparkasse austricksen lässt, denn da steht ja nun „Frauen“ und nicht mehr „Eheleute“ (siehe hier ).

Zähneknirschend habe ich den Betrag an die Gerichtskasse für die Gerichtskosten/Gutachter überwiesen. Okay, ich wusste ja was auf mich zukommt, aber hoffentlich wird das Transsexuellen-Gesetz (TSG) dahin gehend geändert, dass nur noch ein Gutachter und ein zweites Schreiben von der behandelnden Gutachterin reicht. Nun, wir vom Gendertreff arbeiten mit an einem neuen Entwurf und hoffen, dass wir auch gehört werden.

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In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 4-2012

Jetzt nur niemand vergessen. Kranken- und Rentenkasse, Finanzamt, Versicherungen, Telefonanbieter usw. usw. müssen angeschrieben werden und über die Personenstandsänderung informiert werden. Schließlich müssen deren Akten und Unterlagen modifiziert werden.

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In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 3-2012

Noch immer kein Termin vom Amtsgericht. 🙁

„Das auf der EC-Karte sind Sie aber doch nicht, oder?“, bemerkte der Kassierer. „Doch, das ist noch mein männlicher Vorname, aber bald bekomme ich eine neue EC-Karte mit meinem weiblichen Vornamen.“, erwiderte ich. Die tiefe Stimme schien ihn zu überzeugen und kassierte. Die Frage des Kassierers sprach ja auch für mein Auftreten, aber das war das erste Mal, dass jemand überhaupt nachfragte.

4 Wochen sind die Gutachten nun beim Amtsgericht aber auch nach einem Telefonat und einer eMail kommt keine Bewegung in die Sache.
„Dieser Weg wird kein leichter sein …“, fällt mir da spontan ein.

Und doch noch im März, also innerhalb 6 Monate nach Antrag, liegt ein auffälliger Brief in meinem Briefkasten. Es handelt sich um eine förmliche Zustellung des Amtsgerichts Düsseldorf auf das ich schon brennend und ungeduldig warte:

In der Personenstandssache betreffend ….

…. wegen Vornamensänderung und Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit nach dem TSG hat das Amtsgericht Düsseldorf beschlossen:

Die Vornamen der Antragstellerin werden geändert in den Vornamen Xenia.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin dem weiblichen Geschlecht als zugehörig anzusehen ist. Der Antrag ist zulässig und begründet.

 

 

 

…. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb einer Frist von zwei Wochen Beschwerde eingelegt werden ….

Auf zu den Ämtern und Ausweise ändern lassen. Die Passfotos warten schon auf deren Einsatz. 🙂

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In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 2-2012

Immer mehr gewöhnen sich an die neue Situation, was man unter anderem daran erkennt, dass sich mein soziales Umfeld ändert und ich immer mehr als Frau wahrgenommen werde.

Am Montag, 6.2. fahre ich nach Essen um den Termin um 11:00 Uhr bei dem zweiten Gutachter wahr zu nehmen. Der nach ca. 2h Frage und Antwort auch vorüber ist. Er konnte mir auf meine Frage nach seiner Einschätzung, ein klares 64.0 nach dem Diagnoseschlüssel entgegen schmettern und wünschte mir für die Zukunft alles Gute. Spätestens Ende Februar sollte sein Gutachten dem Amtsgericht vorliegen, so dass ich tatsächlich im März mit dem endgültigen Richterspruch rechnen kann.

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In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 1-2012

Endlich geht es weiter und der erste Gutachter hat einen freien Termin am 19. Januar 2012 für mich. Leider meldet sich der Zweite nicht und ist telefonisch auch nicht erreichbar. Ein Brief kam zurück, weil er unter der bekannten Adresse nicht erreichbar war. Jetzt werde ich wohl das Gericht bemühen müssen. So verzögert sich der ganze Werdegang und das „Doppelleben“ geht noch einige Zeit.

Aber im Studio in Düsseldorf war ich heute und mir wurde erklärt, was mit meinen Barthaaren bei einer Epilation passiert. Wir besprachen die weiteren Schritte und jetzt bin ich mal gespannt, ob die Krankenkasse auch ohne Gutachten die Kosten dafür übernehmen wird. Aua, das tut ganz schön weh und treibt einem die Tränen in die Augen, aber was tut man nicht alles um ein bartfreies Gesicht zu bekommen. Das war nur die Demonstration, die einige Minuten dauerte. Die eigentlichen Sitzungen dauern dann ca. 2 Stunden.

