Hormontherapie, (m)ein Erfahrungsbericht

Autorin: Kimberly

 

Hallo ihr Lieben.

Ich feiere heute mein erstes kleines Jubiläum, denn ich bin nun seit 2 Monaten auf Hormontherapie (HRT). Aus diesem Anlass möchte ich ein bisschen darüber erzählen wie es mir geht und welche Veränderungen ich nach dieser kurzen Zeit feststelle.

Mir geht es richtig GUT – ich fühle mich lebendig und grade kribbelt wieder alles in mir; mein Bauch zieht sich zusammen und setzt im nächsten Moment eine Eruption von Glücksgefühlen durch meinen Körper frei. Der erste Frühling, als wäre ich so richtig hammerhart verliebt, als kämen gerade alle Sterne am Firmament zusammen und leuchteten nur für mich.

Es ist SO schwer zu beschreiben…

Die krasseste Veränderung lässt sich vielleicht bereits rauslesen: Ich bin einfach GLÜCKLICH. Mein Leben hat eine Perspektive. Ich freue mich zu Bett zu gehen und noch mehr auf den Morgen danach. Alles fühlt sich richtig an, ich fühle mich angekommen, meine kleine zerrissene Welt wächst langsam zusammen. Ich möchte ständig schreien und jedem mitteilen, dass ich da bin. Alles weitere teile ich thematisch mal etwas auf, weil sonst auch ich ein wenig den Faden verliere.

Nebel im Kopf – Schon am ersten Tag meiner HRT machte sich ein paar Stunden nach Einnahme der Medikamente etwas wahrlich beeindruckendes bemerkbar. Als wäre ein Fenster geöffnet worden, durch das eine dicke Nebelwolke aus meinem Kopf entwichen ist. Ein Gefühl von Klarheit machte sich breit das ich erst in den folgenden Tagen für mich einordnen konnte. Es wurde leiser in meinem Kopf, der Gedankenverkehr wurde weniger, das Karussell kam zum Stehen. Das hat sich bis heute auch nicht geändert. Was mir nun im Kopf herumschwirrt, ist irgendwie greifbarer. Ich bin in der Lage Prioritäten zu setzen und zu erhalten; alles bekommt eine Struktur; ich schaffe es Themen anzugehen und abzuschließen. Ich bin wach und fühle mich Herr der Lage.

Kontrolle – Bisher hatte ich nie das Gefühl mein Leben so wirklich zu leben. Alles passierte so vor sich hin und ich habe irgendwie eine Rolle dabei gespielt. Wie eine Autofahrt, bei der du auf der Rückbank sitzt – mit jemandem am Steuer, bei dem dir immer etwas unwohl ist. Über die letzten Wochen bin ich dann wohl über die Mittelkonsole nach vorne geklettert und hab das Steuer übernommen, denn ich sitze plötzlich im Fahrersitz. Verrückt, ich weiß.

Frieden – Was sich ebenfalls seit Tag 1 wie warme Milch mit Honig in meiner Brust verteilt ist das Gefühl von Frieden. Ich liege einfach auf der Couch, höre Musik, atme tief durch und die Welt ist okay. Die schwere Last auf meinen Schultern, sie ist weg.

Weinen – Wenn ich auf der Couch liege und dem Blues in meinem Bauch und in meiner Brust folge, fühle ich mich unfassbar erleichtert und fange häufiger an schön ausgiebig zu weinen. Ich habe da SO LANGE drauf gewartet es endlich über diese verdammte Kante zu schaffen, die meine Tränen stets wie einen Damm zurückhielten. Und es sind Freudentränen! Ich bin eigentlich jeden Tag von meinen Gefühlen überwältigt und lasse einfach laufen und es ist wundervoll.

Kuschelbedürfnis – Ich hätte mir nie erträumt, wie sehr man nach Kuscheleinheiten schmachten kann.

