Nicht-binäre Geschlechtsoption fehlt in Formularen

Formular

Ein Beitrag des Bundesverband Trans* (BVT)

Im Verfahren Az. 31 O 207/23, in dem das Fehlen einer nicht-binären Geschlechtsoption im Online-Buchungssystem von Ryanair verhandelt wurde, gab es nun eine außergerichtliche Einigung. Die Einigung wurde nach einer mündlichen Verhandlung am 19.03.2025 bereits am 02.05.2025 erreicht und sieht vor, dass Ryanair eine zusätzliche, nicht-binäre Anredeoption beim Ticketkauf einführt.

Die klagende Person identifiziert sich als weder männlich noch weiblich. Bei einem Ticketkauf im Herbst 2021 konnte die klagende Person nur aus den Geschlechtsoptionen ‚weiblich‘ oder ‚männlich‘ auswählen, um den Kauf abzuschließen. Nun haben sich Ryanair und die klagende nicht-binäre Person außergerichtlich geeinigt. Mit Stand zum 05.05.2025 hat Ryanair die Buchungsmaske angepasst und als nicht-binäre Anredeoption „Mx (Mixter)“ aus dem englischsprachigen Raum eingeführt.

Dazu erklärt Kalle vom Bundesverband Trans*: „Personen, die sich als weder männlich noch weiblich verorten, sind vor Diskriminierung zu schützen, hieß es schon 2017 im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur sogenannten Dritten Option. An vielen Stellen werden nicht-binäre Personen jedoch bis heute nicht berücksichtigt. Es ist positiv, dass Ryanair nun nach der außergerichtlichen Einigung so schnell eine nicht-binäre Anredeoption eingeführt hat. Gleichzeitig ist es unglaublich belastend, dass aktuell nur der individuelle Klageweg besteht, um auf Missstände wie fehlende Anredeoptionen hinzuweisen. Das mutet einer Einzelperson viel zu. Wir brauchen auf Bundesebene die Einführung eines Verbandsklagerechts, damit solche Verfahren, die sich gegen strukturell verankerte Diskriminierung richten, in Zukunft auch stellvertretend geführt werden können.“

Die klagende Person führt aus: „Heute ist ein guter Tag für nicht-binäre Menschen in Deutschland. Die Anpassung der Website von Ryanair zeigt, dass die notwendige technische Änderung, um nicht-binären Personen eine angemessene Registrierung zu ermöglichen, in überschaubarer Zeit und mit überschaubarem Aufwand bewerkstelligt werden kann. Auch andere Unternehmen sollten sich in vergleichbaren Situationen hieran ein Beispiel nehmen.“

Die begleitende Anwältin fügt abschließend hinzu: Nicht-binäre Personen müssen sich nun bei Ryanair nicht mehr durch fehlende Auswahloptionen beim Ticket-Kauf zur Lüge und Verleugnung über ihr Geschlecht zwingen lassen.“

Hintergrund:

Das Verfahren (Az. 31 O 207/23) wurde durch das Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V. (BUG) und die TIN-Rechtshilfe begleitet. Ziel der Beteiligten ist es, Diskriminierung von trans* und nicht-binären Personen im Zugang zu Waren und Dienstleistungen abzubauen.

Ein Verfahren gegen die Deutsche Bahn (Az. 9 U 92/20), in dem ebenfalls das Fehlen einer nicht-binären Anredeoption beim Ticketkauf verhandelt wurde, wurde vor dem OLG Frankfurt geführt. Die Deutsche Bahn wurde hierbei verpflichtet eine weitere Option für die Anrede einzuführen. Der klagenden Person wurde eine Entschädigungssumme von 1.000 € zugesprochen. Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Beschwerde der Deutschen Bahn im Herbst 2024 als unbegründet zurück und bestätigte damit das Urteil des OLG.

Auf europäischer Ebene wurde Anfang des Jahres ein Urteil (C‑394/23) gegen den französischen Bahnkonzern veröffentlicht. Erneut ging es um die Frage, welche Anredeoption beim Ticketkauf zur Verfügung gestellt werden. Mit Verweis auf Grundsätze der Datenminimierung und der Anti-Diskriminierung urteilte das Gericht, dass die Bahngesellschaft allgemeine und inklusive Anredeoptionen anbieten müsse, um das Diskriminierungsrisiko zu senken.

Weiterführende Links:

Pressemitteilung des BUG e.V. und der TIN-Rechtshilfe zur außergerichtlichen Einigung:

Ryanair bietet Einigung im Rechtsstreit wegen Diskriminierungen von trans* Person an

Urteil des BGH im Verfahren gegen die Deutsche Bahn (DB):
https://juris.bundesgerichtshof.de/cgibin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=0c84fd0fc7c163e400d7981506d0471d&nr=138959&anz=1&pos=0

Urteil des Gerichtshofs (1. Kammer) der Europäischen Union im Fall Mousse gegen CNIL, SNCF connect:
https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=294110&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=1696654

Es grüßt
BVT