So ist der 19. Januar auch vorüber gezogen und ich habe meinen ersten Gutachtertermin wahrgenommen. Die Fragen sind schon heftig und gehen u.a. sehr tief ins Intimleben, aber das war klar, denn der Gutachter will ja wissen ob man quasi auf der „Spur“ ist oder neben sich steht. Nach ca. 90min. Fragen und Antworten und einer neurologischen Untersuchung sprach er mich, zu meiner Freude, mit Frau an und meinte ob ich noch Fragen hätte. Ich wollte nur noch wissen, wann das Gutachten ans Amtsgericht geschickt wird. Es soll wohl so ca. in 3-4 Wochen dem Gericht vorliegen.

Ich fand ihn sehr sympathisch und humorvoll und wir hatten in den 90 Arbeitsminuten auch Gelegenheit, über andere Dinge reden zu können. Mündlich bestätigte er mir meine Transsexualität.
Mit einem sehr guten Gefühl fuhr ich mit Straßen- und S-Bahn wieder nach Hause.

Auch der zweite Gutachter hat sich nun gemeldet und wir versuchen, per eMail einen Untersuchungstermin zu finden.

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In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 12-2011

In der Firma stellt sich immer mehr Routine ein (ein hoch auf das Jahresendgeschäft) und immer wieder gibt es kleine Gespräche mit Kollegen/Kolleginnen über die Transsexualität . Immer wieder wurde unsere Plattform wegen des professionellen Auftritts und Informationsgehaltes gelobt und einige Flyer konnte ich verteilen. Vier Wochen nach meinem "ersten" Arbeitstag, kam ich im Rock zur Arbeit. Ein unbeschreiblich schönes Gefühl und viele meinten, ich könne das gut tragen.

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In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 11-2011

Versprochen war, dass es einen gleitenden Übergang geben wird also was ziehe ich an. Mit meiner Frau zusammen fiel die Entscheidung auf Strumpfhose, Jeanshose, ein helles Longshirt und Pumps mit einem leichten Absatz. Nachdem ich im Bad fertig war, stieg ich mit einem seltsamen Gefühl ins Auto um wenig später etwas flattrig vom Firmenparkplatz zu meinem Büro zu gehen. Routine und alles war eigentlich gewohnt, aber doch war es anders als sonst.
Nachdem ich mein eMail-Konto geöffnet hatte, staunte ich nicht schlecht. Viele Glückwünsche und Respektbekundungen von Kolleginnen und Kollegen waren eingetroffen. Durchweg positive Benachrichtigungen und dies sollte sich im Laufe des Tages persönlich fortsetzen.

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In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 10-2011

Heute Donnerstag, 6.10., wurde ich noch einmal ins Personalbüro gerufen um mir das Anschreiben der Geschäftsleitung an zu sehen. Darin wird darauf hingewiesen sich meinen offenen Brief sorgsam durchzulesen und Toleranz und Akzeptanz walten zu lassen. Diskriminierende Äußerungen werden rigoros geahndet. Diese eMail wird von meinen Chefs, der Personalchefin und dem Präsidenten des Unternehmens unterschrieben, der auch zwischendurch informiert wurde.

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In kleinen Schritten, mein Weg zum Ich: 9-2011

Heute habe ich drei Befunde bei meinem Hausarzt abgeholt. Die Befunde sind vom Endokrinologen, Neurologen und Gynäkologin und alle bescheinigen mir die Mann-zu-Frau (MzF) Transsexualität. Wieder ein paar wichtige Papiere, die ich dem Antrag an das Amtsgericht beilegen werde. Die Meldebescheinigung vom Bürgerbüro habe ich auch heute abgeholt.

Juhu! Heute Morgen hatte ich ein Kennenlerngespräch bei meiner neuen Therapeutin. Sie wird mich nun weiter professionell begleiten und ich bin froh, dass das Problem, keine Therapeutin zu haben, nun aus der Welt ist. Ganz wichtig, sie hat eine kassenärztliche Zulassung, leider bekomme ich den ersten Termin erst in 2012, aber sie hat mir signalisiert, dass ich sie bei Problemen anrufen kann.

