Petra-Susanne möchte gerne zur Verringerung des Rätselratens um unsere Veranlagung beitragen und war damit einverstanden, ihren Bericht hier im Gendertreff Blog zu veröffentlichen.
Derzeit läuft ein neues Forschungsprojekt zu hirnorganischen und phoniatrischen Gegebenheiten bei Transgender-Personen beiden Geschlechts im Universitätsklinikum Aachen an. Dieses wurde letztlich bei Tx-Köln vorgestellt mit der Bitte, sich doch als Testpersonen zur Verfügung zu stellen. Die erforderlichen Randbedingungen: möglichst jünger als 55, möglichst nur kurze bisherige Hormoneinnahme, aber vor Allem: Wegen einer langen MRT-Untersuchung kein Metall (außer Zahnplomben vielleicht) im Körper!
Da ich gerne zur Verringerung des Rätselratens um unsere Veranlagung beitragen möchte und ja selber studierte Aachenerin bin, habe ich mich solidarisch erklärt und als Versuchskaninchen zum Test gemeldet. Gestern war es dann so weit.
Ich bin nach kurzer Rollerfahrt und einem kleinen Sonnenbad auf den Sitzbänken vor dem Aachener Klinikum um 11 h zu der Untersuchung angetreten. (Das war übrigens eine Premiere – als *ich* im Kleid mit einem perückengeigneten XXL-Helm auf einem Roller unterwegs zu sein. 🙂 Und ja: Ich weiß, dass dieses Outfit nicht unbedingt als Zweiradschutzkleidung durchgeht …)
Zur abgemachten Zeit wurde ich wie abgesprochen im Klinikums-Foyer von Jessica Bath, der betreibenden Doktorandin abgeholt. Dann ging es erst mal mit der Blutabnahme für die Hormonbestimmung los. Danach war ein psychologisches Interview angesagt, ob noch irgendwelche anderen psychologischen Nebeneffekte (Borderline, Suchtkrankheiten, …) vorliegen könnten. Dann begannen die eigentlichen TS-bezogenen Tests: Merkaufgaben, psychosoziales Interview, noch mal zurück zu den Merkaufgaben. Anschließend gab’s ein ausgegebenes Mittagessen in der Mensa des Klinikums, wobei ich im Vorwissen um meine nachopulente Blutleere im Gehirn lieber nur einen Salat genommen habe, damit ich denen nicht hinterher im Scanner einschlafe. 🙂
Vor dem Scannen war dann die Phoniatrie dran, zunächst mit einem Hörtest („Oh, sie haben aber anscheinend sehr gehörschonend gelebt!“), Stimmbanduntersuchung (alles okay, wobei ich wohl wegen einer leichten Asymmetrie der Stimmlippen eine Tendenz zur Rauheit in der Stimme habe), Luftvolumenmessung („Oh, so lange hat noch keine das Pfffff… aushalten können“), Stimmfeldmessung („Oh, das glaubt mir meine Chefin erst mal nicht, wenn ich ihr nur die numerischen Messwerte zeige: Sie decken komplett das männliche und weibliche Stimmfeld ab und gehen sogar [leider nach unten] noch deutlich darüber hinaus. Da ist Potenzial für ein logopädisches Training drin!“). Bei letzterer Messung war die Logopädin noch etwas selbstreflektiv gefrustet: „Ich übe für meine Gesangsstimme schon seit Langem, und Sie haben überhaupt nicht geübt, singen nicht, und decken trotzdem mehr ab als ich.“
Dann gab es tatsächlich mal eine Viertelstunde Pause, in der ich aber nur auf einem Gang in einem Stuhl verweilte, bevor mich Jessica wieder zum weiteren Fragebogenausfüllen und dem Scan-Termin abholte. Der dauerte dann mit den erforderlichen Vorbereitungen insgesamt ca. 2 Stunden: Man kriegt alle möglichen Apparatismen angelegt, unter Anderem auch eine komplett abdeckende Displaybrille, damit man in der Röhre Bilder und Texte projeziert bekommen kann, Sprache der Betreuerinnen verstehen kann und Rückmeldungen per Tastendruck entsprechend den gestellten Aufgaben geben kann. Dann gibt’s noch ein Atemmessgerät auf den Bauch und einen Pulsmesser an den Zeigefinger der linken Hand. Das Ganze unter der Randbedingung, dass der Kopf eben diese ca. 2 h lang nicht bewegt werden kann, damit das MRT nicht „verwackelt“.
Die Aufgabenstellungen im Scanner waren dann ausgesprochen ermüdend monoton, und ich will nicht ausschließen, dass ich tatsächlich mal zwischendurch sekundenschlafmäßig weggedusselt bin. Das wäre aber nichts Besonderes, versicherte Jessica mir hinterher. Eine kurze Durchsicht nach dem Scan zeigte dann, dass ich tatsächlich ein Gehirn (und kein Stroh) im Kopf habe. Die etwas detaillierteren Auswertungen werden später erfolgen, und Jessica versprach mir, mir direkt personenbezogene Auswertungsergebnisse zukommen zu lassen, sobald diese zur Verfügung stünden.
Danach gab’s dann noch einige weitere Fragebögen und einen Erinnerungstest an eine vor dem Scan gemachte Zeichenaufgabe, bevor mich Jessica wieder zum Ausgang brachte. Um ca. 18:45 h dämmerte es schon, als ich dann wieder beim Röllerken auf dem Klinikumsvorplatz stand. Für ein weiteres Sonnenbad war der Tag leider schon etwas zu weit fortgeschritten.
Soviel von meinem Tag als Versuchskaninchen im Klinikum …
Sollte noch jemand Spaß an einem kurzweiligen Tag im Aachener Klinikum haben und die Auswahlkriterien erfüllen: Einfach mal ’ne Mail an Jessica Bath schicken.
Liebe Grüße,
Petra