M-Day Kapitel 4

“M” steht hier für Marina, die von ihren kleinen Schritten 2.0 berichtet:

M-Day oder manches Mal entwickeln sich die Dinge schneller als als man es selbst für möglich hält.

Kapitel 4

Januar 2013

Am 07.01.2013 war nun das Vorstellungsgespräch für die neue Innendienst-Stelle. Ich war als 3. von drei Bewerbern dran. Für die Firma ist natürlich noch „er“ aufgelaufen. Noch ist es nicht so weit bei mir.

Zum Gespräch waren anwesend: der Leiter Service-Support, der Gruppenleiter EU-Support, die Betriebsrätin und eine Dame aus der Personalabteilung (HR). Das Gespräch ging 45 Minuten. Ich wurde über alles mögliche ausgefragt, vor allem natürlich, warum ich aus dem Außendienst heraus will. Die Dame von HR bohrte so ein bisschen auf der Tatsache herum, dass ich ja noch nie wirklich im Innendienst gearbeitet habe. Das stimmt aber nur zum Teil. In früheren Jahren habe ich auch viel Innendienst gemacht, weil niemand außer mir bestimmte Geräte kennt. Alles in Allem glaube ich, habe ich mich ganz gut verkauft.

Eine Entscheidung steht aber noch aus, die soll aber im Laufe der Woche fallen.

Etwa 30 Minuten nach dem Gespräch klingelte mein Handy. Der Leiter Service-Support war dran und fragte mich, ob ich noch im Haus bin. Ich stand gerade in der Werkstatt und hielt ein Schwätzchen mit ein paar Kollegen. Er bat mich noch einmal in den Besprechungsraum zu kommen. Dort wurde mir gesagt, dass man sich bereits für mich entschieden hat, es gab nur noch ein paar Punkte hinsichtlich Gehalt und Firmenwagen zu klären.

Beim Vorstellungsgespräch hatte ich nämlich gesagt, dass ich nicht mehr Geld als jetzt fordere, aber mich auch nicht mit weniger als jetzt zufrieden gebe. Eine weitere Bedingung ist, dass ich den Firmenwagen behalte, denn das Auto ist ja auch ein Teil meines Gehalts. Ich habe alle meine Forderungen durchsetzen können.  Nur soll ich noch eine Weile stillschweigen bewahren, bis es offiziell bekannt gegeben wird.

14 Tage später nahm ich an einem 2-tägigen Abteilungstreffen teil. Anwesend waren alle Techniker aus dem Bezirk Mitte. Am Montag Abend, nach dem Abendessen, sind wird dann alle an der Hotelbar versumpft (wenn der Chef schon mal alles bezahlt… ).

Zu später Stunde, oder vielmehr zu früher Stunde, saß ich mit zwei Kollegen zusammen. Einer davon ist in meiner zukünftigen Abteilung, der andere ist auch Techniker im Außendienst, aber schon sehr sehr lange dabei. Da ich so nach und nach alle über meine Transidentität informieren möchte, wollte ich die Gelegenheit nutzen und den beiden Marina vorstellen. Dazu habe ich ein paar Bilder von mir gezeigt.

Der ältere Kollege meinte nur, dass er das schon seit mindestens ein paar Monaten weiß. Er, und auch alle anderen Techniker aus dem Bezirk kennen meine Bilder schon, sie kennen Gendertreff.de und wissen, dass ich Marina bin.

….Sprachlosigkeit…..Schock…..

Dann sagten mir beide, dass nicht einer meiner Kollegen irgend ein Problem damit hat. Sie waren sich nicht sicher, aber auch meine zukünftigen Vorgesetzten wissen vermutlich schon Bescheid. Aber wie gesagt, sie sind sich da nicht sicher.

Am Freitag 25.01. habe ich nun endgültig meine Vertragsänderung unterschrieben. Dazu bin ich gleich morgens in die Firma gefahren. An dem Morgen ging es mir allerdings nicht sehr gut, ich merkte schon am Abend zuvor, dass eine Erkältung im Anmarsch ist.

Unmittelbar nach der Unterschrift redete ich noch mit meinem neuen Abteilungsleiter, den ich im Übrigen auch schon 12 Jahre kenne. Neben unserem Flyer gab ich ihm noch eine Bildercollage, die ich extra dazu angefertigt habe.

Nach ein paar zusätzlichen Erklärungen meinte er nur zu mir, dass es für ihn keine Rolle spielt. Für ihn zählen nur die im Arbeitsvertrag vereinbarten Leistungen, daran werde ich gemessen. So lange ich diese erbringe, ist alles in Ordnung.

Mein künftiger unmittelbarer Vorgesetzter, der Gruppenleiter Support, war aber an dem Tag nicht im Büro. Also habe ich zunächst erst einmal alle 4 Kollegen, mit denen ich zukünftig in einem Raum sitzen werde, informiert. Wobei zwei es ja schon wussten. Die anderen beiden haben aber ganz genau so reagiert wie alle anderen Kollegen von mir: Es ist uns egal, denn du bleibst ja der selbe Mensch. Und wenn du dich wohl fühlst, dann ist es OK.

Am Freitag Abend hatte ich bereits Fieber. Deshalb bin ich noch in die Notfall-Sprechstunde meines Hausarzt gegangen. Jetzt bin ich erst einmal bis zum 01.02. krank geschrieben. Das Schlimmste habe ich aber wohl schon hinter mir, immerhin habe ich kein Fieber mehr.

Da ich nun krank bin, konnte ich heute nicht das Gespräch mit meinem Gruppenleiter führen, wie ich es ursprünglich geplant hatte. Also habe ich mein „Outing“ heute mal ausnahmsweise per Email gemacht. Ich ziehe es natürlich vor, dies persönlich in einem 4-Augen Gespräch zu tun, aber das geht halt im Moment nicht. Auf der anderen Seite wollte ich die Angelegenheit nicht zu lange liegen lassen.

Mein neuer Gruppenleiter ist Niederländer. In seiner Antwort entschuldigte er sich zuerst für das schlechte Deutsch, aber er schrieb mir klar und deutlich, dass er meinen Schritt sehr mutig findet und mich in jeder Hinsicht unterstützen wird. Wenn ich nächste Woche wieder in der Firma bin, dann werden wir noch ein persönliches Gespräch führen.

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