Donnerstag, 22.9.2011 ich habe das Anschreiben fertig und die Papiere zusammen, alles eingetütet und fahre zur Post. „Bitte per Einschreiben.“ Ich denke am Freitag wird der dicke Umschlag beim Amtsgericht eintreffen.

An das Amtsgericht Düsseldorf

Betr.: Personenstandsänderung

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit beantrage ich meine Namens- und Personenstandsänderung nach §1 und §8 des Transsexuellen Gesetzes (TSG).

Wie Sie aus meinem Lebenslauf und meiner Chronik entnehmen können, ist diese Entscheidung in einem Jahrzehnte langen Prozess gereift.

Mögliche Gutachter/innen:

 

…………..

*

Heute am Montag, den 26.9.2011, mein erster Arbeitstag nach meinem Urlaub, haben die AGG-Beauftragte und ein Betriebsratsmitglied eine eMail von mir erhalten. Wir werden uns am Donnerstag um 14:00 Uhr zu einem ersten Gespräch zusammensetzen. Ein bisschen flau im Magen ist mir schon.

Donnerstag – und mir ist übel, aber ich lenke mich mit Arbeit ab. Kurz vor 14:00 Uhr aber steigert sich meine Nervosität und da sitzen wir auch schon im Meetingraum und ich versuche mit zitternder Stimme mein Anliegen zu erzählen. Die Kollegin vom Betriebsrat meint nur, dass sich das einige schon gedacht hätten und die andere findet es spannend und mutig. Beide sehen aber überhaupt kein Problem. Nach einer ¾ Stunde trennen wir uns und mir fällt ein ganzes Gebirge vom Herzen.
Zirka 5-10 Minuten später steht die AGG-Beauftragte bei mir und sagt mir, dass durch Urlaub, Messen usw. ein Gespräch mit der Geschäftsleitung und den Vorgesetzten erst Ende Oktober möglich sei. Alternativ könnten wir uns sofort zusammensetzen.
Gesagt getan. Gleich im Anschluss saß ich mit den beiden, der Personalchefin und meinem Teamleiter im selben Raum und ich erzählte erneut meine Geschichte. Durch die Glückshormone aus dem ersten Gespräch war jetzt meine Stimme etwas ruhiger.
Niemand im Raum hatte mit meinem Anliegen ein Problem, im Gegenteil. Alle hatten Respekt und fanden es mutig von mir und wollen mich unterstützen. Gleich wurden Strategien geschmiedet und Termine vereinbart wie das weitere Vorgehen sein wird.

Am Do. 27.10. werde ich den Betriebsrat in einer Sitzung informieren und danach in einem kleinen Teammeeting meine direkten Kolleginnen und Kollegen. Danach würde ich Feierabend machen und die Personalabteilung meinen offenen Brief an die Belegschaft, mit einem kleinen Anschreiben, per eMail abschicken. Freitag und Montag nehme ich dann frei und Dienstag ist Feiertag. Mittwoch, 2.11. ist dann Xenias erster Arbeitstag. Bis dahin sind dann auch die eMail-Adresse von der IT-Abteilung und das Avatar im Profil (Intranet) geändert.
Der Abteilungsleiter und der Präsident erfahren es morgen, aber das ist kein Problem mehr.

Kurz nach 16:00 Uhr und ich sehe zu, dass ich Feierabend mache, denn ich spüre schon wie sich das Gestein von dem zweiten Gebirge von meinem Herzen löst. Meine Frau versteht kaum ein Wort am Telefon, aber die paar Brocken der Erleichterung, die ich raus bekomme,  sagen alles. Kolleginnen und Kollegen wünschen einen schönen Feierabend und ich sehe zu, dass ich ins Auto komme, denn ich stehe noch auf dem Firmenparkplatz.

Personalchefin, Teamleiter und mein Abteilungsleiter trafen dann am Freitag um 10:00 Uhr zusammen, weil der Abteilungsleiter es noch nicht wusste und auch er sollte es von mir persönlich erfahren. Auch er fiel zwar aus allen Wolken, bestätigte aber auch dass er kein Problem damit hat. Als Biologe sind ihm diese biologischen und natürlichen Dinge nicht fremd und er wünschte mir viel Erfolg bei meinem weiteren Werdegang. Wir leben in 2011 und nicht im Mittelalter und er sei mit meiner Arbeit sehr zufrieden und dann macht halt eine Frau den Job weiter.

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