Auch Chrissies Dienststelle hat kein Problem

Autorin: Chrissie

Chrissie aus Bayern hat sich auf ihrer Dienststelle geoutet. Vielen Dank sagt der Gendertreff für diesen authentischen Bericht:

So nun hab ich’s hinter mir. Gestern outete ich mich. Und alles lief gut. So gut, dass ich heute noch heulen könnte vor Glück und Zufriedenheit.

Bereits am vergangenen Montag informierte ich eine Arbeitskollegin (die Person, die mich im März auf meine Kleidung ansprach), was ich vorhabe. Sie wünschte mir alles Gute, versprach mir zu helfen wo sie könne und noch bis zum offiziellen Outen still zu halten.

Das gestrige Gespräch begann in so lockerer Forum und Weise, dass ich ehrlich überrascht war, obwohl es über drei Stunden dauerte. Anwesend waren meine Vertrauensperson vom Personalrat, der Personalratsvorsitzende und meine direkte Vorgesetzte, die sog. „Geschäftsleitende Beamtin“. Mit moderaten Worten eröffnete meine Vertrauensperson die Runde und gab das Wort dann an mich weiter. Anfangs noch mit recht zitternder Stimme und wackelnden Beinen (trotz Sitzen) führte ich die Anwesenden hin zu meiner Geschichte und meinem jetzigen Dasein. Fast eine Stunde redete ich über mich, meine Arbeit, die Unterstützung meiner Frau und vieles mehr. Unterbrochen wurde ich kein einziges Mal. Allerdings schrieben Einige einiges mit.
Als ich fertig war, war ich so erleichtert, dass ich lächelte und zugleich ein paar Tränen vergoss. Und noch mehr, als Personalrat und Vorgesetzte mir folgendes zusagten:
(in Stichpunkten verfasst, sonst dauert´s zulange)

  • Keinerlei Diskriminierung in der Behörde
  • Keine Auswirkungen auf Beurteilung und evtl. Beförderungen
  • Beibehaltung des bisherigen Arbeitsplatzes, wenn gewünscht.
  • Nach Information der Beschäftigten (Rundmail) Ansprache als Frau „F“ und Änderung des Familiennamens im Telefon-, e-Mail Verzeichnis und an der Tür
  • Untersuchung beim Amtsarzt und anschließende Weiterleitung an entsprechende Ärzte zur Erstellung medizinischer Gutachten (freiwillig)

Ihr könnt euch vorstellen, dass ich nach diesem Ergebnis mir den Rest des Tages frei nahm und nach Hause fuhr.

Und heute war ich zum letzten Mal als „Mann“ verkleidet in der Arbeit und informierte per Intranet alle Kolleginnen und Kollegen über meinen Stand. Natürlich auch meine bei mir im Zimmer arbeitenden Kolleginnen. Die eine staunte nur und war „etwas erschüttert“. Die zweite lächelte zwar, aber so unsicher, dass es nicht einzuordnen war. Und die letzte Kollegin, die ja schon informiert war lächelte ebenso, als sie sagte: “Wir freuen uns auf Montag, wenn wir mit unserer neuen Kollegin Chrissie ab jetzt ein reines Frauenzimmer sind. Herzlich Willkommen und alles, alles Gute!“

So, das wars einmal. Am Montag dann beginnt eine andere Zeit. Hoffentlich eine bessere. Das wünsche ich mir so sehr. Aber der erste Schritt ist nun getan.

LG
Chrissie

INHALTSVERZEICHNIS

Utes Erfahrung in der Firma

Der Gendertreff bedankt sich bei Ute aus Mönchengladbach für ihren detaillierten Bericht ihres Outings in der Firma.

Im März 2010 habe ich mich den mit mir zusammenarbeitenden Kollegin und dem Kollegen anvertraut. Die Kleidung und die Haare gingen bei mir zwar leicht aber immer mehr ins feminine über. Auch mein Wesen hatte sich leicht verändert. Diese Änderungen waren den beiden mit mir in einem Büro sitzenden Leuten nicht verborgen geblieben. Mein Kollege dachte schon, ich wäre jetzt schwul. Zu meiner mir schon seit über 30 Jahren bekannten Kollegin hatte ich immer schon einen besseren Kontakt. Sie äußerte den richtigen Verdacht mit der Transsexualität. Zu dieser Zeit fand auch ein Gespräch mit meinem Vorgesetzen und den beiden Anderen hinsichtlich der Arbeitsbelastung statt. Bei dieser Gelegenheit habe ich den Vorgesetzten auch eingeweiht. Alle 3 hatten viel Verständnis für mich.

Bis September 2010 habe ich nur in meiner Freizeit als Frau gelebt. Dies sollte sich nun ändern. Bei meinen ca. 30 Kolleginnen und Kollegen hatte ich im Laufe des Monats September mein Coming-Out. Büroweise, also meist 2 Personen, habe ich in jeweils halbstündigen Gesprächen je Büro den Leuten die entsprechende Aufklärung gegeben. Diese persönlichen Gespräche hatten den Vorteil, dass die Kolleginnen und Kollegen auch mir gegenüber Fragen stellen konnten. So blieben bei ihnen keine Fragen mehr offen. Den meisten war auch bekannt, dass ich in den letzten 10 Jahren an immer stärker werdenden Depressionen gelitten habe. Ende 2009 waren die Depressionen so stark, dass ich 4 Monate lang nicht arbeiten konnte. Da sie jetzt den Grund hierfür kannten, war auch ein entsprechendes Verständnis vorhanden. Bis zum heutigen Tag hatte ich mit niemandem aus diesem Bereich ein Problem hinsichtlich meiner Transidentität.

Meiner Meinung nach ist es beim Outing sehr wichtig, ein persönliches Gespräch mit den Leuten zu führen. So bleiben keine Fragen offen, die dann später zu Missverständnissen und auch zu Mobbing führen. Ohne Zweifel habe ich Glück bei meinem Coming-Out im Büro gehabt. Aber es kommt auch viel darauf an, wie man es seinen Kolleginnen und Kollegen vermittelt.

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