Wohlbefinden – Ich fühle mich nicht mehr wie ein Stück Hartholz, sondern zunehmend wie ein Plüschtier. Ich möchte es schön gemütlich haben, mag es etwas wärmer, genieße helle und bunte Farben. Ein Nebeneffekt dessen ist, dass ich mittlerweile meine komplette Wohnung umgeräumt, umdekoriert und eingeduftet habe. Ich bin auf eine neue Weise produktiv und unternehmungslustig. Freie Zeit kann ich genießen, doch sinnlosen Leerlauf, in dem ich die Zeit verstreichen lasse, gibt es so nicht mehr. Mich locken unfassbar viele Dinge; eine magische Neugier, die mich immer stärker ins Leben saugt.

Hunger – Ja! Ist manchmal gar nicht so lustig, wenn dich vorm Schlafengehen noch ein Hüngerchen packt. Aber ich habe wieder Appetit; in den letzten beiden Monaten genug für 3 Kilo mehr auf der Waage, die mir fairerweise zuträglich sind.

Das mal so zu den Veränderungen die mit meinem Ich passieren. Die Wirkung der Hormone auf meine Psyche und mentale Stabilität empfinde ich als heilend. Anders kann ich es nicht ausdrücken. Ich habe mein Leben lang auf etwas gewartet: Es ist das hier.

An meinem Körper werden allmählich auch ein paar Veränderungen bemerkbar. Aufgefallen sind mir diese kürzlich dadurch, weil sich der Aufwand im Badezimmer verringert hat. Meine Körperbehaarung wächst nämlich merklich langsamer. In meinem subjektiven Empfinden etwa nur halb so schnell, vielleicht ein Ticken weniger. Die nachwachsenden Haare kommen mir auch ein bisschen weicher vor. An den Händen könnte man vielleicht schon von Härchen sprechen. Zumindest hatte ich mich dort zuletzt echt schlecht rasiert, weil der Bewuchs erst aus kurzer Distanz gut zu sehen ist. Der Bart macht ein bisschen sein eigenes Ding. Er hat zwar auch weniger Eile zu wachsen, aber er gibt sonst weiter alles und wird sich dem Laser wohl nicht kampflos ergeben. Meine Haut fühlt sich dafür ebenfalls stellenweise weicher an. Das ist voll schön. Mir kommt auch das Empfinden bei Berührungen anders vor, irgendwie sensibler, irgendwie intensiver. An den gelaserten Flächen im Gesicht finde ich den Unterschied zu vorher jedenfalls schon sichtbar.

Wie gehe ich bis hier damit um?
Ich esse – viel. Aber im Ernst, ich folge gerade einfach nur dem was sich richtig anfühlt. Das kann alles sein: Freunde treffen, Shoppen gehen, Essen kochen, Wohnung dekorieren, etc. Dabei höre ich nahezu durchgehend Musik. Die meiste Zeit ist mir nach tanzen und ich tanze dann das, was auch immer ich grade mache. Bei dem ganzen Gewusel hilft es mir am meisten mit meinen Liebsten über alles zu reden und Beiträge wie diesen zu schreiben, mich auszutauschen, mich zuzulassen, mir Raum zu verschaffen. Vor dem Spiegel sehe ich zwar noch etwas von der Gattung Typ, aber ich sehe mich. Mein Erleben fühlt sich an, als wäre der Schalter umgelegt: Girl-Mode aktiviert. Wieder so schwer zu beschreiben. Aber diese innere Gewissheit macht mir Mut das Leben anzupacken.

Wie geht es weiter?
Was meine Hormonbehandlung angeht, steht als nächstes der Rückruf meiner Endo zu den Blutwerten im Kalender. Darüber werde ich vermutlich wieder in meinem persönlichen Faden schreiben. Aber ich möchte hier in ein paar Monaten ein weiteres Zwischenfazit abgeben. Beiträge wie diesen lese ich zumindest gerne selbst und unterstelle mal damit nicht allein zu sein – fühlt euch also ebenso frei eure Erfahrungen zu teilen.

Falls ihr eine Frage habt, dann auch immer raus damit.

Ansonsten mache ich mal weiter.

LG
Eure Kimmy

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