Ich hätte da noch was zu erzählen

Autorin: Marina

 

Auch mich plagen immer wieder diese Selbstzweifel. Die Frage, ob es denn richtig war, was ich gemacht habe. Ob es richtig war mich bei der Familie, Arbeit etc. zu outen. Ob es richtig war mit der Hormontherapie anzufangen, nun auch die Personenstandsänderung erfolgreich beendet zu haben, alle Papiere geändert sind und so weiter…

Ich glaube, diese Fragen stellen wir uns alle immer wieder. Vielleicht lässt das mit den Jahren auch etwas nach. Ganz besonders schlimm ist es, wenn ich mal wieder als „der Herr“ (oder so ähnlich) angesprochen werde. Dann frage ich mich schon, wozu ich den ganzen Aufwand betrieben habe, wenn sich doch nichts ändert.

Aber dann gibt es doch immer wieder diese Momente, in denen irgendwie alles richtig ist. Und genau von solch einem Moment möchte ich hier berichten:

Ich habe seit einiger Zeit eine neue Nachbarin. Sie ist selbstständig und ähnlich wie ich meistens die ganze Woche auf Geschäftsreisen. Wir beide haben uns von Anfang an gut verstanden. Im Januar hatten wir schon ausgemacht am letzten Wochenende mal zusammen abends loszuziehen. Als dieses Wochenende nun unmittelbar bevorstand schrieb sie mich an um mir mitzuteilen, dass sie am Samstag doch keine Zeit hat, weil ihre beiden Kinder zu Besuch sind (Sie ist geschieden und die Kinder leben beim Vater). Aber sie hat für den Freitagabend einen Kosmetik- und Schminkkurs organisiert, der von einer anderen Nachbarin in der nächsten Straße gemacht wird. Sie lud mich dazu ein. Na klar habe ich zugesagt.

Anwesend waren ihre Tochter (13 Jahre), eine ihrer Freundinnen und ich, sowie die Kursleiterin. Wir bekamen verschiedene Produkte der Firma „L“ vorgestellt. Jede von uns bekam eine Beratung welches Produkt und welcher Farbton zu unserer Haut am besten passt. Ich muss schon sagen, mit den richtigen Produkten/Farben sah ich echt toll aus. Natürlich habe ich genau diese Produkte dann auch bestellt. Aber leider kann ich sie erst nächste Woche abholen, wenn ich wieder in Fulda bin. Sehr schade, denn ich hätte mich gerne mal wieder richtig schick gemacht für Sonntag zum Gendertreff Düsseldorf.

Nun wie dem auch sei, ihre Tochter wusste nicht, das ich eine Transfrau bin. Die Sache, die mich ja meistens verrät, ist meine Stimme. Da ich aber erkältet war (und noch immer bin!), war meine Stimme kratzig wie ein Reibeisen. Irgendwie, gegen Ende des Schminkkurses, kam ein Thema auf, ich kann noch nicht mal mehr genau sagen, was es war. Aber die Tochter meiner Nachbarin schaute ihre Mutter nur fragend an und sagte zu mir: „Das musst du mir jetzt erklären“.

Also gut, ich mache kein Geheimnis daraus, wenn man mich danach fragt. Also erklärte ich ihr, dass ich nicht als Mädchen geboren wurde. Sie kam zu mir rüber und fiel mir um den Hals. Sie sagte mir, dass meine Stimme schon komisch war, aber sie dachte sich nichts dabei, weil ich eben erkältet bin. Sie findet es toll, dass ich dazu stehe ein Mädchen zu sein. Ich habe mich im Anschluss noch lange mit der jungen Dame unterhalten. Aber natürlich auch mit den anderen anwesenden Frauen. Es war einfach ein schöner Mädelsabend und ich habe mich total wohl gefühlt. Das ist das, was all die Mühen der Transition wert ist. Das Gefühl verstanden zu sein, mitreden zu können, dabei zu sein, eine von Ihnen zu sein.

Liebe Grüße
Marina

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Weibliche Seite akzeptieren aber mehr nicht.

Autorin: Anne22 (Felix)

Hallo ihr Lieben,

Ich habe 7 Monate, verdammt viel Geld und viel Schmerz gebraucht um eine Antwort auf meine Frage zu finden. Jetzt habe ich die Antwort, auch wenn sie für viele vielleicht nicht zu verstehen ist. Dieser Weg ist nicht der meine, das habe ich nun verstanden und akzeptiert. Es ist nicht so als hätte ich Angst, dass er nicht klappen könnte, sondern ich habe das sichere Gefühl, dass ich ihn bereuen würde. Ich habe das Gefühl ich verstehe mich immer mehr nur um ihn gehen zu können, um niemanden zu enttäuschen und dabei habe ich die Warnsignale die ich immer stärker sehe ignoriert. Deshalb ziehe ich jetzt die Notbremse und gehe den Weg den ich für richtig halte.

Mittlerweile weiß ich, dass meine weibliche Seite stark ist, nur ist sie nicht überlebensfähig. Ich bin und werde auch immer ein Mann bleiben, meine Weibliche Seite reicht zwar aus um über längere Zeit eine Frau zu sein, aber nicht um das für immer zu sein. Ich verstehe nun warum ich so gefühlt habe und warum ich dachte diese Seite wäre stärker aber das ist sie halt nicht.

