Im Juli hatte das Bundesinnenministerium einen Entwurf für eine neue Meldedatenverordnung vorgelegt, der unverhältnismäßig in Grundrechte von trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen eingreift.
Geplant ist, dass der frühere Geschlechtseintrag und der vorherige Vorname wie auch das Datum der Änderung der Daten nach Selbstbestimmungsgesetz sichtbar in den Meldedaten erfasst werden.
Nun hat das Bundesinnenministerium eine überarbeitete Version der Meldedatenverordnung veröffentlicht und diese an den Bundesrat übersandt.
Ihr findet den aktuellen Entwurf unter diesem Link:
Bundesrat
Die Grundrechtseingriffe sind nach wie vor – trotz der zahlreichen Kritik – unverändert geplant. Neu ist einzig ein Zusatz, der festschreiben soll, dass gezielte Suche im System ausgeschlossen sein soll. Wie dies sichergestellt werden soll, bleibt unklar.
Die Sitzung des Bundesrates, bei der die Meldedatenverordnung besprochen wird, ist für den 17.10. 2025 geplant. Wenn der Bundesrat die Verordnung so annimmt, ist sie geltendes Recht und kann nur auf dem Klageweg weiter bekämpft werden.
Wir wenden uns per Mail an den Ministerpräsidenten und dessen Vertreterin, den Landesinnenminister sowie der Ministerin für Familie und Gleichstellung und ein stellvertretendes Mitglied des Bundesrates von NRW, um eine Umsetzung dieser Grundrechtseingriffe durch die neue Version der Meldedatenverordnung zu verhindern:
Für Selbstbestimmung!
Lehnen Sie die „Verordnung zur Umsetzung des Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag im Meldewesen“ ab
Sehr geehrte_r,
für die Ersetzung des grund- und menschenrechtswidrigen sogenannten Transsexuellengesetzes (TSG) durch das Selbstbestimmungsgesetz haben die queeren Communities lange gekämpft. Wenn der bei Geburt fremdzugeschriebene Geschlechtseintrag und die Vornamen nicht dem gelebten Geschlecht entsprechen, ist seit dem 1. November 2024 eine Änderung durch eine Erklärung gegenüber dem Standesamt möglich. Eine große Erleichterung für trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen.
Wesentlicher Bestandteil des Rechts auf Änderung des Geschlechtseintrags ist das Offenbarungsverbot. Nur ein wirksamer Schutz vor Zwangsoutings ermöglicht ein geschlechtlich selbstbestimmtes Leben. Die nun im Verordnungsweg vorgesehenen bzw. teilweise bereits umgesetzten Änderungen des Meldewesens höhlen das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung hingegen aus.
Bereits mit Wirkung zum 1. April 2025 wurden dem persönlichen Meldedatensatz einer Person drei neue Datenblätter hinzugefügt: nunmehr standardisiert erfasst werden der ehemalige Geschlechtseintrag, der ehemalige Vorname, das Datum der Änderung sowie die ändernde Behörde mit dem entsprechenden Aktenzeichen. Der Verordnungsentwurf sieht zudem vor, die Übermittlung dieser Daten auszuweiten. Die sensible Information über die Trans*geschlechtlichkeit einer Person soll künftig bei Umzügen, an die Datenstelle der Rentenversicherung und an das Bundeszentralamt für Steuern weitergeleitet werden.
Diese Ausweitung ist nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig. Denn dass eine Person ihren Geschlechtseintrag und ihre Vornamen ändert, ist nicht neu: Das TSG ermöglichte dies bereits seit 1981. Identifizierbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Identität einer Person sind stets gewährleistet. Zum einen bleiben die alten Einträge in den Registern erhalten (das bekräftigt § 10 Abs. 1 S. 2 SBGG), sodass eine Person, die etwa nur den ehemaligen Namen ihres Gläubigers kennt, die Person weiterhin auffinden kann. Dazu muss sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen oder es müssen anderweitige besondere Gründe des öffentlichen Interesses vorliegen. Diese Regelung bringt das Interesse an der Nachvollziehbarkeit der (rechtlichen) Identität einer Person und den Schutz der sensiblen Daten in einen angemessenen Ausgleich. Die Identifizierbarkeit einer Person ist zudem durch andere Marker wie die personalisierte Steuer-ID sichergestellt, die jeder Person zu Beginn ihres Lebens zugewiesen wird und die unverändert bleibt. Die massive Ausweitung der Datenerhebung und -Übermittlung verstärkt hingegen das schädliche Narrativ, dass das Selbstbestimmungsgesetz Missbrauch im Rahmen der Strafverfolgung ermögliche. Die Erfahrungen vieler anderer Länder, wie Belgien, Dänemark und Malta, die bereits seit vielen Jahren eine selbstbestimmte Änderungsmöglichkeit haben, widerlegen dies.
Dass der persönliche Datensatz einer Person nun stets auch ihre Trans*geschlechtlichkeit offenbart, greift ohne Notwendigkeit in ihr Recht auf informationelle und geschlechtliche Selbstbestimmung ein.
Queer- und insbesondere trans*feindliche Angriffe nehmen weltweit und auch in Deutschland massiv zu. Hasskriminalität bezogen auf „geschlechtsbezogene Diversität“ hat sich von 2023 auf 2024 um rund 35 % gesteigert. Trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen brauchen nun erst recht mehr Schutz, auch ihrer besonders sensiblen Daten, statt ungewollte Offenbarung und die lebenslange Markierung als trans*-Person.
Wir rufen Sie daher dazu auf, gegen die „Verordnung zur Umsetzung des Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag im Meldewesen“ zu stimmen.
Mit besten Grüßen