Trauung/Eheversprechen

Eheversprechen nach 22 Ehejahren
von Ute und Xenia

Ein Datum, das mir immer in Erinnerung bleiben wird. Mit meiner Frau noch einmal vor den Traualtar zu treten und sich erneut das Ja-Wort zu geben - beide im Brautkleid, ist etwas ganz großes und zu dem Zeitpunkt noch nie da gewesen in Deutschland. Die Trauung fand statt in der Kapelle, Arena "Auf Schalke" in Gelsenkirchen. Es war ein sehr lockerer und munterer Gottesdienst mit einer Gesangseinlage von Sabine, die mit dem Lied "Perhaps Love" für die Gänsehaut sorgte.

Zugegeben war die Idee erst einmal für viele, besonders in der Familie nicht nachvollziehbar. Aber ich möchte am Anfang der Geschichte beginnen.

Es gab den ersten Trannyball in Essen am 1.April 2006 und viele waren in hübscher Abendgarderobe und auch in Brautkleidern erschienen. Auch ich hatte mir ein Brautkleid angezogen. Zu vorgerückter Stunde stellte ich mir vor und sagte es auch meiner Freundin Hannelore, wie es denn wäre noch einmal seine Frau zu heiraten aber nicht im Anzug sondern auch im Brautkleid.

Eine verrückte Idee war geboren und auch Hannelore unterstützte mich, den Gedanken weiter zu spinnen. Gesagt getan. Ich stellte die Frage in einem bekannten Forum, ob so etwas vor der offiziellen Kirche möglich wäre und ob vielleicht jemand so etwas schon einmal gehört hätte. Mann und Frau und beide im Brautkleid vor dem Altar. Leider kamen nicht sehr viele konstruktive Vorschläge, die aber dennoch verwertet werden konnten. Meine Frau Ute konnte ich dann auch von dem Gedanken überzeugen, wobei sie nicht daran glaubte, dass so etwas möglich sei. Ich versuchte die Kirche zu überreden mit dem Argument das wir vor Gott alle gleich sind und das es keine Kleiderordnung gibt. Leider fand sich niemand der die Trauung durchführen wollte. Zwischenzeitlich erfuhr ich, dass es eine Trauung zwischen einem Transmann und einer gebürtigen Frau in Amerika gegeben haben soll. Also gab ich nicht auf und versuchte es weiter.

Bei freien Theologen wäre es überhaupt kein Problem gewesen aber das war mir nicht offiziell genug und zudem sollte allein die Zeremonie über 300,- Euro kosten. Schließlich konnte ich einem Vorschlag nachgehen die Gemeinde „Auf Schalke“ in Gelsenkirchen anzuschreiben. Und nach vielen Tagen des Wartens kam eine positive Antwort. Ich hatte auch schon nicht mehr daran geglaubt und war entsprechend happy. Es kam zu einem Telefonat mit dem dort ansässigen evangelischen Pfarrer und es wurde ein Gesprächstermin festgelegt.

Da uns einige angeschrieben hatten, dass sie dabei sein wollten, wenn es denn wirklich stattfindet, hatten wir uns gedacht, den Termin zum Trannyball 2007 zu legen. Also nachmittags die Trauung und danach den Trannyball. Bei einer gemeinsamen Gendertour mit Ute und Anja, wurden entsprechende Pläne geschmiedet. Das Orga-Team entstand und jede trug durch ihre konstruktiven Ideen zum Gelingen des Tages bei.

Bei dem Termin beim Pfarrer mussten erst einmal viele Fragen beantwortet und Bilder gezeigt werden und wir konnten tatsächlich den 31.März 2007 festlegen. Da wir das Eheversprechen nicht in unserer Gemeinde ablegen wollten/konnten, brauchten wir noch eine Bescheinigung, dass dies in Gelsenkirchen durchgeführt werden kann. Aber das war nur eine kleine Hürde. Endlich konnten wir den Termin offiziell bekannt geben und einige Stimmen von Zweiflern verstummten. Die Familie und Freunde wurden eingeweiht und eingeladen und bis auf wenige Ausnahmen kamen auch alle, was uns sehr freute. Anja und Hannelore erklärten sich gerne bereit unsere Brautjungfern zu sein. Brautkleider wurden gekauft und es stieg die Aufregung je näher wir an das Datum heran kamen.