Dafür, dass ich diesen Weg eingeschlagen habe, schäme ich mich nicht. Ich habe aus den Informationen die ich hatte den richtigen Schluss gezogen und den richtigen Weg gewählt. Doch einige Dinge kann man nicht wissen wenn man sie nicht erlebt hat und jetzt erkenne ich, dass ich diesen Weg nicht weiter gehen sollte.

Liebe Grüße, euer Felix (Anne)

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Vor der Hormoneinnahme

Autorin: Anne22

Hi ihr Lieben,

jetzt da ich kurz vor beginn meiner Hormontherapie bin, denke ich ist der richtige Zeitpunkt mal mit einem Tagebuch anzufangen. Für die die mich noch nicht kennen, mein Name ist Anne, ich bin 22 Jahre alt und stolze 1,94m groß.
Seit beginn meines Weges ist bisher ziemlich viel passiert, ich habe mich von meiner damaligen Freundin getrennt, meine Wohnung samt Kleiderschrank haben sich deutlich verändert und ein Großteil meines persönlichen Umfeldes kennt mich nun so wie ich wirklich bin. Bis zu diesem Punkt war es wie ich sagen muss schon ein recht steiniger Weg, obwohl es bisher besser als erwartet gelaufen ist. Seit dem Outing vor meiner ehemaligen Freundin im November 2013 und jetzt, ist gerade einmal ein halbes Jahr vergangen und es kommt mir schon wie eine Ewigkeit her. Knapp 5 Monate ist es her, dass ich meinen ersten Termin bei meiner Psychologin hatte und diesen Monat soll, wenn alles klappt, die Hormontherapie beginnen, was verglichen mit den meisten Anderen schon extrem schnell ging.

Jedoch nicht alles war bisher wie man es sich am Anfang eines solchen Weges vorstellt, einige Sachen muss man einfach erlebt bzw. durchlebt haben um sie zu verstehen. Der Moment in dem die rosarote Brille weg ist und man die verachtenden Blicke einiger Menschen auf sich spürt, ist ein Erlebnis das zumindest mich viel Kraft gekostet hat. Dazu kommen Liebeskummer, das Gefühl nicht voran zu kommen und auch immer wieder Rückschläge, die einen am Erfolg des Weges zweifeln lassen. Kurz um, es ist, wenn man wie ich keine kleinen Schritte gehen kann, einfach erst mal eine Zerreißprobe.
Jedoch nach dieser ersten Zeit in der man sehr häufig zweifelt, zurück blickt und sich einfach endlich nach Frieden sehnt, kommt die Zeit in der man sein altes Leben Stück für Stück fallen lässt und beginnt das neue zu genießen. Das ist ein Punkt den ich mir früher nicht so schwer vorgestellt habe oder einfach nicht beachtet habe. Das Loslassen einer vergangenen Zeit ist, wie ich finde, einer der schwierigsten Punkte, der am meisten Kraft kostet aber absolut notwendig ist.
Mittlerweile bin ich weiser als am Anfang, die Blicke der Leute verunsichern mich mittlerweile (fast) nicht mehr und ich beginne das neue Leben zu genießen. Ich sehe das so, wir haben dieses Leben nicht gewählt und können auch nichts dafür so zu sein wie wir sind, aber wir haben uns entschlossen das Beste aus dem zu machen was uns das Leben gegeben hat. Darauf finde ich kann man stolz sein, denn nicht viele haben den Mut diesen Weg zu gehen.
So genug mit der Philosophie und dem Schwafeln, ich versuche mal die kommende Zeit hoffentlich bis zur GaOP hier nieder zu schreiben und von meinen Erlebnissen zu berichten.

Gestern war ich seit langem mal wieder auf einer Party hier in Hamburg. Pünktlich zum 1. Mai gab es hier in Hamburg natürlich wieder viel „Tanz in den Mai Partys“ und eigentlich hatte ich gar nicht geplant an einer Teil zu nehmen. Eigentlich wollte ich mir im Kino zwei Filme hintereinander anschauen, bin dann aber nach dem ersten Heim gefahren und hab mich noch spontan mit einem Freund im Café Seeterrassen verabredet. Also hab ich mich schnell fertig gemacht, mir ein Outfit zurecht gelegt und dann ging es mit dem Auto ab in die Stadt. Die erste Begegnung mit der Security an dem Abend hatte mir erst mal etwas die Laune vermiest, als ich beim Einlass in die Männerschlange geschickt wurde, aber dafür war die Feier besser und was schönes fürs Auge gab es ja auch. 😉
Im Anschluss an die Party ging es dann noch in eine kleine Kneipe und danach wieder zurück nach Hause ins Bettchen. Alles in allem bin ich froh das der Abend so lief und bis auf ein paar Blicke oder ab und zu das falsche Pronomen war es ein tolle Erlebnis. 🙂 Mal sehen was die Zukunft noch so schönes bringt.

Sie sind wieder da, die Zweifel ob es wirklich das Richtige ist. Aber das ist nichts Neues und auch nichts ungewöhnliches, denn jeder hat ab und zu mal Zweifel. Es wäre auch seltsam, wenn es vor einer so großen Entscheidung anders wäre.
Immer wieder dasselbe Schema, die alten Zweifel die ich vor langer Zeit schon ausgeräumt hatte kommen wieder. Kann schon echt deprimierend sein diese Phase, aber sie geht so wie immer wieder vorbei, wenn ich bereit bin den nächsten Schritt zu gehen.

Liebe Grüße, eure Anne

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