Meine Schwester hatte uns wunderschön zurecht gemacht und gegen 15:30 Uhr kam bei den Gästen und uns Brautleuten etwas Nervosität auf. Es fehlten noch einige Gäste und mehrere Autos. Das Brautauto war wunderschön von Anja mit einem Blumenbukett geschmückt. Alle Vorbereitungen waren abgeschlossen – nun gab es kein Zurück mehr aber wer hätte das auch gewollt.

Es war 16:00 Uhr, alle wurden auf die Fahrzeuge verteilt und die Kolonne bewegte sich Richtung Kapelle auf Schalke. Dort angekommen wurde nun der Eingang gesucht. Andere zu erwartende Gäste waren immer noch nicht da. Oder waren die wo anders??? Dann den Eingang gefunden. Alle vor dem Eingang? Nein, es fehlten immer noch einige, auch eine Brautmutter war nicht da. Wieder machte sich Nervosität breit. Nun kam auch schon die Küsterin um nachzufragen, ob alles klar ist. Nein, immer noch fehlten einige, aber die Brautmütter und auch die beiden Brautjungfern waren nun anwesend. Wegen der Kälte und dem Wind, gingen wir schon mal in den Vorraum. Dort wurden dann auch schon Vorbereitungen getroffen, für die Kameraeinstellung, das Gerät für den Gesang und noch so einiges.

Nun gingen alle in die Kapelle rein, denn der Pfarrer konnte nicht länger warten. Es waren noch einige Kinder, die darauf warteten nach der Trauung getauft zu werden. Also rein. Die Trauung begann schließlich kurz nach 17:00 Uhr. Es war ein öffentlicher Gottesdienst, daher verstand es sich von selbst, dass zum Gottesdienst nur das Brautpaar Brautkleider tragen durfte. Viele waren gekommen und wollten sich diese Zeremonie nicht entgehen lassen. Nachdem alle ihre Plätze eingenommen hatten, wurden wir vom Pfarrer hinein geführt. Hydra und ich fühlten uns gut in den schönen weißen Kleidern. Mit kleinen Pannen kamen wir beide an unseren Plätzen an. Der Pfarrer machte dann seine Ansprache, ein Lied wurde angestimmt, was gesungen werden sollte. Da es ja eine Hochzeit war, versuchte auch der Pfarrer etwas Stimmung zu machen. Also nach der ersten Strophe wurde auf West- und Ostkurve eingeteilt. Dann sollten alle Männer singen. Hier gab es ein verdutztes Staunen und auch dem Pfarrer viel nun ein und auf, was los war. Na ja, kann passieren. Dann alle Frauen, hier klappte es dann besser. Nach der schönen Predigt über die Kerze, das Licht, das Vertrauen und Zusammengehörigkeit, kam nun die Sängerin Sabine zu ihrem Einsatz. Wir hatten uns das Lied "Perhaps Love" gewünscht. Es wurde still und viele der Gäste, wie auch wir, bekamen eine Gänsehaut. Es war so was von schön, dass es auch Beifall hierfür gab.

Nach einem weiteren Gebet gab es noch Fürbitten, gesprochen von Anja, Hannelore, Ute und mir, und den Segen vom Pfarrer. Dann noch einige Photos vor dem Kapelleneingang, auch mit dem Pfarrer, der sogar seine eigene Kamara holte, um ein Photo für seine private Sammlung zu haben. Draußen vor dem Stadion wurden dann wegen der Zeit, dem starken Wind und der allgemeinen Aufregung auf weitere Photos verzichtet. Alle wurden wieder auf die Fahrzeuge verteilt und so ging es in einem Autokorso hupend zum Lokal zurück. Unterwegs fegte eine Windböe das Blumenbukett vom Auto, das aber Anja am nächsten Tag wieder finden konnte.

Im Lokal angekommen wurde dann der Trannyball 2007 mit ca. 70 Gästen bis tief in die Nacht hinein gefeiert.

Es war eine schöne gelungene Trauung an einem schönen Tag, den manch` einer die Tränen in die Augen trieb, aber auch in bleibender Erinnerung sein wird.

Den Besuchern des Trannyballs, den Freunden, der Familie und anderen Interessierten wurde die Gelegenheit gegeben mitzuerleben, dass ein Bekennen zum Transvestismus eine Teilnahme am Gemeindeleben nicht ausschließt und das diese Menschen als Teil der Gesellschaft akzeptiert werden.

Von hier auch noch einmal unseren Dank an den Pfarrer der Gemeinde Gelsenkirchen und alle, die dabei waren.

Lieben Gruß
Ute & Xenia